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Energie & Management > Wasserstoff - Erster geologischer Wasserstoffspeicher der Welt in Betrieb
Quelle: RAG Austria
Wasserstoff

Erster geologischer Wasserstoffspeicher der Welt in Betrieb

Ein Konsortium um die Rohöl-Aufsuchungsgesellschaft realisierte ein Pilotprojekt zur saisonalen Speicherung von Ökostrom. Kommerzielle Vorhaben sind ab etwa 2027/28 geplant.
Rund 1,2 Millionen Normkubikmeter Wasserstoff fasst der erste geologische Wasserstoffspeicher der Welt, den die österreichische Rohöl-Aufsuchungsgesellschaft (RAG Austria) am 27. April offiziell in Betrieb nahm. Die Anlage liegt in Rubensdorf-Gampern in Oberösterreich, etwa acht Kilometer südwestlich des Erdgasspeichers Puchkirchen der RAG. Laut deren Generaldirektor Markus Mitteregger ist der Speicher Teil des Pilotprojekts „Underground Sun Storage“. Die RAG leitet diesbezüglich ein Konsortium, dem außer ihr unter anderem Österreichs größter Stromkonzern Verbund, der niederösterreichische Energieversorger EVN, die Energie AG Oberösterreich sowie mehrere Forschungseinrichtungen und Technologieanbieter angehören.

Mitteregger zufolge beginnt in den kommenden Wochen der Bau einer Wasserstoffpipeline von Gampern nach Puchkirchen. Dort dient der Wasserstoff dem Betrieb eines Gasmotors mit 370 kW elektrischer und 350 kW thermischer Leistung. Dieser deckt einen Teil des Strom- sowie Wärmebedarfs am Standort Puchkirchen. Zur Wasserstoffproduktion in Gampern nutzt die RAG zertifizierten Ökostrom sowie etwa fünf Prozent der jährlichen Wasseraufbringung der Wassergenossenschaft Seewalchen am Attersee.

Vereinbart ist, dass diese ihre Lieferungen bei Wasserknappheit unterbrechen kann, um die Versorgung der Landwirtschaft zu gewährleisten. Erzeugt werden in Gampern mit einem zwei MW starken PEM-Elektrolyseur rund 400 Normkubikmeter „grünen“ Wasserstoffs pro Stunde. Der Wirkungsgrad der gesamten Anlage zur Bereitstellung des Wasserstoffs beläuft sich auf etwa 72 Prozent. Die Kosten von „Underground Sun Storage“ bezifferte Mitteregger auf Anfrage der Redaktion mit 15 bis 20 Millionen Euro. Davon stellt der Klima- und Energiefonds der Bundesregierung sechs Millionen bereit.

Saisonale Speicherung

Erprobt wird mit dem Projekt nicht zuletzt die sogenannte „saisonale Speicherung“ von Ökostrom in Form von Wasserstoff. Sie gilt als eine der wichtigsten Herausforderungen für die Energiewende. Vor allem im Sommerhalbjahr nicht benötigter Ökostrom dient zur Produktion von „grünem“ Wasserstoff, der im Winterhalbjahr zur Deckung von Lücken in der Stromerzeugung verwendet werden kann. Etwa 4,2 Millionen kWh Ökostrom lassen sich mit den in Gampern künftig gespeicherten Wasserstoffmengen vom Sommer in den Winter „verschieben“.

Rund 3.000 Stunden pro Jahr wird der Wasserstoff mit einem Druck von 70 bis 90 bar in den Speicher in knapp 1.100 Metern Tiefe verpresst. Im Gegenzug kann ebenfalls etwa 3.000 Stunden lang Wasserstoff entnommen werden. Vor seiner Einspeisung in die Pipeline wird dieser aufgereinigt und getrocknet. Trenntechnologien wurden im bisherigen Projektverlauf von „Underground Sun Storage“ erprobt und teilweise neu entwickelt. Nun erfolgt deren weitere Perfektionierung, erläuterte Mitteregger auf Nachfrage der Redaktion.

Mitteregger verwies auf den Plan der österreichischen Bundesregierung, den Strombedarf Österreichs ab 2030 bilanziell vollständig mit erneuerbaren Energien zu decken. Dabei würden Berechnungen zufolge im Sommerhalbjahr Erzeugungsüberschüsse von bis zu zehn Milliarden kWh auftreten. Im Winterhalbjahr wäre mit ebenso großen Erzeugungslücken zu rechnen. Sie könnten mit „grünem“ Wasserstoff grundsätzlich gedeckt werden. Offen ist freilich, ob sich die entsprechenden Mengen in Österreich selbst erzeugen ließen. Doch auch importierter Wasserstoff könnte, wie Erdgas seit Jahrzehnten, in unterirdischen Speichern gelagert werden.

Kommerzielle Projekte geplant

Dafür wären allerdings kommerzielle Speichervorhaben notwendig. Deren Realisierung plant die RAG laut Mitteregger ab etwa 2027. Vorgesehen ist unter anderem, einen der großen Erdgasspeicher der RAG in Oberösterreich nach Art von Rubensdorf-Gampern umzurüsten und von dort eine Pipeline zur oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz zu bauen.

Linz ist einer der wichtigsten Industriestandorte Österreichs. Seinen Sitz hat dort der Stahlkonzern Voestalpine, der seit 2019 gemeinsam mit dem Verbund den Einsatz von Wasserstoff bei der Stahlerzeugung erprobt. Ebenso ansässig ist der Kunststoff- und Düngemittelkonzern Borealis. Er gilt mit einem Jahresbedarf von rund 80.000 Tonnen als weit größter Wasserstoffverbraucher Österreichs. Der gesamte Wasserstoffbedarf des Landes liegt bei 100.000 Tonnen. Wie rasch die RAG kommerzielle Wasserstoffspeicher realisiert, hängt laut Mitteregger vom Ökostromausbau ab. Die Kosten für die elektrische Energie sind ein entscheidender Faktor für die Rentabilität derartiger Projekte.

Lob zollte dem Projekt der Leiter der Klimasektion im Energieministerium (BMK), Jürgen Schneider. Ihm zufolge unterstützen Unternehmen wie die RAG, „die aus dem fossilen Bereich kommen“, mit Vorhaben wie „Underground Sun Storage“ die Energiewende in Österreich: „Wir freuen uns, dass wir solche Aktivitäten mit Mitteln des Klien fördern können und wünschen besten Erfolg.“

Freitag, 28.04.2023, 08:44 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Wasserstoff - Erster geologischer Wasserstoffspeicher der Welt in Betrieb
Quelle: RAG Austria
Wasserstoff
Erster geologischer Wasserstoffspeicher der Welt in Betrieb
Ein Konsortium um die Rohöl-Aufsuchungsgesellschaft realisierte ein Pilotprojekt zur saisonalen Speicherung von Ökostrom. Kommerzielle Vorhaben sind ab etwa 2027/28 geplant.
Rund 1,2 Millionen Normkubikmeter Wasserstoff fasst der erste geologische Wasserstoffspeicher der Welt, den die österreichische Rohöl-Aufsuchungsgesellschaft (RAG Austria) am 27. April offiziell in Betrieb nahm. Die Anlage liegt in Rubensdorf-Gampern in Oberösterreich, etwa acht Kilometer südwestlich des Erdgasspeichers Puchkirchen der RAG. Laut deren Generaldirektor Markus Mitteregger ist der Speicher Teil des Pilotprojekts „Underground Sun Storage“. Die RAG leitet diesbezüglich ein Konsortium, dem außer ihr unter anderem Österreichs größter Stromkonzern Verbund, der niederösterreichische Energieversorger EVN, die Energie AG Oberösterreich sowie mehrere Forschungseinrichtungen und Technologieanbieter angehören.

Mitteregger zufolge beginnt in den kommenden Wochen der Bau einer Wasserstoffpipeline von Gampern nach Puchkirchen. Dort dient der Wasserstoff dem Betrieb eines Gasmotors mit 370 kW elektrischer und 350 kW thermischer Leistung. Dieser deckt einen Teil des Strom- sowie Wärmebedarfs am Standort Puchkirchen. Zur Wasserstoffproduktion in Gampern nutzt die RAG zertifizierten Ökostrom sowie etwa fünf Prozent der jährlichen Wasseraufbringung der Wassergenossenschaft Seewalchen am Attersee.

Vereinbart ist, dass diese ihre Lieferungen bei Wasserknappheit unterbrechen kann, um die Versorgung der Landwirtschaft zu gewährleisten. Erzeugt werden in Gampern mit einem zwei MW starken PEM-Elektrolyseur rund 400 Normkubikmeter „grünen“ Wasserstoffs pro Stunde. Der Wirkungsgrad der gesamten Anlage zur Bereitstellung des Wasserstoffs beläuft sich auf etwa 72 Prozent. Die Kosten von „Underground Sun Storage“ bezifferte Mitteregger auf Anfrage der Redaktion mit 15 bis 20 Millionen Euro. Davon stellt der Klima- und Energiefonds der Bundesregierung sechs Millionen bereit.

Saisonale Speicherung

Erprobt wird mit dem Projekt nicht zuletzt die sogenannte „saisonale Speicherung“ von Ökostrom in Form von Wasserstoff. Sie gilt als eine der wichtigsten Herausforderungen für die Energiewende. Vor allem im Sommerhalbjahr nicht benötigter Ökostrom dient zur Produktion von „grünem“ Wasserstoff, der im Winterhalbjahr zur Deckung von Lücken in der Stromerzeugung verwendet werden kann. Etwa 4,2 Millionen kWh Ökostrom lassen sich mit den in Gampern künftig gespeicherten Wasserstoffmengen vom Sommer in den Winter „verschieben“.

Rund 3.000 Stunden pro Jahr wird der Wasserstoff mit einem Druck von 70 bis 90 bar in den Speicher in knapp 1.100 Metern Tiefe verpresst. Im Gegenzug kann ebenfalls etwa 3.000 Stunden lang Wasserstoff entnommen werden. Vor seiner Einspeisung in die Pipeline wird dieser aufgereinigt und getrocknet. Trenntechnologien wurden im bisherigen Projektverlauf von „Underground Sun Storage“ erprobt und teilweise neu entwickelt. Nun erfolgt deren weitere Perfektionierung, erläuterte Mitteregger auf Nachfrage der Redaktion.

Mitteregger verwies auf den Plan der österreichischen Bundesregierung, den Strombedarf Österreichs ab 2030 bilanziell vollständig mit erneuerbaren Energien zu decken. Dabei würden Berechnungen zufolge im Sommerhalbjahr Erzeugungsüberschüsse von bis zu zehn Milliarden kWh auftreten. Im Winterhalbjahr wäre mit ebenso großen Erzeugungslücken zu rechnen. Sie könnten mit „grünem“ Wasserstoff grundsätzlich gedeckt werden. Offen ist freilich, ob sich die entsprechenden Mengen in Österreich selbst erzeugen ließen. Doch auch importierter Wasserstoff könnte, wie Erdgas seit Jahrzehnten, in unterirdischen Speichern gelagert werden.

Kommerzielle Projekte geplant

Dafür wären allerdings kommerzielle Speichervorhaben notwendig. Deren Realisierung plant die RAG laut Mitteregger ab etwa 2027. Vorgesehen ist unter anderem, einen der großen Erdgasspeicher der RAG in Oberösterreich nach Art von Rubensdorf-Gampern umzurüsten und von dort eine Pipeline zur oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz zu bauen.

Linz ist einer der wichtigsten Industriestandorte Österreichs. Seinen Sitz hat dort der Stahlkonzern Voestalpine, der seit 2019 gemeinsam mit dem Verbund den Einsatz von Wasserstoff bei der Stahlerzeugung erprobt. Ebenso ansässig ist der Kunststoff- und Düngemittelkonzern Borealis. Er gilt mit einem Jahresbedarf von rund 80.000 Tonnen als weit größter Wasserstoffverbraucher Österreichs. Der gesamte Wasserstoffbedarf des Landes liegt bei 100.000 Tonnen. Wie rasch die RAG kommerzielle Wasserstoffspeicher realisiert, hängt laut Mitteregger vom Ökostromausbau ab. Die Kosten für die elektrische Energie sind ein entscheidender Faktor für die Rentabilität derartiger Projekte.

Lob zollte dem Projekt der Leiter der Klimasektion im Energieministerium (BMK), Jürgen Schneider. Ihm zufolge unterstützen Unternehmen wie die RAG, „die aus dem fossilen Bereich kommen“, mit Vorhaben wie „Underground Sun Storage“ die Energiewende in Österreich: „Wir freuen uns, dass wir solche Aktivitäten mit Mitteln des Klien fördern können und wünschen besten Erfolg.“

Freitag, 28.04.2023, 08:44 Uhr
Klaus Fischer

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