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Energie & Management > Österreich - Energiewirtschaft verlangt Verfahrensbeschleunigungen
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Energiewirtschaft verlangt Verfahrensbeschleunigungen

Die Vorschläge der Bundesregierung zur Straffung der Umweltverträglichkeitsprüfungen sind unzureichend, hieß es bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit.
Die bisherigen Vorschläge der österreichischen Bundesregierung zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Energieinfrastruktur sind unzureichend. Das betonte Thomas Maderbacher, der Geschäftsführer der Wiener Netze GmbH, am 3. März bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit in Wien. Maderbacher verwies auf das Ziel der Regierung, die Ökostromerzeugung bis 2030 um rund 27 Mrd. kWh pro Jahr oder etwa 50 % zu steigern.

Zu diesem Zweck müsse die Stromproduktion mittels Photovoltaik um rund 1.000 % erhöht werden, jene mit Windparks um 182 %, jene mit Biomasse um 18 % und jene mit Wasserkraftwerken um 12 %. Die Netzbetreiber wiederum hätten etwa 200 Umspannwerke sowie 12.000 Trafostationen zu errichten. Ferner sei es nötig, rund 40.000 km an Übertragungs- und Verteilerleitungen zu installieren. „Das sind gewaltige Dimensionen. Wir werden dafür tausende Genehmigungsverfahren brauchen“, warnte Maderbacher.

Das Problem: Umweltverträglichkeitsprüfungs-Verfahren (UVP-Verfahren) für Infrastrukturprojekte nehmen meist mehrere Jahre in Anspruch. Die rechtlichen Fristen von neun Monaten für Verfahren in erster Instanz sowie von sechs Monaten für die Berufungsverfahren werden oft nicht eingehalten. Laut Erhebungen des Umweltbundesamtes (UBA) dauert ein Verfahren (1. und 2. Instanz) im Durchschnitt etwa 24 Monate. Vor allem bei Leitungsprojekten waren in einzelnen Fällen indessen Dauern von acht Jahren und mehr zu verzeichnen. Projektgegner können bis zum Verfahrensabschluss immer wieder Einsprüche erheben. Ferner haben sie Möglichkeit, jederzeit Alternativen zu dem jeweiligen Projekt einzureichen. In diesem Falle beginnt das Genehmigungsverfahren quasi von Neuem.

„More of the same“ reicht nicht

Maderbacher zufolge würden die kürzlich präsentierten Vorschläge aus dem Bericht der „Arbeitsgruppe für effiziente UVP-Verfahren“ im Energieministerium (BMK) kaum eine Verbesserung bringen. Mehr sachkundiges Personal bei den UVP-Behörden sowie in den Verwaltungsgerichten einzustellen, zusätzliche Sachverständige bereitzuhalten sowie Fristen für die Einreichung von Unterlagen zu setzen, sei schön und gut, aber aber im Prinzip nur „more of the same. Und das reicht nicht“.

Auf Nachfrage der Redaktion stellte Maderbacher fest, er teile die Kritik des Elektrizitätswirtschaftsverbandes Oesterreichs Energie. Dieser hatte den Bericht der Arbeitsgruppe mit den Worten kommentiert, darin würden „viele Problemfelder richtig analysiert und einige gute Lösungsansätze entwickelt. Dazu zählen die Aufstockung personeller Ressourcen bei Behörden und Verwaltungsgerichten, die Schaffung eines Sachverständigenpools sowie die Möglichkeit von Fristsetzungen bei der Einreichung von Unterlagen vor mündlichen Verhandlungen“.

Dem stehe aber „eine Reihe von Problemfeldern gegenüber, die gar nicht erst angegangen werden, wie etwa das notwendige Einfrieren des Standes der Technik zum Zeitpunkt des Verbesserungsauftrages“. Insbesondere kritisiert die Branche die Idee des BMK, die Tätigkeit von Projektgegnern über einen Fonds finanziell zu unterstützen. „Wie dieser Vorschlag zur Beschleunigung von UVP-Verfahren beitragen soll, können wir schlicht nicht nachvollziehen“, konstatierte die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt.

Notwendig wäre laut Maderbacher, die Struktur der Genehmigungsverfahren zu standardisieren und an die Gepflogenheiten modernen Projektmanagements anzupassen. Dazu gehöre, die Verfahren für neue Erzeugungsanlagen sowie für die zu deren Netzeinbindung erforderlichen Leitungen parallel abzuwickeln: „Es hat keinen Sinn, zuerst einen Windpark zu genehmigen und nach dessen Fertigstellung die UVP für die Stromleitung zu beginnen.“ Stärker nutzen müssten die Behörden auch die Möglichkeiten der Digitalisierung: „Datenräume gibt es heutzutage überall. Sie wären auch bei UVP-Verfahren hilfreich.“ Überdies empfiehlt sich Maderbacher zufolge die österreichweite Reservierung sogenannter „Energiezonen“ für die Errichtung von Erzeugungsanlagen und Leitungen.

Bürger überzeugen

Ausdrücklich betonte Maderbacher, die Energiewirtschaft wolle keineswegs Bürgerrechte einschränken. Im Gegenteil gelte es, die Bürger von der Notwendigkeit der Energiewende und der Errichtung der dafür unverzichtbaren Infrastruktur zu überzeugen: „Das Allgemeininteresse an der Energiewende und am Klimaschutz muss auch einen Nutzen für alle Beteiligten beinhalten.“

Donnerstag, 3.03.2022, 10:59 Uhr
Klaus Fischer
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Energiewirtschaft verlangt Verfahrensbeschleunigungen
Die Vorschläge der Bundesregierung zur Straffung der Umweltverträglichkeitsprüfungen sind unzureichend, hieß es bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit.
Die bisherigen Vorschläge der österreichischen Bundesregierung zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Ausbau der Energieinfrastruktur sind unzureichend. Das betonte Thomas Maderbacher, der Geschäftsführer der Wiener Netze GmbH, am 3. März bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit in Wien. Maderbacher verwies auf das Ziel der Regierung, die Ökostromerzeugung bis 2030 um rund 27 Mrd. kWh pro Jahr oder etwa 50 % zu steigern.

Zu diesem Zweck müsse die Stromproduktion mittels Photovoltaik um rund 1.000 % erhöht werden, jene mit Windparks um 182 %, jene mit Biomasse um 18 % und jene mit Wasserkraftwerken um 12 %. Die Netzbetreiber wiederum hätten etwa 200 Umspannwerke sowie 12.000 Trafostationen zu errichten. Ferner sei es nötig, rund 40.000 km an Übertragungs- und Verteilerleitungen zu installieren. „Das sind gewaltige Dimensionen. Wir werden dafür tausende Genehmigungsverfahren brauchen“, warnte Maderbacher.

Das Problem: Umweltverträglichkeitsprüfungs-Verfahren (UVP-Verfahren) für Infrastrukturprojekte nehmen meist mehrere Jahre in Anspruch. Die rechtlichen Fristen von neun Monaten für Verfahren in erster Instanz sowie von sechs Monaten für die Berufungsverfahren werden oft nicht eingehalten. Laut Erhebungen des Umweltbundesamtes (UBA) dauert ein Verfahren (1. und 2. Instanz) im Durchschnitt etwa 24 Monate. Vor allem bei Leitungsprojekten waren in einzelnen Fällen indessen Dauern von acht Jahren und mehr zu verzeichnen. Projektgegner können bis zum Verfahrensabschluss immer wieder Einsprüche erheben. Ferner haben sie Möglichkeit, jederzeit Alternativen zu dem jeweiligen Projekt einzureichen. In diesem Falle beginnt das Genehmigungsverfahren quasi von Neuem.

„More of the same“ reicht nicht

Maderbacher zufolge würden die kürzlich präsentierten Vorschläge aus dem Bericht der „Arbeitsgruppe für effiziente UVP-Verfahren“ im Energieministerium (BMK) kaum eine Verbesserung bringen. Mehr sachkundiges Personal bei den UVP-Behörden sowie in den Verwaltungsgerichten einzustellen, zusätzliche Sachverständige bereitzuhalten sowie Fristen für die Einreichung von Unterlagen zu setzen, sei schön und gut, aber aber im Prinzip nur „more of the same. Und das reicht nicht“.

Auf Nachfrage der Redaktion stellte Maderbacher fest, er teile die Kritik des Elektrizitätswirtschaftsverbandes Oesterreichs Energie. Dieser hatte den Bericht der Arbeitsgruppe mit den Worten kommentiert, darin würden „viele Problemfelder richtig analysiert und einige gute Lösungsansätze entwickelt. Dazu zählen die Aufstockung personeller Ressourcen bei Behörden und Verwaltungsgerichten, die Schaffung eines Sachverständigenpools sowie die Möglichkeit von Fristsetzungen bei der Einreichung von Unterlagen vor mündlichen Verhandlungen“.

Dem stehe aber „eine Reihe von Problemfeldern gegenüber, die gar nicht erst angegangen werden, wie etwa das notwendige Einfrieren des Standes der Technik zum Zeitpunkt des Verbesserungsauftrages“. Insbesondere kritisiert die Branche die Idee des BMK, die Tätigkeit von Projektgegnern über einen Fonds finanziell zu unterstützen. „Wie dieser Vorschlag zur Beschleunigung von UVP-Verfahren beitragen soll, können wir schlicht nicht nachvollziehen“, konstatierte die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt.

Notwendig wäre laut Maderbacher, die Struktur der Genehmigungsverfahren zu standardisieren und an die Gepflogenheiten modernen Projektmanagements anzupassen. Dazu gehöre, die Verfahren für neue Erzeugungsanlagen sowie für die zu deren Netzeinbindung erforderlichen Leitungen parallel abzuwickeln: „Es hat keinen Sinn, zuerst einen Windpark zu genehmigen und nach dessen Fertigstellung die UVP für die Stromleitung zu beginnen.“ Stärker nutzen müssten die Behörden auch die Möglichkeiten der Digitalisierung: „Datenräume gibt es heutzutage überall. Sie wären auch bei UVP-Verfahren hilfreich.“ Überdies empfiehlt sich Maderbacher zufolge die österreichweite Reservierung sogenannter „Energiezonen“ für die Errichtung von Erzeugungsanlagen und Leitungen.

Bürger überzeugen

Ausdrücklich betonte Maderbacher, die Energiewirtschaft wolle keineswegs Bürgerrechte einschränken. Im Gegenteil gelte es, die Bürger von der Notwendigkeit der Energiewende und der Errichtung der dafür unverzichtbaren Infrastruktur zu überzeugen: „Das Allgemeininteresse an der Energiewende und am Klimaschutz muss auch einen Nutzen für alle Beteiligten beinhalten.“

Donnerstag, 3.03.2022, 10:59 Uhr
Klaus Fischer

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