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Energie & Management > Österreich - ElWG: E-Wirtschaft sieht viel Änderungsbedarf
Quelle: Pixabay / slon_pics
Österreich

ElWG: E-Wirtschaft sieht viel Änderungsbedarf

Die Branche kritisiert etliche Bestimmungen im Entwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, etwa unklare Vorgaben zu Preisänderungen und überschießende Kompetenzen für den Regulator.
Mit Ablauf des 23. Februar endete die Begutachtungsfrist für das österreichische Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), das als wichtigste rechtliche Grundlage des Handelns der E-Wirtschaft für die kommenden Jahre gilt. Das ElWG löst das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) ab, das seit Beginn der Liberalisierung vor mehr als 20 Jahren die Branche prägt. Wie die Parlamentsdirektion mitteilte, gingen zum ElWG-Entwurf 352 Stellungnahmen ein. Die meisten davon stammen von Privatpersonen. Etliche davon üben grundsätzliche Kritik an der seit Jahren laufenden Einführung digitaler Stromzähler (Smart Meter), die bis Ende 2024 abgeschlossen werden soll. Sie befürchten, dass die Smart Meter das „Ausspionieren“ der Kunden ermöglichen – bis zum Eruieren der von ihnen konsumierten Fernsehsendungen.

Die mit 124 Seiten ausführlichste Stellungnahme gab der Elektrizitätswirtschaftsverband Oesterreichs Energie ab. Sie hat denselben Umfang wie der Entwurf selbst und stellt über weite Strecken eine Art „Alternativ-ElWG“ dar. Allein die Vorschläge zu den Begriffsdefinitionen umfassen etwa sieben Seiten. Eine der wesentlichsten Forderungen des Verbands ist die Schaffung eines klaren „gesetzlichen Preisänderungsrechts“. Der ElWG-Entwurf übernimmt weitgehend die Bestimmungen des ElWOG, die zu einer Reihe rechtlicher Auseinandersetzungen führten.

Parallel zur ElWG-Begutachtung tagt zu dieser Thematik eine Arbeitsgruppe des Energieministeriums (BMK), in die Oesterreichs Energie eingebunden ist. Sie befasst sich auch mit den ebenfalls umstrittenen Regeln zur Grundversorgung. Ferner fordert die E-Wirtschaft die „unionsrechtskonforme Einführung einer gesetzlichen Regelung zur Befreiung der Speicher von den Netzentgelten.“ Für überschießend hält die Branche die Befugnis der Regulierungsbehörde, Grundsätzliches zu den Netzentgelten per Verordnung festzulegen: Dadurch wird der Regulierungsbehörde ein hohes Maß an Entscheidungsgewalt übertragen. Wir erachten die gesetzliche Verankerung der Grundsätze der Kostenermittlung für wichtig.

Keine „geschlossenen Verteilnetze“

Abgelehnt wird von der E-Wirtschaft die Pflicht der Verteilnetzbetreiber, die freien Netzkapazitäten je Transformator monatlich aktualisiert zu veröffentlichen. Auch die Einbeziehung der untersten Netzebenen 6 und 7 in die künftigen Netzentwicklungspläne (V-NEPs) sind nach Ansicht der Branche nicht zielführend. Stattdessen sollten die Pläne auf die Ebenen 3 und 4 (im Wesentlichen Hoch- und Mittelspannung) beschränkt bleiben und keine Rolle bei der Genehmigung von Netzausbauprojekten spielen. Abgelehnt wird von der Branche auch das Recht von Industrie- und Gewerbebetrieben, in Gewerbegebieten eigene lokale Stromnetze („geschlossene Verteilnetze“) zu errichten und zu betreiben. Dies sei im Sinne eines geordneten und sicheren Netzmanagements kontraproduktiv.

Weiters wehrt sich die E-Wirtschaft gegen die Pflicht, auf Basis der mit den Smart Metern erhobenen Daten monatliche Stromrechnungen zu legen. Ihr zufolge hätten unter anderem die Betreiber von Wärmepumpen oder Elektroheizgeräten in den Wintermonaten sehr hohe Stromrechnungen zu erwarten. Dies könne speziell für sozial schwache Kunden zum Problem werden. Damit aber würden „die Anfragen an Call-Center, Kundenanlaufstellen, bei Unternehmen und Sozialeinrichtungen insbesondere in den Wintermonaten höher sein. Die Umstellung auf monatliche Abrechnung bedarf jedenfalls einer massiven Kommunikationsoffensive von allen Seiten – E-Wirtschaft, Politik, Medien, Ministerien, E-Control, Sozialpartner und sonstiger Stakeholder.“

Klarere Regeln hinsichtlich allfälliger Preisänderungen fordern auch das Sozialministerium sowie Konsumentenschutzverbände. Sie urgieren überdies die möglichst leicht verständliche Darstellung der wichtigsten Bestandteile der Stromlieferverträge auf den Rechnungen sowie auf den Webportalen der Versorger. Die Arbeiterkammer verlangt überdies, die Stromerzeuger stärker an den Netzkosten zu beteiligen.

Die Bundesländer schließlich kritisieren die weitgehende Konzentration der elektritzitätsrechtlichen Kompetenzen beim Bund. Wenn diese schon erfolge, müsse der Bund „zu einer angemessenen Kompensation von Kompetenzverlusten an anderer Stelle bereit“ sein, fordert etwa das Land Tirol.

Drängende Zeit

Wie berichtet, muss der Beschluss des ElWG im Parlament mit Zweidrittelmehrheit erfolgen. Bis dato äußerten sich die Sozialdemokraten und die rechtsgerichteten Freiheitlichen, die eine solche Mehrheit gewährleisten können, skeptisch. Vertreter der mit den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) regierenden Grünen kündigten bereits an, „konstruktive Gespräche“ führen zu wollen. Da das Parlament spätestens Ende September neu gewählt wird, drängt die Zeit. Nicht zuletzt Oesterreichs Energie fordert daher einen raschen Beschluss.

Montag, 26.02.2024, 11:11 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - ElWG: E-Wirtschaft sieht viel Änderungsbedarf
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Österreich
ElWG: E-Wirtschaft sieht viel Änderungsbedarf
Die Branche kritisiert etliche Bestimmungen im Entwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes, etwa unklare Vorgaben zu Preisänderungen und überschießende Kompetenzen für den Regulator.
Mit Ablauf des 23. Februar endete die Begutachtungsfrist für das österreichische Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), das als wichtigste rechtliche Grundlage des Handelns der E-Wirtschaft für die kommenden Jahre gilt. Das ElWG löst das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) ab, das seit Beginn der Liberalisierung vor mehr als 20 Jahren die Branche prägt. Wie die Parlamentsdirektion mitteilte, gingen zum ElWG-Entwurf 352 Stellungnahmen ein. Die meisten davon stammen von Privatpersonen. Etliche davon üben grundsätzliche Kritik an der seit Jahren laufenden Einführung digitaler Stromzähler (Smart Meter), die bis Ende 2024 abgeschlossen werden soll. Sie befürchten, dass die Smart Meter das „Ausspionieren“ der Kunden ermöglichen – bis zum Eruieren der von ihnen konsumierten Fernsehsendungen.

Die mit 124 Seiten ausführlichste Stellungnahme gab der Elektrizitätswirtschaftsverband Oesterreichs Energie ab. Sie hat denselben Umfang wie der Entwurf selbst und stellt über weite Strecken eine Art „Alternativ-ElWG“ dar. Allein die Vorschläge zu den Begriffsdefinitionen umfassen etwa sieben Seiten. Eine der wesentlichsten Forderungen des Verbands ist die Schaffung eines klaren „gesetzlichen Preisänderungsrechts“. Der ElWG-Entwurf übernimmt weitgehend die Bestimmungen des ElWOG, die zu einer Reihe rechtlicher Auseinandersetzungen führten.

Parallel zur ElWG-Begutachtung tagt zu dieser Thematik eine Arbeitsgruppe des Energieministeriums (BMK), in die Oesterreichs Energie eingebunden ist. Sie befasst sich auch mit den ebenfalls umstrittenen Regeln zur Grundversorgung. Ferner fordert die E-Wirtschaft die „unionsrechtskonforme Einführung einer gesetzlichen Regelung zur Befreiung der Speicher von den Netzentgelten.“ Für überschießend hält die Branche die Befugnis der Regulierungsbehörde, Grundsätzliches zu den Netzentgelten per Verordnung festzulegen: Dadurch wird der Regulierungsbehörde ein hohes Maß an Entscheidungsgewalt übertragen. Wir erachten die gesetzliche Verankerung der Grundsätze der Kostenermittlung für wichtig.

Keine „geschlossenen Verteilnetze“

Abgelehnt wird von der E-Wirtschaft die Pflicht der Verteilnetzbetreiber, die freien Netzkapazitäten je Transformator monatlich aktualisiert zu veröffentlichen. Auch die Einbeziehung der untersten Netzebenen 6 und 7 in die künftigen Netzentwicklungspläne (V-NEPs) sind nach Ansicht der Branche nicht zielführend. Stattdessen sollten die Pläne auf die Ebenen 3 und 4 (im Wesentlichen Hoch- und Mittelspannung) beschränkt bleiben und keine Rolle bei der Genehmigung von Netzausbauprojekten spielen. Abgelehnt wird von der Branche auch das Recht von Industrie- und Gewerbebetrieben, in Gewerbegebieten eigene lokale Stromnetze („geschlossene Verteilnetze“) zu errichten und zu betreiben. Dies sei im Sinne eines geordneten und sicheren Netzmanagements kontraproduktiv.

Weiters wehrt sich die E-Wirtschaft gegen die Pflicht, auf Basis der mit den Smart Metern erhobenen Daten monatliche Stromrechnungen zu legen. Ihr zufolge hätten unter anderem die Betreiber von Wärmepumpen oder Elektroheizgeräten in den Wintermonaten sehr hohe Stromrechnungen zu erwarten. Dies könne speziell für sozial schwache Kunden zum Problem werden. Damit aber würden „die Anfragen an Call-Center, Kundenanlaufstellen, bei Unternehmen und Sozialeinrichtungen insbesondere in den Wintermonaten höher sein. Die Umstellung auf monatliche Abrechnung bedarf jedenfalls einer massiven Kommunikationsoffensive von allen Seiten – E-Wirtschaft, Politik, Medien, Ministerien, E-Control, Sozialpartner und sonstiger Stakeholder.“

Klarere Regeln hinsichtlich allfälliger Preisänderungen fordern auch das Sozialministerium sowie Konsumentenschutzverbände. Sie urgieren überdies die möglichst leicht verständliche Darstellung der wichtigsten Bestandteile der Stromlieferverträge auf den Rechnungen sowie auf den Webportalen der Versorger. Die Arbeiterkammer verlangt überdies, die Stromerzeuger stärker an den Netzkosten zu beteiligen.

Die Bundesländer schließlich kritisieren die weitgehende Konzentration der elektritzitätsrechtlichen Kompetenzen beim Bund. Wenn diese schon erfolge, müsse der Bund „zu einer angemessenen Kompensation von Kompetenzverlusten an anderer Stelle bereit“ sein, fordert etwa das Land Tirol.

Drängende Zeit

Wie berichtet, muss der Beschluss des ElWG im Parlament mit Zweidrittelmehrheit erfolgen. Bis dato äußerten sich die Sozialdemokraten und die rechtsgerichteten Freiheitlichen, die eine solche Mehrheit gewährleisten können, skeptisch. Vertreter der mit den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) regierenden Grünen kündigten bereits an, „konstruktive Gespräche“ führen zu wollen. Da das Parlament spätestens Ende September neu gewählt wird, drängt die Zeit. Nicht zuletzt Oesterreichs Energie fordert daher einen raschen Beschluss.

Montag, 26.02.2024, 11:11 Uhr
Klaus Fischer

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