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Energie & Management > Europaeische Union - Einigung auf europäisches Klimagesetz
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Europaeische Union

Einigung auf europäisches Klimagesetz

Einen Tag vor dem internationalen Klimagipfel haben sich das Europäische Parlament und der Ministerrat darauf verständigt, dass die EU 2030 mindestens 55 % weniger CO2 erzeugt.

Das Parlament konnte sich mit seiner Forderung, die Treibhausgase um 60 % unter den Stand von 1990 zu senken, nicht durchsetzen. In den 14-stündigen Verhandlungen verständigten sich die Vertreter des Parlamentes und der portugiesischen Ratspräsidentschaft aber auf eine Reihe von „qualitativen“ Verbesserungen am Klimaziel. So sollen mindestens 52,8 % durch eine direkte Reduzierung der Emissionen erbracht werden. Für den Beitrag der Senken (Wälder, Landwirtschaft etc.) wurde eine Obergrenze von 225 Mio. Tonnen (2,2 %) festgelegt.

Die EU-Kommission werde darüber hinaus einen Vorschlag vorlegen, um die Anreize für eine nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern und anderen Agrarflächen zu fördern, sagte die Berichterstatterin des Parlamentes, die schwedische Abgeordnete Jytte Guteland, nach der Einigung in Brüssel. Damit verbessere sich das Klimaziel der EU auf nahezu 57 %. Der umweltpolitische Sprecher der EVP, Peter Liese (CDU), geht davon aus, dass der Beitrag der Senken damit auf rund 300 Mio. Tonnen angehoben werden kann.

Ziel eine „gewaltige Transformation“

Ebenso wie Liese zeigten sich Guteland und der Vorsitzende des Umweltausschusses, Pascal Confin, zufrieden mit dem Ergebnis der Verhandlungen. Die EU werde damit in den nächsten zehn Jahren mehr für den Klimaschutz leisten als in den 30 Jahren zuvor. Damit würden auch andere Länder zu mehr Klimaschutz ermutigt. Mit der Zustimmung der Konservativen, der Sozialisten und der Liberalen sei eine Mehrheit für den Kompromiss gesichert.

 

Die Unionsabgeordneten Daniel Caspary und Angelika Niebler begrüßten ausdrücklich die Verständigung auf 55 %: „Dieses Ziel bedeutet eine gewaltige Transformation.“ Die EU lege damit im Klimaschutz vor und müsse jetzt auch den Rest der Welt von anspruchsvollem Klimaschutz überzeugen. Dagegen sieht die SPD in dem neuen Klimagesetz nur „einen kleinen Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität“.

Der Verhandlungsführer des Rates, der portugiesische Umweltminister Fernandes, sprach von einem „wichtigen Signal an die Welt“. Mit diesem „anspruchsvollen Klimaziel“ setze die EU einen Rahmen für ihre Klimapolitik in den nächsten 30 Jahren. Bundeswirtschaftsminister Altmaier begrüßte die Verständigung auf „ein ambitioniertes Klimagesetz“. Es biete die „einmalige Chance, Klimaschutz und Wirtschaft gemeinsam voranzubringen und zu versöhnen“.

Grüne: Schwacher globaler Partner

Kritik kam dagegen von den Grünen. „Das Europäische Klimagesetz reicht nicht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen“, sagte ihr energiempolitischer Sprecher im Europaparlament, Michael Bloss. Damit sei die EU ein „schwacher globaler Partner“. Die Grünen im Bundestag warfen der Bundesregierung vor, ein höheres Klimaziel ausgebremst zu haben. Deutschland müsse seine Emissionen bis 2030 um 70 % senken.

Das Parlament konnte allerdings mehrere andere Forderungen durchsetzen, die nicht im ursprünglichen Vorschlag der Kommission enthalten waren. So soll die Kommission bis 2024 ein Zwischenziel für die Senkung der Treibhausgase bis 2040 vorschlagen. Seine Höhe soll sich nach dem 2030 noch verbleibenden „Treibhausgasbudget“ der EU richten, die ebenfalls von der Kommission ermittelt werden soll. Klare Kriterien oder eine Methode für die Berechnung des Budgets gibt es nicht. Es soll den Anforderungen des Pariser Abkommens an die europäische Klimapolitik genügen. Streit über die Höhe des Budgets erscheint damit vorprogrammiert.

Das Parlament konnte auch die Einrichtung eines „wissenschaftlichen Beirates“ auf europäischer Ebene durchsetzen. Die 15 Experten sollen die europäische Klimapolitik wissenschaftlich begleiten und regelmäßig Bericht erstatten. Er soll auch bei der Festlegung des „Budgets“ eine zentrale Rolle spielen. Vorbild ist der IPCC auf globaler Ebene.

Die Kommission wird gemeinsam mit den Unternehmen und Verbänden Zeitpläne für die Senkung der Treibhausgase in jedem einzelnen Wirtschaftssektor entwickeln. Sie sollen es der Politik erleichtern, die Umsetzung ihrer Maßnahmen zu kontrollieren und im Bedarfsfall nachzusteuern.

Nationale Ziele für die Senkung der Treibhausgase gibt es dagegen nicht. Allerdings soll die EU nach 2050 danach streben, „negative Emissionen“ zu realisieren, also der Atmosphäre netto mehr CO2 zu entziehen als ausgestoßen wird.

Reaktionen fallen unterschiedlich aus

In der Wirtschaft ist man überwiegend erleichtert, dass ein Kompromiss gefunden wurde. In den Umweltverbänden überwiegt die Kritik an der Haltung der Mitgliedstaaten.

Die Einigung schaffe Klarheit für die nationale Gesetzgebung, sagte die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie BEE, Simone Peters. Auch wenn Zweifel darüber bestünden, ob die vereinbarten 55 % ausreichten. Das europäische Klimanetzwerk CAN warf Rat und Parlament vor, das vereinbarte Klimaziel bringe keinerlei Verbesserungen im Vergleich zu den geltenden Vereinbarungen. Die EU habe erneut eine „historische Chance verpasst, der Klimakrise angemessen zu begegnen“, sagte CAN-Direktor Wendel Trio.

 



Der Dachverband der europäischen Industrie Business Europe sieht in dem Kompromiss eine wichtige Entscheidung. Über den genauen Weg zu den verkündeten Klimazielen müsse jetzt gesprochen werden, heißt es bei dem Verband.

Die Verständigung sei wichtig, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing, es dürfe aber nicht nur darum gehen „wohlklingende Ziele“ auf den Weg zu bringen. „Das ewige Hin und Her beispielsweise in beihilferechtlichen Genehmigungsverfahren können wir uns nicht länger leisten.“

Auch die chemische Industrie „unterstützt eine ambitionierte Klimapolitik“. Nach der Industrie und der Energiewirtschaft müssten jetzt allerdings auch die anderen Sektoren „ihren fairen Beitrag leisten“, sagte VCI-Geschäftsführer Wolfgang Große-Entrup. Der VCI erwarte außerdem konkrete Maßnahmen, um die Industrie vor internationalen Wettbewerbsnachteilen zu schützen.


Mittwoch, 21.04.2021, 15:54 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europaeische Union - Einigung auf europäisches Klimagesetz
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Europaeische Union
Einigung auf europäisches Klimagesetz
Einen Tag vor dem internationalen Klimagipfel haben sich das Europäische Parlament und der Ministerrat darauf verständigt, dass die EU 2030 mindestens 55 % weniger CO2 erzeugt.

Das Parlament konnte sich mit seiner Forderung, die Treibhausgase um 60 % unter den Stand von 1990 zu senken, nicht durchsetzen. In den 14-stündigen Verhandlungen verständigten sich die Vertreter des Parlamentes und der portugiesischen Ratspräsidentschaft aber auf eine Reihe von „qualitativen“ Verbesserungen am Klimaziel. So sollen mindestens 52,8 % durch eine direkte Reduzierung der Emissionen erbracht werden. Für den Beitrag der Senken (Wälder, Landwirtschaft etc.) wurde eine Obergrenze von 225 Mio. Tonnen (2,2 %) festgelegt.

Die EU-Kommission werde darüber hinaus einen Vorschlag vorlegen, um die Anreize für eine nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern und anderen Agrarflächen zu fördern, sagte die Berichterstatterin des Parlamentes, die schwedische Abgeordnete Jytte Guteland, nach der Einigung in Brüssel. Damit verbessere sich das Klimaziel der EU auf nahezu 57 %. Der umweltpolitische Sprecher der EVP, Peter Liese (CDU), geht davon aus, dass der Beitrag der Senken damit auf rund 300 Mio. Tonnen angehoben werden kann.

Ziel eine „gewaltige Transformation“

Ebenso wie Liese zeigten sich Guteland und der Vorsitzende des Umweltausschusses, Pascal Confin, zufrieden mit dem Ergebnis der Verhandlungen. Die EU werde damit in den nächsten zehn Jahren mehr für den Klimaschutz leisten als in den 30 Jahren zuvor. Damit würden auch andere Länder zu mehr Klimaschutz ermutigt. Mit der Zustimmung der Konservativen, der Sozialisten und der Liberalen sei eine Mehrheit für den Kompromiss gesichert.

 

Die Unionsabgeordneten Daniel Caspary und Angelika Niebler begrüßten ausdrücklich die Verständigung auf 55 %: „Dieses Ziel bedeutet eine gewaltige Transformation.“ Die EU lege damit im Klimaschutz vor und müsse jetzt auch den Rest der Welt von anspruchsvollem Klimaschutz überzeugen. Dagegen sieht die SPD in dem neuen Klimagesetz nur „einen kleinen Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität“.

Der Verhandlungsführer des Rates, der portugiesische Umweltminister Fernandes, sprach von einem „wichtigen Signal an die Welt“. Mit diesem „anspruchsvollen Klimaziel“ setze die EU einen Rahmen für ihre Klimapolitik in den nächsten 30 Jahren. Bundeswirtschaftsminister Altmaier begrüßte die Verständigung auf „ein ambitioniertes Klimagesetz“. Es biete die „einmalige Chance, Klimaschutz und Wirtschaft gemeinsam voranzubringen und zu versöhnen“.

Grüne: Schwacher globaler Partner

Kritik kam dagegen von den Grünen. „Das Europäische Klimagesetz reicht nicht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen“, sagte ihr energiempolitischer Sprecher im Europaparlament, Michael Bloss. Damit sei die EU ein „schwacher globaler Partner“. Die Grünen im Bundestag warfen der Bundesregierung vor, ein höheres Klimaziel ausgebremst zu haben. Deutschland müsse seine Emissionen bis 2030 um 70 % senken.

Das Parlament konnte allerdings mehrere andere Forderungen durchsetzen, die nicht im ursprünglichen Vorschlag der Kommission enthalten waren. So soll die Kommission bis 2024 ein Zwischenziel für die Senkung der Treibhausgase bis 2040 vorschlagen. Seine Höhe soll sich nach dem 2030 noch verbleibenden „Treibhausgasbudget“ der EU richten, die ebenfalls von der Kommission ermittelt werden soll. Klare Kriterien oder eine Methode für die Berechnung des Budgets gibt es nicht. Es soll den Anforderungen des Pariser Abkommens an die europäische Klimapolitik genügen. Streit über die Höhe des Budgets erscheint damit vorprogrammiert.

Das Parlament konnte auch die Einrichtung eines „wissenschaftlichen Beirates“ auf europäischer Ebene durchsetzen. Die 15 Experten sollen die europäische Klimapolitik wissenschaftlich begleiten und regelmäßig Bericht erstatten. Er soll auch bei der Festlegung des „Budgets“ eine zentrale Rolle spielen. Vorbild ist der IPCC auf globaler Ebene.

Die Kommission wird gemeinsam mit den Unternehmen und Verbänden Zeitpläne für die Senkung der Treibhausgase in jedem einzelnen Wirtschaftssektor entwickeln. Sie sollen es der Politik erleichtern, die Umsetzung ihrer Maßnahmen zu kontrollieren und im Bedarfsfall nachzusteuern.

Nationale Ziele für die Senkung der Treibhausgase gibt es dagegen nicht. Allerdings soll die EU nach 2050 danach streben, „negative Emissionen“ zu realisieren, also der Atmosphäre netto mehr CO2 zu entziehen als ausgestoßen wird.

Reaktionen fallen unterschiedlich aus

In der Wirtschaft ist man überwiegend erleichtert, dass ein Kompromiss gefunden wurde. In den Umweltverbänden überwiegt die Kritik an der Haltung der Mitgliedstaaten.

Die Einigung schaffe Klarheit für die nationale Gesetzgebung, sagte die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie BEE, Simone Peters. Auch wenn Zweifel darüber bestünden, ob die vereinbarten 55 % ausreichten. Das europäische Klimanetzwerk CAN warf Rat und Parlament vor, das vereinbarte Klimaziel bringe keinerlei Verbesserungen im Vergleich zu den geltenden Vereinbarungen. Die EU habe erneut eine „historische Chance verpasst, der Klimakrise angemessen zu begegnen“, sagte CAN-Direktor Wendel Trio.

 



Der Dachverband der europäischen Industrie Business Europe sieht in dem Kompromiss eine wichtige Entscheidung. Über den genauen Weg zu den verkündeten Klimazielen müsse jetzt gesprochen werden, heißt es bei dem Verband.

Die Verständigung sei wichtig, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing, es dürfe aber nicht nur darum gehen „wohlklingende Ziele“ auf den Weg zu bringen. „Das ewige Hin und Her beispielsweise in beihilferechtlichen Genehmigungsverfahren können wir uns nicht länger leisten.“

Auch die chemische Industrie „unterstützt eine ambitionierte Klimapolitik“. Nach der Industrie und der Energiewirtschaft müssten jetzt allerdings auch die anderen Sektoren „ihren fairen Beitrag leisten“, sagte VCI-Geschäftsführer Wolfgang Große-Entrup. Der VCI erwarte außerdem konkrete Maßnahmen, um die Industrie vor internationalen Wettbewerbsnachteilen zu schützen.


Mittwoch, 21.04.2021, 15:54 Uhr
Tom Weingärtner

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