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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - Ein Standort, den man erfinden müsste
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Ausgabe

Ein Standort, den man erfinden müsste

Im Februar soll auch im niedersächsischen Stade das erste Flüssigerdgas angeliefert werden. Doch es gibt noch sehr viel weitreichendere Pläne.
Die Genehmigungs- und Vermarktungsphase für den Hanseatic Energy Hub (HEH) ist abgeschlossen. Aus diesem Anlass gab die Geschäftsführung einen Ãœberblick über die aktuellen Pläne und die Entwicklungsmöglichkeiten vom Flüssigerdgas hin zu grünen Gasen. Johann Killinger, Geschäftsführer und Mitgesellschafter des HEH, sagt es schon seit langer Zeit und gerne immer wieder: „Wenn es den Standort Stade nicht gäbe, man müsste ihn erfinden.“

Und das macht ihn für ein LNG-Terminal und weitere Vorhaben im Zusammenhang mit Wasserstoff und Elektrolyse so besonders:
  • Die Lage im Industriepark bietet den direkten Anschluss ans Gasfernleitungsnetz.
  • Abwärme aus einer Chemiefabrik von Dow kann zur Regasifizierung des LNG genutzt werden.
  • Ãœber ein großes Umspannwerk des Ãœbertragungsnetzbetreibers Tennet besteht Zugang zum Höchstspannungsnetz und zu genug Windkraftstrom für die Produktion von grünem Wasserstoff.
  • Es gibt schon vor Ort viele große Verbraucher, die Gas und Wasserstoff nutzen können.
  • Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur mit Hafen, Bahntrassen und Verbindungsstraßen ist vorhanden.
  • Die Bevölkerung steht den Entwicklungen positiv gegenüber und es gibt eine Menge Know-how vor Ort.
Zunächst soll im Februar die FSRU „Transgas Force“ im neu errichteten Hafen den Betrieb aufnehmen. FSRU steht für Floating Storage and Regasification Unit. Das Schiff übernimmt also LNG von Tankern, versetzt es wieder in gasförmigen Zustand und speist es ins Erdgasnetz ein. Drei Jahre soll das so gehen. „Dann ist das feste Terminal fertig und die FSRU segelt wieder weg“, umschreibt Killinger die weiteren Pläne.
 
Am neuen Anleger für verflüssigte Gase soll LNG regasifiziert werden
Quelle: HEH

Das feste LNG-Terminal soll also 2027 in Betrieb gehen. Es wird mit zwei Lagertanks ausgestattet und kann im Jahr 13,3 Milliarden Kubikmeter Erdgas umschlagen, rund 15 Prozent des Gasbedarfs in Deutschland. Es wird, wie Killinger sagt, ein Zero-Emission-Terminal sein, da die Regasifizierung mit Abwärme aus einer Chemiefabrik des Dow-Konzerns erfolgt. 

„Für mich als Gesellschafter stand von Beginn an fest: Unser Projekt muss zukunftsflexibel und damit Ammoniak-ready sein. Sowohl technisch als auch kommerziell. Dafür haben wir nun alle wichtigen Weichen gestellt“, betont Killinger. „Wir werden mit dem Terminal in den nächsten Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Europa leisten können“, ist er überzeugt. Zunächst mit LNG, Bio-LNG und synthetischen Gasen, später mit Wasserstoff in Form von Ammoniak.

Die langfristige Vermarktung der Kapazitäten hat HEH bereits abgeschlossen, sie wurden zur Hälfte von EnBW sowie von Sefe (früher Gazprom Germania) und CEZ aus Tschechien gebucht. Ein Zehntel der Kapazitäten bleibt nach den Vorgaben der Bundesnetzagentur für den Spotmarkt frei.

​Terminal wird schon für Ammoniak vorbereitet

Das LNG-Terminal wird allerdings bereits Ammoniak-ready gebaut: Die Fundamente der Tanks sollen entsprechend tragfähig und die Auskleidung der Betonhülle mit Edelstahlelementen möglich sein. Da der Transport von Wasserstoff nur über Pipelines sinnvoll ist, erfolgt seine Verschiffung in Form von Ammoniak. Deshalb sollen auch Ammoniak-Cracker, die die Abspaltung des Wasserstoffs erledigen, im Industriepark einen Platz finden. Das sind allerdings noch Pläne, die in weiterer Zukunft liegen: Die Nutzung des Terminals für LNG ist bis zum Jahr 2043 genehmigt.

Der neue Hafenanleger, der Mitte Dezember 2023 in Betrieb genommen wurde und der zunächst dem FSRU Platz bietet, ist ebenfalls bereits so ausgerüstet, dass hier wasserstoffbasierte Energieträger verarbeitet werden können. Er ist 650 Meter lang und bietet damit Platz für sehr große Schiffe.
 
Visualisierung des stationären Terminals mit seinen großen Lagertanks
Quelle: HEH

Zudem sind vor Ort weitere Elektrolyseure für die Wasserstoffproduktion aus Windkraftstrom geplant. Schon jetzt, so hieß es bei der Vorstellung der weiteren Planungen, sei man in Stade führend bei der Meerwasser-Elektrolyse. 50.000 Tonnen Wasserstoff würden im Jahr produziert und vom Chemieunternehmen Dow genutzt.
 

LNG-Terminal in Stade

Bereits im Frühjahr 2023 hatte HEH ein Konsortium unter der Leitung der weltweit tätigen Ingenieurgesellschaft Tecnicas Reunidas S.A. mit der Planung und Realisierung des stationären LNG-Terminals beauftragt. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Madrid hat weltweit den Bau von mehr als 1.000 Infrastruktur- und Industrieanlagen geplant und geleitet. Darunter zahlreiche Projekte entlang der Wertschöpfungsketten für LNG und Wasserstoff. Tecnicas Reunidas soll die Planung und Steuerung der Bauphase übernehmen.
Die ebenfalls aus Spanien stammende FCC-Gruppe wird alle Arbeiten zur Vorbereitung des Standorts im Industriepark sowie den Bau der Anlage durchführen. Dabei kann FCC auf umfassende Erfahrungen mit Flüssiggastanks zurückgreifen: Allein in Spanien hat das Unternehmen bereits acht LNG-Speicheranlagen gebaut und in Betrieb genommen.
Die Entrade GmbH, eine Tochter der türkischen ENKA-Gruppe, wird für die elektromechanische Montage verantwortlich sein. Das Ingenieur- und Bauunternehmen ist heute bereits in der Nähe von Stade tätig.
 

Montag, 22.01.2024, 09:44 Uhr
Günter Drewnitzky
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - Ein Standort, den man erfinden müsste
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Ausgabe
Ein Standort, den man erfinden müsste
Im Februar soll auch im niedersächsischen Stade das erste Flüssigerdgas angeliefert werden. Doch es gibt noch sehr viel weitreichendere Pläne.
Die Genehmigungs- und Vermarktungsphase für den Hanseatic Energy Hub (HEH) ist abgeschlossen. Aus diesem Anlass gab die Geschäftsführung einen Ãœberblick über die aktuellen Pläne und die Entwicklungsmöglichkeiten vom Flüssigerdgas hin zu grünen Gasen. Johann Killinger, Geschäftsführer und Mitgesellschafter des HEH, sagt es schon seit langer Zeit und gerne immer wieder: „Wenn es den Standort Stade nicht gäbe, man müsste ihn erfinden.“

Und das macht ihn für ein LNG-Terminal und weitere Vorhaben im Zusammenhang mit Wasserstoff und Elektrolyse so besonders:
  • Die Lage im Industriepark bietet den direkten Anschluss ans Gasfernleitungsnetz.
  • Abwärme aus einer Chemiefabrik von Dow kann zur Regasifizierung des LNG genutzt werden.
  • Ãœber ein großes Umspannwerk des Ãœbertragungsnetzbetreibers Tennet besteht Zugang zum Höchstspannungsnetz und zu genug Windkraftstrom für die Produktion von grünem Wasserstoff.
  • Es gibt schon vor Ort viele große Verbraucher, die Gas und Wasserstoff nutzen können.
  • Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur mit Hafen, Bahntrassen und Verbindungsstraßen ist vorhanden.
  • Die Bevölkerung steht den Entwicklungen positiv gegenüber und es gibt eine Menge Know-how vor Ort.
Zunächst soll im Februar die FSRU „Transgas Force“ im neu errichteten Hafen den Betrieb aufnehmen. FSRU steht für Floating Storage and Regasification Unit. Das Schiff übernimmt also LNG von Tankern, versetzt es wieder in gasförmigen Zustand und speist es ins Erdgasnetz ein. Drei Jahre soll das so gehen. „Dann ist das feste Terminal fertig und die FSRU segelt wieder weg“, umschreibt Killinger die weiteren Pläne.
 
Am neuen Anleger für verflüssigte Gase soll LNG regasifiziert werden
Quelle: HEH

Das feste LNG-Terminal soll also 2027 in Betrieb gehen. Es wird mit zwei Lagertanks ausgestattet und kann im Jahr 13,3 Milliarden Kubikmeter Erdgas umschlagen, rund 15 Prozent des Gasbedarfs in Deutschland. Es wird, wie Killinger sagt, ein Zero-Emission-Terminal sein, da die Regasifizierung mit Abwärme aus einer Chemiefabrik des Dow-Konzerns erfolgt. 

„Für mich als Gesellschafter stand von Beginn an fest: Unser Projekt muss zukunftsflexibel und damit Ammoniak-ready sein. Sowohl technisch als auch kommerziell. Dafür haben wir nun alle wichtigen Weichen gestellt“, betont Killinger. „Wir werden mit dem Terminal in den nächsten Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Europa leisten können“, ist er überzeugt. Zunächst mit LNG, Bio-LNG und synthetischen Gasen, später mit Wasserstoff in Form von Ammoniak.

Die langfristige Vermarktung der Kapazitäten hat HEH bereits abgeschlossen, sie wurden zur Hälfte von EnBW sowie von Sefe (früher Gazprom Germania) und CEZ aus Tschechien gebucht. Ein Zehntel der Kapazitäten bleibt nach den Vorgaben der Bundesnetzagentur für den Spotmarkt frei.

​Terminal wird schon für Ammoniak vorbereitet

Das LNG-Terminal wird allerdings bereits Ammoniak-ready gebaut: Die Fundamente der Tanks sollen entsprechend tragfähig und die Auskleidung der Betonhülle mit Edelstahlelementen möglich sein. Da der Transport von Wasserstoff nur über Pipelines sinnvoll ist, erfolgt seine Verschiffung in Form von Ammoniak. Deshalb sollen auch Ammoniak-Cracker, die die Abspaltung des Wasserstoffs erledigen, im Industriepark einen Platz finden. Das sind allerdings noch Pläne, die in weiterer Zukunft liegen: Die Nutzung des Terminals für LNG ist bis zum Jahr 2043 genehmigt.

Der neue Hafenanleger, der Mitte Dezember 2023 in Betrieb genommen wurde und der zunächst dem FSRU Platz bietet, ist ebenfalls bereits so ausgerüstet, dass hier wasserstoffbasierte Energieträger verarbeitet werden können. Er ist 650 Meter lang und bietet damit Platz für sehr große Schiffe.
 
Visualisierung des stationären Terminals mit seinen großen Lagertanks
Quelle: HEH

Zudem sind vor Ort weitere Elektrolyseure für die Wasserstoffproduktion aus Windkraftstrom geplant. Schon jetzt, so hieß es bei der Vorstellung der weiteren Planungen, sei man in Stade führend bei der Meerwasser-Elektrolyse. 50.000 Tonnen Wasserstoff würden im Jahr produziert und vom Chemieunternehmen Dow genutzt.
 

LNG-Terminal in Stade

Bereits im Frühjahr 2023 hatte HEH ein Konsortium unter der Leitung der weltweit tätigen Ingenieurgesellschaft Tecnicas Reunidas S.A. mit der Planung und Realisierung des stationären LNG-Terminals beauftragt. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Madrid hat weltweit den Bau von mehr als 1.000 Infrastruktur- und Industrieanlagen geplant und geleitet. Darunter zahlreiche Projekte entlang der Wertschöpfungsketten für LNG und Wasserstoff. Tecnicas Reunidas soll die Planung und Steuerung der Bauphase übernehmen.
Die ebenfalls aus Spanien stammende FCC-Gruppe wird alle Arbeiten zur Vorbereitung des Standorts im Industriepark sowie den Bau der Anlage durchführen. Dabei kann FCC auf umfassende Erfahrungen mit Flüssiggastanks zurückgreifen: Allein in Spanien hat das Unternehmen bereits acht LNG-Speicheranlagen gebaut und in Betrieb genommen.
Die Entrade GmbH, eine Tochter der türkischen ENKA-Gruppe, wird für die elektromechanische Montage verantwortlich sein. Das Ingenieur- und Bauunternehmen ist heute bereits in der Nähe von Stade tätig.
 

Montag, 22.01.2024, 09:44 Uhr
Günter Drewnitzky

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