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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Die Energiewende kommt gut voran
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Die Energiewende kommt gut voran

Im Sommerinterview stellt sich Klaus Müller den Fragen von E&M. Der ehemalige Verbraucherschützer ist seit gut zwei Jahren Präsident der Bundesnetzagentur.
E&M: Herr Müller, auf Ihre Behörde ist eine enorme Aufgabenfülle zugekommen mit der Gaskrise und den neuen Kompetenzen durch die EU. Bekommen Sie dafür genug Fachkräfte?

Müller: Die Transformation des deutschen Energiesystems in kürzester Zeit stellt die Bundesnetzagentur wie auch alle anderen Akteure vor große Herausforderungen. Wir sind deutlich gewachsen als Behörde. Wenn Sie über unseren Bonner Campus, das Tulpenfeld, gehen, sehen Sie viele junge Kolleginnen und Kollegen, Juristen, Ökonomen, Ingenieurinnen. Die Rheinschiene, aber auch unsere anderen Standorte wie Mainz und Cottbus sind durchaus attraktiv, sodass wir Kolleginnen und Kollegen gewinnen.

E&M: Bei der großen Zahl an Zuständigkeiten − welche Kerngebiete sehen Sie denn in Ihrer Verantwortung für die Energiewende?

Müller: Letztendlich alle. Ich mache es konkret: Es ist vollkommen klar, dass der Netzausbau in Deutschland hinterherhinkt. Hier tragen wir noch an Entscheidungen aus der Vergangenheit. Aber der Deutsche Bundestag hat drei ganz zentrale Beschleunigungsgesetze verabschiedet. Wir sehen die Beschleunigungseffekte bereits und werden in den nächsten Jahren immer schneller werden. Verfahren, die in der Vergangenheit sechs Jahre gedauert haben, können wir in drei bis vier Jahren schaffen. Bis Ende 2025 wollen wir 4.500 Kilometer Leitungen genehmigt haben. Das geht richtig voran jetzt.

Ich greife deshalb den Netzausbau raus, weil er natürlich für den Transport erneuerbarer Energie und damit für die günstigere Versorgung mit klimaneutralem Strom von existenzieller Bedeutung ist. Und gleichzeitig kennen alle das Problem der Redispatch-Kosten. Sie lagen bisher bei rund vier Milliarden Euro jährlich, ein elementarer Kostenblock, der Unternehmen, Industrie, Haushalte belastet. Wir werden ihn durch eine Beschleunigung des Netzausbaus reduzieren können. Wir sehen auch erste Erfolge durch Teilnetzabschnitte, sodass wir uns eher in Richtung drei Milliarden Euro bewegen. Das ist nicht zufriedenstellend, zeigt aber die richtige Richtung an.

Auch der Ausbau der Erneuerbaren nimmt Fahrt auf. Bei der Photovoltaik sehen wir einen Boom. Wir haben die Registrierung von Balkonkraftwerken vereinfacht und entbürokratisiert. Menschen sollen so leicht wie möglich bei der Energiewende mitmachen können. Bei Wind an Land verzeichnen wir auch eine positive Entwicklung. Die letzte Ausschreibungsrunde stellt mit fast 2,5 Gigawatt eingereichter Gebotsmenge einen Rekord dar. Bei einer Fortsetzung dieser positiven Entwicklung sind die Zubauziele auch in diesem Segment erreichbar.

E&M: Was halten Sie von der Idee, als Kostenersparnis mehr Überlandleitungen statt Erdkabel zu verlegen?

Müller: Der Kostenvorteil von Freileitungen ist unbestritten. Der ideale Zeitpunkt für die Entscheidung aber wäre der letzte Herbst gewesen, denn damals hat die Bundesnetzagentur mit ihren Planungen begonnen. Und weil wir jetzt alles auf Beschleunigung gesetzt haben, sind die letzten zehn Monate nicht ungenutzt verstrichen. Wir haben natürlich aufgrund der Gesetzeslage für Erdkabel vorgeplant. Und man kann nicht auf die gleiche Trasse mal eben eine Freileitung bauen. Daneben hätte eine Entscheidung auch die Zustimmung vor allem der betroffenen Bundesländer gebraucht. Diesen Konsens gibt es nicht.

E&M: Es soll Netze für Wasserstoff geben, für Wärme, sogar eventuell für CO2 aus der Industrie. Einige Teile der Gasnetze werden aber ausgedient haben. Wie begleitet Ihre Behörde diese Umstellung?
 
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur
Quelle: Bundesnetzagentur


Müller: Die erste Prämisse ist, dass wir auf absehbare Zeit für Erdgas Versorgungssicherheit garantieren müssen. Zweitens, wir sind sehr entschlossen, das Wasserstoff-Kernnetz, sobald der Antrag bei uns eingereicht ist, sehr zeitnah zu genehmigen. Es werden sowohl ein Teil der Erdgasleitungen umgerüstet, als auch neue Wasserstoffleitungen gebaut. Das Kernnetz durchbricht das Henne-Ei-Problem: Also brauche ich zuerst Wasserstoff oder zuerst eine industrielle Anwendung für den Wasserstoff? Dass die Bundesregierung jetzt über das sogenannte Amortisationskonto die Finanzierung sichert, ist eine sehr sinnvolle Entscheidung. Wir haben parallel dazu die Regulierung für die Wasserstoffentgelte auf den Weg gebracht, konsultiert und finalisiert. Wir sind startbereit. Und ich glaube, das wäre ein Schub, den Deutschland sowohl faktisch wie vielleicht auch emotional dringend braucht, um zu zeigen: ‚Wir können die Energiewende und es geht voran.‘

E&M: Haben Sie denn schon den gesetzlichen Rahmen, den Sie dafür brauchen, auch zum Beispiel, dass die Stadtwerke Gasleitungen schneller abschreiben können?

Müller: Der Deutsche Bundestag hat seine Hausaufgaben schon längst erledigt. Die Bundesnetzagentur hat die Regulierung auf den Weg gebracht. So können sich alle Netzbetreiber darauf verlassen, wie der regulatorische Rahmen aussieht. Wir sind sogar noch einen Schritt weiter gegangen für die Zukunft des Erdgasnetzes. Das bestehende Netz hat ja bis 2045 ein klimapolitisches Enddatum, das nicht zwingend mit dem ökonomischen Enddatum übereinstimmt. Dafür haben wir Festlegungen auf den Weg gebracht. Für Neubauten sind sie schon fertig. Für Bestandsbauten sind sie jetzt in der Konsultationsrunde. Sodass noch im Jahr 2024 alle Netzbetreiber den regulatorischen Rahmen haben werden, um größere Freiheitsgrade bei der Abschreibung der Erdgasnetze zu nutzen. Der Weg zu einer Dekarbonisierung unsererseits ist dann geebnet.

E&M: Sie kommen ja vom Verbraucherschutz, wie können Sie in der Zusammenarbeit mit der Politik dafür sorgen, dass trotz des Klimaschutzes Energie noch bezahlbar bleibt?

Müller: Eine der wichtigsten Aufgaben einer Regulierungsbehörde ist darauf zu achten, dass Kosteneffizienz großgeschrieben wird. Das heißt: Ist der Netzausbau wirklich zwingend? Wo können wir Kosten reduzieren? Darum sind auch alle Debatten um die Eigenkapitalverzinsung immer sehr schwierig, weil wir eine investitionsfreundliche Regulierung haben wollen, aber gleichzeitig auch auf diejenigen zu achten haben, die das bezahlen müssen. Da können wir es niemals allen recht machen.

E&M: Es gab ja Schlagzeilen, als der Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes verabschiedet wurde, dass Verbraucher bei Engpässen vom Netzbetreiber gedimmt werden dürfen. Haben Sie da Beschwerden bekommen?

Müller: Bisher ist uns kein Fall gemeldet worden, in dem dieser Teil der 14a-Regulierung genutzt wurde. Viel wichtiger ist ja, dass unsere Regelung ein Anschlussrecht geschaffen hat. Wir wollen verhindern, dass eine Wallbox fürs Elektroauto oder die Wärmepumpe von einzelnen Verteilnetzbetreibern nicht schnell angeschlossen werden kann. Also haben wir die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt. Zweitens haben wir der Digitalisierung der Verteilnetze einen kräftigen Schub verpasst. Denn das deutsche Netz ist noch nicht so steuerbar und intelligent, wie es sein muss für die Energiewende. Das ist aber nötig für einen effizienten Betrieb, der wieder Kosten für alle Seiten spart. Wir sehen dafür erhebliche Anstrengungen. Für den kritischen Fall einer möglichen Netzüberlastung haben wir als Ausnahme eine Vorsorge durch das Dimmen geschaffen. Wobei wir davon ausgehen, dass das selten erforderlich sein wird und die meisten Nutzer einer Wallbox oder einer Wärmepumpe das kaum merken werden.

E&M: Wie ist Ihr Haus in die Einrichtung eines neuen Strommarktsystems eingebunden, das die Flexibilitäten von Verbrauch und Erzeugung besser ausgleichen soll?

Müller: Wir sind intensiv eingebunden in den Diskurs des Bundeswirtschaftsministeriums mit allen Akteuren auf der Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS).

E&M: Wann kommt das klimaneutrale Stromsystem?

Müller: Die Bundesregierung hat sich auf die Kraftwerksstrategie geeinigt. Sie ist auch mit der Europäischen Kommission abgestimmt und wird jetzt konsultiert. Die ersten Ausschreibungen sollen zügig, Ende 2024, Anfang 2025, erfolgen. Parallel wird das Bundeswirtschaftsministerium die Optionen für die Ausgestaltung des Kapazitätsmechanismus vorlegen, also die Möglichkeit, sowohl Kraftwerkskapazitäten als auch flexible Lasten, Speicher und grenzüberschreitende Komponenten in die Versorgungssicherheit des deutschen Stromnetzes einzubeziehen. Dies soll auf der Plattform Klimaneutrales Stromsystem konsultiert werden. Der umfassende Kapazitätsmechanismus soll 2028 operativ sein. 

Mittwoch, 14.08.2024, 09:01 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Die Energiewende kommt gut voran
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Die Energiewende kommt gut voran
Im Sommerinterview stellt sich Klaus Müller den Fragen von E&M. Der ehemalige Verbraucherschützer ist seit gut zwei Jahren Präsident der Bundesnetzagentur.
E&M: Herr Müller, auf Ihre Behörde ist eine enorme Aufgabenfülle zugekommen mit der Gaskrise und den neuen Kompetenzen durch die EU. Bekommen Sie dafür genug Fachkräfte?

Müller: Die Transformation des deutschen Energiesystems in kürzester Zeit stellt die Bundesnetzagentur wie auch alle anderen Akteure vor große Herausforderungen. Wir sind deutlich gewachsen als Behörde. Wenn Sie über unseren Bonner Campus, das Tulpenfeld, gehen, sehen Sie viele junge Kolleginnen und Kollegen, Juristen, Ökonomen, Ingenieurinnen. Die Rheinschiene, aber auch unsere anderen Standorte wie Mainz und Cottbus sind durchaus attraktiv, sodass wir Kolleginnen und Kollegen gewinnen.

E&M: Bei der großen Zahl an Zuständigkeiten − welche Kerngebiete sehen Sie denn in Ihrer Verantwortung für die Energiewende?

Müller: Letztendlich alle. Ich mache es konkret: Es ist vollkommen klar, dass der Netzausbau in Deutschland hinterherhinkt. Hier tragen wir noch an Entscheidungen aus der Vergangenheit. Aber der Deutsche Bundestag hat drei ganz zentrale Beschleunigungsgesetze verabschiedet. Wir sehen die Beschleunigungseffekte bereits und werden in den nächsten Jahren immer schneller werden. Verfahren, die in der Vergangenheit sechs Jahre gedauert haben, können wir in drei bis vier Jahren schaffen. Bis Ende 2025 wollen wir 4.500 Kilometer Leitungen genehmigt haben. Das geht richtig voran jetzt.

Ich greife deshalb den Netzausbau raus, weil er natürlich für den Transport erneuerbarer Energie und damit für die günstigere Versorgung mit klimaneutralem Strom von existenzieller Bedeutung ist. Und gleichzeitig kennen alle das Problem der Redispatch-Kosten. Sie lagen bisher bei rund vier Milliarden Euro jährlich, ein elementarer Kostenblock, der Unternehmen, Industrie, Haushalte belastet. Wir werden ihn durch eine Beschleunigung des Netzausbaus reduzieren können. Wir sehen auch erste Erfolge durch Teilnetzabschnitte, sodass wir uns eher in Richtung drei Milliarden Euro bewegen. Das ist nicht zufriedenstellend, zeigt aber die richtige Richtung an.

Auch der Ausbau der Erneuerbaren nimmt Fahrt auf. Bei der Photovoltaik sehen wir einen Boom. Wir haben die Registrierung von Balkonkraftwerken vereinfacht und entbürokratisiert. Menschen sollen so leicht wie möglich bei der Energiewende mitmachen können. Bei Wind an Land verzeichnen wir auch eine positive Entwicklung. Die letzte Ausschreibungsrunde stellt mit fast 2,5 Gigawatt eingereichter Gebotsmenge einen Rekord dar. Bei einer Fortsetzung dieser positiven Entwicklung sind die Zubauziele auch in diesem Segment erreichbar.

E&M: Was halten Sie von der Idee, als Kostenersparnis mehr Überlandleitungen statt Erdkabel zu verlegen?

Müller: Der Kostenvorteil von Freileitungen ist unbestritten. Der ideale Zeitpunkt für die Entscheidung aber wäre der letzte Herbst gewesen, denn damals hat die Bundesnetzagentur mit ihren Planungen begonnen. Und weil wir jetzt alles auf Beschleunigung gesetzt haben, sind die letzten zehn Monate nicht ungenutzt verstrichen. Wir haben natürlich aufgrund der Gesetzeslage für Erdkabel vorgeplant. Und man kann nicht auf die gleiche Trasse mal eben eine Freileitung bauen. Daneben hätte eine Entscheidung auch die Zustimmung vor allem der betroffenen Bundesländer gebraucht. Diesen Konsens gibt es nicht.

E&M: Es soll Netze für Wasserstoff geben, für Wärme, sogar eventuell für CO2 aus der Industrie. Einige Teile der Gasnetze werden aber ausgedient haben. Wie begleitet Ihre Behörde diese Umstellung?
 
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur
Quelle: Bundesnetzagentur


Müller: Die erste Prämisse ist, dass wir auf absehbare Zeit für Erdgas Versorgungssicherheit garantieren müssen. Zweitens, wir sind sehr entschlossen, das Wasserstoff-Kernnetz, sobald der Antrag bei uns eingereicht ist, sehr zeitnah zu genehmigen. Es werden sowohl ein Teil der Erdgasleitungen umgerüstet, als auch neue Wasserstoffleitungen gebaut. Das Kernnetz durchbricht das Henne-Ei-Problem: Also brauche ich zuerst Wasserstoff oder zuerst eine industrielle Anwendung für den Wasserstoff? Dass die Bundesregierung jetzt über das sogenannte Amortisationskonto die Finanzierung sichert, ist eine sehr sinnvolle Entscheidung. Wir haben parallel dazu die Regulierung für die Wasserstoffentgelte auf den Weg gebracht, konsultiert und finalisiert. Wir sind startbereit. Und ich glaube, das wäre ein Schub, den Deutschland sowohl faktisch wie vielleicht auch emotional dringend braucht, um zu zeigen: ‚Wir können die Energiewende und es geht voran.‘

E&M: Haben Sie denn schon den gesetzlichen Rahmen, den Sie dafür brauchen, auch zum Beispiel, dass die Stadtwerke Gasleitungen schneller abschreiben können?

Müller: Der Deutsche Bundestag hat seine Hausaufgaben schon längst erledigt. Die Bundesnetzagentur hat die Regulierung auf den Weg gebracht. So können sich alle Netzbetreiber darauf verlassen, wie der regulatorische Rahmen aussieht. Wir sind sogar noch einen Schritt weiter gegangen für die Zukunft des Erdgasnetzes. Das bestehende Netz hat ja bis 2045 ein klimapolitisches Enddatum, das nicht zwingend mit dem ökonomischen Enddatum übereinstimmt. Dafür haben wir Festlegungen auf den Weg gebracht. Für Neubauten sind sie schon fertig. Für Bestandsbauten sind sie jetzt in der Konsultationsrunde. Sodass noch im Jahr 2024 alle Netzbetreiber den regulatorischen Rahmen haben werden, um größere Freiheitsgrade bei der Abschreibung der Erdgasnetze zu nutzen. Der Weg zu einer Dekarbonisierung unsererseits ist dann geebnet.

E&M: Sie kommen ja vom Verbraucherschutz, wie können Sie in der Zusammenarbeit mit der Politik dafür sorgen, dass trotz des Klimaschutzes Energie noch bezahlbar bleibt?

Müller: Eine der wichtigsten Aufgaben einer Regulierungsbehörde ist darauf zu achten, dass Kosteneffizienz großgeschrieben wird. Das heißt: Ist der Netzausbau wirklich zwingend? Wo können wir Kosten reduzieren? Darum sind auch alle Debatten um die Eigenkapitalverzinsung immer sehr schwierig, weil wir eine investitionsfreundliche Regulierung haben wollen, aber gleichzeitig auch auf diejenigen zu achten haben, die das bezahlen müssen. Da können wir es niemals allen recht machen.

E&M: Es gab ja Schlagzeilen, als der Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes verabschiedet wurde, dass Verbraucher bei Engpässen vom Netzbetreiber gedimmt werden dürfen. Haben Sie da Beschwerden bekommen?

Müller: Bisher ist uns kein Fall gemeldet worden, in dem dieser Teil der 14a-Regulierung genutzt wurde. Viel wichtiger ist ja, dass unsere Regelung ein Anschlussrecht geschaffen hat. Wir wollen verhindern, dass eine Wallbox fürs Elektroauto oder die Wärmepumpe von einzelnen Verteilnetzbetreibern nicht schnell angeschlossen werden kann. Also haben wir die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt. Zweitens haben wir der Digitalisierung der Verteilnetze einen kräftigen Schub verpasst. Denn das deutsche Netz ist noch nicht so steuerbar und intelligent, wie es sein muss für die Energiewende. Das ist aber nötig für einen effizienten Betrieb, der wieder Kosten für alle Seiten spart. Wir sehen dafür erhebliche Anstrengungen. Für den kritischen Fall einer möglichen Netzüberlastung haben wir als Ausnahme eine Vorsorge durch das Dimmen geschaffen. Wobei wir davon ausgehen, dass das selten erforderlich sein wird und die meisten Nutzer einer Wallbox oder einer Wärmepumpe das kaum merken werden.

E&M: Wie ist Ihr Haus in die Einrichtung eines neuen Strommarktsystems eingebunden, das die Flexibilitäten von Verbrauch und Erzeugung besser ausgleichen soll?

Müller: Wir sind intensiv eingebunden in den Diskurs des Bundeswirtschaftsministeriums mit allen Akteuren auf der Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS).

E&M: Wann kommt das klimaneutrale Stromsystem?

Müller: Die Bundesregierung hat sich auf die Kraftwerksstrategie geeinigt. Sie ist auch mit der Europäischen Kommission abgestimmt und wird jetzt konsultiert. Die ersten Ausschreibungen sollen zügig, Ende 2024, Anfang 2025, erfolgen. Parallel wird das Bundeswirtschaftsministerium die Optionen für die Ausgestaltung des Kapazitätsmechanismus vorlegen, also die Möglichkeit, sowohl Kraftwerkskapazitäten als auch flexible Lasten, Speicher und grenzüberschreitende Komponenten in die Versorgungssicherheit des deutschen Stromnetzes einzubeziehen. Dies soll auf der Plattform Klimaneutrales Stromsystem konsultiert werden. Der umfassende Kapazitätsmechanismus soll 2028 operativ sein. 

Mittwoch, 14.08.2024, 09:01 Uhr
Susanne Harmsen

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