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Energie & Management > E-World 2024 - Deutschland verfehlt Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030
Podium: (von links) Oliver Krischer (NRW), Michael Bauchmüller (Moderator), Cathrin Lind (EnBW), Tobias Bahnsen (Shell), Alexander Möller (VDV), Christian Hochfeld (Agora). Quelle: E&M / Volker Stephan
E-World 2024

Deutschland verfehlt Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030

Die Antriebswende im Verkehr kommt, aber mit Verspätung. 15 Millionen Elektrofahrzeuge werde es bis 2030 nicht geben, ist die Erwartung eines Podiums direkt vor der E-world.
Der schleppende Hochlauf von Elektroautos werde dazu führen, dass 2030 noch nicht die erhofften 15 Millionen Stromer auf Deutschlands Straßen fahren. Diese Vorhersage wagte Shells E-Mobility-Chef Tobias Bahnsen am 19. Februar auf einem Podium am Vortag der Leitmesse E-world 2024. So recht widersprechen wollte ihm niemand.

Im Januar 2024 entfiel nur noch jede zehnte Neuzulassung auf einen Stromer, im Vormonat lag der Anteil laut ADAC noch bei 22,5 Prozent. Tobias Bahnsen vermutete hinter der aktuellen Kaufzurückhaltung Kostengründe - die staatliche Förderung ist weggefallen. Auch die Reichweite von E-Autos könne ein Grund sein. Mit ihm disktutierten der Direktor der Agora Verkehrswende, Christian Hochfeld, der Geschäftsführer des Branchenverbands für den öffentlichen Verkehr (VDV), Alexander Möller, die für den technischen Betrieb bei „EnBW mobility plus“ zuständige Geschäftsführerin Cathrin Lind und NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne).

Während das Podium sich uneins war, wann der Verkehr letztlich dekarbonisiert sei, wollte Minister Krischer keinen Pessimismus verbreiten. Prozesse würden sich beschleunigen, weil in der Welt um Deutschland herum „andere Dynamiken“ griffen. Dies würde zu Disruptionen führen, also nicht nur positive Effekte auf die Automobilbranche hierzulande haben, aber das Tempo werde auch in Deutschland anziehen.

Christian Hochfeld (Agora) richtete an die Mineralölindustrie die Forderung, sich stark am Umbau des Verkehrssektors zu beteiligen (siehe auch separate Meldung). Schließlich habe die Branche stark von der Energiepreiskrise profitiert und enorme Übergewinne eingefahren. „Diese freiwillig zu investieren, finde ich gut“, so Christian Hochfeld. Alle Ladestationen würden sich mit den Jahren rechnen.
 
 
Das wollte Tobias Bahnsen (Shell) nicht unwidersprochen stehen lassen. Auf dem Dorf könne eine Tankstelle nicht mit den privaten Wallboxen konkurrieren, Dort wolle sein Unternehmen nicht in Ladesäulen investieren. Denn dann hätte Shell für Standorte kein Geld mehr übrig, an denen Strom-Zapfstellen wirklich sinnvoll seien.

VDV-Chef hält Deutschland-Ticket für eine Katastrophe

Auf ein Wettbewerbsproblem wies Cathrin Lind (EnBW) hin. Die Förderlogik der Bundesregierung lasse es zu, dass geförderte Ladepunkte auch in der Nähe von nicht geförderten stehen. „Die Kunden wollen aber natürlich denselben Preis für den Ladestrom zahlen“, sagte sie. Dieser Konflikt sei zu lösen. Selbst wenn die Zulassungszahlen von Stromern im Jahr 2030 hinter der von der Bundesregierung gesetzten 15-Millionen-Marke zurückbleibe, „hört die Welt nicht auf. Wir haben aber kein strukturelles Problem, sondern ein Umsetzungsthema, das wir mutig angehen müssen.“

Alexander Möller (VDV) bezeichnete sich als Vertreter des öffentlichen Personen- und Güterverkehrs zwar als „Exot“ in der Runde. Er konnte zur Überraschung des Podiums aber dem Ausbau der Ladeinfrastruktur für den Straßenverkehr vor allem Gutes abgewinnen. Schließlich würden die Betriebshöfe der Stadtwerke mit ihren E-Bussen dadurch schneller elektrifiziert. Daher seien Fördermaßnahmen richtig.

Allerdings nicht in einem anderen Bereich: Das subventionierte Deutschland-Ticket (aktuelle Kosten: 49 Euro im Monat) empfindet Alexander Möller als „Katastrophe“. Der Staat gewöhne die Kunden an ein niedriges Preisniveau, das – übertragen auf den Energie-Sektor – „schnell zu Restrukturierungen“, also Pleiten, führen würde. Das Ticket habe gar nicht zu dem großen Umstieg auf Busse und Bahnen geführt, sondern zu 90 Prozent bisherige Abonnenten günstiger gestellt. „Dadurch fehlt uns also Geld“, sagte er. Es brauche bessere ÖPNV-Leistungen, um mehr Menschen aus dem Auto zu holen.

Eine Frage aus dem Publikum, warum ein zig Milliarden Euro umsetzendes Unternehmen wie Shell nur in etwa so viele Ladestationen wie ein vergleichsweise kleiner Regionalversorger wie die Pfalzwerke (Saarland / Rheinland-Pfalz) unterhalte, konnte Tobias Bahnsen nur zum Teil kontern. „Gute Challenge!“, erwiderte er. Shell würde gerne mehr errichten, im Vergleich zu anderen Anbietern sei es aber „manchmal für Mineralölfirmen schwieriger“, Ladeanschlüsse zu bekommen.

Die Podiumsdiskussion war Teil des „Führungstreffens Energie“ der Süddeutschen Zeitung. Es eröffnet traditionell das Veranstaltungsprogramm zur Leitmesse E-world, die am Tag darauf ebenfalls in Essen beginnt.

Montag, 19.02.2024, 16:10 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > E-World 2024 - Deutschland verfehlt Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030
Podium: (von links) Oliver Krischer (NRW), Michael Bauchmüller (Moderator), Cathrin Lind (EnBW), Tobias Bahnsen (Shell), Alexander Möller (VDV), Christian Hochfeld (Agora). Quelle: E&M / Volker Stephan
E-World 2024
Deutschland verfehlt Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030
Die Antriebswende im Verkehr kommt, aber mit Verspätung. 15 Millionen Elektrofahrzeuge werde es bis 2030 nicht geben, ist die Erwartung eines Podiums direkt vor der E-world.
Der schleppende Hochlauf von Elektroautos werde dazu führen, dass 2030 noch nicht die erhofften 15 Millionen Stromer auf Deutschlands Straßen fahren. Diese Vorhersage wagte Shells E-Mobility-Chef Tobias Bahnsen am 19. Februar auf einem Podium am Vortag der Leitmesse E-world 2024. So recht widersprechen wollte ihm niemand.

Im Januar 2024 entfiel nur noch jede zehnte Neuzulassung auf einen Stromer, im Vormonat lag der Anteil laut ADAC noch bei 22,5 Prozent. Tobias Bahnsen vermutete hinter der aktuellen Kaufzurückhaltung Kostengründe - die staatliche Förderung ist weggefallen. Auch die Reichweite von E-Autos könne ein Grund sein. Mit ihm disktutierten der Direktor der Agora Verkehrswende, Christian Hochfeld, der Geschäftsführer des Branchenverbands für den öffentlichen Verkehr (VDV), Alexander Möller, die für den technischen Betrieb bei „EnBW mobility plus“ zuständige Geschäftsführerin Cathrin Lind und NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne).

Während das Podium sich uneins war, wann der Verkehr letztlich dekarbonisiert sei, wollte Minister Krischer keinen Pessimismus verbreiten. Prozesse würden sich beschleunigen, weil in der Welt um Deutschland herum „andere Dynamiken“ griffen. Dies würde zu Disruptionen führen, also nicht nur positive Effekte auf die Automobilbranche hierzulande haben, aber das Tempo werde auch in Deutschland anziehen.

Christian Hochfeld (Agora) richtete an die Mineralölindustrie die Forderung, sich stark am Umbau des Verkehrssektors zu beteiligen (siehe auch separate Meldung). Schließlich habe die Branche stark von der Energiepreiskrise profitiert und enorme Übergewinne eingefahren. „Diese freiwillig zu investieren, finde ich gut“, so Christian Hochfeld. Alle Ladestationen würden sich mit den Jahren rechnen.
 
 
Das wollte Tobias Bahnsen (Shell) nicht unwidersprochen stehen lassen. Auf dem Dorf könne eine Tankstelle nicht mit den privaten Wallboxen konkurrieren, Dort wolle sein Unternehmen nicht in Ladesäulen investieren. Denn dann hätte Shell für Standorte kein Geld mehr übrig, an denen Strom-Zapfstellen wirklich sinnvoll seien.

VDV-Chef hält Deutschland-Ticket für eine Katastrophe

Auf ein Wettbewerbsproblem wies Cathrin Lind (EnBW) hin. Die Förderlogik der Bundesregierung lasse es zu, dass geförderte Ladepunkte auch in der Nähe von nicht geförderten stehen. „Die Kunden wollen aber natürlich denselben Preis für den Ladestrom zahlen“, sagte sie. Dieser Konflikt sei zu lösen. Selbst wenn die Zulassungszahlen von Stromern im Jahr 2030 hinter der von der Bundesregierung gesetzten 15-Millionen-Marke zurückbleibe, „hört die Welt nicht auf. Wir haben aber kein strukturelles Problem, sondern ein Umsetzungsthema, das wir mutig angehen müssen.“

Alexander Möller (VDV) bezeichnete sich als Vertreter des öffentlichen Personen- und Güterverkehrs zwar als „Exot“ in der Runde. Er konnte zur Überraschung des Podiums aber dem Ausbau der Ladeinfrastruktur für den Straßenverkehr vor allem Gutes abgewinnen. Schließlich würden die Betriebshöfe der Stadtwerke mit ihren E-Bussen dadurch schneller elektrifiziert. Daher seien Fördermaßnahmen richtig.

Allerdings nicht in einem anderen Bereich: Das subventionierte Deutschland-Ticket (aktuelle Kosten: 49 Euro im Monat) empfindet Alexander Möller als „Katastrophe“. Der Staat gewöhne die Kunden an ein niedriges Preisniveau, das – übertragen auf den Energie-Sektor – „schnell zu Restrukturierungen“, also Pleiten, führen würde. Das Ticket habe gar nicht zu dem großen Umstieg auf Busse und Bahnen geführt, sondern zu 90 Prozent bisherige Abonnenten günstiger gestellt. „Dadurch fehlt uns also Geld“, sagte er. Es brauche bessere ÖPNV-Leistungen, um mehr Menschen aus dem Auto zu holen.

Eine Frage aus dem Publikum, warum ein zig Milliarden Euro umsetzendes Unternehmen wie Shell nur in etwa so viele Ladestationen wie ein vergleichsweise kleiner Regionalversorger wie die Pfalzwerke (Saarland / Rheinland-Pfalz) unterhalte, konnte Tobias Bahnsen nur zum Teil kontern. „Gute Challenge!“, erwiderte er. Shell würde gerne mehr errichten, im Vergleich zu anderen Anbietern sei es aber „manchmal für Mineralölfirmen schwieriger“, Ladeanschlüsse zu bekommen.

Die Podiumsdiskussion war Teil des „Führungstreffens Energie“ der Süddeutschen Zeitung. Es eröffnet traditionell das Veranstaltungsprogramm zur Leitmesse E-world, die am Tag darauf ebenfalls in Essen beginnt.

Montag, 19.02.2024, 16:10 Uhr
Volker Stephan

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