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Energie & Management > Wirtschaft - Deutsche Wirtschaft weiter ohne Aufschwung
Übergabe der Herbstprognose 2024 der Wirtschaftsweisen an Bundeskanzler Olaf Scholz. Quelle: Sachverständigenrat für Wirtschaft
Wirtschaft

Deutsche Wirtschaft weiter ohne Aufschwung

Die Konjunktur in Deutschland kommt nicht in Schwung, stellen die „Wirtschaftsweisen“ in ihrer Jahresprognose 2024/25 fest. Statt zu wachsen, schrumpft die Wirtschaft um 0,1 Prozent.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berät die Bundesregierung. Das kurz „Wirtschaftsweise“ genannte Gremium stellte am 13. November in Berlin sein Herbstgutachten 2024 vor. Kurz nach dem Scheitern der Ampel-Koalition und mitten in der Konjunkturflaute überreichten die Berater das Gutachten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Im Mai hatte der fünfköpfige Rat ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 Prozent im Jahr 2024 und von 0,9 Prozent im Jahr 2025 erwartet.

Jetzt senken Wirtschaftsweisen ihre Konjunkturprognose für das laufende und das kommende Jahr auf ein Schrumpfen um 0,1 Prozent. „Das deutsche Produktionspotenzial liegt um mehr als fünf Prozent unter dem Wert, der im Jahr 2019 für das Jahr 2024 erwartet wurde“, sagte Prof. Monika Schnitzer. Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland wirtschaftlich deutlich hinterher. Im Euro-Raum betrug das Wachstum im gleichen Zeitraum etwa vier Prozent, in den USA sogar 12 Prozent, sagte sie.

Keine rasche Besserung in Sicht

Die deutsche Volkswirtschaft werde sowohl von konjunkturellen als auch von strukturellen Problemen ausgebremst, so die Experten. So seien die Energiepreise nach der Krise 2022/2023 zwar deutlich zurückgegangen, haben sich aber oberhalb des Niveaus vor der Corona-Pandemie stabilisiert. „Die Realeinkommen haben sich von den Einkommensverlusten im Zuge der hohen Inflation zwischen Herbst 2021 und Mitte 2023 erholt“, so das Gutachten. Dennoch nehme der Konsum keine Fahrt auf und die Sparquote bleibt hoch.

„In der Industrie ist die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber wichtigen Handelspartnern weiter gesunken, und es zeichnet sich keine Verbesserung ab“, schreiben die Wirtschaftsweisen. Die Kapazitätsauslastung und die Arbeitsproduktivität sind zurückgegangen. Im kommenden Jahr sei daher nur mit geringem Wachstum zu rechnen. Deutschland dürfte dementsprechend auch weiterhin deutlich hinter den anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften zurückbleiben.

Eine Entspannung gibt es aber nach den hohen Inflationsraten in den vergangenen Jahren bei den Verbraucherpreisen. Laut Prognose dürfte die Inflationsrate im Jahr 2024 durchschnittlich 2,2 Prozent betragen und im kommenden Jahr 2,1 Prozent.

Empfehlungen der Wirtschaftsweisen

Neben den aktuellen Problemen analysiert dieses Gutachten vier weitere Bereiche, in denen Deutschland versäumt hat, einen entschlossenen Modernisierungspfad einzuschlagen. Erstens müssen zukunftsorientierte öffentliche Ausgaben besser priorisiert und verbindlicher festgeschrieben werden. Die Ausgaben für Infrastruktur, Bildung und Verteidigung sind im internationalen Vergleich gering. In diesen Bereichen sind in den vergangenen Jahren deutliche Mängel aufgetreten.

Zweitens sind im Verkehrsbereich eine Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur und darüber hinaus die Dekarbonisierung des Güterverkehrs erforderlich. Drittens hinkt Deutschland bei der Digitalisierung im Finanzsystem hinterher und verschenkt dadurch Potenziale für Innovationen und Effizienzsteigerungen. Viertens ist der Wohnungsmarkt besonders in Ballungsräumen angespannt. Das erschwert einerseits den Zuzug von Arbeitskräften in diese produktiven Regionen, andererseits ist die Mietbelastung dort sehr hoch, insbesondere für sozial schwächere Haushalte.
 
BIP-Entwicklung aus dem Jahresgutachten 2024-25 der Wirtschaftsweisen - Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken
Quelle: Sachverständigenrat

Bundesregierung sieht die Lage ähnlich

Die Bundesregierung hatte schon im Oktober ihre Konjunkturprognose gesenkt. Sie rechnet für dieses Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. Ein Grund ist Unsicherheit bei Unternehmen und Bürgern. Sie halten sich mit Investitionen zurück. Für das kommende Jahr erwartet die Bundesregierung ein Wachstum von 1,1 Prozent. Dabei setzt sie auch auf ein geplantes Wachstumspaket mit Steuererleichterungen, Arbeitsanreizen und Strompreis-Vergünstigungen. Ob dieses umgesetzt wird, ist aber nach dem Scheitern der Ampel völlig offen.

Die Experten nannten als Unsicherheiten ihrer Betrachtung die anstehende Regierungsneubildung in den USA und Deutschland. Außerdem bestünden global verschiedene Krisenherde wie der Nahe Osten und der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Zum Sachverständigenrat gehören die Professoren Monika Schnitzer als Vorsitzende sowie Veronika Grimm, Ulrike Malmendier, Achim Truger und Martin Werding.

Das Jahresgutachten 2024/25 der Wirtschaftsweisen steht im Internet bereit.

Mittwoch, 13.11.2024, 15:31 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Wirtschaft - Deutsche Wirtschaft weiter ohne Aufschwung
Übergabe der Herbstprognose 2024 der Wirtschaftsweisen an Bundeskanzler Olaf Scholz. Quelle: Sachverständigenrat für Wirtschaft
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Deutsche Wirtschaft weiter ohne Aufschwung
Die Konjunktur in Deutschland kommt nicht in Schwung, stellen die „Wirtschaftsweisen“ in ihrer Jahresprognose 2024/25 fest. Statt zu wachsen, schrumpft die Wirtschaft um 0,1 Prozent.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berät die Bundesregierung. Das kurz „Wirtschaftsweise“ genannte Gremium stellte am 13. November in Berlin sein Herbstgutachten 2024 vor. Kurz nach dem Scheitern der Ampel-Koalition und mitten in der Konjunkturflaute überreichten die Berater das Gutachten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Im Mai hatte der fünfköpfige Rat ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,2 Prozent im Jahr 2024 und von 0,9 Prozent im Jahr 2025 erwartet.

Jetzt senken Wirtschaftsweisen ihre Konjunkturprognose für das laufende und das kommende Jahr auf ein Schrumpfen um 0,1 Prozent. „Das deutsche Produktionspotenzial liegt um mehr als fünf Prozent unter dem Wert, der im Jahr 2019 für das Jahr 2024 erwartet wurde“, sagte Prof. Monika Schnitzer. Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland wirtschaftlich deutlich hinterher. Im Euro-Raum betrug das Wachstum im gleichen Zeitraum etwa vier Prozent, in den USA sogar 12 Prozent, sagte sie.

Keine rasche Besserung in Sicht

Die deutsche Volkswirtschaft werde sowohl von konjunkturellen als auch von strukturellen Problemen ausgebremst, so die Experten. So seien die Energiepreise nach der Krise 2022/2023 zwar deutlich zurückgegangen, haben sich aber oberhalb des Niveaus vor der Corona-Pandemie stabilisiert. „Die Realeinkommen haben sich von den Einkommensverlusten im Zuge der hohen Inflation zwischen Herbst 2021 und Mitte 2023 erholt“, so das Gutachten. Dennoch nehme der Konsum keine Fahrt auf und die Sparquote bleibt hoch.

„In der Industrie ist die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber wichtigen Handelspartnern weiter gesunken, und es zeichnet sich keine Verbesserung ab“, schreiben die Wirtschaftsweisen. Die Kapazitätsauslastung und die Arbeitsproduktivität sind zurückgegangen. Im kommenden Jahr sei daher nur mit geringem Wachstum zu rechnen. Deutschland dürfte dementsprechend auch weiterhin deutlich hinter den anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften zurückbleiben.

Eine Entspannung gibt es aber nach den hohen Inflationsraten in den vergangenen Jahren bei den Verbraucherpreisen. Laut Prognose dürfte die Inflationsrate im Jahr 2024 durchschnittlich 2,2 Prozent betragen und im kommenden Jahr 2,1 Prozent.

Empfehlungen der Wirtschaftsweisen

Neben den aktuellen Problemen analysiert dieses Gutachten vier weitere Bereiche, in denen Deutschland versäumt hat, einen entschlossenen Modernisierungspfad einzuschlagen. Erstens müssen zukunftsorientierte öffentliche Ausgaben besser priorisiert und verbindlicher festgeschrieben werden. Die Ausgaben für Infrastruktur, Bildung und Verteidigung sind im internationalen Vergleich gering. In diesen Bereichen sind in den vergangenen Jahren deutliche Mängel aufgetreten.

Zweitens sind im Verkehrsbereich eine Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur und darüber hinaus die Dekarbonisierung des Güterverkehrs erforderlich. Drittens hinkt Deutschland bei der Digitalisierung im Finanzsystem hinterher und verschenkt dadurch Potenziale für Innovationen und Effizienzsteigerungen. Viertens ist der Wohnungsmarkt besonders in Ballungsräumen angespannt. Das erschwert einerseits den Zuzug von Arbeitskräften in diese produktiven Regionen, andererseits ist die Mietbelastung dort sehr hoch, insbesondere für sozial schwächere Haushalte.
 
BIP-Entwicklung aus dem Jahresgutachten 2024-25 der Wirtschaftsweisen - Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken
Quelle: Sachverständigenrat

Bundesregierung sieht die Lage ähnlich

Die Bundesregierung hatte schon im Oktober ihre Konjunkturprognose gesenkt. Sie rechnet für dieses Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. Ein Grund ist Unsicherheit bei Unternehmen und Bürgern. Sie halten sich mit Investitionen zurück. Für das kommende Jahr erwartet die Bundesregierung ein Wachstum von 1,1 Prozent. Dabei setzt sie auch auf ein geplantes Wachstumspaket mit Steuererleichterungen, Arbeitsanreizen und Strompreis-Vergünstigungen. Ob dieses umgesetzt wird, ist aber nach dem Scheitern der Ampel völlig offen.

Die Experten nannten als Unsicherheiten ihrer Betrachtung die anstehende Regierungsneubildung in den USA und Deutschland. Außerdem bestünden global verschiedene Krisenherde wie der Nahe Osten und der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Zum Sachverständigenrat gehören die Professoren Monika Schnitzer als Vorsitzende sowie Veronika Grimm, Ulrike Malmendier, Achim Truger und Martin Werding.

Das Jahresgutachten 2024/25 der Wirtschaftsweisen steht im Internet bereit.

Mittwoch, 13.11.2024, 15:31 Uhr
Susanne Harmsen

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