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Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

"Das Ziel ist der grüne Wasserstoff"

Die hessische Landesregierung vernetzt die wichtigen Akteure für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft − auch international. Ein Gespräch mit Staatssekretär Jens Deutschendorf.
E&M: Herr Deutschendorf, aus Ihrem Haus kam kürzlich eine Pressemitteilung mit der Mahnung, Wasserstoff nicht als Allheilmittel für die Energiewende anzusehen, auch wenn es ein wichtiger Erfolgsfaktor sei. Haben Sie die Befürchtung, Wasserstoff könnte ineffizient eingesetzt werden?

Deutschendorf: Wir dürfen das Thema Effizienz auf keinen Fall aus den Augen verlieren. Das haben wir schon in der hessischen Wasserstoffstrategie betont. Denn der Bedarf an Wasserstoff ist riesig, denken Sie nur an die Industrie. Deshalb müssen wir darauf achten, dass wir dort, wo es effizientere Lösungen gibt, diese einsetzen − etwa den batterieelektrischen Antrieb im Pkw-Verkehr. Allerdings benötigen wir sowohl für die Elektrifizierung des Verkehrssektors als auch die Produktion von Wasserstoff − das Ziel ist ja, grünen Wasserstoff zu nutzen − enorme Mengen an regenerativ erzeugtem Strom. Deshalb müssen wir die erneuerbaren Energien massiv ausbauen. Das bedeutet: Wer ‚Wasserstoff‘ sagt, muss im selben Atemzug den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik befürworten.

E&M: … und muss sich auch mit dem Gedanken anfreunden, dass der Bedarf letztlich nicht vollständig durch die Produktion hierzulande zu decken sein wird?

Deutschendorf: Ja, das ist sicherlich unstrittig. Allein um den Bedarf an Kerosin für den Luftverkehr in Deutschland aus grünem Wasserstoff zu decken, wären rund 100 Terawattstunden an regenerativ erzeugtem Strom notwendig. Deshalb brauchen wir auch Importe. Deshalb ist es so wichtig, nicht nur die Produktionskapazitäten zu planen, sondern ebenfalls die Infrastruktur für den Transport mitzudenken. Und deshalb bringen wir uns als Land Hessen auch sehr intensiv in die Planung der Wasserstoffnetze mit ein.

E&M: Als Exporteure kommen beispielsweise einige nordafrikanische Länder, Kanada und Australien infrage. Wäre es eine Option für das Land Hessen, selbst die Fühler auszustrecken und Importabkommen zu schließen?

Deutschendorf: Die Bundesregierung hat ja bereits verschiedene Abkommen geschlossen. Wir als Land Hessen werden jedenfalls nicht als eigenständiger Einkäufer und Händler auftreten. Letztlich wird der Import über bilaterale Verträge von Unternehmen laufen. Dafür ist die Initiative ‚H2 Global‘ ein guter Rahmen. Wir können dabei helfen, die wesentlichen Akteure zu vernetzen.
 
Green Hydrogen Conference als internationale Plattform
 
E&M: Wie kann eine solche Vernetzung aussehen?

Deutschendorf: Wir waren beispielsweise kürzlich mit einer Delegation von Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Irland. Das Land hat aufgrund seiner guten Bedingungen für die Windkraft ein sehr großes Potenzial für die Wasserstofferzeugung. Deshalb hatten wir Unternehmen wie Kawasaki und die Abo Wind dabei. Außerdem wollen wir natürlich den internationalen Austausch über Messen und Konferenzen forcieren. Die Green Hydrogen Conference, die zum ersten Mal im Rahmen der Digisustain im Juni in Frankfurt stattgefunden hat, ist eine solche Plattform. Ich denke, sie kann sich zu einem richtigen Marktplatz für Ideen und Konzepte rund um den Wasserstoff entwickeln. Es ist vor allem eine internationale Plattform, die auch abbilden kann, dass Wasserstoff ein weltweit gehandeltes Gut ist.

E&M: Welche Länder sehen Sie noch außer den genannten Exporteuren als mögliche Partner beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft hierzulande?

Deutschendorf: Ich war 2019 mit einer Delegation in Japan und Südkorea. Diese Länder beschäftigen sich schon lange mit Wasserstoff im Verkehrs- und Wärmesektor. Zwar geht es dort nicht ausschließlich um die Nutzung von grünem Wasserstoff. Aber von den grundsätzlichen Erfahrungen, die gemacht wurden, können wir profitieren.
 
Jens Deutschendorf
Quelle: HMWEVW/Oliver Rüther

Zur Person:

Jens Deutschendorf (Bündnis 90/Die Grünen) ist seit Januar 2019 Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen. Zuvor war der gebürtige Nordhesse knapp zwei Jahre Staatsrat beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr in Bremen. Vor seiner politischen Karriere studierte er Stadtplanung mit Abschluss Diplom-Ingenieur an der Universität Kassel.
 

 E&M: Welche Rolle wird China nach Ihrer Einschätzung spielen?

Deutschendorf: Das Verhältnis zu China wird ja im Moment auf vielen politischen Ebenen diskutiert und auf den Prüfstand gestellt. Deshalb muss sich erst noch zeigen, inwieweit China ein Partnerland beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland sein kann. Bisher habe ich auch noch keine besonderen Bemühungen Chinas in diese Richtung wahrgenommen. Aber China ist und wird in Zukunft sicherlich ein Handelspartner sein. In welcher Form bleibt abzuwarten. Unabhängig davon haben wir in der hessischen Wasserstoffstrategie grundsätzliche Anforderungen an die Wasserstoffexportländer definiert, etwa im Hinblick auf Produktionsbedingungen, Umweltstandards und Menschenrechte. Das ist für uns eine ganz wesentliche Leitlinie.

E&M: Haben Sie bei den Auslandsbeziehungen nur die Wasserstoffproduktion im Blick oder die gesamte Wertschöpfungskette?

Deutschendorf: Es ist wichtig, die gesamte Wertschöpfungskette im Auge zu behalten. Natürlich sind die Produktionsländer potenzielle Absatzmärkte für Technologie und Technik von Unternehmen aus Hessen.
 
Erfolgreiche Beispiele in der Industrie und dem Verkehrssektor
 
E&M: Das Spektrum der Wasserstofffarben ist ja sehr breit gefächert. Welche Farben außer Grün kommen für Sie noch in Frage?

Deutschendorf: Das Ziel ist ganz klar der grüne Wasserstoff. Aber letztlich wird die entscheidende Frage sein, wann wie viel Wasserstoff zu welchem Preis zur Verfügung steht. Angesichts des enormen Bedarfs und der Geschwindigkeit, die wir bei der Dekarbonisierung der Industrie und der anderen Sektoren benötigen, werden wir nicht umhinkommen, auch Wasserstoff zu nutzen, der als Nebenprodukt in der chemischen Industrie anfällt. Ein Beispiel dafür ist die Versorgung der Taunusbahn mit Wasserstoff aus der Chlorproduktion im Industriepark Höchst. Der Betreiber Infraserv engagiert sich auch von Anfang an schon in der Hessischen Wasserstoff- und Brennstoffzelleninitiative, die vor 20 Jahren ins Leben gerufen wurde. Wir werden außerdem übergangsweise auf türkisfarbenen Wasserstoff zurückgreifen, bei dessen Herstellung das Methan im Erdgas in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten wird. Ich bin allerdings skeptisch, dass die Abscheidung und Lagerung eine langfristige Lösung sind. Und dann kommt es noch darauf an, welcher Strom für die Spaltung genutzt wird.

E&M: Damit sind wir wieder beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Forderung nach Efficiency First. Bahnen sind meist elektrifiziert. Unternehmen wie die VW-Tochter Traton sehen die Zukunft des Schwerlastverkehrs auch elektrisch. Bekommt am Ende doch die Industrie exklusiv den Wasserstoff?

Deutschendorf: Die Industrie braucht dringend den Wasserstoff und hat schon mehrfach nachgewiesen, welche Dekarbonisierungserfolge dadurch erreicht werden können. Ein Beispiel dafür ist der Papierhersteller Essity, der sein Trocknungsverfahren vollständig auf Wasserstoff umgestellt hat. Eine gewisse Priorisierung der Industrie ist also durchaus gerechtfertigt. Das schließt aber nicht aus, dass neben E-Lkw künftig auch Lkw mit Wasserstoff fahren. Von den Fahrzeugherstellern werden noch beide Technologiepfade verfolgt. Das zeigt sich bei den aktuellen Logistikmessen. Vor diesem Hintergrund haben wir zusammen mit Baden-Württemberg das Projekt ‚Innovationskorridor Güterschwerverkehr auf der Straße‘ eingerichtet, in dem wir einen Technologiemix in der Praxis entlang der A5 von Kassel bis nach Basel testen wollen. Dazu gehört der batterieelektrische Antrieb mit den entsprechenden Ladestationen genauso wie der Wasserstoffantrieb und die Betankungstechnologie. Auch die Oberleitung, die über der A5 bei Darmstadt installiert ist, ist Teil des Projekts. Ich vermute, dass wir tatsächlich diesen Mix am Ende in der Praxis sehen werden. 
 

Regionale und globale Unterstützung

Im Herbst 2022 hat die hessische Landesregierung ihre Wasserstoffstrategie vorgestellt. An der Ausarbeitung war ein Fachbeirat bestehend aus Vertretern aus Industrie und Wissenschaft beteiligt. Vier Themenfelder, denen elf Handlungsfelder zugeordnet sind, stecken den Rahmen für die landesweite und nachhaltige Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft ab.
Da die Wasserstofferzeugung hierzulande nicht den gesamten Bedarf decken wird, setzt auch Hessen auf die H2-Global-Initiative. Deren Konzept beruht auf einem „Doppelauktionsmodell“. Im Namen einer Tochtergesellschaft der H2-Global-Stiftung findet eine internationale Auktion für den Einkauf von grünem Wasserstoff oder Wasserstoffderivaten statt. Das günstigste Angebot bekommt den Zuschlag und einen langfristigen Vertrag. Die so gesicherten Wasserstoffmengen sollen nach ihrer Lieferung in die EU in einer zweiten Auktion an den Höchstbietenden versteigert werden. Die Schere zwischen Angebots- und Nachfragepreis wird durch den H2-Global-Fördermechanismus ausgeglichen.
 

 

 

Dienstag, 4.07.2023, 08:54 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung -
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
"Das Ziel ist der grüne Wasserstoff"
Die hessische Landesregierung vernetzt die wichtigen Akteure für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft − auch international. Ein Gespräch mit Staatssekretär Jens Deutschendorf.
E&M: Herr Deutschendorf, aus Ihrem Haus kam kürzlich eine Pressemitteilung mit der Mahnung, Wasserstoff nicht als Allheilmittel für die Energiewende anzusehen, auch wenn es ein wichtiger Erfolgsfaktor sei. Haben Sie die Befürchtung, Wasserstoff könnte ineffizient eingesetzt werden?

Deutschendorf: Wir dürfen das Thema Effizienz auf keinen Fall aus den Augen verlieren. Das haben wir schon in der hessischen Wasserstoffstrategie betont. Denn der Bedarf an Wasserstoff ist riesig, denken Sie nur an die Industrie. Deshalb müssen wir darauf achten, dass wir dort, wo es effizientere Lösungen gibt, diese einsetzen − etwa den batterieelektrischen Antrieb im Pkw-Verkehr. Allerdings benötigen wir sowohl für die Elektrifizierung des Verkehrssektors als auch die Produktion von Wasserstoff − das Ziel ist ja, grünen Wasserstoff zu nutzen − enorme Mengen an regenerativ erzeugtem Strom. Deshalb müssen wir die erneuerbaren Energien massiv ausbauen. Das bedeutet: Wer ‚Wasserstoff‘ sagt, muss im selben Atemzug den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik befürworten.

E&M: … und muss sich auch mit dem Gedanken anfreunden, dass der Bedarf letztlich nicht vollständig durch die Produktion hierzulande zu decken sein wird?

Deutschendorf: Ja, das ist sicherlich unstrittig. Allein um den Bedarf an Kerosin für den Luftverkehr in Deutschland aus grünem Wasserstoff zu decken, wären rund 100 Terawattstunden an regenerativ erzeugtem Strom notwendig. Deshalb brauchen wir auch Importe. Deshalb ist es so wichtig, nicht nur die Produktionskapazitäten zu planen, sondern ebenfalls die Infrastruktur für den Transport mitzudenken. Und deshalb bringen wir uns als Land Hessen auch sehr intensiv in die Planung der Wasserstoffnetze mit ein.

E&M: Als Exporteure kommen beispielsweise einige nordafrikanische Länder, Kanada und Australien infrage. Wäre es eine Option für das Land Hessen, selbst die Fühler auszustrecken und Importabkommen zu schließen?

Deutschendorf: Die Bundesregierung hat ja bereits verschiedene Abkommen geschlossen. Wir als Land Hessen werden jedenfalls nicht als eigenständiger Einkäufer und Händler auftreten. Letztlich wird der Import über bilaterale Verträge von Unternehmen laufen. Dafür ist die Initiative ‚H2 Global‘ ein guter Rahmen. Wir können dabei helfen, die wesentlichen Akteure zu vernetzen.
 
Green Hydrogen Conference als internationale Plattform
 
E&M: Wie kann eine solche Vernetzung aussehen?

Deutschendorf: Wir waren beispielsweise kürzlich mit einer Delegation von Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Irland. Das Land hat aufgrund seiner guten Bedingungen für die Windkraft ein sehr großes Potenzial für die Wasserstofferzeugung. Deshalb hatten wir Unternehmen wie Kawasaki und die Abo Wind dabei. Außerdem wollen wir natürlich den internationalen Austausch über Messen und Konferenzen forcieren. Die Green Hydrogen Conference, die zum ersten Mal im Rahmen der Digisustain im Juni in Frankfurt stattgefunden hat, ist eine solche Plattform. Ich denke, sie kann sich zu einem richtigen Marktplatz für Ideen und Konzepte rund um den Wasserstoff entwickeln. Es ist vor allem eine internationale Plattform, die auch abbilden kann, dass Wasserstoff ein weltweit gehandeltes Gut ist.

E&M: Welche Länder sehen Sie noch außer den genannten Exporteuren als mögliche Partner beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft hierzulande?

Deutschendorf: Ich war 2019 mit einer Delegation in Japan und Südkorea. Diese Länder beschäftigen sich schon lange mit Wasserstoff im Verkehrs- und Wärmesektor. Zwar geht es dort nicht ausschließlich um die Nutzung von grünem Wasserstoff. Aber von den grundsätzlichen Erfahrungen, die gemacht wurden, können wir profitieren.
 
Jens Deutschendorf
Quelle: HMWEVW/Oliver Rüther

Zur Person:

Jens Deutschendorf (Bündnis 90/Die Grünen) ist seit Januar 2019 Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen. Zuvor war der gebürtige Nordhesse knapp zwei Jahre Staatsrat beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr in Bremen. Vor seiner politischen Karriere studierte er Stadtplanung mit Abschluss Diplom-Ingenieur an der Universität Kassel.
 

 E&M: Welche Rolle wird China nach Ihrer Einschätzung spielen?

Deutschendorf: Das Verhältnis zu China wird ja im Moment auf vielen politischen Ebenen diskutiert und auf den Prüfstand gestellt. Deshalb muss sich erst noch zeigen, inwieweit China ein Partnerland beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland sein kann. Bisher habe ich auch noch keine besonderen Bemühungen Chinas in diese Richtung wahrgenommen. Aber China ist und wird in Zukunft sicherlich ein Handelspartner sein. In welcher Form bleibt abzuwarten. Unabhängig davon haben wir in der hessischen Wasserstoffstrategie grundsätzliche Anforderungen an die Wasserstoffexportländer definiert, etwa im Hinblick auf Produktionsbedingungen, Umweltstandards und Menschenrechte. Das ist für uns eine ganz wesentliche Leitlinie.

E&M: Haben Sie bei den Auslandsbeziehungen nur die Wasserstoffproduktion im Blick oder die gesamte Wertschöpfungskette?

Deutschendorf: Es ist wichtig, die gesamte Wertschöpfungskette im Auge zu behalten. Natürlich sind die Produktionsländer potenzielle Absatzmärkte für Technologie und Technik von Unternehmen aus Hessen.
 
Erfolgreiche Beispiele in der Industrie und dem Verkehrssektor
 
E&M: Das Spektrum der Wasserstofffarben ist ja sehr breit gefächert. Welche Farben außer Grün kommen für Sie noch in Frage?

Deutschendorf: Das Ziel ist ganz klar der grüne Wasserstoff. Aber letztlich wird die entscheidende Frage sein, wann wie viel Wasserstoff zu welchem Preis zur Verfügung steht. Angesichts des enormen Bedarfs und der Geschwindigkeit, die wir bei der Dekarbonisierung der Industrie und der anderen Sektoren benötigen, werden wir nicht umhinkommen, auch Wasserstoff zu nutzen, der als Nebenprodukt in der chemischen Industrie anfällt. Ein Beispiel dafür ist die Versorgung der Taunusbahn mit Wasserstoff aus der Chlorproduktion im Industriepark Höchst. Der Betreiber Infraserv engagiert sich auch von Anfang an schon in der Hessischen Wasserstoff- und Brennstoffzelleninitiative, die vor 20 Jahren ins Leben gerufen wurde. Wir werden außerdem übergangsweise auf türkisfarbenen Wasserstoff zurückgreifen, bei dessen Herstellung das Methan im Erdgas in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten wird. Ich bin allerdings skeptisch, dass die Abscheidung und Lagerung eine langfristige Lösung sind. Und dann kommt es noch darauf an, welcher Strom für die Spaltung genutzt wird.

E&M: Damit sind wir wieder beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Forderung nach Efficiency First. Bahnen sind meist elektrifiziert. Unternehmen wie die VW-Tochter Traton sehen die Zukunft des Schwerlastverkehrs auch elektrisch. Bekommt am Ende doch die Industrie exklusiv den Wasserstoff?

Deutschendorf: Die Industrie braucht dringend den Wasserstoff und hat schon mehrfach nachgewiesen, welche Dekarbonisierungserfolge dadurch erreicht werden können. Ein Beispiel dafür ist der Papierhersteller Essity, der sein Trocknungsverfahren vollständig auf Wasserstoff umgestellt hat. Eine gewisse Priorisierung der Industrie ist also durchaus gerechtfertigt. Das schließt aber nicht aus, dass neben E-Lkw künftig auch Lkw mit Wasserstoff fahren. Von den Fahrzeugherstellern werden noch beide Technologiepfade verfolgt. Das zeigt sich bei den aktuellen Logistikmessen. Vor diesem Hintergrund haben wir zusammen mit Baden-Württemberg das Projekt ‚Innovationskorridor Güterschwerverkehr auf der Straße‘ eingerichtet, in dem wir einen Technologiemix in der Praxis entlang der A5 von Kassel bis nach Basel testen wollen. Dazu gehört der batterieelektrische Antrieb mit den entsprechenden Ladestationen genauso wie der Wasserstoffantrieb und die Betankungstechnologie. Auch die Oberleitung, die über der A5 bei Darmstadt installiert ist, ist Teil des Projekts. Ich vermute, dass wir tatsächlich diesen Mix am Ende in der Praxis sehen werden. 
 

Regionale und globale Unterstützung

Im Herbst 2022 hat die hessische Landesregierung ihre Wasserstoffstrategie vorgestellt. An der Ausarbeitung war ein Fachbeirat bestehend aus Vertretern aus Industrie und Wissenschaft beteiligt. Vier Themenfelder, denen elf Handlungsfelder zugeordnet sind, stecken den Rahmen für die landesweite und nachhaltige Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft ab.
Da die Wasserstofferzeugung hierzulande nicht den gesamten Bedarf decken wird, setzt auch Hessen auf die H2-Global-Initiative. Deren Konzept beruht auf einem „Doppelauktionsmodell“. Im Namen einer Tochtergesellschaft der H2-Global-Stiftung findet eine internationale Auktion für den Einkauf von grünem Wasserstoff oder Wasserstoffderivaten statt. Das günstigste Angebot bekommt den Zuschlag und einen langfristigen Vertrag. Die so gesicherten Wasserstoffmengen sollen nach ihrer Lieferung in die EU in einer zweiten Auktion an den Höchstbietenden versteigert werden. Die Schere zwischen Angebots- und Nachfragepreis wird durch den H2-Global-Fördermechanismus ausgeglichen.
 

 

 

Dienstag, 4.07.2023, 08:54 Uhr
Fritz Wilhelm

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