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Energie & Management > Aus Der Zeitung - Das beste PPA-Jahr bislang
Quelle: E&M
Aus Der Zeitung

Das beste PPA-Jahr bislang

Schon jetzt haben deutsche PPAs mehr Leistung als 2022. Das sagt Nicolai Herrmann von Enervis im Gespräch mit E&M. Es sehe aber je nach Erneuerbaren-Quelle unterschiedlich aus.
Deutschland ist 2023 im europäischen Vergleich auf Wachstumskurs bei grünen, anlagenbezogenen Stromlieferverträgen (Power Purchase Agreements, PPA). Das ergibt sich aus Zahlen und Einschätzungen, die die Berliner Analyse- und Beratungsgesellschaft Enervis kurz vor der Amsterdamer PPA-Messe Re-Source mit E&M teilte.

„2023 verspricht das bisher beste PPA-Jahr in Deutschland zu werden, wenn man die Kapazitäten in den abgeschlossenen PPAs betrachtet“, sagt Enervis-Partner Nicolai Herrmann im Gespräch mit E&M. Die deutsche Dynamik sei aber stark „technologiespezifisch“. Sie sei geprägt von einem Rekord in der PV-Freifläche, einem Sondereffekt bei Offshore-Wind und wenigen Abschlüssen onshore.

Für Gesamteuropa dagegen rechnet Herrmann mit einem leichten Rückgang bei der Zahl und der installierten Leistung der neuen PPA. Er beruft sich dabei auf den „PPA Deal Tracker“ seines Unternehmens, der öffentlich bekannt gewordene Corporate und Utility PPA erfasst und nicht öffentliche Abschlüsse aus der eigenen Beratungspraxis unter Wahrung von Verschwiegenheitspflichten aggregiert.

Bei der deutschen Freiflächen-PV prognostiziert Enervis fürs Gesamtjahr eine rekordmäßige Abschlusskapazität „in Richtung 1.400 MW“. Bis Mitte Oktober waren Nicolai Herrmann zufolge bereits 1.200 MW zusammengekommen. Zum Vergleich: 2022 war diese Leistung erst im Gesamtjahr erreicht worden.
 
„Die Anhebung der Höchstwerte in den EEG-Ausschreibungen führt zu starken Wechselwirkungen mit dem PPA-Markt“, Nicolai Herrmann 
Quelle: Enervis

Auf einen Schlag 600 MW

Die Hälfte des bisherigen solaren Abschlussvolumens entfiel dabei auf einen einzigen Deal: Im September nahm Shell vom Investor Hansa Invest, einer Tochter der Signal Iduna, per PPA 605 MW aus dem PV-Park Witznitz auf einem ehemaligen Braunkohletagebau bei Leipzig ab. Davon reicht Shell 323 MW im Rahmen einer strategischen Kooperation an Microsoft weiter. Ende des Jahres soll der erste Solarstrom aus Witznitz fließen. Microsoft will bis 2025 klimaneutral sein, Shell bis 2050. Enervis hat die Transaktion für Hansa Invest begleitet. Auch sonst hätten, so Herrmann, die Losgrößen der deutschen PV-Deals zugenommen, während die Zahl der Abschlüsse abgenommen habe.

Deutscher Offshore-Wind verzeichnete demnach ebenfalls einen neuen Leistungsrekord: Es wurden bis Mitte Oktober circa 1.700 MW PPA aus deutschen Meereswindparks unterzeichnet. Nicolai Hermann spricht von einem zyklischen Effekt, der für 2024 ein weit geringeres Abschlussvolumen erwarten lasse. Im Wesentlichen hätten die Projektierer, die 2017 und 2018 die Zuschläge in den ersten deutschen Offshore-Ausschreibungen bekamen, dieses Jahr sukzessive weitere Leistungsscheiben von den Projekten an Großunternehmen verkauft, um die Finanzierung der in Bau oder in Planung befindlichen Offshore-Windparks abzuschließen (Financial Close). Verkäufer waren unter anderem EnBW, Orsted und Iberdrola, Käufer Salzgitter, Amazon, Bosch, Deutsche Bahn, Evonik, Rewe und − als kleine Besonderheit − der Frankfurter Kommunalversorger Mainova. Die einzelnen PPA bewegten sich im Mittel um die 90 MW. Die kleinsten hatten 35 MW, die größten mehrere Hundert MW. 2024 sei da insofern nicht mehr viel unter die Haube zu bringen, so Herrmann. Jedoch sei die mittelfristige Offshore-Pipeline durch die neueren Ausschreibungsergebnisse ohne Förderanspruch prall gefüllt.

Flurschaden aus Umsatzabschöpfungen

Bei Onshore-Wind verzeichnet Enervis bisher nur wenige Abschlüsse und eine Abschlusskapazität von gerade mal 250 MW. Im ersten Halbjahr habe es überhaupt keine Deals gegeben, berichtet Herrmann. Er führt dies auf die Stromerlösabschöpfung zurück, die von Dezember 2022 bis Juni 2023 galt und Verkäufern unkalkulierbare Verlustrisiken beim Abschluss von PPA aufbürdete.
Das Fortgelten nationaler Umsatzabschöpfungen in anderen europäischen Ländern zählt für Herrmann zu den Gründen, warum das gesamteuropäische PPA-Geschäft seit einem „sehr starken Jahr 2021“ weiter auf Schrumpfkurs ist. Als weitere Gründe nennt er die seit Ende 2022 sinkenden Großhandelspreise, die die Ausweichbewegung der Industrie in Richtung PPA etwas dämpfe, dann die Zinswende von 2022 und Lieferkettenprobleme.

Industriestromdebatte führt zu Abwarten

In Deutschland habe aber auch die Erhöhung der EEG-Ausschreibungshöchstwerte um 25 Prozent bei PV und Onshore-Wind zum jüngsten Jahreswechsel das PPA-Segment „teilweise kannibalisiert“. Denn bei neuen Anlagen lägen die Höchstwerte nun in der Nähe oder über den erzielbaren PPA-Preisen, sodass die Teilnahme an einer EEG-Ausschreibung im Vergleich zu PPA attraktiver wird. „Die Preis- und Wettbewerbssituation in den EEG-Ausschreibungen führt somit zu starken Wechselwirkungen mit dem PPA-Markt“, sagt Herrmann zu E&M.
Auch allein durch die Debatte um einen subventionierten Industriestrompreis von 5 oder 6 Ct/kWh für noch nicht näher definierte energieintensive Industrien seien viele Industrieunternehmen derzeit nicht willens, PPA-Preise deutlich oberhalb von 6 Ct/kWh abzuschließen.

Dienstag, 14.11.2023, 09:45 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Aus Der Zeitung - Das beste PPA-Jahr bislang
Quelle: E&M
Aus Der Zeitung
Das beste PPA-Jahr bislang
Schon jetzt haben deutsche PPAs mehr Leistung als 2022. Das sagt Nicolai Herrmann von Enervis im Gespräch mit E&M. Es sehe aber je nach Erneuerbaren-Quelle unterschiedlich aus.
Deutschland ist 2023 im europäischen Vergleich auf Wachstumskurs bei grünen, anlagenbezogenen Stromlieferverträgen (Power Purchase Agreements, PPA). Das ergibt sich aus Zahlen und Einschätzungen, die die Berliner Analyse- und Beratungsgesellschaft Enervis kurz vor der Amsterdamer PPA-Messe Re-Source mit E&M teilte.

„2023 verspricht das bisher beste PPA-Jahr in Deutschland zu werden, wenn man die Kapazitäten in den abgeschlossenen PPAs betrachtet“, sagt Enervis-Partner Nicolai Herrmann im Gespräch mit E&M. Die deutsche Dynamik sei aber stark „technologiespezifisch“. Sie sei geprägt von einem Rekord in der PV-Freifläche, einem Sondereffekt bei Offshore-Wind und wenigen Abschlüssen onshore.

Für Gesamteuropa dagegen rechnet Herrmann mit einem leichten Rückgang bei der Zahl und der installierten Leistung der neuen PPA. Er beruft sich dabei auf den „PPA Deal Tracker“ seines Unternehmens, der öffentlich bekannt gewordene Corporate und Utility PPA erfasst und nicht öffentliche Abschlüsse aus der eigenen Beratungspraxis unter Wahrung von Verschwiegenheitspflichten aggregiert.

Bei der deutschen Freiflächen-PV prognostiziert Enervis fürs Gesamtjahr eine rekordmäßige Abschlusskapazität „in Richtung 1.400 MW“. Bis Mitte Oktober waren Nicolai Herrmann zufolge bereits 1.200 MW zusammengekommen. Zum Vergleich: 2022 war diese Leistung erst im Gesamtjahr erreicht worden.
 
„Die Anhebung der Höchstwerte in den EEG-Ausschreibungen führt zu starken Wechselwirkungen mit dem PPA-Markt“, Nicolai Herrmann 
Quelle: Enervis

Auf einen Schlag 600 MW

Die Hälfte des bisherigen solaren Abschlussvolumens entfiel dabei auf einen einzigen Deal: Im September nahm Shell vom Investor Hansa Invest, einer Tochter der Signal Iduna, per PPA 605 MW aus dem PV-Park Witznitz auf einem ehemaligen Braunkohletagebau bei Leipzig ab. Davon reicht Shell 323 MW im Rahmen einer strategischen Kooperation an Microsoft weiter. Ende des Jahres soll der erste Solarstrom aus Witznitz fließen. Microsoft will bis 2025 klimaneutral sein, Shell bis 2050. Enervis hat die Transaktion für Hansa Invest begleitet. Auch sonst hätten, so Herrmann, die Losgrößen der deutschen PV-Deals zugenommen, während die Zahl der Abschlüsse abgenommen habe.

Deutscher Offshore-Wind verzeichnete demnach ebenfalls einen neuen Leistungsrekord: Es wurden bis Mitte Oktober circa 1.700 MW PPA aus deutschen Meereswindparks unterzeichnet. Nicolai Hermann spricht von einem zyklischen Effekt, der für 2024 ein weit geringeres Abschlussvolumen erwarten lasse. Im Wesentlichen hätten die Projektierer, die 2017 und 2018 die Zuschläge in den ersten deutschen Offshore-Ausschreibungen bekamen, dieses Jahr sukzessive weitere Leistungsscheiben von den Projekten an Großunternehmen verkauft, um die Finanzierung der in Bau oder in Planung befindlichen Offshore-Windparks abzuschließen (Financial Close). Verkäufer waren unter anderem EnBW, Orsted und Iberdrola, Käufer Salzgitter, Amazon, Bosch, Deutsche Bahn, Evonik, Rewe und − als kleine Besonderheit − der Frankfurter Kommunalversorger Mainova. Die einzelnen PPA bewegten sich im Mittel um die 90 MW. Die kleinsten hatten 35 MW, die größten mehrere Hundert MW. 2024 sei da insofern nicht mehr viel unter die Haube zu bringen, so Herrmann. Jedoch sei die mittelfristige Offshore-Pipeline durch die neueren Ausschreibungsergebnisse ohne Förderanspruch prall gefüllt.

Flurschaden aus Umsatzabschöpfungen

Bei Onshore-Wind verzeichnet Enervis bisher nur wenige Abschlüsse und eine Abschlusskapazität von gerade mal 250 MW. Im ersten Halbjahr habe es überhaupt keine Deals gegeben, berichtet Herrmann. Er führt dies auf die Stromerlösabschöpfung zurück, die von Dezember 2022 bis Juni 2023 galt und Verkäufern unkalkulierbare Verlustrisiken beim Abschluss von PPA aufbürdete.
Das Fortgelten nationaler Umsatzabschöpfungen in anderen europäischen Ländern zählt für Herrmann zu den Gründen, warum das gesamteuropäische PPA-Geschäft seit einem „sehr starken Jahr 2021“ weiter auf Schrumpfkurs ist. Als weitere Gründe nennt er die seit Ende 2022 sinkenden Großhandelspreise, die die Ausweichbewegung der Industrie in Richtung PPA etwas dämpfe, dann die Zinswende von 2022 und Lieferkettenprobleme.

Industriestromdebatte führt zu Abwarten

In Deutschland habe aber auch die Erhöhung der EEG-Ausschreibungshöchstwerte um 25 Prozent bei PV und Onshore-Wind zum jüngsten Jahreswechsel das PPA-Segment „teilweise kannibalisiert“. Denn bei neuen Anlagen lägen die Höchstwerte nun in der Nähe oder über den erzielbaren PPA-Preisen, sodass die Teilnahme an einer EEG-Ausschreibung im Vergleich zu PPA attraktiver wird. „Die Preis- und Wettbewerbssituation in den EEG-Ausschreibungen führt somit zu starken Wechselwirkungen mit dem PPA-Markt“, sagt Herrmann zu E&M.
Auch allein durch die Debatte um einen subventionierten Industriestrompreis von 5 oder 6 Ct/kWh für noch nicht näher definierte energieintensive Industrien seien viele Industrieunternehmen derzeit nicht willens, PPA-Preise deutlich oberhalb von 6 Ct/kWh abzuschließen.

Dienstag, 14.11.2023, 09:45 Uhr
Georg Eble

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