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Energie & Management > Wärme - Bundeswirtschaftsministerium nimmt Wärmewende ins Visier
Bild: Fotolia, Torbz
Wärme

Bundeswirtschaftsministerium nimmt Wärmewende ins Visier

Auf Einladung des Bundeswirtschaftsministers fand der erste Stakeholder-Dialog "Klimaneutrale Wärme" statt. Die geladenen Verbände fordern, mehr erneuerbare Energie einzubeziehen.
Der erste Stakeholder-Dialog "Klimaneutrale Wärme" fand am 26. Februar auf Einladung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) statt. Der Gebäudesektor ist für etwa ein Drittel der nationalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. In den vergangenen 30 Jahren konnten hier 40 % der Klimagasemissionen eingespart werde. Um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen, müssten die Emissionen in den nächsten zehn Jahren aber um weitere 40 % reduziert werden, mahnte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

"Auch wenn Neubauten inzwischen häufig einen guten Energiestandard haben, kommt die energetische Modernisierung im Gebäudebestand nicht wirklich voran", kritisierte Simone Peter, Präsidentin der Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE). Sie mahnte zugleich, die Potenziale erneuerbarer Energien auch im Wärmesektor verstärkt zu erschließen.

Vorhandene Infrastruktur nutzen

Kerstin Andreae will für eine ressourcenschonende Wärmewende vorhandene Infrastrukturen und Energieträger mitdenken. "Nur die sukzessive und ambitionierte Dekarbonisierung aller Energieträger bringt uns zum Ziel", sagte sie. Es brauche mehr Wärmepumpen auf Basis von erneuerbarem Strom. Eine Vollelektrifizierung des Wärmemarktes sei jedoch unrealistisch.

Der BDEW favorisiert einen "breiten Instrumentenmix aus klimaneutralen Gasen, grüner Fernwärme und effizienten Wärmepumpen" für eine schnelle, nachhaltige und kosteneffiziente Dekarbonisierung im Wärmemarkt. Ebenso wichtig sei es, vorhandene Netze zu verdichten und auszubauen, statt neue Infrastrukturen zu planen, zu bauen und für Akzeptanz zu sorgen. Die vorhandenen Infrastrukturen aus Gas- und Fernwärmenetzen seien "das verlässliche Rückgrat der Wärmewende", sagte Andreae.
 
 
Bekenntnis und Rahmen für erneuerbare Wärme gefordert

Der BEE fordert ein eindeutiges politisches Bekenntnis für erneuerbare Energien im Wärmesektor. "Die erneuerbaren Energien im Wärmemarkt, wie Wärmepumpen, Solar- und Geothermie sowie Holz und Biogas, verfügen in der Gesamtheit über ausreichende Potenziale, um jedes Gebäude und jede Industrieanlage zu versorgen", sagte Simone Peter. Was fehle, sei ein politischer Plan mit ambitionierten Ausbauzielen, um diese Potenziale zu heben.

Um die Wirtschaftlichkeit der erneuerbaren Wärme gegenüber fossilen Technologien zu heben, müssten Investoren vorhersehbare Preisentwicklungen und Rahmenbedingungen bekommen, sagte Peter. Dies umfasse deutliche Preissignale im nationalen und europäischen Emissionszertifikatehandel, den vollständigen Förderstopp für fossile Technologien und eine umfassende Reform der Abgaben und Umlagen, um das Missverhältnis in der Belastung zwischen Strompreis und fossilen Energieträgern zu beheben.

"Wärmenetze sind zukunftsorientierte Infrastrukturen, wenn sie erneuerbare Energien sammeln und verteilen", sagte Peter. In der Fernwärme bedürfe es einer grundlegenden Umstellung im aktuellen Erzeugungs- und Brennstoffmix. Die Gasinfrastruktur könne dann einen wichtigen Beitrag zur Wärmewende leisten, wenn sie erneuerbar produziertes Gas transportiert und verteilt. Der prioritäre Einsatz von grünem Wasserstoff und synthetischen Gasen sei aber in der Prozesswärme und im nicht elektrifizierbaren Verkehr zu sehen.

Sofort Förderung für fossile Wärmesysteme stoppen

Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/die Grünen, kritisierte den späten Fokus Altmaiers auf die Wärmewende. "Erst jetzt einen Dialogprozess zu starten über Fragen, die seit Jahren auf dem Tisch liegen, ist ein Eingeständnis der riesigen Versäumnisse dieser Regierung im Wärmemarkt", sagte sie. Die Förderung für fossile Wärmeversorgung müsse sofort gestoppt werden, anstatt weiter den Umstieg von Öl auf Erdgas zu bezuschussen.

Verlinden will Förderprogramme umgehend zu 100 % auf Energiesparen und erneuerbare Energien ausrichten: "Alles andere bedeutet fahrlässiges Verschleppen der Energiewende." Jeder Euro, der heute in neue fossile Infrastruktur und neue Heizungen auf Basis von Erdgas oder Erdöl fließt, verzögere den Umstieg auf erneuerbare Energien und mache die Energiewende unnötig teuer für Staat und Verbraucher.

Der Sprecher für Energiepolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Martin Neumann, kritisierte dagegen, dass nach dem Atomausstieg und dem politisch beschlossenen Kohleausstieg nun der Gashahn im Wärmesektor zugedreht werden soll. Der Anteil von Erdgas habe am Gesamtenergieverbrauch 2020 sogar um 3 % zugenommen. "Einen adäquaten Ersatz, der zugleich effizient, bezahlbar und in entsprechender Menge vorhanden ist, konnten Altmaier und das Bundeswirtschaftsministerium leider nicht benennen", kritisierte Neumann.

Freitag, 26.02.2021, 15:50 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Wärme - Bundeswirtschaftsministerium nimmt Wärmewende ins Visier
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Wärme
Bundeswirtschaftsministerium nimmt Wärmewende ins Visier
Auf Einladung des Bundeswirtschaftsministers fand der erste Stakeholder-Dialog "Klimaneutrale Wärme" statt. Die geladenen Verbände fordern, mehr erneuerbare Energie einzubeziehen.
Der erste Stakeholder-Dialog "Klimaneutrale Wärme" fand am 26. Februar auf Einladung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) statt. Der Gebäudesektor ist für etwa ein Drittel der nationalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. In den vergangenen 30 Jahren konnten hier 40 % der Klimagasemissionen eingespart werde. Um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen, müssten die Emissionen in den nächsten zehn Jahren aber um weitere 40 % reduziert werden, mahnte Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

"Auch wenn Neubauten inzwischen häufig einen guten Energiestandard haben, kommt die energetische Modernisierung im Gebäudebestand nicht wirklich voran", kritisierte Simone Peter, Präsidentin der Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE). Sie mahnte zugleich, die Potenziale erneuerbarer Energien auch im Wärmesektor verstärkt zu erschließen.

Vorhandene Infrastruktur nutzen

Kerstin Andreae will für eine ressourcenschonende Wärmewende vorhandene Infrastrukturen und Energieträger mitdenken. "Nur die sukzessive und ambitionierte Dekarbonisierung aller Energieträger bringt uns zum Ziel", sagte sie. Es brauche mehr Wärmepumpen auf Basis von erneuerbarem Strom. Eine Vollelektrifizierung des Wärmemarktes sei jedoch unrealistisch.

Der BDEW favorisiert einen "breiten Instrumentenmix aus klimaneutralen Gasen, grüner Fernwärme und effizienten Wärmepumpen" für eine schnelle, nachhaltige und kosteneffiziente Dekarbonisierung im Wärmemarkt. Ebenso wichtig sei es, vorhandene Netze zu verdichten und auszubauen, statt neue Infrastrukturen zu planen, zu bauen und für Akzeptanz zu sorgen. Die vorhandenen Infrastrukturen aus Gas- und Fernwärmenetzen seien "das verlässliche Rückgrat der Wärmewende", sagte Andreae.
 
 
Bekenntnis und Rahmen für erneuerbare Wärme gefordert

Der BEE fordert ein eindeutiges politisches Bekenntnis für erneuerbare Energien im Wärmesektor. "Die erneuerbaren Energien im Wärmemarkt, wie Wärmepumpen, Solar- und Geothermie sowie Holz und Biogas, verfügen in der Gesamtheit über ausreichende Potenziale, um jedes Gebäude und jede Industrieanlage zu versorgen", sagte Simone Peter. Was fehle, sei ein politischer Plan mit ambitionierten Ausbauzielen, um diese Potenziale zu heben.

Um die Wirtschaftlichkeit der erneuerbaren Wärme gegenüber fossilen Technologien zu heben, müssten Investoren vorhersehbare Preisentwicklungen und Rahmenbedingungen bekommen, sagte Peter. Dies umfasse deutliche Preissignale im nationalen und europäischen Emissionszertifikatehandel, den vollständigen Förderstopp für fossile Technologien und eine umfassende Reform der Abgaben und Umlagen, um das Missverhältnis in der Belastung zwischen Strompreis und fossilen Energieträgern zu beheben.

"Wärmenetze sind zukunftsorientierte Infrastrukturen, wenn sie erneuerbare Energien sammeln und verteilen", sagte Peter. In der Fernwärme bedürfe es einer grundlegenden Umstellung im aktuellen Erzeugungs- und Brennstoffmix. Die Gasinfrastruktur könne dann einen wichtigen Beitrag zur Wärmewende leisten, wenn sie erneuerbar produziertes Gas transportiert und verteilt. Der prioritäre Einsatz von grünem Wasserstoff und synthetischen Gasen sei aber in der Prozesswärme und im nicht elektrifizierbaren Verkehr zu sehen.

Sofort Förderung für fossile Wärmesysteme stoppen

Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/die Grünen, kritisierte den späten Fokus Altmaiers auf die Wärmewende. "Erst jetzt einen Dialogprozess zu starten über Fragen, die seit Jahren auf dem Tisch liegen, ist ein Eingeständnis der riesigen Versäumnisse dieser Regierung im Wärmemarkt", sagte sie. Die Förderung für fossile Wärmeversorgung müsse sofort gestoppt werden, anstatt weiter den Umstieg von Öl auf Erdgas zu bezuschussen.

Verlinden will Förderprogramme umgehend zu 100 % auf Energiesparen und erneuerbare Energien ausrichten: "Alles andere bedeutet fahrlässiges Verschleppen der Energiewende." Jeder Euro, der heute in neue fossile Infrastruktur und neue Heizungen auf Basis von Erdgas oder Erdöl fließt, verzögere den Umstieg auf erneuerbare Energien und mache die Energiewende unnötig teuer für Staat und Verbraucher.

Der Sprecher für Energiepolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Martin Neumann, kritisierte dagegen, dass nach dem Atomausstieg und dem politisch beschlossenen Kohleausstieg nun der Gashahn im Wärmesektor zugedreht werden soll. Der Anteil von Erdgas habe am Gesamtenergieverbrauch 2020 sogar um 3 % zugenommen. "Einen adäquaten Ersatz, der zugleich effizient, bezahlbar und in entsprechender Menge vorhanden ist, konnten Altmaier und das Bundeswirtschaftsministerium leider nicht benennen", kritisierte Neumann.

Freitag, 26.02.2021, 15:50 Uhr
Susanne Harmsen

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