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Energie & Management > Mobilität - Brancheninitiative prangert Betrug mit Klimazertifikaten an
Quelle: Shutterstock / Aun Photographer
Mobilität

Brancheninitiative prangert Betrug mit Klimazertifikaten an

Über 50 Unternehmen und Verbände haben sich zur  neuen „Initiative Klimabetrug Stoppen“ zusammengetan.
Die Schäden durch betrügerische, vorgetäuschte Klimaprojekte sollen massiv sein. Eine Summe von 7,9 Milliarden Euro und nicht erbrachte Einsparungen von 8,8 Millionen Tonnen CO2 in der Mineralölindustrie aufgrund von zweifelhaften CO2-Minderungsprojekten mit Zertifikaten für Upstream Emission Reduction (UER) und falsch deklarierten Biokraftstoffen stehen im Raum.

Das bilanziert jedenfalls die „Initiative Klimabetrug Stoppen“ (IKS), ein jetzt gegründetes Bündnis, hinter dem über 50 Unternehmen und Verbände im Bereich der Elektromobilität, aus dem Wasserstoffsektor, den E-Fuels, von Biomethan und Biokraftstoffen stehen. Bei einem Pressetermin wurden nun Forderungen verkündet.

Das IKS nennt die Vorgänge einen „Skandal“. Die Schuld liege zumindest teilweise beim Bundesumweltministerium und beim Umweltbundesamt, die zu wenig gegen die gefakten Zertifizierungen getan hätten und auch weiterhin zu wenig tun würden, kommentiert die Initiative.

„Die THG-Quote ist das wichtigste Instrument für die Verkehrswende in Deutschland, die darauf abzielt, den CO2-Ausstoß der Mineralölkonzerne zu senken“, sagt Marc Schubert, Vorstand beim Bundesverband THG-Quote und Mitglied in der IKS.

Sie verpflichtet die Mineralölindustrie, bei einem hohen CO2-Fußabdruck entweder Strafen zu zahlen oder THG-Quoten zu kaufen. „Damit“, so Schubert weiter, „sollen finanzielle Anreize für klimafreundlichen Verkehr und Investitionen in alternative Antriebe gesetzt werden. Die CO2-Einsparung im Verkehr erhält damit einen monetären Wert.“

Die so erzielten Einnahmen gehen an Unternehmen, die E-Auto-Flotten betreiben beziehungsweise an E-Autofahrer. Durch importierten, gefakten und massiv in den Markt gekommenen Biodiesel und zweifelhaften Klimazertifikaten sei der Wert der THG-Quoten aber drastisch gefallen. „Entgegen den Aussagen des Bundesumweltministeriums waren das keine natürlichen Schwankungen“, so Schubert weiter.

Wert der THG-Quote um 80 Prozent verfallen

Stand der Wert Ende 2022, Anfang 2023 noch bei 400 bis 500 Euro pro Tonne CO2, waren es im Juni dieses Jahres lediglich etwa 100 Euro. „Ein Verfall von 80 Prozent, ein Kollaps und ein klares Zeichen dafür, dass die THG-Quote ihre Steuerung verloren hat.“ Statt 400 Euro im Jahr 2022 erhalte ein E-Autofahrer heute nur noch etwa 80 Euro Prämie. Und Stadtwerke hätten über die THG-Quote für einen neuen E-Bus zuvor 16.000 Euro erhalten, jetzt aber nur noch maximal 3.000 Euro. „Dafür schafft sich niemand mehr ein E-Fahrzeug an“, so Schubert.

Beim Import von Biodiesel moniert die Initiative große Mengen an gefaktem Kraftstoff. In den vergangenen beiden Jahren sei der europäische Biokraftstoffmarkt von Importen aus China quasi überschwemmt worden. Es gebe Hinweise, dass dabei billiges und umweltschädliches Palmöl aus Indonesien und Malaysia mit enthalten und als nachhaltiger Biokraftstoff umetikettiert worden sei.
 
Die IKS-Gründer, zu denen auch der Biokraftstoffhersteller Verbio gehört, sehen wegen der durch den Fake-Sprit und der falschen Projektzertifikate massiv abgesackten Quotenwerte einen Kapitalabfluss von mindestens 4,4 Milliarden Euro in Richtung fossile Industrie. Dazu kommen entgangene Einnahmen bei den Körperschaftssteuern von weiteren 1,3 Milliarden Euro, zudem 2,2 Milliarden Euro an zusätzlichem Schaden aufgrund nicht erbrachter Pönale. In Summe also 7,9 Milliarden Euro.

Initiative will Missstände aufdecken

„Unsere Initiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Missstände aufzudecken und die Öffentlichkeit über die gravierenden Folgen dieses Skandals zu informieren“, kommentierte Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie und Sprecherin des Bündnisses. „BMU und UBA sagen, dass es sich nur um einzelne Projekte handelt und es nur diffuse Hinweise gäbe. Wir sind aber der Auffassung, dass von 69 genehmigten Projekten 68 aus verschiedenen Gründen verdächtig sind. Es lassen sich Muster von Verdachtsmomenten herauslesen.“

Wäre bei den Zertifizierungen all der Projekte genauer bei den Behörden gearbeitet worden, wäre der Schaden im Ansatz erst gar nicht entstanden. „Bei den Projekten ist der Betrug offensichtlich. Deshalb ist es unverständlich, warum diese Projekte und deren Einsparungen immer noch auf die Quote angerechnet werden“, so Rostek.
 

Donnerstag, 5.09.2024, 12:30 Uhr
Klaus Lockschen
Energie & Management > Mobilität - Brancheninitiative prangert Betrug mit Klimazertifikaten an
Quelle: Shutterstock / Aun Photographer
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Brancheninitiative prangert Betrug mit Klimazertifikaten an
Über 50 Unternehmen und Verbände haben sich zur  neuen „Initiative Klimabetrug Stoppen“ zusammengetan.
Die Schäden durch betrügerische, vorgetäuschte Klimaprojekte sollen massiv sein. Eine Summe von 7,9 Milliarden Euro und nicht erbrachte Einsparungen von 8,8 Millionen Tonnen CO2 in der Mineralölindustrie aufgrund von zweifelhaften CO2-Minderungsprojekten mit Zertifikaten für Upstream Emission Reduction (UER) und falsch deklarierten Biokraftstoffen stehen im Raum.

Das bilanziert jedenfalls die „Initiative Klimabetrug Stoppen“ (IKS), ein jetzt gegründetes Bündnis, hinter dem über 50 Unternehmen und Verbände im Bereich der Elektromobilität, aus dem Wasserstoffsektor, den E-Fuels, von Biomethan und Biokraftstoffen stehen. Bei einem Pressetermin wurden nun Forderungen verkündet.

Das IKS nennt die Vorgänge einen „Skandal“. Die Schuld liege zumindest teilweise beim Bundesumweltministerium und beim Umweltbundesamt, die zu wenig gegen die gefakten Zertifizierungen getan hätten und auch weiterhin zu wenig tun würden, kommentiert die Initiative.

„Die THG-Quote ist das wichtigste Instrument für die Verkehrswende in Deutschland, die darauf abzielt, den CO2-Ausstoß der Mineralölkonzerne zu senken“, sagt Marc Schubert, Vorstand beim Bundesverband THG-Quote und Mitglied in der IKS.

Sie verpflichtet die Mineralölindustrie, bei einem hohen CO2-Fußabdruck entweder Strafen zu zahlen oder THG-Quoten zu kaufen. „Damit“, so Schubert weiter, „sollen finanzielle Anreize für klimafreundlichen Verkehr und Investitionen in alternative Antriebe gesetzt werden. Die CO2-Einsparung im Verkehr erhält damit einen monetären Wert.“

Die so erzielten Einnahmen gehen an Unternehmen, die E-Auto-Flotten betreiben beziehungsweise an E-Autofahrer. Durch importierten, gefakten und massiv in den Markt gekommenen Biodiesel und zweifelhaften Klimazertifikaten sei der Wert der THG-Quoten aber drastisch gefallen. „Entgegen den Aussagen des Bundesumweltministeriums waren das keine natürlichen Schwankungen“, so Schubert weiter.

Wert der THG-Quote um 80 Prozent verfallen

Stand der Wert Ende 2022, Anfang 2023 noch bei 400 bis 500 Euro pro Tonne CO2, waren es im Juni dieses Jahres lediglich etwa 100 Euro. „Ein Verfall von 80 Prozent, ein Kollaps und ein klares Zeichen dafür, dass die THG-Quote ihre Steuerung verloren hat.“ Statt 400 Euro im Jahr 2022 erhalte ein E-Autofahrer heute nur noch etwa 80 Euro Prämie. Und Stadtwerke hätten über die THG-Quote für einen neuen E-Bus zuvor 16.000 Euro erhalten, jetzt aber nur noch maximal 3.000 Euro. „Dafür schafft sich niemand mehr ein E-Fahrzeug an“, so Schubert.

Beim Import von Biodiesel moniert die Initiative große Mengen an gefaktem Kraftstoff. In den vergangenen beiden Jahren sei der europäische Biokraftstoffmarkt von Importen aus China quasi überschwemmt worden. Es gebe Hinweise, dass dabei billiges und umweltschädliches Palmöl aus Indonesien und Malaysia mit enthalten und als nachhaltiger Biokraftstoff umetikettiert worden sei.
 
Die IKS-Gründer, zu denen auch der Biokraftstoffhersteller Verbio gehört, sehen wegen der durch den Fake-Sprit und der falschen Projektzertifikate massiv abgesackten Quotenwerte einen Kapitalabfluss von mindestens 4,4 Milliarden Euro in Richtung fossile Industrie. Dazu kommen entgangene Einnahmen bei den Körperschaftssteuern von weiteren 1,3 Milliarden Euro, zudem 2,2 Milliarden Euro an zusätzlichem Schaden aufgrund nicht erbrachter Pönale. In Summe also 7,9 Milliarden Euro.

Initiative will Missstände aufdecken

„Unsere Initiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Missstände aufzudecken und die Öffentlichkeit über die gravierenden Folgen dieses Skandals zu informieren“, kommentierte Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie und Sprecherin des Bündnisses. „BMU und UBA sagen, dass es sich nur um einzelne Projekte handelt und es nur diffuse Hinweise gäbe. Wir sind aber der Auffassung, dass von 69 genehmigten Projekten 68 aus verschiedenen Gründen verdächtig sind. Es lassen sich Muster von Verdachtsmomenten herauslesen.“

Wäre bei den Zertifizierungen all der Projekte genauer bei den Behörden gearbeitet worden, wäre der Schaden im Ansatz erst gar nicht entstanden. „Bei den Projekten ist der Betrug offensichtlich. Deshalb ist es unverständlich, warum diese Projekte und deren Einsparungen immer noch auf die Quote angerechnet werden“, so Rostek.
 

Donnerstag, 5.09.2024, 12:30 Uhr
Klaus Lockschen

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