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Energie & Management > Regenerative - BEE fordert Überarbeitung der Langfristszenarien
Quelle: Shutterstock / PopTika
Regenerative

BEE fordert Überarbeitung der Langfristszenarien

Einer Studie des Verbands BEE zufolge unterschätzen die Langfristszenarien des BMWK die Leistung der Erneuerbaren deutlich. Das könne gravierende Folgen haben.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) äußert in seiner jüngsten Analyse „eindringliche fachliche Bedenken“ mit Blick auf die in den Langfristszenarien des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) abgebildeten erneuerbaren Energien.

Die Langfristszenarien werden seit 2017 im Auftrag des BMWK erstellt und sollen „eine wichtige Orientierungshilfe für die Diskussion um die Weiterentwicklung der Energiewende“ bieten, wie es auf den entsprechenden Internetseiten des BMWK heißt.

Abweichungen in diesen Szenarien, so der BEE, "bergen die Gefahr in sich, dass darauf aufbauende politische Konzepte fehlerhaft werden". Auf den Annahmen der Langfristszenarien beruhen unter anderem die Systementwicklungsstrategie, die Plattform Klimaneutrales Stromsystem und die Verteilnetze der Zukunft. 

Angesichts "erheblicher Probleme bezüglich der ermittelten erneuerbaren Stromerzeugung" sollten die Szenarien in der jetzigen Form aber nicht länger als Grundlage weiterer Studien oder politischer Entscheidungen dienen, fordert BEE-Präsidentin Simone Peter. „Es muss sichergestellt werden, dass eine so wichtige Basisstudie keine Folgefehler produziert.“ Daher habe der BEE beschlossen, ein Hintergrundpapier zu veröffentlichen, um damit eine Diskussion zur Weiterentwicklung der Szenarien anzustoßen.

Die Ursachen für die Fehleinschätzung der Leistung der Erneuerbaren sind der Analyse zufolge vielfältig, aber nicht systematisch begründet. So gingen die Szenarien beispielsweise
  • im Bereich Windenergie-an-Land von einer bestmöglichen Anlagenkonfiguration im Jahr 2040 aus, die deutlich schlechter als der heutige Stand sei. Bereits seit 2012 gebe es Neuanlagen, die eine bessere Anlagenkonfiguration aufweisen als es die Langfristszenarien bis einschließlich 2040 maximal vorsehen. In den vergangenen zwei Jahren sei bei etwa 75 Prozent aller Neuanlagen eine bessere Anlagenkonfiguration zu verzeichnen.
  • im Bereich Offshore-Wind von einer deutlich zu hohen Auslastung aus: So wiesen im Szenariojahr 2025 mehr als 600 Stunden Auslastungen oberhalb von 95 Prozent der Nennleistung auf, obwohl solch hohe Spitzenauslastungen in den vergangenen acht Jahren nicht in einer einzigen Stunde vorgekommen seien. „In den folgenden Szenario-Jahren steigen die Spitzenauslastungen im Offshore Bereich sogar auf über 800 Stunden“, heißt es in der Analyse, „und das trotz eines massiven Ausbaus der Windenergie Offshore und einem damit einhergehend höheren Abschattungsgrad aufgrund der Windparkdichte im Offshorebereich“.
  • im Bereich der Photovoltaik von einer dynamischen Spitzenkappung aus, was nichts anderes als eine pauschale Abregelung bei einer Auslastung von etwa 50 Prozent der Nennleistung (auf Deutschlandebene) sei. Eine solche pauschale Abregelung sei auf EU-Ebene verboten. Außerdem entstehe damit auch eine konstante Einspeisung der Photovoltaik über mehrere Stunden am Tag. Das impliziere eine nicht erklärbare Flexibilität. Zudem komme es in den Zeitfenstern der Abregelung gehäuft, im Szenariojahr 2025 sogar in über 80 Prozent der Fälle, zu Nettoimporten Deutschlands. Das bedeute, dass die Langfristszenarien von einer Abschaltung des günstigen Strom aus erneuerbaren Energien ausgingen, während zeitgleich teure, unter Umständen nicht grüne, Strommengen aus Nachbarländern importiert würden.
  • im Bereich Biomasse nur von der Verfügbarkeit bestimmter Biomasse-Sortimente aus und blende andere vollständig aus. Damit senke man künstlich deren Potenzial. Gleichzeitig werde die Flexibilität der Bioenergie gegenüber den vorangegangenen Langfristszenarien unbegründet stark verringert, was wiederum zu einem erhöhten Bedarf an Leistung aus H2-Gasturbinen führe.
  • für die Wasserkraft von „gänzlich falschen Annahmen“ aus, die weder technisch noch praktisch mit dem Kraftwerkspark in Deutschland umgesetzt werden könnten.
Dem BEE zufolge habe man bereits die fachlichen Bedenken dem BMWK und den Autoren seit der Veröffentlichung der jüngsten Szenarien im Jahr 2021 mehrfach mitgeteilt. Die Abweichungen seien auch anerkannt worden, eine Überarbeitung sei bislang aber ausgeblieben.

Die "Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland" werden von einem Forschungskonsortium erstellt. Es besteht aus dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), der Consentec GmbH, dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (ifeu), unter Beteiligung der Unterauftragnehmer M-Five, der Technischen Universität Wien, der TEP Energy GmbH und der GEF Ingenieur AG.

Das vollständige Hintergrundpapier ist auf der Internetseite des BEE abrufbar.

Dienstag, 19.09.2023, 16:22 Uhr
Katia Meyer-Tien
Energie & Management > Regenerative - BEE fordert Überarbeitung der Langfristszenarien
Quelle: Shutterstock / PopTika
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BEE fordert Überarbeitung der Langfristszenarien
Einer Studie des Verbands BEE zufolge unterschätzen die Langfristszenarien des BMWK die Leistung der Erneuerbaren deutlich. Das könne gravierende Folgen haben.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) äußert in seiner jüngsten Analyse „eindringliche fachliche Bedenken“ mit Blick auf die in den Langfristszenarien des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) abgebildeten erneuerbaren Energien.

Die Langfristszenarien werden seit 2017 im Auftrag des BMWK erstellt und sollen „eine wichtige Orientierungshilfe für die Diskussion um die Weiterentwicklung der Energiewende“ bieten, wie es auf den entsprechenden Internetseiten des BMWK heißt.

Abweichungen in diesen Szenarien, so der BEE, "bergen die Gefahr in sich, dass darauf aufbauende politische Konzepte fehlerhaft werden". Auf den Annahmen der Langfristszenarien beruhen unter anderem die Systementwicklungsstrategie, die Plattform Klimaneutrales Stromsystem und die Verteilnetze der Zukunft. 

Angesichts "erheblicher Probleme bezüglich der ermittelten erneuerbaren Stromerzeugung" sollten die Szenarien in der jetzigen Form aber nicht länger als Grundlage weiterer Studien oder politischer Entscheidungen dienen, fordert BEE-Präsidentin Simone Peter. „Es muss sichergestellt werden, dass eine so wichtige Basisstudie keine Folgefehler produziert.“ Daher habe der BEE beschlossen, ein Hintergrundpapier zu veröffentlichen, um damit eine Diskussion zur Weiterentwicklung der Szenarien anzustoßen.

Die Ursachen für die Fehleinschätzung der Leistung der Erneuerbaren sind der Analyse zufolge vielfältig, aber nicht systematisch begründet. So gingen die Szenarien beispielsweise
  • im Bereich Windenergie-an-Land von einer bestmöglichen Anlagenkonfiguration im Jahr 2040 aus, die deutlich schlechter als der heutige Stand sei. Bereits seit 2012 gebe es Neuanlagen, die eine bessere Anlagenkonfiguration aufweisen als es die Langfristszenarien bis einschließlich 2040 maximal vorsehen. In den vergangenen zwei Jahren sei bei etwa 75 Prozent aller Neuanlagen eine bessere Anlagenkonfiguration zu verzeichnen.
  • im Bereich Offshore-Wind von einer deutlich zu hohen Auslastung aus: So wiesen im Szenariojahr 2025 mehr als 600 Stunden Auslastungen oberhalb von 95 Prozent der Nennleistung auf, obwohl solch hohe Spitzenauslastungen in den vergangenen acht Jahren nicht in einer einzigen Stunde vorgekommen seien. „In den folgenden Szenario-Jahren steigen die Spitzenauslastungen im Offshore Bereich sogar auf über 800 Stunden“, heißt es in der Analyse, „und das trotz eines massiven Ausbaus der Windenergie Offshore und einem damit einhergehend höheren Abschattungsgrad aufgrund der Windparkdichte im Offshorebereich“.
  • im Bereich der Photovoltaik von einer dynamischen Spitzenkappung aus, was nichts anderes als eine pauschale Abregelung bei einer Auslastung von etwa 50 Prozent der Nennleistung (auf Deutschlandebene) sei. Eine solche pauschale Abregelung sei auf EU-Ebene verboten. Außerdem entstehe damit auch eine konstante Einspeisung der Photovoltaik über mehrere Stunden am Tag. Das impliziere eine nicht erklärbare Flexibilität. Zudem komme es in den Zeitfenstern der Abregelung gehäuft, im Szenariojahr 2025 sogar in über 80 Prozent der Fälle, zu Nettoimporten Deutschlands. Das bedeute, dass die Langfristszenarien von einer Abschaltung des günstigen Strom aus erneuerbaren Energien ausgingen, während zeitgleich teure, unter Umständen nicht grüne, Strommengen aus Nachbarländern importiert würden.
  • im Bereich Biomasse nur von der Verfügbarkeit bestimmter Biomasse-Sortimente aus und blende andere vollständig aus. Damit senke man künstlich deren Potenzial. Gleichzeitig werde die Flexibilität der Bioenergie gegenüber den vorangegangenen Langfristszenarien unbegründet stark verringert, was wiederum zu einem erhöhten Bedarf an Leistung aus H2-Gasturbinen führe.
  • für die Wasserkraft von „gänzlich falschen Annahmen“ aus, die weder technisch noch praktisch mit dem Kraftwerkspark in Deutschland umgesetzt werden könnten.
Dem BEE zufolge habe man bereits die fachlichen Bedenken dem BMWK und den Autoren seit der Veröffentlichung der jüngsten Szenarien im Jahr 2021 mehrfach mitgeteilt. Die Abweichungen seien auch anerkannt worden, eine Überarbeitung sei bislang aber ausgeblieben.

Die "Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland" werden von einem Forschungskonsortium erstellt. Es besteht aus dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), der Consentec GmbH, dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH (ifeu), unter Beteiligung der Unterauftragnehmer M-Five, der Technischen Universität Wien, der TEP Energy GmbH und der GEF Ingenieur AG.

Das vollständige Hintergrundpapier ist auf der Internetseite des BEE abrufbar.

Dienstag, 19.09.2023, 16:22 Uhr
Katia Meyer-Tien

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