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Energie & Management > IT - BDEW fürchtet um die Mako Strom
Quelle: Pixabay / Mohamed Hassan
IT

BDEW fürchtet um die Mako Strom

Kurz vor Ende der Übergangsfrist können viele Strommarktteilnehmer noch immer nicht über den AS4-Standard kommunizieren. Der BDEW warnt vor „enormen Auswirkungen auf den Strommarkt“.
Kein Versand von Mess- und Bilanzierungsdaten, Stammdaten oder Meldungen zu Lieferantenwechseln. Keine Netznutzungsabrechnung, keine Lieferantenwechsel und auch sonst keine Abwicklung von Prozessen, die auf Daten der Marktkommunikation Strom basieren: Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zeichnet ein düsteres Bild von dem, was in zwei Wochen auf die Teilnehmenden am Strommarkt zukommen könnte. Die Ursache: Die Umstellung der Marktkommunikation (Mako), die am 1. April (Ostermontag) verpflichtend ausschließlich unter Nutzung des sicheren Kommunikationsstandards AS4 erfolgen muss.

“Nach den Erkenntnissen des BDEW werden circa 50 Prozent des Marktes nicht in der Lage sein, diesen neuen Kommunikationsweg ab dem 01.04.2024 umzusetzen”, teilt der Verband mit. Würden die beteiligten Unternehmen die Mako auf dem bisher genutzten Kommunikationsweg (E-Mail – S/MIME) einstellen und auf diesem Weg keine Daten mehr empfangen und versenden, hätte dies wegen der Vielzahl der Unternehmen, die nicht fristgerecht umstellen werden, enorme Auswirkungen auf den Strommarkt, warnt der Verband.

So dramatisch das klingt: Die Entwicklung kommt nicht überraschend. Eigentlich läuft seit dem 1. Oktober 2023 die Übergangsfrist, in der Netzbetreiber, Bilanzkoordinatoren, Lieferanten, Bilanzkreisverantwortliche, Messstellenbetreiber und Energieserviceanbieter bereits über den neuen Standard kommunizieren sollten. Der Nachrichtenaustausch per Mail sollte schon jetzt nur noch im Ausnahmefall erfolgen. Doch Softwarehäuser und Energieversorger weisen seit Monaten darauf hin, dass die Umstellung bislang nur einem Bruchteil der Marktteilnehmer gelungen ist (wir berichteten).

Verband erkennt Dilemma an

Die von den Betroffenen angeführten Ursachen sind vielfältig: Zu wenig Zeit hätten die Softwareanbieter für die Entwicklung der Lösungen gehabt; zu umständlich sei die Beantragung der notwendigen Zertifikate, für die es darüber hinaus zu wenig Anbieter gebe; zu viel hätten die EVU in den turbulenten vergangenen zwei Jahren zu stemmen gehabt, und das alles bei zu wenig Kapazitäten und Fachkräftemangel.
 
 
Auch der BDEW geht von unterschiedlichen Ursachen aus: „So kann die Wahl des Dienstleisters ausschlaggebend sein, das Thema im Unternehmen unterschätzt oder absichtlich zurückgestellt worden sein aufgrund der Vielzahl der derzeit anstehenden Aufgaben oder schlicht Personal zur Umsetzung fehlen.“

Wer die Umstellung jetzt erst veranlasse, werde nach Kenntnis des BDEW die Umstellung nicht mehr rechtzeitig vollziehen können. Bereits die rechtzeitige Bereitstellung der AS4-Zertifikate sei bei jetziger Antragstellung laut Marktteilnehmern nicht mehr gewährleistet, konstatiert der Verband, der auch keinen rechten Ausweg aus dem Dilemma erkennen kann: Man sehe keine andere umsetzbare technische Möglichkeit, als die Kommunikation auf dem bestehenden Weg weiterzuführen, wenn die Marktkommunikation über den 1. April hinaus aufrechterhalten werden soll.

„Die Verlängerung der in der Festlegung genannten Frist wäre allerdings kritisch zu sehen. Zum einen wird eine sehr große Zahl an Marktteilnehmern die Umsetzung fristgemäß oder fast fristgemäß erreichen und zum anderen lässt sich kein konkreter Verlängerungszeitraum benennen. Wenn die Kommunikation im bestehenden Verfahren fortgeführt wird, sollte dies so kurz wie möglich, aber solange wie nötig erfolgen, um den größten Teil des Marktes abzudecken und große Friktionen zu verhindern.

Aus der Bundesnetzagentur hieß es dazu auf Anfrage, dass eine Verlängerung der Übergangsphase nicht vorgesehen sei.

Vertragskündigung „nicht angemessen“

Wovor der Branchenverband deutlich warnt: die Kündigung der Lieferantenrahmen- oder Netznutzungsverträge für Vertragspartner des Netzbetreibers, die die Frist nicht einhalten können. Auf diese Möglichkeit hatte die Bundesnetzagentur in einer Mitteilung vom 15. Januar hingewiesen. Eine solche Maßnahme, heißt es aus dem Verband, “sieht der BDEW jedenfalls unmittelbar zum 1. April und auch für eine gewisse Zeit darüber hinaus als nicht angemessen an”.

Auch die Bundesnetzagentur weist darauf hin, dass der Ausübung eines außerordentlichen Kündigungsrechts stets auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren sei und ergänzt, „dass der Netznutzungsvertrag in Bezug auf das Abrechnungsverhältnis mit der Möglichkeit der Anforderung der Vorauszahlung grundsätzlich auch ein milderes Mittel zur Verfügung stellt, welches zur Befriedigung finanzieller Ansprüche eines Netzbetreibers aus der Netznutzung beitragen kann“.

Grundsätzlich liege die Ausübung vertraglicher Gestaltungsrechte in der eigenen Verantwortlichkeit derjenigen Vertragspartei, die sich auf dieses Recht beruft, so die Regulierungsbehörde. Dies schließe auch die eigenverantwortliche rechtliche Bewertung hinsichtlich des Vorliegens der notwendigen Voraussetzungen mit ein. „Es obliegt der Vertragspartei, die sich auf ein Gestaltungsrecht beruft, sich bei Zweifeln im Vorfeld rechtlich beraten zu lassen“.

Der BDEW empfiehlt Marktteilnehmern jetzt einerseits die “schnellstmögliche Umstellung” auf den Übertragungsweg AS4. Und andererseits die Kontaktaufnahme zu den Marktpartnern, um den Stand der Umsetzung abzufragen und gegebenenfalls auf die Verpflichtung zur Umsetzung hinzuweisen.

Montag, 18.03.2024, 15:47 Uhr
Katia Meyer-Tien
Energie & Management > IT - BDEW fürchtet um die Mako Strom
Quelle: Pixabay / Mohamed Hassan
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BDEW fürchtet um die Mako Strom
Kurz vor Ende der Übergangsfrist können viele Strommarktteilnehmer noch immer nicht über den AS4-Standard kommunizieren. Der BDEW warnt vor „enormen Auswirkungen auf den Strommarkt“.
Kein Versand von Mess- und Bilanzierungsdaten, Stammdaten oder Meldungen zu Lieferantenwechseln. Keine Netznutzungsabrechnung, keine Lieferantenwechsel und auch sonst keine Abwicklung von Prozessen, die auf Daten der Marktkommunikation Strom basieren: Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zeichnet ein düsteres Bild von dem, was in zwei Wochen auf die Teilnehmenden am Strommarkt zukommen könnte. Die Ursache: Die Umstellung der Marktkommunikation (Mako), die am 1. April (Ostermontag) verpflichtend ausschließlich unter Nutzung des sicheren Kommunikationsstandards AS4 erfolgen muss.

“Nach den Erkenntnissen des BDEW werden circa 50 Prozent des Marktes nicht in der Lage sein, diesen neuen Kommunikationsweg ab dem 01.04.2024 umzusetzen”, teilt der Verband mit. Würden die beteiligten Unternehmen die Mako auf dem bisher genutzten Kommunikationsweg (E-Mail – S/MIME) einstellen und auf diesem Weg keine Daten mehr empfangen und versenden, hätte dies wegen der Vielzahl der Unternehmen, die nicht fristgerecht umstellen werden, enorme Auswirkungen auf den Strommarkt, warnt der Verband.

So dramatisch das klingt: Die Entwicklung kommt nicht überraschend. Eigentlich läuft seit dem 1. Oktober 2023 die Übergangsfrist, in der Netzbetreiber, Bilanzkoordinatoren, Lieferanten, Bilanzkreisverantwortliche, Messstellenbetreiber und Energieserviceanbieter bereits über den neuen Standard kommunizieren sollten. Der Nachrichtenaustausch per Mail sollte schon jetzt nur noch im Ausnahmefall erfolgen. Doch Softwarehäuser und Energieversorger weisen seit Monaten darauf hin, dass die Umstellung bislang nur einem Bruchteil der Marktteilnehmer gelungen ist (wir berichteten).

Verband erkennt Dilemma an

Die von den Betroffenen angeführten Ursachen sind vielfältig: Zu wenig Zeit hätten die Softwareanbieter für die Entwicklung der Lösungen gehabt; zu umständlich sei die Beantragung der notwendigen Zertifikate, für die es darüber hinaus zu wenig Anbieter gebe; zu viel hätten die EVU in den turbulenten vergangenen zwei Jahren zu stemmen gehabt, und das alles bei zu wenig Kapazitäten und Fachkräftemangel.
 
 
Auch der BDEW geht von unterschiedlichen Ursachen aus: „So kann die Wahl des Dienstleisters ausschlaggebend sein, das Thema im Unternehmen unterschätzt oder absichtlich zurückgestellt worden sein aufgrund der Vielzahl der derzeit anstehenden Aufgaben oder schlicht Personal zur Umsetzung fehlen.“

Wer die Umstellung jetzt erst veranlasse, werde nach Kenntnis des BDEW die Umstellung nicht mehr rechtzeitig vollziehen können. Bereits die rechtzeitige Bereitstellung der AS4-Zertifikate sei bei jetziger Antragstellung laut Marktteilnehmern nicht mehr gewährleistet, konstatiert der Verband, der auch keinen rechten Ausweg aus dem Dilemma erkennen kann: Man sehe keine andere umsetzbare technische Möglichkeit, als die Kommunikation auf dem bestehenden Weg weiterzuführen, wenn die Marktkommunikation über den 1. April hinaus aufrechterhalten werden soll.

„Die Verlängerung der in der Festlegung genannten Frist wäre allerdings kritisch zu sehen. Zum einen wird eine sehr große Zahl an Marktteilnehmern die Umsetzung fristgemäß oder fast fristgemäß erreichen und zum anderen lässt sich kein konkreter Verlängerungszeitraum benennen. Wenn die Kommunikation im bestehenden Verfahren fortgeführt wird, sollte dies so kurz wie möglich, aber solange wie nötig erfolgen, um den größten Teil des Marktes abzudecken und große Friktionen zu verhindern.

Aus der Bundesnetzagentur hieß es dazu auf Anfrage, dass eine Verlängerung der Übergangsphase nicht vorgesehen sei.

Vertragskündigung „nicht angemessen“

Wovor der Branchenverband deutlich warnt: die Kündigung der Lieferantenrahmen- oder Netznutzungsverträge für Vertragspartner des Netzbetreibers, die die Frist nicht einhalten können. Auf diese Möglichkeit hatte die Bundesnetzagentur in einer Mitteilung vom 15. Januar hingewiesen. Eine solche Maßnahme, heißt es aus dem Verband, “sieht der BDEW jedenfalls unmittelbar zum 1. April und auch für eine gewisse Zeit darüber hinaus als nicht angemessen an”.

Auch die Bundesnetzagentur weist darauf hin, dass der Ausübung eines außerordentlichen Kündigungsrechts stets auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren sei und ergänzt, „dass der Netznutzungsvertrag in Bezug auf das Abrechnungsverhältnis mit der Möglichkeit der Anforderung der Vorauszahlung grundsätzlich auch ein milderes Mittel zur Verfügung stellt, welches zur Befriedigung finanzieller Ansprüche eines Netzbetreibers aus der Netznutzung beitragen kann“.

Grundsätzlich liege die Ausübung vertraglicher Gestaltungsrechte in der eigenen Verantwortlichkeit derjenigen Vertragspartei, die sich auf dieses Recht beruft, so die Regulierungsbehörde. Dies schließe auch die eigenverantwortliche rechtliche Bewertung hinsichtlich des Vorliegens der notwendigen Voraussetzungen mit ein. „Es obliegt der Vertragspartei, die sich auf ein Gestaltungsrecht beruft, sich bei Zweifeln im Vorfeld rechtlich beraten zu lassen“.

Der BDEW empfiehlt Marktteilnehmern jetzt einerseits die “schnellstmögliche Umstellung” auf den Übertragungsweg AS4. Und andererseits die Kontaktaufnahme zu den Marktpartnern, um den Stand der Umsetzung abzufragen und gegebenenfalls auf die Verpflichtung zur Umsetzung hinzuweisen.

Montag, 18.03.2024, 15:47 Uhr
Katia Meyer-Tien

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