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Energie & Management > Bilanz - BASF kriegt Braut Wintershall nicht so recht aufgehübscht
Quelle: Fotolia / Eisenhans
Bilanz

BASF kriegt Braut Wintershall nicht so recht aufgehübscht

2023, im letzten Jahr vor der angekündigten Zerschlagung, hat die Wintershall Dea unterm Strich nur eine rote Null geschrieben. Derweil will die DUH an ihr ein Exempel statuieren.
Der vor der Auflösung stehende deutsche Öl- und Gasproduzent Wintershall Dea hat 2023 unterm Strich eine rote Null eingefahren. Nach dem am 22. Februar veröffentlichten Geschäftsbericht 2023 zu schätzen, ist die Braut Wintershall Dea gegenüber Dezember 2023, als der Verkauf an den schottischen Öl- und Gasproduzenten Harbour Energy bekannt gegeben wurde, nicht hübscher geworden.

Harbour Energy, eine börsennotierte Abspaltung von Shell, will wie berichtet bis Ende 2024 alle außerrussischen Upstream-Anlagen und -Rechte von Wintershall Dea kaufen und komplett in ihr Unternehmen integrieren. Nicht betroffen von der Transaktion ist auch das Gemeinschaftschaftsunternehmen mit der Bundesgesellschaft Sefe (früher Gazprom Germania), Wiga, eine Holding für die Netzbetreiber Gascade, Opal und NEL. Die Trennung der Einheiten laufe derzeit, hieß es.

Auch die deutschen Sitze in Kassel und Hamburg mit derzeit 850 Beschäftigten werden aufgegeben. Nur „einigen“ Mitarbeitern wurde eine Übernahme in Aussicht gestellt. Weltweit beschäftigt Wintershall Dea 2.500 Menschen.

Die Verkäufer der Wintershall Dea sind die BASF mit etwa 70 Prozent Anteil und die Beteiligungsgesellschaft Letter One unter Führung des russisch-israelischen Oligarchen Michail Fridman. Da der Kaufpreis von gut 11 Milliarden Dollar (gut 10 Milliarden Euro) zum Teil mit Harbour-Aktien bezahlt wird, werden BASF und Letter One daran rechnerisch eine Mehrheit erlangen.

​Die Zahlen im Einzelnen

Unterm Strich des Geschäftsjahres 2023 steht beim Wintershall-Dea-Konzern eine rote Null von -51 Millionen Euro. Das ist besser als die -4,85 Milliarden Euro vom Vorjahr, als das Unternehmen seine russischen Beteiligungen nach unten wertberichtigen musste, bevor es Anfang 2023 entschied, sich aus Russland zurückzuziehen.

Das „bereinigte“ Nettoergebnis lag in beiden Jahren im Plus, es sank um 45 Prozent auf +513 Millionen Euro. Und vor Abzug von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Explorationskosten fiel das Ergebnis um 29 Prozent auf +4,2 Milliarden Euro (Ebitdax). Firmenchef Mario Mehren nannte 2023 ein „schwieriges Jahr“, in dem das Team „trotz schwächerem Rohstoff-Preisumfeld solide Finanzergebnisse und eine stabile operative Leistung“ erbracht habe.

Die Braut Wintershall bleibt gleichwohl für den Bräutigam Harbour Energy hübsch genug, denn die Kaufbedingungen sind festgezurrt und müssen nur noch durch die Aktionärsversammlungen im ersten Halbjahr 2024.

Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte dieser Redaktion, dass die außenwirtschaftliche Prüfung des Deals immer noch läuft.

Stattliches CCS-Portfolio

Vom Öl-, Gas- und CCS-Anlagevermögen her schluckt die kleinere Harbour die größere Wintershall Dea: Sie erhöht mit ihr das tägliche Produktionsvolumen von 190.000 auf 513.000 Barrel Öläquivalent. Harbour diversifiziert mit der Transaktion sein Upstream-Geschäft. Wintershall hat Felder, Entwicklungsflächen und Aufsuchungsrechte in acht Ländern in Europa, Nordafrika und Lateinamerika, mit Schwerpunkt auf Norwegen.

Auch bei den Feldern und Rechten für die Abscheidung und Tiefenverpressung von CO2 (CCS) frisst die Schlange das Wildschwein: Harbour steigert hier die Anzahl der Assets in der Nordsee um sechs auf acht. 2023 wurde im dänischen „Greensand“ das erste CO2 eingespeichert. Am Jahresende hielt Wintershall Dea Speicherlizenzen für 17,4 Millionen Tonnen CO2. Das entspricht 12 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes in der deutschen Industrie.

DUH stellt Strafanzeige wegen CO2

Harbours Geschäft wird mit Wintershall auch CO2-ärmer. Wintershall ist gaslastiger und braucht nur 12 Kilo CO2-Äquivalent, um 1 Barrel Öläquivalent zu fördern (2022).

Die Darstellung der Klimazahlen im Geschäftsbericht bringt die Deutsche Umwelthilfe auf. Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner hält sie für „bewusst“ falsch und verschleiernd. Die DUH zeigte Wintershall-Verantwortliche daher bei der Staatsanwaltschaft Kassel an.

Gegenüber unserer Redaktion erläuterte Müller-Kraenner, es fehlten im Geschäftsbericht Angaben zu den CO2-Emissionen, die entstehen, wenn das geförderte Öl und Gas verfeuert wird. Diese Scope-3-Emissionen von Wintershall beziffert die DUH auf 80 Millionen Tonnen pro Jahr und damit auf einen Anteil von 97 Prozent der Unternehmensemissionen. Wintershall müsse zwar keine Klimazahlen in Geschäftsberichten nennen, aber wenn, dann müssten sie stimmen.

Sinngemäß möchte die DUH mit der Strafanzeige ein Exempel an „umwelt- und klimaschädlichen Geschäftsmodellen“ statuieren, um Unternehmen wie Wintershall zum Umsteuern auf die Pariser Klimaziele zu zwingen.

Die Staatsanwaltschaft Kassel bestätigte dieser Redaktion die Strafanzeige „eines Umweltvereins gegen Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft aus dem Bereich der Energieproduktion und -förderung mit Betriebsstätte in Kassel wegen des Vorwurfs, Verhältnisse in einem Geschäftsbericht unrichtig dargelegt zu haben“.

Donnerstag, 22.02.2024, 17:32 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Bilanz - BASF kriegt Braut Wintershall nicht so recht aufgehübscht
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Bilanz
BASF kriegt Braut Wintershall nicht so recht aufgehübscht
2023, im letzten Jahr vor der angekündigten Zerschlagung, hat die Wintershall Dea unterm Strich nur eine rote Null geschrieben. Derweil will die DUH an ihr ein Exempel statuieren.
Der vor der Auflösung stehende deutsche Öl- und Gasproduzent Wintershall Dea hat 2023 unterm Strich eine rote Null eingefahren. Nach dem am 22. Februar veröffentlichten Geschäftsbericht 2023 zu schätzen, ist die Braut Wintershall Dea gegenüber Dezember 2023, als der Verkauf an den schottischen Öl- und Gasproduzenten Harbour Energy bekannt gegeben wurde, nicht hübscher geworden.

Harbour Energy, eine börsennotierte Abspaltung von Shell, will wie berichtet bis Ende 2024 alle außerrussischen Upstream-Anlagen und -Rechte von Wintershall Dea kaufen und komplett in ihr Unternehmen integrieren. Nicht betroffen von der Transaktion ist auch das Gemeinschaftschaftsunternehmen mit der Bundesgesellschaft Sefe (früher Gazprom Germania), Wiga, eine Holding für die Netzbetreiber Gascade, Opal und NEL. Die Trennung der Einheiten laufe derzeit, hieß es.

Auch die deutschen Sitze in Kassel und Hamburg mit derzeit 850 Beschäftigten werden aufgegeben. Nur „einigen“ Mitarbeitern wurde eine Übernahme in Aussicht gestellt. Weltweit beschäftigt Wintershall Dea 2.500 Menschen.

Die Verkäufer der Wintershall Dea sind die BASF mit etwa 70 Prozent Anteil und die Beteiligungsgesellschaft Letter One unter Führung des russisch-israelischen Oligarchen Michail Fridman. Da der Kaufpreis von gut 11 Milliarden Dollar (gut 10 Milliarden Euro) zum Teil mit Harbour-Aktien bezahlt wird, werden BASF und Letter One daran rechnerisch eine Mehrheit erlangen.

​Die Zahlen im Einzelnen

Unterm Strich des Geschäftsjahres 2023 steht beim Wintershall-Dea-Konzern eine rote Null von -51 Millionen Euro. Das ist besser als die -4,85 Milliarden Euro vom Vorjahr, als das Unternehmen seine russischen Beteiligungen nach unten wertberichtigen musste, bevor es Anfang 2023 entschied, sich aus Russland zurückzuziehen.

Das „bereinigte“ Nettoergebnis lag in beiden Jahren im Plus, es sank um 45 Prozent auf +513 Millionen Euro. Und vor Abzug von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Explorationskosten fiel das Ergebnis um 29 Prozent auf +4,2 Milliarden Euro (Ebitdax). Firmenchef Mario Mehren nannte 2023 ein „schwieriges Jahr“, in dem das Team „trotz schwächerem Rohstoff-Preisumfeld solide Finanzergebnisse und eine stabile operative Leistung“ erbracht habe.

Die Braut Wintershall bleibt gleichwohl für den Bräutigam Harbour Energy hübsch genug, denn die Kaufbedingungen sind festgezurrt und müssen nur noch durch die Aktionärsversammlungen im ersten Halbjahr 2024.

Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte dieser Redaktion, dass die außenwirtschaftliche Prüfung des Deals immer noch läuft.

Stattliches CCS-Portfolio

Vom Öl-, Gas- und CCS-Anlagevermögen her schluckt die kleinere Harbour die größere Wintershall Dea: Sie erhöht mit ihr das tägliche Produktionsvolumen von 190.000 auf 513.000 Barrel Öläquivalent. Harbour diversifiziert mit der Transaktion sein Upstream-Geschäft. Wintershall hat Felder, Entwicklungsflächen und Aufsuchungsrechte in acht Ländern in Europa, Nordafrika und Lateinamerika, mit Schwerpunkt auf Norwegen.

Auch bei den Feldern und Rechten für die Abscheidung und Tiefenverpressung von CO2 (CCS) frisst die Schlange das Wildschwein: Harbour steigert hier die Anzahl der Assets in der Nordsee um sechs auf acht. 2023 wurde im dänischen „Greensand“ das erste CO2 eingespeichert. Am Jahresende hielt Wintershall Dea Speicherlizenzen für 17,4 Millionen Tonnen CO2. Das entspricht 12 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes in der deutschen Industrie.

DUH stellt Strafanzeige wegen CO2

Harbours Geschäft wird mit Wintershall auch CO2-ärmer. Wintershall ist gaslastiger und braucht nur 12 Kilo CO2-Äquivalent, um 1 Barrel Öläquivalent zu fördern (2022).

Die Darstellung der Klimazahlen im Geschäftsbericht bringt die Deutsche Umwelthilfe auf. Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner hält sie für „bewusst“ falsch und verschleiernd. Die DUH zeigte Wintershall-Verantwortliche daher bei der Staatsanwaltschaft Kassel an.

Gegenüber unserer Redaktion erläuterte Müller-Kraenner, es fehlten im Geschäftsbericht Angaben zu den CO2-Emissionen, die entstehen, wenn das geförderte Öl und Gas verfeuert wird. Diese Scope-3-Emissionen von Wintershall beziffert die DUH auf 80 Millionen Tonnen pro Jahr und damit auf einen Anteil von 97 Prozent der Unternehmensemissionen. Wintershall müsse zwar keine Klimazahlen in Geschäftsberichten nennen, aber wenn, dann müssten sie stimmen.

Sinngemäß möchte die DUH mit der Strafanzeige ein Exempel an „umwelt- und klimaschädlichen Geschäftsmodellen“ statuieren, um Unternehmen wie Wintershall zum Umsteuern auf die Pariser Klimaziele zu zwingen.

Die Staatsanwaltschaft Kassel bestätigte dieser Redaktion die Strafanzeige „eines Umweltvereins gegen Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft aus dem Bereich der Energieproduktion und -förderung mit Betriebsstätte in Kassel wegen des Vorwurfs, Verhältnisse in einem Geschäftsbericht unrichtig dargelegt zu haben“.

Donnerstag, 22.02.2024, 17:32 Uhr
Georg Eble

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