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Energie & Management > Österreich -  Ausbau bei Kleinwasserkraft mit Hindernissen
Quelle: Pixabay / Fabien
Österreich

Ausbau bei Kleinwasserkraft mit Hindernissen

Verständnislose Behörden und unsinnige ökologische Vorgaben bremsen die Entwicklung, warnt Christoph Wagner, der Präsident des in Wien tagenden Vereins Kleinwasserkraft Österreich.
Sie erzeugen rund 6,5 Milliarden kWh pro Jahr und decken damit den Strombedarf von etwa 50 Prozent der vier Millionen österreichischen Haushalte: die 4.000 Kleinwasserkraftwerke mit einer Maximalleistung von je 10 MW. Ihre Betreiber sind im 1978 gegründeten Verein Kleinwasserkraft Österreich organisiert, der derzeit in Wien seine Jahrestagung abhält.

An Herausforderungen ist kein Mangel, warnt Präsident Christoph Wagner im Gespräch mit der Redaktion. Ihm zufolge wäre es möglich, mittel- bis längerfristig weitere etwa 3 Milliarden kWh Ökostrom pro Jahr mit den Kleinanlagen zu produzieren. Das wäre mehr als die Hälfte jener etwa 5 Milliarden kWh, die die Wasserkraft gemäß dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) insgesamt zum geplanten Ökostromausbau bis 2030 beitragen soll. Als Bremse für Kleinwasserkraft-Projekte erweist sich laut Wagner indessen die Genehmigungspraxis der Landes- sowie der Bezirksverwaltungsbehörden: „Manche haben nicht verstanden, dass es eine Notverordnung der EU gibt und dass es die neue EU-Ökostromrichtlinie gibt. Wir schlagen uns mit dem Naturschutz herum, wie vor fünf oder zehn Jahren.“

Die Naturschutzabteilung des Amtes der steirischen Landesregierung beispielsweise argumentiere, für sie gelte die EU-Notverordnung nicht, die zulässt, Vorhaben im überwiegenden öffentlichen Interesse bevorzugt umzusetzen. Das sei selbstverständlich falsch. Dagegen rechtlich vorzugehen, ist laut Wagner aber kaum eine Option: „Wer tut sich das an? Das kostet viel Geld, dauert lange, und wie die Gerichte letztlich entscheiden, kann niemand sagen.“

Hinzu kommt laut Wagner, dass die flexiblen Marktprämien sowie die Investitionszuschüsse auf Basis des EAG derzeit zu niedrig sind, um die 20 bis 30 Jahre in Anspruch nehmende Refinanzierung von Projekten sicherzustellen. Davor hätten Kleinwasserkraft Österreich und andere Ökostrom-Verbände bereits vor mehr als einem Jahr gewarnt und ihre Bedenken mit Gutachten belegt.
 
 
Eine entsprechende Reaktion des Energieministerium (BMK) fehle indessen bis heute – trotz der inflationsbedingt massiv gestiegenen Projektkosten: „Und dann wundern sich die Energiesprecher mancher Parteien, dass die Förderungen nicht abgerufen werden.“
 
Christoph Wagners Wunsch: „In Energiefragen weniger parteipolitisch und stärkersachorientiert agieren“
Quelle: Kleinwasserkraft Österreich

Fischwanderhilfen als „Riesenthema“

Ein weiteres Problem sind neue, kaum sinnvolle Anforderungen im Bereich der Gewässerökologie. Das betrifft laut Wagner nicht zuletzt Leitfäden des Bundes für den Bau von Fischwanderhilfen, mit denen (Klein-)Wasserkraftwerke für die Flossentiere passierbar gemacht werden sollen. Ihnen zufolge sind die Bauwerke neuerdings so auszulegen, dass der bis zu 80 Zentimeter lange Huchen sie problemlos durchschwimmen kann. Ist dies laut den Leitfäden nicht der Fall, muss die betreffende Wanderhilfe entfernt und, entsprechend angepasst, neu errichtet werden. Andernfalls droht Kraftwerksbetreibern beispielsweise in Wagners Heimatbundesland Oberösterreich der Entzug der wasserrechtlichen Bewilligung ihrer oft seit Jahrzehnten bestehenden Anlagen.

Laut Wagner ist der Standpunkt der Behörden umso weniger nachvollziehbar, als Kleinwasserkraft Österreich in Versuchen die „Huchentauglichkeit“ bestehender Fischwanderhilfen nachgewiesen habe: „Wir haben Huchen unter sachkundiger Begleitung von Ökologen in etwa 50 Becken mit Fischwanderhilfen eingesetzt, die den Leitfäden zufolge für sie nicht geeignet sein sollten. Die Tiere haben die Wanderhilfen in zweieinhalb Minuten durchschwommen.“ Angesichts dessen bleibe den betroffenen Kraftwerksbetreibern keine andere Möglichkeit, als sich rechtlich zur Wehr zu setzen. Es könne nicht sein, dass aufrechte Betriebsbewilligungen durch Leitfäden, die keine Rechtsnormen darstellten und den Behörden breiten Auslegungsspielraum böten, faktisch ausgehebelt würden. Laut Wagner wird das noch „ein Riesenthema.“

EABG im Kommen

Immerhin gibt es auch positive Entwicklungen. Wagner zufolge berichtete eine Vertreterin der mit den Grünen auf Bundesebene regierenden konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) bei der Jahrestagung von Kleinwasserkraft Österreich, das im Januar angekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) werde bald vorgelegt und noch heuer beschlossen. Und anders als in inoffiziellen Erstentwürfen werde auch die (Klein-)Wasserkraft mit erleichterten Genehmigungen begünstigt. Grundsätzlich wäre laut Wagner wünschenswert, „in Energiefragen weniger parteipolitisch und stärker sachorientiert“ zu agieren. Das EABG etwa habe sich aufgrund von Kompetenzgerangel in der Regierung über Monate verzögert.

Unterdessen hat Wagners letzte Periode als Präsident von Kleinwasserkraft Österreich begonnen. Er führt den Verein seit 2007 und wurde bei der heurigen Jahrestagung für zwei Jahre in seiner Funktion bestätigt. Danach sei aber definitiv Schluss: „Es wird Zeit, diese Aufgabe in jüngere Hände zu legen.“

Freitag, 13.10.2023, 09:28 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich -  Ausbau bei Kleinwasserkraft mit Hindernissen
Quelle: Pixabay / Fabien
Österreich
Ausbau bei Kleinwasserkraft mit Hindernissen
Verständnislose Behörden und unsinnige ökologische Vorgaben bremsen die Entwicklung, warnt Christoph Wagner, der Präsident des in Wien tagenden Vereins Kleinwasserkraft Österreich.
Sie erzeugen rund 6,5 Milliarden kWh pro Jahr und decken damit den Strombedarf von etwa 50 Prozent der vier Millionen österreichischen Haushalte: die 4.000 Kleinwasserkraftwerke mit einer Maximalleistung von je 10 MW. Ihre Betreiber sind im 1978 gegründeten Verein Kleinwasserkraft Österreich organisiert, der derzeit in Wien seine Jahrestagung abhält.

An Herausforderungen ist kein Mangel, warnt Präsident Christoph Wagner im Gespräch mit der Redaktion. Ihm zufolge wäre es möglich, mittel- bis längerfristig weitere etwa 3 Milliarden kWh Ökostrom pro Jahr mit den Kleinanlagen zu produzieren. Das wäre mehr als die Hälfte jener etwa 5 Milliarden kWh, die die Wasserkraft gemäß dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) insgesamt zum geplanten Ökostromausbau bis 2030 beitragen soll. Als Bremse für Kleinwasserkraft-Projekte erweist sich laut Wagner indessen die Genehmigungspraxis der Landes- sowie der Bezirksverwaltungsbehörden: „Manche haben nicht verstanden, dass es eine Notverordnung der EU gibt und dass es die neue EU-Ökostromrichtlinie gibt. Wir schlagen uns mit dem Naturschutz herum, wie vor fünf oder zehn Jahren.“

Die Naturschutzabteilung des Amtes der steirischen Landesregierung beispielsweise argumentiere, für sie gelte die EU-Notverordnung nicht, die zulässt, Vorhaben im überwiegenden öffentlichen Interesse bevorzugt umzusetzen. Das sei selbstverständlich falsch. Dagegen rechtlich vorzugehen, ist laut Wagner aber kaum eine Option: „Wer tut sich das an? Das kostet viel Geld, dauert lange, und wie die Gerichte letztlich entscheiden, kann niemand sagen.“

Hinzu kommt laut Wagner, dass die flexiblen Marktprämien sowie die Investitionszuschüsse auf Basis des EAG derzeit zu niedrig sind, um die 20 bis 30 Jahre in Anspruch nehmende Refinanzierung von Projekten sicherzustellen. Davor hätten Kleinwasserkraft Österreich und andere Ökostrom-Verbände bereits vor mehr als einem Jahr gewarnt und ihre Bedenken mit Gutachten belegt.
 
 
Eine entsprechende Reaktion des Energieministerium (BMK) fehle indessen bis heute – trotz der inflationsbedingt massiv gestiegenen Projektkosten: „Und dann wundern sich die Energiesprecher mancher Parteien, dass die Förderungen nicht abgerufen werden.“
 
Christoph Wagners Wunsch: „In Energiefragen weniger parteipolitisch und stärkersachorientiert agieren“
Quelle: Kleinwasserkraft Österreich

Fischwanderhilfen als „Riesenthema“

Ein weiteres Problem sind neue, kaum sinnvolle Anforderungen im Bereich der Gewässerökologie. Das betrifft laut Wagner nicht zuletzt Leitfäden des Bundes für den Bau von Fischwanderhilfen, mit denen (Klein-)Wasserkraftwerke für die Flossentiere passierbar gemacht werden sollen. Ihnen zufolge sind die Bauwerke neuerdings so auszulegen, dass der bis zu 80 Zentimeter lange Huchen sie problemlos durchschwimmen kann. Ist dies laut den Leitfäden nicht der Fall, muss die betreffende Wanderhilfe entfernt und, entsprechend angepasst, neu errichtet werden. Andernfalls droht Kraftwerksbetreibern beispielsweise in Wagners Heimatbundesland Oberösterreich der Entzug der wasserrechtlichen Bewilligung ihrer oft seit Jahrzehnten bestehenden Anlagen.

Laut Wagner ist der Standpunkt der Behörden umso weniger nachvollziehbar, als Kleinwasserkraft Österreich in Versuchen die „Huchentauglichkeit“ bestehender Fischwanderhilfen nachgewiesen habe: „Wir haben Huchen unter sachkundiger Begleitung von Ökologen in etwa 50 Becken mit Fischwanderhilfen eingesetzt, die den Leitfäden zufolge für sie nicht geeignet sein sollten. Die Tiere haben die Wanderhilfen in zweieinhalb Minuten durchschwommen.“ Angesichts dessen bleibe den betroffenen Kraftwerksbetreibern keine andere Möglichkeit, als sich rechtlich zur Wehr zu setzen. Es könne nicht sein, dass aufrechte Betriebsbewilligungen durch Leitfäden, die keine Rechtsnormen darstellten und den Behörden breiten Auslegungsspielraum böten, faktisch ausgehebelt würden. Laut Wagner wird das noch „ein Riesenthema.“

EABG im Kommen

Immerhin gibt es auch positive Entwicklungen. Wagner zufolge berichtete eine Vertreterin der mit den Grünen auf Bundesebene regierenden konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) bei der Jahrestagung von Kleinwasserkraft Österreich, das im Januar angekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) werde bald vorgelegt und noch heuer beschlossen. Und anders als in inoffiziellen Erstentwürfen werde auch die (Klein-)Wasserkraft mit erleichterten Genehmigungen begünstigt. Grundsätzlich wäre laut Wagner wünschenswert, „in Energiefragen weniger parteipolitisch und stärker sachorientiert“ zu agieren. Das EABG etwa habe sich aufgrund von Kompetenzgerangel in der Regierung über Monate verzögert.

Unterdessen hat Wagners letzte Periode als Präsident von Kleinwasserkraft Österreich begonnen. Er führt den Verein seit 2007 und wurde bei der heurigen Jahrestagung für zwei Jahre in seiner Funktion bestätigt. Danach sei aber definitiv Schluss: „Es wird Zeit, diese Aufgabe in jüngere Hände zu legen.“

Freitag, 13.10.2023, 09:28 Uhr
Klaus Fischer

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