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Energie & Management > Windkraft Onshore - Auch in der Schweiz: Achtjährige Windkraft-Blockade
Hier in der Schweiz soll der Parc eolien de la Montagne de Tramelan entstehen. Quelle: BKW
Windkraft Onshore

Auch in der Schweiz: Achtjährige Windkraft-Blockade

Die langen Genehmigungsdauern von Windparks sind keine Besonderheit Deutschlands: In der Schweiz erhält ein solches Projekt nach acht Jahren Gezerre jetzt Baurecht.
„Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt“, heißt es in Schillers Wilhelm Tell. Dies trifft im Heimatland des legendären Nationalhelden der Schweiz auch auf Windpark-Planungen zu, wie zwei aktuelle Fälle zeigen. Das Schweizer Bundesgericht wies im Oktober und November Beschwerden gegen zwei Windpark-Projekte in der französischsprachigen Schweiz ab, teilte es am 17. November mit.

Das kleinere der beiden Vorhaben, der „Parc eolien de la Montagne de Tramelan“ im Schweizer Jura, hatte seit 2015 in Bürgerentscheiden die Rückendeckung der Standortgemeinden Tramelan und Saicourt im Kanton Bern. An zwei Standorten plant der Berner Energiekonzern BKW insgesamt sieben Windräder, die zusammen 14 MW leisten und rein bilanziell den Strombedarf der beiden Gemeinden von bis zu 28 Millionen kWh pro Jahr decken. Dem lokalen Plebiszit folgte die Baubewilligung durch das Berner Amt für Gemeinden und Raumordnung.

Die im Norden angrenzende Gemeinde Genevez im Kanton Jura und einige Einzelpersonen wehrten sich dagegen aber in zwei Gerichtsinstanzen. 2021 bekamen sie vor dem Berner Verwaltungsgericht Unrecht; dagegen zogen sie vors Bundesgericht − ebenfalls weitgehend erfolglos.

Die Kläger hatten ein ganzes Arsenal von Argumenten gegen den Windpark vorgebracht: Sie griffen den kantonalen Richtplan (Raumordnungsplan) an, sie zweifelten die erforderliche nationale stromwirtschaftliche Bedeutung des Windparks an, sie bemängelten die Auflagen hinsichtlich Lärm-, Landschafts- und Fledermaus-Schutzes. Auch das nächtliche Blinken der künftigen Windräder für die Luftfahrt stört die Kläger.

In einem „Nebenpunkt“, so das Bundesgericht, bekamen sie Recht: Bei der Einrichtung zweier vorübergehender Erddepots muss BKW den Amphibienschutz stärker berücksichtigen. Die BKW kündigte insoweit eine Umplanung und eine Forcierung des Projekts an. CEO Robert Itschner: „Projekte wie dieses auf dem Montagne de Tramelan sind wichtige Stützen der künftigen Energieversorgung der Schweiz, da sie im Winter besonders viel Strom produzieren.“

Kernkraftausstieg bis 2034 geplant

Die Schweiz steigt bis 2034 aus der Kernkraft aus, indem die fünf Meiler bis zum Erreichen ihrer jeweiligen sicherheitstechnischen Lebensdauer weiterarbeiten und nicht mehr ersetzt werden. Aus wirtschaftlichen Gründen hatte die BKW 2019 den ersten Meiler, Mühleberg, abgeschaltet. Die Eidgenossenschaft versucht, die Erzeugungsposition mit erneuerbaren Quellen zu ersetzen.

In dem größeren der beiden positiv beschiedenen Vorhaben planen die Gemeinden Val-de-Travers, La Cote-aux-Fees und Les Verrieres im Kanton Neuenburg (Neuchatel) unter der Projektentwicklung durch die Westschweizer Groupe E Greenwatt und den Genfer Energieversorger SIG Services industriels de Geneve den Windpark Parc eolien de la Montagne-de-Buttes. Er soll an einem Standort zwischen dem Neuenburger See und der französischen Grenze 19 Windenergieanlagen umfassen, die jährlich 95 Millionen kWh Ökostrom erzeugen.

Auch hier klagten sich die Gegner des Projekts, die aus „zahlreichen“ Privatpersonen und der Naturschutzorganisation Helvetia Nostra bestehen, durch alle Instanzen. Erst wies die Kantonsregierung 2019 ihre Einsprachen ab, dann das 202 Kantonsgericht deren Beschwerden gegen die Baubewilligung durch das kantonale Amt für Raumentwicklung und Umwelt. Und jetzt eben das Bundesgericht.

Einen Teilerfolg erzielten die Kläger nur insoweit, als der Lebensraum des Steinadlers vertieft untersucht und die Maßnahmen gegen den Schattenwurf der Rotorblätter konkretisiert werden müssen.

Alle anderen Einwände wies das Lausanner Obergericht im überwiegenden öffentlichen Interesse an der Stromerzeugung und angesichts der verordneten Schutzmaßnahmen ab. Diese betrafen den kantonalen Richtplan, die raumordnerische Koordination zwischen den Kantonen, die nationale Bedeutung, Lärm-, Gewässer-, Landschafts- und Vogelschutz sowie den Schattenwurf der Rotorblätter (Aktenzeichen: 1 C 48/2021 und 1 C 329/2021 vom 19. Oktober und 1 C 335/2021).

Dienstag, 21.11.2023, 12:41 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Onshore - Auch in der Schweiz: Achtjährige Windkraft-Blockade
Hier in der Schweiz soll der Parc eolien de la Montagne de Tramelan entstehen. Quelle: BKW
Windkraft Onshore
Auch in der Schweiz: Achtjährige Windkraft-Blockade
Die langen Genehmigungsdauern von Windparks sind keine Besonderheit Deutschlands: In der Schweiz erhält ein solches Projekt nach acht Jahren Gezerre jetzt Baurecht.
„Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt“, heißt es in Schillers Wilhelm Tell. Dies trifft im Heimatland des legendären Nationalhelden der Schweiz auch auf Windpark-Planungen zu, wie zwei aktuelle Fälle zeigen. Das Schweizer Bundesgericht wies im Oktober und November Beschwerden gegen zwei Windpark-Projekte in der französischsprachigen Schweiz ab, teilte es am 17. November mit.

Das kleinere der beiden Vorhaben, der „Parc eolien de la Montagne de Tramelan“ im Schweizer Jura, hatte seit 2015 in Bürgerentscheiden die Rückendeckung der Standortgemeinden Tramelan und Saicourt im Kanton Bern. An zwei Standorten plant der Berner Energiekonzern BKW insgesamt sieben Windräder, die zusammen 14 MW leisten und rein bilanziell den Strombedarf der beiden Gemeinden von bis zu 28 Millionen kWh pro Jahr decken. Dem lokalen Plebiszit folgte die Baubewilligung durch das Berner Amt für Gemeinden und Raumordnung.

Die im Norden angrenzende Gemeinde Genevez im Kanton Jura und einige Einzelpersonen wehrten sich dagegen aber in zwei Gerichtsinstanzen. 2021 bekamen sie vor dem Berner Verwaltungsgericht Unrecht; dagegen zogen sie vors Bundesgericht − ebenfalls weitgehend erfolglos.

Die Kläger hatten ein ganzes Arsenal von Argumenten gegen den Windpark vorgebracht: Sie griffen den kantonalen Richtplan (Raumordnungsplan) an, sie zweifelten die erforderliche nationale stromwirtschaftliche Bedeutung des Windparks an, sie bemängelten die Auflagen hinsichtlich Lärm-, Landschafts- und Fledermaus-Schutzes. Auch das nächtliche Blinken der künftigen Windräder für die Luftfahrt stört die Kläger.

In einem „Nebenpunkt“, so das Bundesgericht, bekamen sie Recht: Bei der Einrichtung zweier vorübergehender Erddepots muss BKW den Amphibienschutz stärker berücksichtigen. Die BKW kündigte insoweit eine Umplanung und eine Forcierung des Projekts an. CEO Robert Itschner: „Projekte wie dieses auf dem Montagne de Tramelan sind wichtige Stützen der künftigen Energieversorgung der Schweiz, da sie im Winter besonders viel Strom produzieren.“

Kernkraftausstieg bis 2034 geplant

Die Schweiz steigt bis 2034 aus der Kernkraft aus, indem die fünf Meiler bis zum Erreichen ihrer jeweiligen sicherheitstechnischen Lebensdauer weiterarbeiten und nicht mehr ersetzt werden. Aus wirtschaftlichen Gründen hatte die BKW 2019 den ersten Meiler, Mühleberg, abgeschaltet. Die Eidgenossenschaft versucht, die Erzeugungsposition mit erneuerbaren Quellen zu ersetzen.

In dem größeren der beiden positiv beschiedenen Vorhaben planen die Gemeinden Val-de-Travers, La Cote-aux-Fees und Les Verrieres im Kanton Neuenburg (Neuchatel) unter der Projektentwicklung durch die Westschweizer Groupe E Greenwatt und den Genfer Energieversorger SIG Services industriels de Geneve den Windpark Parc eolien de la Montagne-de-Buttes. Er soll an einem Standort zwischen dem Neuenburger See und der französischen Grenze 19 Windenergieanlagen umfassen, die jährlich 95 Millionen kWh Ökostrom erzeugen.

Auch hier klagten sich die Gegner des Projekts, die aus „zahlreichen“ Privatpersonen und der Naturschutzorganisation Helvetia Nostra bestehen, durch alle Instanzen. Erst wies die Kantonsregierung 2019 ihre Einsprachen ab, dann das 202 Kantonsgericht deren Beschwerden gegen die Baubewilligung durch das kantonale Amt für Raumentwicklung und Umwelt. Und jetzt eben das Bundesgericht.

Einen Teilerfolg erzielten die Kläger nur insoweit, als der Lebensraum des Steinadlers vertieft untersucht und die Maßnahmen gegen den Schattenwurf der Rotorblätter konkretisiert werden müssen.

Alle anderen Einwände wies das Lausanner Obergericht im überwiegenden öffentlichen Interesse an der Stromerzeugung und angesichts der verordneten Schutzmaßnahmen ab. Diese betrafen den kantonalen Richtplan, die raumordnerische Koordination zwischen den Kantonen, die nationale Bedeutung, Lärm-, Gewässer-, Landschafts- und Vogelschutz sowie den Schattenwurf der Rotorblätter (Aktenzeichen: 1 C 48/2021 und 1 C 329/2021 vom 19. Oktober und 1 C 335/2021).

Dienstag, 21.11.2023, 12:41 Uhr
Georg Eble

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