Stellten das Netzboosterprojekt vor (von links): Markus Litpher, Kathrin Schaarschmidt und Thomas Dederichs. Quelle: E&M / Katia Meyer-Tien
Als einziger Übetragungsnetzbetreiber setzt Amprion beim Bau seines Netzboosters auf eine dezentrale Lösung. Einsatzbereit könnte der schon 2025 sein.
„Das ist eines der wichtigsten Projekte der Energiewende“ spart Thomas Dederichs, Leiter Strategie und Energiepolitik beim Übertragungsnetzbetreiber Amprion, nicht mit Enthusiasmus. Der Anlass: Im oberbayerischen Augsburg stellte Amprion am 17.
Oktober gemeinsam mit den Kooperationspartnern Eon und LEW Verteilnetz (LVN) die Pläne für den Bau des Dezentralen Netzboosters Bayerisch-Schwaben vor.
Netzbooster sind Batteriespeicheranlagen, die an strategisch günstigen Netzknoten platziert werden und nicht am Stromhandel teilnehmen, sondern ausschließlich als Sicherheitspuffer zum Einsatz kommen sollen. Da die Anlagen innerhalb kürzester Zeit große Mengen Strom aufnehmen und abgeben können, soll ihre Einbindung ins Netz Redispatch-Maßnahmen verhindern helfen und zu einer höheren Auslastung der Netze beitragen, da das Freihalten von Netzkapazitäten entfallen kann.
Als einziger Übertragungsnetzbetreiber setzt Amprion dabei auf eine dezentrale Lösung. So sollen an fünf bis zehn Standorten im Netz der LVN Speicher entstehen, die mit einer Gesamtkapazität von 250
MW zunächst der Stabilisierung des Übertragungsnetzes dienen. Die Projektpartner erhoffen sich von der Dezentralität mehrere Vorteile:
- bessere Akzeptanz in den Kommunen und damit leichtere Genehmigungsverfahren für die kleineren Projekte
- technische Resilienz: So könnten im Fall des Ausfalls eines Speichers immer noch die anderen einspringen
- verringerte Anschlusskosten
- reduzierte Eingriffe in die Landschaft
Darüber hinaus soll innerhalb des Pilotprojektes auch die Möglichkeit untersucht werden, wie sich die Speicher des Boosters auch im Verteilnetz einsetzen lassen. Anders als im Übertragungsnetz, wo die Betreiber nach Angaben von Dederichs allein 2022 Redispatchkosten in Höhe von etwa 4
Milliarden Euro zu verbuchen hatten, seien im LVN-Netz bislang keine Redispatch-Maßnahmen notwendig gewesen. Dies betonte LEW-Vorstand Markus Litpher. Künftig könnte der Booster aber auch auf Verteilnetzebene dazu beitragen, Transformatoren und Leitungen höher auszulasten.
Ausschreibung geplantAns Netz gehen könnte der Booster, dessen Gesamtkosten Amprion mit einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag beziffert, bereits Im Jahr 2025, so die Planung der Projektpartner. Derzeit prüfe man geeignete Umspannwerksstandorte in Schwaben und Oberbayern, an denen die Speicher direkt an das Hochspannungsnetz angeschlossen werden können. Etwa 70 Standorte kämen dafür infrage, so Kathrin Schaarschmidt von der LVN. An
zehn Standorten laufe derzeit bereits die elektrische Anschlussprüfung. Verlaufe diese erfolgreich, wolle man sich mit den betroffenen Kommunen in Verbindung setzen.
Ende 2023 will Amprion dann in eine Ausschreibungsrunde starten, da nach Vorstellung des Übertragungsnetzbetreibers externe Dienstleiter Bau und Betrieb der Speicher übernehmen sollen. Das Interesse sei durchaus da, so Dederichs. Im Jahr 2024 könnten dann die Bauarbeiten starten.
Auch die Übertragungsnetzbetreiber Transnet BW und Tennet planen die Netzstabilisierung durch Netzbooster (wir berichteten). Geplant ist eine 250-MW-Anlage im baden-württembergischen Kupferzell (Transnet BW, Baustart ist bereits erfolgt), ein Booster im bayerischen Ottenhofen (100
MW, Tennet) und eine 100-MW-Anlage in schleswig-holsteinischen Audorf, ebenfalls von Tennet.
Dienstag, 17.10.2023, 18:26 Uhr
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