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Energie & Management > Windkraft - Altes Nadelöhr für neue Gigawatt
Quelle: E&M / Georg Eble
Windkraft

Altes Nadelöhr für neue Gigawatt

In Deutschland ist im Jahr 2023 so viel Windenergiekapazität installiert worden wie noch nie. Doch rekordverdächtig ist auch die Zeit, die verstreicht, bis Anlagen ans Netz gehen.
Deutschland ist beim Ausbau der Windkraft in Europa spitze – in zweifacher Hinsicht, wie der Branchenverband Windeurope feststellt. Kein anderes Land hat im vergangenen Jahr so viel Windenergiekapazität installiert. Auf 3.900 MW beziffert die Organisation die hierzulande hinzugekommene Leistung in ihrer jetzt vorgelegten Jahresstatistik.

Doch auch darin überflügelt Deutschland alle anderen: Die Genehmigungspraxis für den Transport von Windkraftanlagen beschreibt der Verband als „totales Durcheinander“. Nirgendwo sonst sei das „so schlimm“, sagte Windeurope-Chef Giles Dickson der Deutschen Presseagentur.

Nach der neuen Erhebung sind in der gesamten Europäischen Union im Jahr 2023 insgesamt 16.200 MW an Leistung installiert worden. Rund 79 Prozent davon machten Onshore-Windkraftanlagen aus. Für Deutschland ergab sich ein Onshore-Anteil von 92 Prozent. Das Repowering alter Anlagen trug europaweit mit 1.000 MW zum Zubau bei.

Nach Deutschland auf dem zweiten Platz landeten mit knapp 2.500 MW die Niederlande – dort vor allem mithilfe der Offshore-Technik. Schweden, in der Statistik an der dritten Stelle abgebildet, baute 2023 rund 1.900 MW an Land zu.

EU-Ziel „in Reichweite“

Das Ziel der EU, was den Ausbau bis zum Jahr 2030 anbelangt, verortet Windeurope „in Reichweite“. Die EU-Kommission sieht bis dahin einen Anteil der erneubaren Energien von mindestens 42,5 Prozent vor. 2023 lag der Anteil des mit Windenergie erzeugten Stroms am EU-Stromverbrauch bei 19 Prozent. Die gesamte Stromerzeugung aus Windkraft in der EU gibt der Verband mit 466 Milliarden kWh an. Im Vorjahr waren es 412 Milliarden kWh.

Die Windkraftleistung, die zur Erreichung der europäischen Klima- und Energieziele erforderlich ist, beziffert der Branchenververband auf 425.000 MW. Für den Zeitraum von 2024 bis 2030 rechnet er mit einem Zubau von durchschnittlich 29.000 MW pro Jahr. Demnach stünden in sechs Jahren 393.000 MW zur Verfügung. Zwei Drittel des Zubaus bis 2030, so eine weitere Schätzung, erfolge an Land. Gegen Ende des Jahrzehnts aber werde sich der Offshore-Zubau stark beschleunigen.

Das deutliche Plus im Jahr 2023 ist nach Wahrnehmung von Windeurope auf vereinfachte Genehmigungsverfahren und die Investitionsstimmung zurückzuführen. Anstoß gegeben habe nicht das zuletzt von der EU auf den Weg gebrachte Windenergiepaket. In Deutschland seien 70 Prozent mehr neue Anlagenleistung genehmigt worden als 2022 – summa summarum 7.500 MW.

Als Beispiel für die gestiegenen Investitionen verweist der Verband auf die Offshore-Entwicklung. Allein die Neuinvestitionen in die Offshore-Windenergie hätten 30 Milliarden Euro betragen – nach 400 Millionen, die die Branche 2022 in die Hand genommen hatte.

Zwei Jahre Wartezeit

Gleichsam als Nadelöhr für Strom aus Windkraftanlagen nimmt Windeurope die Netzinfrastruktur wahr. Der Ausbau der Stromnetze an Land und auf See gehe nicht schnell genug voran, so Giles Dickson. Er hält das für die größte Bedrohung für den beschleunigten Ausbau der Windenergie.

Warteschlangen beim Netzanschluss verzögern den rechtzeitigen Anschluss neuer Windparks, „Hunderte von Gigawatt“ warteten derzeit auf den Netzanschluss, schreibt Windeurope. In Deutschland seien bis zu 6.000 MW Offshore-Windkapazität von Verzögerungen betroffen. Diese Windparks würden bis zu zwei Jahre verspätet ans Netz gehen.

Wie wenig Windkraft- und Netzausbau im Einklang stehen, zeigen auch die jüngsten Zahlen der Bundesnetzagentur zum Redispatch. Die Abregelung von Windstrom aus Offshore-Parks war demnach im dritten Quartal um mehr als 200 Prozent gestiegen. Rund 1,06 Milliarden kWh waren in der Zeit von Juli bis September abgeregelt worden. Bei Onshore-Anlagen waren es 0,65 Milliarden kWh – 92 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Insgesamt betrug die „Reduzierung der Wirkleistungseinspeisung“ im dritten Quartal 2023 3,74 Milliarden kWh.

Windeurope stellt die neue Jahresstatistik und Prognose frei zugänglich im Internet bereit.
 

Mittwoch, 28.02.2024, 16:46 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Windkraft - Altes Nadelöhr für neue Gigawatt
Quelle: E&M / Georg Eble
Windkraft
Altes Nadelöhr für neue Gigawatt
In Deutschland ist im Jahr 2023 so viel Windenergiekapazität installiert worden wie noch nie. Doch rekordverdächtig ist auch die Zeit, die verstreicht, bis Anlagen ans Netz gehen.
Deutschland ist beim Ausbau der Windkraft in Europa spitze – in zweifacher Hinsicht, wie der Branchenverband Windeurope feststellt. Kein anderes Land hat im vergangenen Jahr so viel Windenergiekapazität installiert. Auf 3.900 MW beziffert die Organisation die hierzulande hinzugekommene Leistung in ihrer jetzt vorgelegten Jahresstatistik.

Doch auch darin überflügelt Deutschland alle anderen: Die Genehmigungspraxis für den Transport von Windkraftanlagen beschreibt der Verband als „totales Durcheinander“. Nirgendwo sonst sei das „so schlimm“, sagte Windeurope-Chef Giles Dickson der Deutschen Presseagentur.

Nach der neuen Erhebung sind in der gesamten Europäischen Union im Jahr 2023 insgesamt 16.200 MW an Leistung installiert worden. Rund 79 Prozent davon machten Onshore-Windkraftanlagen aus. Für Deutschland ergab sich ein Onshore-Anteil von 92 Prozent. Das Repowering alter Anlagen trug europaweit mit 1.000 MW zum Zubau bei.

Nach Deutschland auf dem zweiten Platz landeten mit knapp 2.500 MW die Niederlande – dort vor allem mithilfe der Offshore-Technik. Schweden, in der Statistik an der dritten Stelle abgebildet, baute 2023 rund 1.900 MW an Land zu.

EU-Ziel „in Reichweite“

Das Ziel der EU, was den Ausbau bis zum Jahr 2030 anbelangt, verortet Windeurope „in Reichweite“. Die EU-Kommission sieht bis dahin einen Anteil der erneubaren Energien von mindestens 42,5 Prozent vor. 2023 lag der Anteil des mit Windenergie erzeugten Stroms am EU-Stromverbrauch bei 19 Prozent. Die gesamte Stromerzeugung aus Windkraft in der EU gibt der Verband mit 466 Milliarden kWh an. Im Vorjahr waren es 412 Milliarden kWh.

Die Windkraftleistung, die zur Erreichung der europäischen Klima- und Energieziele erforderlich ist, beziffert der Branchenververband auf 425.000 MW. Für den Zeitraum von 2024 bis 2030 rechnet er mit einem Zubau von durchschnittlich 29.000 MW pro Jahr. Demnach stünden in sechs Jahren 393.000 MW zur Verfügung. Zwei Drittel des Zubaus bis 2030, so eine weitere Schätzung, erfolge an Land. Gegen Ende des Jahrzehnts aber werde sich der Offshore-Zubau stark beschleunigen.

Das deutliche Plus im Jahr 2023 ist nach Wahrnehmung von Windeurope auf vereinfachte Genehmigungsverfahren und die Investitionsstimmung zurückzuführen. Anstoß gegeben habe nicht das zuletzt von der EU auf den Weg gebrachte Windenergiepaket. In Deutschland seien 70 Prozent mehr neue Anlagenleistung genehmigt worden als 2022 – summa summarum 7.500 MW.

Als Beispiel für die gestiegenen Investitionen verweist der Verband auf die Offshore-Entwicklung. Allein die Neuinvestitionen in die Offshore-Windenergie hätten 30 Milliarden Euro betragen – nach 400 Millionen, die die Branche 2022 in die Hand genommen hatte.

Zwei Jahre Wartezeit

Gleichsam als Nadelöhr für Strom aus Windkraftanlagen nimmt Windeurope die Netzinfrastruktur wahr. Der Ausbau der Stromnetze an Land und auf See gehe nicht schnell genug voran, so Giles Dickson. Er hält das für die größte Bedrohung für den beschleunigten Ausbau der Windenergie.

Warteschlangen beim Netzanschluss verzögern den rechtzeitigen Anschluss neuer Windparks, „Hunderte von Gigawatt“ warteten derzeit auf den Netzanschluss, schreibt Windeurope. In Deutschland seien bis zu 6.000 MW Offshore-Windkapazität von Verzögerungen betroffen. Diese Windparks würden bis zu zwei Jahre verspätet ans Netz gehen.

Wie wenig Windkraft- und Netzausbau im Einklang stehen, zeigen auch die jüngsten Zahlen der Bundesnetzagentur zum Redispatch. Die Abregelung von Windstrom aus Offshore-Parks war demnach im dritten Quartal um mehr als 200 Prozent gestiegen. Rund 1,06 Milliarden kWh waren in der Zeit von Juli bis September abgeregelt worden. Bei Onshore-Anlagen waren es 0,65 Milliarden kWh – 92 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Insgesamt betrug die „Reduzierung der Wirkleistungseinspeisung“ im dritten Quartal 2023 3,74 Milliarden kWh.

Windeurope stellt die neue Jahresstatistik und Prognose frei zugänglich im Internet bereit.
 

Mittwoch, 28.02.2024, 16:46 Uhr
Manfred Fischer

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