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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Als selbständiges Modell anerkannt
Armin Geiß (hier ein Bild von 2007); Quelle: E&M / Helmut Sendner
E&M Vor 20 Jahren

Als selbständiges Modell anerkannt

Die Thüga war vor 20 Jahren ein Teil des Eon-Konzerns. Als Erfolgsmodell galt ihr Beteiligungsportfolio schon damals.
Vor 20 Jahren ging die Angst in München um, die Thüga könnte im Zuge der Ruhrgas-Übernahme durch Eon zerschlagen werden. Doch sie blieb erhalten und mit ihren damals rund 120 Beteiligungen „eine Perle im Eon-Konzern“, wie der frühere E&M-Chefredakteur Helmut Sendner schrieb. Im Herbst 2003 sprach er mit Thüga-Chef Armin Geiß über die Zukunft der Gesellschaft, die schließlich 2009 von einem Konsortium kommunaler Versorger gekauft wurde. Zu dieser Zeit war Geiss bereits rund drei Jahre Mitglied im Vorstand der Eon Ruhrgas. Auf dem Thüga-Chefsessel hatte mittlerweile Ewald Woste Platz genommen.


E&M: Herr Geiß, zum einen geht es um Unternehmenskontinuität, zum anderen um das Motto, „wer in die Fußstapfen eines anderen tritt, hinterlässt keine eigenen Spuren“: Wie wollen Sie es denn halten?
Geiß: Zunächst einmal haben wir eine besondere Konstellation dadurch, dass sich im Moment der gesamte Eon-Konzern neu aufstellt, was sich auch auf meine Arbeit auswirkt. Davon unabhängig ist das Thüga-Modell eine Erfolgsstory, an der man nicht mit Gewalt etwas ändern muss. Womit ich mehr als mein Vorgänger beschäftigt sein werde, das ist die Konsolidierung unserer explosionsartigen Entwicklungen. Wir müssen unsere Beratungsinstrumente anpassen, das Veranstaltungswesen optimieren und die Vernetzung intensivieren. Das Modell und die Kultur werden weiter bestehen.
E&M: Wobei sich die Frage stellt, ob Sie innerhalb der neuen Struktur ein Modell verteidigen müssen oder offensiv weiterentwickeln können …
Geiß: Das Modell ist sowohl von Eon als auch von Ruhrgas und Eon Energie als ein selbstständiges Modell anerkannt. Dabei kann es an der einen oder anderen Stelle mal Diskussionen geben, aber akzeptiert ist der Kern unserer Tätigkeit, dass wir Consulting für kommunale Unternehmen machen und dabei einen großen Freiheitsgrad benötigen. Und das wird respektiert. Wir haben bis heute nicht erlebt, dass an irgendeiner Stelle versucht worden wäre, uns zu irgendetwas zu nötigen.
E&M: Wenn man die Berichterstattung in den Medien verfolgt, dann hat man den Eindruck, dass Thüga im Konzern eine begehrte Beteiligung ist.
Geiß: Das weiß ich nicht. Aber sicher: Die Thüga ist ein tolles Unternehmen, vom Geschäftskonzept, von den Menschen, von der Kultur und auch vom Ertrag: Jeder Unternehmensleiter hat so ein Unternehmen gern in seinem Konzern.
 
„Gas ist das Schwerpunktgeschäft der Thüga“
 
E&M: Was versprechen Sie sich von der Nähe zur Ruhrgas?
Geiß: Zunächst einmal ist es ein Wechsel des Anteilseigners, und ich erwarte nicht, dass die Ruhrgas operativ in unser Geschäft eingreift. Gas ist das Schwerpunktgeschäft der Thüga, somit ist eine gewisse Nähe zum Vorlieferanten nicht unnatürlich. Für mich stellt sich nur die Frage, ob wir durch diesen Anteilseigner gute Ergebnisse für unsere Beteiligungsunternehmen erzielen können.
E&M: Müssen Sie bei Ruhrgas kaufen?
Geiß: Nein, natürlich nicht. Ich kann nur wiederholen, was mein Vorgänger Dr. Nagel gesagt hat: Wir dürfen niemals ein Vertriebsarm von irgendjemandem sein.
E&M: Wie es mit der Expansion der Thüga weitergeht, das wird maßgeblich vom Bundeskartellamt bestimmt: Haben Sie bei dessen Präsidenten Ulf Böge mal sondiert, was Sie noch machen dürfen?
Geiß: Herr Böge hat mehrfach gesagt, dass sowohl bei RWE als auch bei Eon im Augenblick die Bremse drin ist. Damit sind wir gegenüber früher eingeschränkt, aber ich sehe das nicht dramatisch, denn erstens wird sich das auf der Zeitachse möglicherweise wieder entspannen und zweitens müssen wir gar nicht ständig quantitativ wachsen, sondern jetzt mal unsere Hausaufgaben machen.
E&M: Mit Konsolidieren kann man gut beschäftigt sein, aber mit Unternehmensdynamik hat es doch wenig zu tun …
„Wir dürfen niemals ein Vertriebsarm von irgendjemandem sein“
 
Geiß: Ich sagte es: Das ist auch eine Zeitfrage. Außerdem sind wir durchaus dynamisch mit unserem Italien-Engagement und ich bin mir zudem sicher, dass in der neuen Struktur des Eon-Konzerns ausreichend Aufgaben auf uns zukommen. In einem halben Jahr können wir wahrscheinlich deutlicher darüber sprechen. Darüber hinaus ist für uns Unternehmensdynamik nicht nur eine Frage, wie viele Beteiligungen sind dazu gekommen, sondern auch die Frage, wie gut läuft die Zusammenarbeit in der Thüga-Gruppe.
E&M: Durch das Unbundling und den Emissionshandel kommen auf Ihre Beteiligungsunternehmen neue Aufgaben zu. Was machen Sie da im Augenblick? Verteilen Sie Tranquilizer oder geben Sie schon jetzt konkrete Hilfestellung?
Geiß: Wir sind beim Unbundling sehr aktiv und organisieren den Meinungsaustausch dahingehend, welche Optionen es für jedes einzelne Unternehmen gibt. Das ist eine typische Aufgabe von uns, Modelle und Möglichkeiten gemeinsam mit unseren Partnern zu entwickeln und mit den Unternehmen die Umsetzung zu planen. Das Gleiche gilt für den Emissionshandel, wo wir aktiv auf unsere Beteiligungsunternehmen zugehen.
E&M: Ihr Vorgänger Nagel sagte uns gegenüber, dass er von Kommunalpolitik wahrscheinlich mehr Ahnung habe als von der Energiewirtschaft. Ändert sich da etwas, wird Ihr energiewirtschaftliches Know-how in Zukunft mehr gefragt sein?
 
„Die Kommunalpolitik war immer eine zentrale Aufgabe“
 
Geiß: Die Kommunalpolitik war immer eine zentrale Aufgabe und für mich als Vorstandsvorsitzenden verschiebt sich auch die Aufgabenstellung in diese Richtung. Ansonsten spielt für uns alle in der Energiebranche die energiepolitische Diskussion eine sehr große Rolle.
E&M: In dieser energiepolitischen Diskussion spielt die Dezentralisierung der Erzeugung eine wachsende Rolle: Das könnte die Thüga beflügeln und gleichzeitig Konflikte im Konzern erzeugen …
Geiß: Abgesehen davon, dass unsere Beteiligungsunternehmen wenig in der Stromerzeugung aktiv sind, sehe ich die Polarisierung zentral und dezentral im Augenblick nicht, ich sehe darin eher eine Ergänzung. Wenn es zum Beispiel durch die Brennstoffzelle einen klaren Trend zur dezentralen Erzeugung gibt, dann werden wir dies mittragen, wenn es wirtschaftlich vertretbar ist. Dies gilt auch für erneuerbare Energien.
E&M: Ihrem Vorgänger war es wohl ein Herzenswunsch, dass die kommunalen Versorgungsunternehmen Aktionäre der Thüga werden sollten. Ist das auch ein Anliegen für Sie?
Geiß: Herr Nagel hat auch immer gesagt, dass man sich seine Mutter nicht aussuchen kann. Von daher ist es wichtig, dass man von der Mutter verstanden wird, und das ist bei uns der Fall.

Freitag, 25.08.2023, 15:06 Uhr
Helmut Sendner
Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Als selbständiges Modell anerkannt
Armin Geiß (hier ein Bild von 2007); Quelle: E&M / Helmut Sendner
E&M Vor 20 Jahren
Als selbständiges Modell anerkannt
Die Thüga war vor 20 Jahren ein Teil des Eon-Konzerns. Als Erfolgsmodell galt ihr Beteiligungsportfolio schon damals.
Vor 20 Jahren ging die Angst in München um, die Thüga könnte im Zuge der Ruhrgas-Übernahme durch Eon zerschlagen werden. Doch sie blieb erhalten und mit ihren damals rund 120 Beteiligungen „eine Perle im Eon-Konzern“, wie der frühere E&M-Chefredakteur Helmut Sendner schrieb. Im Herbst 2003 sprach er mit Thüga-Chef Armin Geiß über die Zukunft der Gesellschaft, die schließlich 2009 von einem Konsortium kommunaler Versorger gekauft wurde. Zu dieser Zeit war Geiss bereits rund drei Jahre Mitglied im Vorstand der Eon Ruhrgas. Auf dem Thüga-Chefsessel hatte mittlerweile Ewald Woste Platz genommen.


E&M: Herr Geiß, zum einen geht es um Unternehmenskontinuität, zum anderen um das Motto, „wer in die Fußstapfen eines anderen tritt, hinterlässt keine eigenen Spuren“: Wie wollen Sie es denn halten?
Geiß: Zunächst einmal haben wir eine besondere Konstellation dadurch, dass sich im Moment der gesamte Eon-Konzern neu aufstellt, was sich auch auf meine Arbeit auswirkt. Davon unabhängig ist das Thüga-Modell eine Erfolgsstory, an der man nicht mit Gewalt etwas ändern muss. Womit ich mehr als mein Vorgänger beschäftigt sein werde, das ist die Konsolidierung unserer explosionsartigen Entwicklungen. Wir müssen unsere Beratungsinstrumente anpassen, das Veranstaltungswesen optimieren und die Vernetzung intensivieren. Das Modell und die Kultur werden weiter bestehen.
E&M: Wobei sich die Frage stellt, ob Sie innerhalb der neuen Struktur ein Modell verteidigen müssen oder offensiv weiterentwickeln können …
Geiß: Das Modell ist sowohl von Eon als auch von Ruhrgas und Eon Energie als ein selbstständiges Modell anerkannt. Dabei kann es an der einen oder anderen Stelle mal Diskussionen geben, aber akzeptiert ist der Kern unserer Tätigkeit, dass wir Consulting für kommunale Unternehmen machen und dabei einen großen Freiheitsgrad benötigen. Und das wird respektiert. Wir haben bis heute nicht erlebt, dass an irgendeiner Stelle versucht worden wäre, uns zu irgendetwas zu nötigen.
E&M: Wenn man die Berichterstattung in den Medien verfolgt, dann hat man den Eindruck, dass Thüga im Konzern eine begehrte Beteiligung ist.
Geiß: Das weiß ich nicht. Aber sicher: Die Thüga ist ein tolles Unternehmen, vom Geschäftskonzept, von den Menschen, von der Kultur und auch vom Ertrag: Jeder Unternehmensleiter hat so ein Unternehmen gern in seinem Konzern.
 
„Gas ist das Schwerpunktgeschäft der Thüga“
 
E&M: Was versprechen Sie sich von der Nähe zur Ruhrgas?
Geiß: Zunächst einmal ist es ein Wechsel des Anteilseigners, und ich erwarte nicht, dass die Ruhrgas operativ in unser Geschäft eingreift. Gas ist das Schwerpunktgeschäft der Thüga, somit ist eine gewisse Nähe zum Vorlieferanten nicht unnatürlich. Für mich stellt sich nur die Frage, ob wir durch diesen Anteilseigner gute Ergebnisse für unsere Beteiligungsunternehmen erzielen können.
E&M: Müssen Sie bei Ruhrgas kaufen?
Geiß: Nein, natürlich nicht. Ich kann nur wiederholen, was mein Vorgänger Dr. Nagel gesagt hat: Wir dürfen niemals ein Vertriebsarm von irgendjemandem sein.
E&M: Wie es mit der Expansion der Thüga weitergeht, das wird maßgeblich vom Bundeskartellamt bestimmt: Haben Sie bei dessen Präsidenten Ulf Böge mal sondiert, was Sie noch machen dürfen?
Geiß: Herr Böge hat mehrfach gesagt, dass sowohl bei RWE als auch bei Eon im Augenblick die Bremse drin ist. Damit sind wir gegenüber früher eingeschränkt, aber ich sehe das nicht dramatisch, denn erstens wird sich das auf der Zeitachse möglicherweise wieder entspannen und zweitens müssen wir gar nicht ständig quantitativ wachsen, sondern jetzt mal unsere Hausaufgaben machen.
E&M: Mit Konsolidieren kann man gut beschäftigt sein, aber mit Unternehmensdynamik hat es doch wenig zu tun …
„Wir dürfen niemals ein Vertriebsarm von irgendjemandem sein“
 
Geiß: Ich sagte es: Das ist auch eine Zeitfrage. Außerdem sind wir durchaus dynamisch mit unserem Italien-Engagement und ich bin mir zudem sicher, dass in der neuen Struktur des Eon-Konzerns ausreichend Aufgaben auf uns zukommen. In einem halben Jahr können wir wahrscheinlich deutlicher darüber sprechen. Darüber hinaus ist für uns Unternehmensdynamik nicht nur eine Frage, wie viele Beteiligungen sind dazu gekommen, sondern auch die Frage, wie gut läuft die Zusammenarbeit in der Thüga-Gruppe.
E&M: Durch das Unbundling und den Emissionshandel kommen auf Ihre Beteiligungsunternehmen neue Aufgaben zu. Was machen Sie da im Augenblick? Verteilen Sie Tranquilizer oder geben Sie schon jetzt konkrete Hilfestellung?
Geiß: Wir sind beim Unbundling sehr aktiv und organisieren den Meinungsaustausch dahingehend, welche Optionen es für jedes einzelne Unternehmen gibt. Das ist eine typische Aufgabe von uns, Modelle und Möglichkeiten gemeinsam mit unseren Partnern zu entwickeln und mit den Unternehmen die Umsetzung zu planen. Das Gleiche gilt für den Emissionshandel, wo wir aktiv auf unsere Beteiligungsunternehmen zugehen.
E&M: Ihr Vorgänger Nagel sagte uns gegenüber, dass er von Kommunalpolitik wahrscheinlich mehr Ahnung habe als von der Energiewirtschaft. Ändert sich da etwas, wird Ihr energiewirtschaftliches Know-how in Zukunft mehr gefragt sein?
 
„Die Kommunalpolitik war immer eine zentrale Aufgabe“
 
Geiß: Die Kommunalpolitik war immer eine zentrale Aufgabe und für mich als Vorstandsvorsitzenden verschiebt sich auch die Aufgabenstellung in diese Richtung. Ansonsten spielt für uns alle in der Energiebranche die energiepolitische Diskussion eine sehr große Rolle.
E&M: In dieser energiepolitischen Diskussion spielt die Dezentralisierung der Erzeugung eine wachsende Rolle: Das könnte die Thüga beflügeln und gleichzeitig Konflikte im Konzern erzeugen …
Geiß: Abgesehen davon, dass unsere Beteiligungsunternehmen wenig in der Stromerzeugung aktiv sind, sehe ich die Polarisierung zentral und dezentral im Augenblick nicht, ich sehe darin eher eine Ergänzung. Wenn es zum Beispiel durch die Brennstoffzelle einen klaren Trend zur dezentralen Erzeugung gibt, dann werden wir dies mittragen, wenn es wirtschaftlich vertretbar ist. Dies gilt auch für erneuerbare Energien.
E&M: Ihrem Vorgänger war es wohl ein Herzenswunsch, dass die kommunalen Versorgungsunternehmen Aktionäre der Thüga werden sollten. Ist das auch ein Anliegen für Sie?
Geiß: Herr Nagel hat auch immer gesagt, dass man sich seine Mutter nicht aussuchen kann. Von daher ist es wichtig, dass man von der Mutter verstanden wird, und das ist bei uns der Fall.

Freitag, 25.08.2023, 15:06 Uhr
Helmut Sendner

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