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Energie & Management > Wärme - Aachen packt die Wärmewende an
Bild: Pixabay, Wikilmages
Wärme

Aachen packt die Wärmewende an

Die Kraft-Wärme-Kopplung, aber vor allem die Tiefengeothermie soll die Fernwärmeversorgung in der Kaiserstadt im Dreiländereck bis 2030 kohlefrei, grün und klimaneutral machen.
Aachens Stadtwerke haben beim Bau eigener Solar- und Windparks in den zurückliegenden Jahren durchaus einige Akzente gesetzt: „Wir können mittlerweile mehr als die Hälfte unseres Stromabsatzes mit unserem eigenen Portfolio decken“, betont Vorstandschef Christian Becker seit geraumer Zeit immer wieder. Bis 2030 soll die Komplettumstellung geschafft sein. Neben dem Ökostromausbau ist bei der Stawag zunehmend auch die grüne Wärmewende in den Fokus gerückt. Das Ziel ist ambitioniert: Ebenfalls bis 2030 soll die Fernwärmeversorgung „kohlefrei und klimaneutral“ werden: „Ich kenne keinen anderen Kommunalversorger mit einem solch klaren Zeitplan“, betonte Becker bei einer virtuellen Medienrunde am 4. März.

Er räumte aber offen ein, dass dieses Großprojekt, das das Stadtwerk im Dreiländereck im Verlaufe der nächsten Jahre „mindestens einen kleineren dreistelligen Millionenbetrag“ kosten wird, „auch aus der Not geboren ist“. Spätestens Ende dieses Jahrzehnts wird der RWE-Konzern die letzten beiden Blöcke seines Braunkohlekraftwerkes Weisweiler abschalten, aus dem die Stawag derzeit zu rund 90 % ihre Wärme bezieht.

"Bunter Strauß" aus unterschiedlichen Wärmequellen

Als Alternative zur Kohlewärme favorisiert Aachen nicht eine einzelne Technologie, sondern einen „bunten Strauß von unterschiedlichen Quellen“. Neben dem Ausbau (von vorerst noch) mit Erdgas gefeuerten KWK-Anlagen setzt die Stawag bei ihrer Wärmestrategie auf Säulen wie Tiefengeothermie, Müll- und Klärschlammverbrennung sowie Solarthermie. „Wir haben damit viel Arbeit vor uns“, erklärte Frank Brösse, Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Stawag Energie GmbH, der mit seinem Team all die Projekte umsetzen muss.

Mit zu den ersten Projekten aus diesem Strauß gehört ein größeres Blockheizkraftwerk in der Nähe des Autobahnkreuzes Aachen an der Bundesautobahn A4. Für dieses insgesamt 30 Mio. Euro teure Vorhaben liefert Innio Jenbacher insgesamt fünf Motoren, die auf eine elektrische und thermische Gesamtleistung von jeweils 22 MW kommen. Kleines technisches Detail am Rande: Jeder der fünf großen Motoren wird in einer eigenen Modulkammer installiert. So bleibt nicht nur der Schalldruckpegel im Rahmen, für Wartungsarbeiten muss künftig auch immer nur der betroffene Motor abgeschaltet werden.

Nach vorliegenden Berechnungen soll die Wärmeproduktion bei jährlich 77 Mio. kWh liegen. Dank eines Gesamtwirkungsgrades von über 90 % punktet die Stawag auch beim Klimaschutz mit der neuen BHWK-Anlage am Schwarzen Weg im Nordosten Aachens: „Wir können so die stadtweiten CO2-Emissionen jährlich um 23.000 Tonnen senken“, sagte Brösse. Nach seinen Worten haben die ersten Arbeiten für das Vorzeigeprojekt bereits im vergangenen November begonnen und liegen „derzeit voll im Zeitplan“.

Für September kommenden Jahres, rechtzeitig vor Beginn der dann anstehenden Heizperiode, plant die Stawag den Start des BHKW-Projekts. Für das kleine Heizkraftwerk baut der Versorger eigens eine 50 Meter lange und 25 Meter breite Halle. Neben den bestehenden BHKWK-Kraftwerken, dem laufenden Projekt „Schwarzer Weg“ und weiteren geplanten Vorhaben soll die Kraft-Wärme-Kopplung bis Ende dieser Dekade rund ein Drittel der benötigten Wärmemenge liefern. Das neue Kraftpaket wird „Wasserstoff-ready“ ausgerüstet sein. „Wir wollen auf grünen Wasserstoff technisch vorbereitet sein, damit wir diesen Energieträger beimischen können, sobald es größere Mengen am Markt gibt“, so Brösse.

Bis 2024 sollen Daten über das geothermische Potenzial vorliegen

Den Löwenanteil für Aachens Wärme soll künftig die hydrothermale Geothermie liefern, die heißes Wasser aus dem Untergrund als Wärmequelle nutzt. Wie viel geothermische Energie in der Aachener Region steckt, will die Stawag gemeinsam mit der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG klären. Beide Partner haben jüngst eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. In einem größeren Aufsuchungsfeld im Aachener Nordosten soll demnächst die wissenschaftliche Voruntersuchung beginnen. Erstes Ziel sei es, die vielversprechendsten Gesteinsschichten in einer Tiefe von drei bis fünf Kilometern zu kartieren und Hinweise auf darin fließendes Thermalwasser mit Temperaturen von über 100 Grad Celsius zu finden. „Wir hoffen, 2024 Daten über das Potenzial vorliegen zu haben, die uns zeigen, ob sich danach eine Erschließung lohnt“, skizzierte Stawag-Vorstand Becker den weiteren Zeitplan.

Sollten die geothermischen kWh nicht ausreichen, hätte das Unternehmen Wärmelieferungen aus der Müllverbrennungsanlage in Weisweiler und eine dort ebenfalls angedachte Klärschlammverbrennungsanlage als Wärmelieferanten in der Hinterhand. Außerdem will der Kommunalversorger verstärkt die Solarthermie für die Wärmeversorgung nutzen. „Größere Fläche für solche Projekte sind in Aachen allerdings knapp“, betonte Becker. Für das Gelingen der Wärmewende zeigte er sich optimistisch: „Wir haben genügend Pfeile im Köcher, damit wir unsere Ziele bis 2030 schaffen.“

Donnerstag, 4.03.2021, 15:45 Uhr
Ralf Köpke
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Bild: Pixabay, Wikilmages
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Aachen packt die Wärmewende an
Die Kraft-Wärme-Kopplung, aber vor allem die Tiefengeothermie soll die Fernwärmeversorgung in der Kaiserstadt im Dreiländereck bis 2030 kohlefrei, grün und klimaneutral machen.
Aachens Stadtwerke haben beim Bau eigener Solar- und Windparks in den zurückliegenden Jahren durchaus einige Akzente gesetzt: „Wir können mittlerweile mehr als die Hälfte unseres Stromabsatzes mit unserem eigenen Portfolio decken“, betont Vorstandschef Christian Becker seit geraumer Zeit immer wieder. Bis 2030 soll die Komplettumstellung geschafft sein. Neben dem Ökostromausbau ist bei der Stawag zunehmend auch die grüne Wärmewende in den Fokus gerückt. Das Ziel ist ambitioniert: Ebenfalls bis 2030 soll die Fernwärmeversorgung „kohlefrei und klimaneutral“ werden: „Ich kenne keinen anderen Kommunalversorger mit einem solch klaren Zeitplan“, betonte Becker bei einer virtuellen Medienrunde am 4. März.

Er räumte aber offen ein, dass dieses Großprojekt, das das Stadtwerk im Dreiländereck im Verlaufe der nächsten Jahre „mindestens einen kleineren dreistelligen Millionenbetrag“ kosten wird, „auch aus der Not geboren ist“. Spätestens Ende dieses Jahrzehnts wird der RWE-Konzern die letzten beiden Blöcke seines Braunkohlekraftwerkes Weisweiler abschalten, aus dem die Stawag derzeit zu rund 90 % ihre Wärme bezieht.

"Bunter Strauß" aus unterschiedlichen Wärmequellen

Als Alternative zur Kohlewärme favorisiert Aachen nicht eine einzelne Technologie, sondern einen „bunten Strauß von unterschiedlichen Quellen“. Neben dem Ausbau (von vorerst noch) mit Erdgas gefeuerten KWK-Anlagen setzt die Stawag bei ihrer Wärmestrategie auf Säulen wie Tiefengeothermie, Müll- und Klärschlammverbrennung sowie Solarthermie. „Wir haben damit viel Arbeit vor uns“, erklärte Frank Brösse, Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Stawag Energie GmbH, der mit seinem Team all die Projekte umsetzen muss.

Mit zu den ersten Projekten aus diesem Strauß gehört ein größeres Blockheizkraftwerk in der Nähe des Autobahnkreuzes Aachen an der Bundesautobahn A4. Für dieses insgesamt 30 Mio. Euro teure Vorhaben liefert Innio Jenbacher insgesamt fünf Motoren, die auf eine elektrische und thermische Gesamtleistung von jeweils 22 MW kommen. Kleines technisches Detail am Rande: Jeder der fünf großen Motoren wird in einer eigenen Modulkammer installiert. So bleibt nicht nur der Schalldruckpegel im Rahmen, für Wartungsarbeiten muss künftig auch immer nur der betroffene Motor abgeschaltet werden.

Nach vorliegenden Berechnungen soll die Wärmeproduktion bei jährlich 77 Mio. kWh liegen. Dank eines Gesamtwirkungsgrades von über 90 % punktet die Stawag auch beim Klimaschutz mit der neuen BHWK-Anlage am Schwarzen Weg im Nordosten Aachens: „Wir können so die stadtweiten CO2-Emissionen jährlich um 23.000 Tonnen senken“, sagte Brösse. Nach seinen Worten haben die ersten Arbeiten für das Vorzeigeprojekt bereits im vergangenen November begonnen und liegen „derzeit voll im Zeitplan“.

Für September kommenden Jahres, rechtzeitig vor Beginn der dann anstehenden Heizperiode, plant die Stawag den Start des BHKW-Projekts. Für das kleine Heizkraftwerk baut der Versorger eigens eine 50 Meter lange und 25 Meter breite Halle. Neben den bestehenden BHKWK-Kraftwerken, dem laufenden Projekt „Schwarzer Weg“ und weiteren geplanten Vorhaben soll die Kraft-Wärme-Kopplung bis Ende dieser Dekade rund ein Drittel der benötigten Wärmemenge liefern. Das neue Kraftpaket wird „Wasserstoff-ready“ ausgerüstet sein. „Wir wollen auf grünen Wasserstoff technisch vorbereitet sein, damit wir diesen Energieträger beimischen können, sobald es größere Mengen am Markt gibt“, so Brösse.

Bis 2024 sollen Daten über das geothermische Potenzial vorliegen

Den Löwenanteil für Aachens Wärme soll künftig die hydrothermale Geothermie liefern, die heißes Wasser aus dem Untergrund als Wärmequelle nutzt. Wie viel geothermische Energie in der Aachener Region steckt, will die Stawag gemeinsam mit der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG klären. Beide Partner haben jüngst eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. In einem größeren Aufsuchungsfeld im Aachener Nordosten soll demnächst die wissenschaftliche Voruntersuchung beginnen. Erstes Ziel sei es, die vielversprechendsten Gesteinsschichten in einer Tiefe von drei bis fünf Kilometern zu kartieren und Hinweise auf darin fließendes Thermalwasser mit Temperaturen von über 100 Grad Celsius zu finden. „Wir hoffen, 2024 Daten über das Potenzial vorliegen zu haben, die uns zeigen, ob sich danach eine Erschließung lohnt“, skizzierte Stawag-Vorstand Becker den weiteren Zeitplan.

Sollten die geothermischen kWh nicht ausreichen, hätte das Unternehmen Wärmelieferungen aus der Müllverbrennungsanlage in Weisweiler und eine dort ebenfalls angedachte Klärschlammverbrennungsanlage als Wärmelieferanten in der Hinterhand. Außerdem will der Kommunalversorger verstärkt die Solarthermie für die Wärmeversorgung nutzen. „Größere Fläche für solche Projekte sind in Aachen allerdings knapp“, betonte Becker. Für das Gelingen der Wärmewende zeigte er sich optimistisch: „Wir haben genügend Pfeile im Köcher, damit wir unsere Ziele bis 2030 schaffen.“

Donnerstag, 4.03.2021, 15:45 Uhr
Ralf Köpke

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