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Energie & Management > Personalie - Wirtschaftsweise zerlegen sich über Siemens-Energy-Mandat
Quelle: Shutterstock / Andrii Yalansky
Personalie

Wirtschaftsweise zerlegen sich über Siemens-Energy-Mandat

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm soll in den Aufsichtsrat von Siemens Energy einziehen. Darin sehen ihre Kollegen in dem Gremium einen inakzeptablen Interessenskonflikt.
Die Vorsitzende des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“, Monika Schnitzer, und alle drei übrigen Wirtschaftsweisen haben ihre Kollegin Veronika Grimm aufgefordert, sich zwischen der Mitgliedschaft in dem Gremium und dem Aufsichtsrat von Siemens Energy zu entscheiden. Über diesen in der 61-jährigen Geschichte des volkswirtschaftlichen Beratungsgremiums einmaligen Streit berichteten zuerst FAZ, Handelsblatt, Zeit online und Table Media.

Demnach schwelt schon länger ein atmosphärischer und strategischer Streit unter den fünf Wirtschaftsweisen, vor allem zwischen Monika Schnitzer und Veronika Grimm, der jetzt kulminiert. Grimm hatte sich immer wieder mit Sondervoten in der Öffentlichkeit zu Wort gemeldet, die regierungskritischer ausfielen als die Statements der Vorsitzenden, zum Beispiel zu deren Vorschlag, vorübergehend eine Reichensteuer einzuführen, um die Unschärfen der damaligen Wärmepreisbremsen auszugleichen.

Im Dezember wollen Grimms Kollegen erst aus der Zeitung erfahren haben, dass Siemens-Energy-Aufsichtsratschef Joe Kaeser sie für das Kontrollgremium gewonnen hatte. Die Wahl wäre an diesem 26. Februar in der ordentlichen Hauptversammlung.
 
Ausgelächelt: die Wirtschaftsweisen, von links Ulrike Malmendier, Martin, Werding, Vorsitzende Monika Schnitzer, Achim Truger und Veronika Grimm, hier vor der Übergabe ihres Konjunkturberichts 2023 an den Kanzler
Quelle: Bundesregierung / Jesco Denzel

Einige Kollegen hatten daraufhin zunächst in persönlichen Mails an Grimm Bedenken wegen „möglicher Interessenskonflikte“ geäußert. Grimm wies diese in persönlichen Antworten zurück. Sie verwies darauf, dass die Mitgliedschaft eines Wirtschaftsweisen in einem AG-Aufsichtsrat rechtlich zulässig sei − ein Punkt, den Schnitzer am 21. Februar gegenüber der Deutschen Presse-Agentur einräumte. Unter anderem saß der damalige Wirtschaftsweise Wolfgang Franz im Aufsichtsrat von EnBW. Und Beatrice Weder di Mauro verließ das Gremium erst, als sie in den Verwaltungsrat der Bank UBS einzog − zuvor hatte sie dem Kontrollgremium von Thyssen Krupp angehört.

Sorge, nicht mehr als unabhängig zu gelten

Mit Grimms Auskunft gaben sich die vier anderen nicht zufrieden. Am 21. Februar in der Frühe ließ sich Ulrike Malmendier in einem Vorab-Onlinebericht der Zeit mit der „großen Sorge“ zitieren, „dass wir bei Energiethemen im Falle eines Doppelmandats von Veronika Grimm nicht mehr als unabhängiges Gremium wahrgenommen werden“. Malmendier und die anderen drei bestanden in Antwortmails an Grimm darauf, dass sie sich entscheidet.

Der Vorgang gelangte in den politischen Raum und von da in die Öffentlichkeit, weil die Vier ihre Mails in Kopie auch an Kaeser, Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) schickten. Table Media etwa berief sich in ihren Informationen auf „Regierungskreise“.

Knackpunkte Wind, Wasserstoff, Bürgschaften, Kraftwerksstrategie

„Wenn wir“, so Malmendier in der Zeit weiter, „Veronika in Zukunft von Beratungen über grünen Wasserstoff oder Windenergie ausschließen müssen, wäre das eine Katastrophe, das ist ja ihr Fachgebiet. Wenn sie andererseits das Problem selbst nicht sieht und sagt, nee, ihr müsst mich gar nicht ausschließen, haben wir noch ein größeres Problem.“

Siemens Energy habe zudem vor Kurzem Bürgschaften des Bundes über 7,5 Milliarden Euro bekommen „und verspricht sich Aufträge durch die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung“, sagte Malmendier weiter. Zu Siemens Energy gehört das defizitäre Windturbinen-Geschäft von Siemens Gamesa sowie die profitable Herstellung von Kraftwerks-Gasturbinen.

Am 21. Februar blies die Vorsitzende Schnitzer ins selbe Horn und sagte der DPA, bei Siemens Energy handle es sich um ein für die Energiewende relevantes Unternehmen, das der Bund mit einer Bürgschaft gestützt habe. Die Nominierung sei zwar eine Auszeichnung fürs Gremium und für die Wissenschaft, die Zugehörigkeit zu beiden Gremien gehe aber nicht.

Die Erlanger Volkswirtschafts-Professorin Veronika Grimm gehört auch dem Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung an. Sie forscht unter anderem zu Energiemärkten und deren Modellierung. Die Wirtschaftsweisen geben traditionell nur einmal jährlich ihren Konjunkturbericht ab, es gibt aber Bestrebungen, sich in einer schnelllebigeren Zeit häufiger zu Wort zu melden.

Mittwoch, 21.02.2024, 13:36 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Personalie - Wirtschaftsweise zerlegen sich über Siemens-Energy-Mandat
Quelle: Shutterstock / Andrii Yalansky
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Wirtschaftsweise zerlegen sich über Siemens-Energy-Mandat
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm soll in den Aufsichtsrat von Siemens Energy einziehen. Darin sehen ihre Kollegen in dem Gremium einen inakzeptablen Interessenskonflikt.
Die Vorsitzende des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“, Monika Schnitzer, und alle drei übrigen Wirtschaftsweisen haben ihre Kollegin Veronika Grimm aufgefordert, sich zwischen der Mitgliedschaft in dem Gremium und dem Aufsichtsrat von Siemens Energy zu entscheiden. Über diesen in der 61-jährigen Geschichte des volkswirtschaftlichen Beratungsgremiums einmaligen Streit berichteten zuerst FAZ, Handelsblatt, Zeit online und Table Media.

Demnach schwelt schon länger ein atmosphärischer und strategischer Streit unter den fünf Wirtschaftsweisen, vor allem zwischen Monika Schnitzer und Veronika Grimm, der jetzt kulminiert. Grimm hatte sich immer wieder mit Sondervoten in der Öffentlichkeit zu Wort gemeldet, die regierungskritischer ausfielen als die Statements der Vorsitzenden, zum Beispiel zu deren Vorschlag, vorübergehend eine Reichensteuer einzuführen, um die Unschärfen der damaligen Wärmepreisbremsen auszugleichen.

Im Dezember wollen Grimms Kollegen erst aus der Zeitung erfahren haben, dass Siemens-Energy-Aufsichtsratschef Joe Kaeser sie für das Kontrollgremium gewonnen hatte. Die Wahl wäre an diesem 26. Februar in der ordentlichen Hauptversammlung.
 
Ausgelächelt: die Wirtschaftsweisen, von links Ulrike Malmendier, Martin, Werding, Vorsitzende Monika Schnitzer, Achim Truger und Veronika Grimm, hier vor der Übergabe ihres Konjunkturberichts 2023 an den Kanzler
Quelle: Bundesregierung / Jesco Denzel

Einige Kollegen hatten daraufhin zunächst in persönlichen Mails an Grimm Bedenken wegen „möglicher Interessenskonflikte“ geäußert. Grimm wies diese in persönlichen Antworten zurück. Sie verwies darauf, dass die Mitgliedschaft eines Wirtschaftsweisen in einem AG-Aufsichtsrat rechtlich zulässig sei − ein Punkt, den Schnitzer am 21. Februar gegenüber der Deutschen Presse-Agentur einräumte. Unter anderem saß der damalige Wirtschaftsweise Wolfgang Franz im Aufsichtsrat von EnBW. Und Beatrice Weder di Mauro verließ das Gremium erst, als sie in den Verwaltungsrat der Bank UBS einzog − zuvor hatte sie dem Kontrollgremium von Thyssen Krupp angehört.

Sorge, nicht mehr als unabhängig zu gelten

Mit Grimms Auskunft gaben sich die vier anderen nicht zufrieden. Am 21. Februar in der Frühe ließ sich Ulrike Malmendier in einem Vorab-Onlinebericht der Zeit mit der „großen Sorge“ zitieren, „dass wir bei Energiethemen im Falle eines Doppelmandats von Veronika Grimm nicht mehr als unabhängiges Gremium wahrgenommen werden“. Malmendier und die anderen drei bestanden in Antwortmails an Grimm darauf, dass sie sich entscheidet.

Der Vorgang gelangte in den politischen Raum und von da in die Öffentlichkeit, weil die Vier ihre Mails in Kopie auch an Kaeser, Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) schickten. Table Media etwa berief sich in ihren Informationen auf „Regierungskreise“.

Knackpunkte Wind, Wasserstoff, Bürgschaften, Kraftwerksstrategie

„Wenn wir“, so Malmendier in der Zeit weiter, „Veronika in Zukunft von Beratungen über grünen Wasserstoff oder Windenergie ausschließen müssen, wäre das eine Katastrophe, das ist ja ihr Fachgebiet. Wenn sie andererseits das Problem selbst nicht sieht und sagt, nee, ihr müsst mich gar nicht ausschließen, haben wir noch ein größeres Problem.“

Siemens Energy habe zudem vor Kurzem Bürgschaften des Bundes über 7,5 Milliarden Euro bekommen „und verspricht sich Aufträge durch die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung“, sagte Malmendier weiter. Zu Siemens Energy gehört das defizitäre Windturbinen-Geschäft von Siemens Gamesa sowie die profitable Herstellung von Kraftwerks-Gasturbinen.

Am 21. Februar blies die Vorsitzende Schnitzer ins selbe Horn und sagte der DPA, bei Siemens Energy handle es sich um ein für die Energiewende relevantes Unternehmen, das der Bund mit einer Bürgschaft gestützt habe. Die Nominierung sei zwar eine Auszeichnung fürs Gremium und für die Wissenschaft, die Zugehörigkeit zu beiden Gremien gehe aber nicht.

Die Erlanger Volkswirtschafts-Professorin Veronika Grimm gehört auch dem Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung an. Sie forscht unter anderem zu Energiemärkten und deren Modellierung. Die Wirtschaftsweisen geben traditionell nur einmal jährlich ihren Konjunkturbericht ab, es gibt aber Bestrebungen, sich in einer schnelllebigeren Zeit häufiger zu Wort zu melden.

Mittwoch, 21.02.2024, 13:36 Uhr
Georg Eble

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