Quelle: E&M
Das Verwaltungsgericht Köln hat eine Eilklage des Nabu gegen den Weiterbetrieb des Offshore-Windparks "Butendiek" abgewiesen. Es verwies dabei auf das neue Wind-auf-See-Gesetz.
Das Verwaltungsgericht Köln hat am 19. Januar einen Eilantrag abgelehnt, mit dem der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) den Weiterbetrieb des Offshore-Windparks "Butendiek" vor Sylt unterbinden wollte. Das geht aus einer Mitteilung des Gerichts hervor. Vorläufig darf der 288-MW-Windpark mit 80 Windturbinen, der von Skyborn Renewables (vormals WPD Offshore) betrieben wird, weiter Ökostrom erzeugen.
Gegen "Butendiek" hatte der Nabu 2014, seit das Bundesnaturschutzgesetz 2010 die Befugnis zur Verbandsklage eingeführt hatte, eine Prozessserie angestrengt. Diese läuft schon mehrfach durch die Instanzen. Derzeit sind zwei weitere Verfahren an anderen Gerichten anhängig, berichtet das VG Köln.
Der Streitgegenstand: Der 2002 genehmigte und in den Jahren 2014 bis 2015 errichtete Windpark liegt innerhalb des Europäischen Vogelschutzgebietes Östliche Deutsche Bucht, das im April 2005 ausgewiesen worden war. Es handelt sich um das wichtigste Gebiet für Stern- und Prachttaucher (Seetaucher) in der deutschen Nordsee.
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Bonn war im November 2020 auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu den Seetauchern zu der Auffassung gelangt, dass der Betrieb des Windparks − anders als zuvor angenommen − das Vogelschutzgebiet erheblich beeinträchtigt und deshalb gegen naturschutzrechtliche Verbote verstößt. Es erteilte im März 2021 für den weiteren Betrieb des Windparks Ausnahmen von den betroffenen Verboten. Hiergegen wandte sich der Nabu mit einem Eilantrag und einer Klage.
"Überragendes öffentliches Interesse"
Das für das BfN zuständige VG Köln begründete nun seinen Beschluss (Aktenzeichen: 14 L 387/22) gegen den Eilantrag des Nabu damit, dass das BfN dem öffentlichen Interesse an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu Recht Vorrang eingeräumt hat. Denn seit der Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes, die seit Jahresanfang in Kraft ist, liegt die Errichtung von Windenergieanlagen auf See ausdrücklich im überragenden öffentlichen Interesse. Auch die gleichzeitig in Kraft getretene EU-Notfallverordnung für die Erneuerbaren räumt diesem Interesse Priorität ein.
Der Beschluss darf sowohl vom Nabu als auch vom BfN beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster angefochten werden.
Die Nabu-Klage im Hauptsacheverfahren ist noch anhängig. Ihren Ausgang erklärte das Gericht für offen. Grund: Es könne eine den EU-Anforderungen entsprechende FFH-Verträglichkeitsprüfung fehlen.
Weitere vom Nabu betriebene Verfahren, die den Windpark Butendiek zum Gegenstand haben, laufen beim OVG Hamburg (Aktenzeichen: 1 Bf 255/21) und beim Bundesverwaltungsgericht (7 C 2.22) weiter. Dies liege daran, erläuterte Kim Cornelius Detloff, Leiter Meeresschutz beim Nabu, auf Anfrage, dass die Hamburger Verwaltungsgerichtsbarkeit für das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zuständig ist und dieses wiederum für die Abwehr künftiger Umweltschäden, während das BfN in Bonn für die Sanierung bereits eingetretener Umweltschäden zuständig ist. Das OVG Hamburg hatte ursprünglich geurteilt, dass die Genehmigung des Windparks einer zeitweiligen Betriebsuntersagung entgegenstehe. Sowohl in Hamburg als auch in NRW verlor der Nabu zunächst in beiden Instanzen.
Das Bundesverwaltungsgericht entschied aber im April 2021, dass es "dynamische Betreiberpflichten" gebe: Tauchten neue Erkenntnisse zu Umweltauswirkungen auf, müssten diese unter Umständen berücksichtigt werden. Ob das hier der Fall ist, soll nun das OVG Hamburg erneut prüfen.
BWO: Starkes Zeichen für Offshore-Wind
In einer ersten Reaktion erklärte Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Windparkbetreiber Offshore (BWO), der Kölner Beschluss sei ein "starkes Zeichen für die Offshore-Windenergie". Er stärke der Industrie den Rücken, "sodass der Ausbau weiter mit aller Kraft vorangehen kann“. "Butendiek" trage zur Energieversorgungssicherheit in Deutschland entscheidend bei.
Nabu will weiterkämpfen
Der Nabu will laut Kim Detloff den aktuellen Beschluss des VG Köln zunächst mit seinen Anwälten prüfen. Ob man das Eilverfahren weiterführe, sei nicht sicher, aber: "Die Prozessserie läuft weiter." Es sei auch zu klären, ob die EU-Notfallverordnung die Pflicht zur Umweltverträglichkeits- und zur Artenschutzprüfung auch bei laufenden Verfahren rückwirkend aussetzt.
Dass die Umweltschäden eingetreten seien - nämlich die Verdrängung der auf die optischen Reize von Windrädern empfindlichen Seetaucher aus 9 Prozent der Fläche im Vogelschutzgebiet Östliche Deutsche Bucht - das sei, so Kim Detloff, unstrittig und 2020 vom BfN anerkannt worden.
Ein Auftragsgutachten für das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) mit Daten bis zum Jahr 2013 hatte eine Abnahme der Seetaucher-Population um 63 Prozent 10 Kilometer um die Offshore-Cluster "Dan-Tysk", "Butendiek" und "Helgoland" ergeben, während sie sonst nur um 20 Prozent auf knapp 22.000 gesunken war.
Dienstag, 24.01.2023, 14:02 Uhr
Georg Eble
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