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Energie & Management > Kernkraft - Tschechien will weitere Kernkraftwerke bauen
Quelle: Pixabay / Qubes Pictures
Kernkraft

Tschechien will weitere Kernkraftwerke bauen

Die Regierung in Prag will vier weitere Reaktoren ausschreiben. Allerdings ist das Prozedere wie auch die Standorte unklar.
Die tschechische Regierung will den Ausbau der Kernenergie noch stärker als bisher geplant forcieren. Ende Januar hat das Kabinett von Ministerpräsident Petr Fiala die Änderung einer Ausschreibung für das Atomkraftwerk Dukovany beschlossen, das ursprünglich um einen Reaktor erweitert werden sollte, der 2036 in Betrieb gehen würde. Nunmehr sind Angebote für den Bau von insgesamt vier Meilern möglich. Die offiziellen Angaben zu Standort und Finanzierung wirken bisher vor allem diffus. Denn auch das Kernkraftwerk in Temelin könnte wieder ins Spiel kommen.

Mit der französischen EDF und dem südkoreanischen Konzern KHNP sind aktuell zwei Bieter im Raum. Die russische Rosatom und der chinesische Staatskonzern China General Nuclear Corporation waren schon vor längerer Zeit von der Ausschreibung ausgeschlossen worden.

Kurz vor dem Kabinettsbeschluss erhielt überraschend auch die US-amerikanische Westinghouse eine Absage. Dabei hatte sich das Unternehmen wenige Tage vor dem Kabinettsbeschluss gegenüber der Allianz der tschechischen Energiefirmen noch verpflichtet, zu 70 Prozent tschechische Unternehmen am Bau der möglichen Reaktoren zu beteiligen, sollte es den Zuschlag erhalten. EDF und KHNP hatten einen Anteil von mindestens 65 Prozent zugesagt. 
 

Industrieminister Jozef Síkela zufolge hat Westinghouse kein passgenaues Angebot eingereicht. Es seien Preisgarantien und auch Vorschläge für Sanktionen im Falle eines Vertragsbruches etwa aufgrund zeitlicher Verzögerungen gefordert gewesen. Hierzu hätten die US-Amerikaner keine Unterlagen vorgelegt. Das US-Unternehmen habe zwar den Bau eines Reaktors mit einer installierten Leistung von 1.200 MW in Aussicht gestellt und auf einschlägige Erfahrungen in China und den USA verweisen können.

Aber auch die verbleibenden beiden Bieter seien zum Bau vergleichbarer Großanlagen bereit. Denn KHNP plane mit einer APR 1000-Einheit, die vom Typ APR 1400 abgeleitet und in Südkorea und den Vereinigten Arabischen Emiraten in Betrieb sei. EDF wiederum stelle den Reaktor EPR 1200 in Aussicht, der auf dem Modell EPR 1600 beruhe, das in China und Finnland schon genutzt werde und in Frankreich und Großbritannien im Bau sei.

Mehrere Blöcke sind im Paket günstiger

Die Kosten für den Bau eines Reaktors wurden zuletzt 2020 mit umgerechnet 6,44 Mrd. Euro je Block veranschlagt. Inzwischen habe sich gezeigt, dass der Bau von mehreren Blöcken in einem Paket wesentlich günstiger sei als der Bau nur eines einzelnen, betont Regierungschef Fiala. Es ließen sich im Vergleich zu einem einzelnen Reaktorblock ein Viertel der Vorbereitungs- und Errichtungskosten einsparen. 

Ein größerer Auftrag brächte auch mehr Aufträge für die tschechische Industrie mit sich, so Industrie- und Handelsminister Jozef Sikela. Ihm zufolge könnten zunächst zwei Blöcke in Dukovany und anschließend zwei weitere im Kernkraftwerk Temelin gebaut werden. 

Sikela schließt sogar den Bau weiterer Atomblöcke nicht aus. Denn mit Blick in die Zukunft würden große Reaktoren in Dukovany und Temelin, aber auch kleine und mittlere Reaktoren benötigt. In Tschechien werde der Strombedarf bis 2050 vor allem wegen der Elektrifizierung von Verkehr und Heizung im Vergleich zu heute um zwei Drittel auf einen Wert von 100 Milliarden kWh steigen. Gleichzeitig alterten die Ressourcen. 2050 sei von den bestehenden Quellen nur noch das Kernkraftwerk Temelín mit den Blöcken 1 und 2 in Betrieb.

In der Tschechischen Republik sind bisher an zwei Standorten Kernkraftwerke sowjetischer Bauart in Betrieb. In Temelin arbeiten zwei Reaktoren mit einer Leistung von 2.164 MW, in Dukovany vier ältere Reaktoren mit einer Leistung von 1.792 MW. 

EDF und KHNP sollen nun bis 15. April aktualisierte Angebote vorlegen. Diese werden bis Ende Mai 2024 beim halbstaatlichen Energiekonzern CEZ bewertet. Der Vertrag mit dem Sieger der Ausschreibung soll gegen Ende dieses oder zu Beginn kommenden Jahres unterzeichnet werden. 

Dienstag, 6.02.2024, 15:05 Uhr
Karin Rogalska
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Quelle: Pixabay / Qubes Pictures
Kernkraft
Tschechien will weitere Kernkraftwerke bauen
Die Regierung in Prag will vier weitere Reaktoren ausschreiben. Allerdings ist das Prozedere wie auch die Standorte unklar.
Die tschechische Regierung will den Ausbau der Kernenergie noch stärker als bisher geplant forcieren. Ende Januar hat das Kabinett von Ministerpräsident Petr Fiala die Änderung einer Ausschreibung für das Atomkraftwerk Dukovany beschlossen, das ursprünglich um einen Reaktor erweitert werden sollte, der 2036 in Betrieb gehen würde. Nunmehr sind Angebote für den Bau von insgesamt vier Meilern möglich. Die offiziellen Angaben zu Standort und Finanzierung wirken bisher vor allem diffus. Denn auch das Kernkraftwerk in Temelin könnte wieder ins Spiel kommen.

Mit der französischen EDF und dem südkoreanischen Konzern KHNP sind aktuell zwei Bieter im Raum. Die russische Rosatom und der chinesische Staatskonzern China General Nuclear Corporation waren schon vor längerer Zeit von der Ausschreibung ausgeschlossen worden.

Kurz vor dem Kabinettsbeschluss erhielt überraschend auch die US-amerikanische Westinghouse eine Absage. Dabei hatte sich das Unternehmen wenige Tage vor dem Kabinettsbeschluss gegenüber der Allianz der tschechischen Energiefirmen noch verpflichtet, zu 70 Prozent tschechische Unternehmen am Bau der möglichen Reaktoren zu beteiligen, sollte es den Zuschlag erhalten. EDF und KHNP hatten einen Anteil von mindestens 65 Prozent zugesagt. 
 

Industrieminister Jozef Síkela zufolge hat Westinghouse kein passgenaues Angebot eingereicht. Es seien Preisgarantien und auch Vorschläge für Sanktionen im Falle eines Vertragsbruches etwa aufgrund zeitlicher Verzögerungen gefordert gewesen. Hierzu hätten die US-Amerikaner keine Unterlagen vorgelegt. Das US-Unternehmen habe zwar den Bau eines Reaktors mit einer installierten Leistung von 1.200 MW in Aussicht gestellt und auf einschlägige Erfahrungen in China und den USA verweisen können.

Aber auch die verbleibenden beiden Bieter seien zum Bau vergleichbarer Großanlagen bereit. Denn KHNP plane mit einer APR 1000-Einheit, die vom Typ APR 1400 abgeleitet und in Südkorea und den Vereinigten Arabischen Emiraten in Betrieb sei. EDF wiederum stelle den Reaktor EPR 1200 in Aussicht, der auf dem Modell EPR 1600 beruhe, das in China und Finnland schon genutzt werde und in Frankreich und Großbritannien im Bau sei.

Mehrere Blöcke sind im Paket günstiger

Die Kosten für den Bau eines Reaktors wurden zuletzt 2020 mit umgerechnet 6,44 Mrd. Euro je Block veranschlagt. Inzwischen habe sich gezeigt, dass der Bau von mehreren Blöcken in einem Paket wesentlich günstiger sei als der Bau nur eines einzelnen, betont Regierungschef Fiala. Es ließen sich im Vergleich zu einem einzelnen Reaktorblock ein Viertel der Vorbereitungs- und Errichtungskosten einsparen. 

Ein größerer Auftrag brächte auch mehr Aufträge für die tschechische Industrie mit sich, so Industrie- und Handelsminister Jozef Sikela. Ihm zufolge könnten zunächst zwei Blöcke in Dukovany und anschließend zwei weitere im Kernkraftwerk Temelin gebaut werden. 

Sikela schließt sogar den Bau weiterer Atomblöcke nicht aus. Denn mit Blick in die Zukunft würden große Reaktoren in Dukovany und Temelin, aber auch kleine und mittlere Reaktoren benötigt. In Tschechien werde der Strombedarf bis 2050 vor allem wegen der Elektrifizierung von Verkehr und Heizung im Vergleich zu heute um zwei Drittel auf einen Wert von 100 Milliarden kWh steigen. Gleichzeitig alterten die Ressourcen. 2050 sei von den bestehenden Quellen nur noch das Kernkraftwerk Temelín mit den Blöcken 1 und 2 in Betrieb.

In der Tschechischen Republik sind bisher an zwei Standorten Kernkraftwerke sowjetischer Bauart in Betrieb. In Temelin arbeiten zwei Reaktoren mit einer Leistung von 2.164 MW, in Dukovany vier ältere Reaktoren mit einer Leistung von 1.792 MW. 

EDF und KHNP sollen nun bis 15. April aktualisierte Angebote vorlegen. Diese werden bis Ende Mai 2024 beim halbstaatlichen Energiekonzern CEZ bewertet. Der Vertrag mit dem Sieger der Ausschreibung soll gegen Ende dieses oder zu Beginn kommenden Jahres unterzeichnet werden. 

Dienstag, 6.02.2024, 15:05 Uhr
Karin Rogalska

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