Quelle: E&M
Auch unter der neuen Bundesregierung gibt es zahlreiche Baustellen bei der dezentralen KWK. Das bedroht auch den weiteren Ausbau der Erneuerbaren.
Sowohl Stadtwerke als auch Industrieunternehmen halten sich mit Investitionen zurück. Die Hauptgründe sind die Unsicherheit über die Zukunft des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) sowie das Warten auf die Verlängerung der KWK-Ausschreibungsverordnung. Für viele Projekte ist derzeit unklar, ob und wie eine Anschlussförderung nach 2025 möglich ist. Das zeigt sich in diesem Jahr auch deutlich in den Ergebnissen der traditionellen BHKW-Umfrage des Öko-Instituts im Auftrag des Fachverlags E&M: Der deutsche Markt für BHKW im vergangenen Jahr hat einen klaren Dämpfer erlebt. Nach einem kurzen Zwischenhoch 2023 brach der Inlandsabsatz um gut ein Drittel ein.
Regulatorische Lücken müssen gefüllt werden
„Es herrscht Unsicherheit im Markt, wohin die Reise für und mit Kraft-Wärme-Kopplung geht“, konstatiert Andreas Rimkus, seit September neuer Präsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK). Verbände und Unternehmen fordern daher von der Bundesregierung schnelle und klare Weichenstellungen: eine Verlängerung und inhaltliche Reform des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG), eine Fortschreibung der Ausschreibungen, ein abgestimmtes Strommarktdesign und eine koordinierte Wärmegesetzgebung.
Nur so könne die Branche ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit und zur Wärmewende leisten. Denn dass „die KWK zum Energiesystem der Zukunft gehört, ist mittlerweile vielerorts erkannt“, sagte Rimkus auf Nachfrage von E&M.
Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) kritisiert die fehlende Perspektive. Nicht nur auf das KWKG wird dringend gewartet. Zudem laufen die KWK- und iKWK-Ausschreibungen aus. Die KWK-Ausschreibungsverordnung gilt zwar noch, läuft faktisch aber Ende 2025 aus, weil keine Ausschreibungsvolumina für 2026 festgelegt sind. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) müsse schnell handeln, um einen Bruch in der Förderkulisse zu vermeiden. „Ein Stopp wäre nicht nur für laufende Projekte problematisch, sondern würde auch das Vertrauen in die Verlässlichkeit des regulatorischen Rahmens beschädigen“, warnt der Verband.
Bundeswirtschaftsministerium: KWKG wird bis Ende 2025 evaluiert
Für einen erheblichen Teil der KWK-Anlagen, die an den Ausschreibungen der Bundesnetzagentur teilnehmen müssen (Leistungssegment von 500 kW bis 50 MW elektrisch), verbleibt derzeit nur noch die Ausschreibungsrunde im Dezember. Die neue Bundesregierung ist hier gefragt − wie in der Ausschreibungsverordnung (KWKAusVO) vorgesehen −, einen Vorschlag für die Fortsetzung der Ausschreibungen vorzulegen.
Beide Punkte − wie es weiter mit den Ausschreibungen geht und wie ein novelliertes KWKG aussehen kann − sind immer noch nicht abschließend geklärt. Auf Nachfrage von E&M teilte das Bundeswirtschaftsministerium am 13. Oktober nun zumindest einen groben Zeitplan mit. Demnach soll das KWKG „bis Ende des Jahres umfassend evaluiert“ sein. An dieser Evaluierung seien auch die Verbände der deutschen Wirtschaft und Energiewirtschaft zu beteiligen. Hierzu sind laut Auskunft des BMWE auch Branchengespräche geplant.
Im Anschluss soll der Evaluierungsbericht veröffentlicht werden, der dann die Grundlage für eine KWKG-Novelle bildet. „Im Zuge dessen wird auch über Art und Umfang der Fortführung der Ausschreibungen nach der KWKAusVO entschieden“, teilte das Ministerium weiter mit.
Die Branche fordert nicht nur eine Verlängerung des Gesetzes bis mindestens 2035 und eine inhaltliche Weiterentwicklung. Das KWKG habe sich als beihilferechtlich bewährtes Instrument erwiesen, müsse aber an die neuen technischen und klimapolitischen Anforderungen angepasst werden. Neben der Einbindung von klimaneutralen Brennstoffen muss die Förderung besser auf die veränderten Einsatzbedingungen der Anlagen abgestimmt werden, so die Meinung des VKU.
Zudem sollte eine KWKG-Reform die Integration von erneuerbarer Wärme und KWK-Anlagen weiter stärken und die Förderung von Wärme- und Kältenetzen sowie Speichern verstetigen. Die letzte Novelle − last minute vor dem Regierungswechsel − hat laut VKU an vielen Stellen nicht die erhoffte Investitionssicherheit geschaffen.
Für B.KWK-Präsident Rimkus ist bei der Reform des KWKG wesentlich, die Geschwindigkeit drastisch zu erhöhen. „Dazu müssen die vorhandenen Strukturen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes sehr viel effizienter genutzt werden.
Insbesondere gilt es, die Wertschöpfung aus der Residualstromerzeugung vor Ort zu stärken und so deutlich mehr potenzielle Investoren anzusprechen. Kurz gesagt geht es um die Vereinfachung des Zubaus dezentraler steuerbarer Kraftwerksleistung.“ Das KWKG und die Kraftwerksausschreibungen dürfen nach Ansicht des B.KWK-Präsidenten auf keinen Fall gegeneinander ausgespielt werden. Dezentrale Potenziale seien massenhaft vorhanden, sie dürften aber durch Leistungsgrenzen in den Gesetzen nicht benachteiligt werden.
Der BHKW- und Wärmepumpenhersteller Sokratherm betont, dass Gas-BHKW durch ihre Brennstoffvielfalt − von Methan über Biogas bis Wasserstoff − flexibel anpassbar seien und durch die gekoppelte Strom- und Wärmeerzeugung doppelte Effizienzvorteile böten. Doch ohne stabile gesetzliche Rahmenbedingungen fehlten Investitionsanreize. „Die Energiewirtschaft braucht langfristige Planungssicherheit, keine kurzfristigen Kurswechsel“, heißt es aus dem Unternehmen.
Dezentrale Strukturen als Schlüssel zur Versorgungssicherheit
Neben der gesetzlichen Unsicherheit sehen Hersteller von KWK-Systemen, BHKW und Wärmepumpen ein strukturelles Problem in der energiepolitischen Schwerpunktsetzung. Die beiden Unternehmen Sokratherm und 2G Energy kritisieren etwa die starke Fokussierung der Politik auf zentrale Großkraftwerke. Diese Strategie greife zu kurz, da sie die Potenziale dezentraler Kraftwerksstrukturen unterschätze.
Ein zukunftsfähiges Strommarktdesign gilt als weiterer Hebel zur Belebung des Markts. Sokratherm fordert ein Modell, das Effizienz, zellulare Einspeisung und Netzentlastung honoriert. Dynamische Preisanreize und die Einbindung dezentraler Kapazitäten seien nötig, um die Flexibilitätsvorteile der KWK voll auszuschöpfen. Damit ließen sich sowohl Netzkosten senken als auch Investitionen in die lokale Erzeugung beschleunigen.
Auch der VKU sieht in dezentralen Anlagen einen zentralen Bestandteil der künftigen Energieversorgung. KWK könne Versorgungslücken überbrücken, Systemstabilität sichern und gleichzeitig die Integration erneuerbarer Wärme erleichtern. In der Fernwärme werde KWK künftig vor allem Spitzenlasten abdecken und damit die zunehmend erneuerbare Grundlastversorgung ergänzen.
„Neben dem naturgemäß hohen Wärmebedarf im Winter steigt auch die Stromnachfrage, zum Beispiel für den Betrieb der Wärmepumpen. KWK-Anlagen avancieren durch die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme zum Alleskönner der Energiewende, weil sie die erneuerbare Wärme- und Stromversorgung zeitlich passgenau absichern können“, so der VKU und er betont: „Je mehr erneuerbare Fernwärme erzeugt wird, desto seltener werden KWK-Anlagen in Betrieb sein − aber: Sie sind elementar dafür, dass Fernwärme nicht nur klimaneutral wird, sondern auch sicher und bezahlbar bleibt.“
Dienstag, 4.11.2025, 08:40 Uhr
Heidi Roider
© 2025 Energie & Management GmbH