E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Photovoltaik - Solarkraft chancenlos gegen rebellisches Dorf in der Altmark
Quelle: Fotolia / pxl.store
Photovoltaik

Solarkraft chancenlos gegen rebellisches Dorf in der Altmark

Der Erneuerbaren-Ausbau hat oft mit der jeweiligen Nachbarschaft zu kämpfen. Was bei Windkraft-Projekten häufig vorkommt, begegnet nun auch einem Solarpark in Sachsen-Anhalt: Ablehnung.
In der altmärkischen Wiesen- und Waldlandschaft kann von Besiedlungsdichte kaum die Rede sein. Im Kirchdorf Dähre leben insgesamt nur einige Hundert Menschen, verteilt auf 17 Ortsteile der 2009 neugeordneten sachsen-anhaltinischen Kommune.

Doch selbst 40 Menschen können viele sein, wenn es um den Ausbau der erneuerbaren Energien geht – beziehungsweise um das Verhindern. Der nördlich von Dähre gelegene Gemeindeteil Kortenbeck, einen Steinwurf von der Grenze zu Niedersachsen entfernt, stemmt sich mit all seiner verfügbaren Macht gegen einen Solarpark.

Erlebbar wurde dies auf einer Informationsveranstaltung, die der Dährener Bürgermeister Bernd Hane (von der CDU aufgestellt) für Mitte Januar anberaumt hatte. Dort durfte das Unternehmen Innovar Solar GmbH aus Meppen (Niedersachsen) seine Pläne für einen großen Freiflächen-Solarpark präsentieren.

In der engeren Auswahl sind drei Flächen eines Landwirts, die nördlich von Kortenbeck auf eine Fläche von zusammen 3 Hektar kommen. Platz genug, um darauf Solarmodule zu stellen, die dank einer Kapazität von über 30 MW eine Stromernte von jährlich 36 Millionen kWh erwarten lassen. Das waren einige der Fakten, die Projektleiter Christian Tegeder den Bürgerinnen und Bürgern vorstellte.

Bienen würden durch die Wärme der Module „gegrillt“

Die große Mehrheit der offenbar vornehmlich aus Kortenbeck erschienenen Frauen und Männer war an dem Potenzial der Sonnenkraft indes nicht interessiert. Die vor Ort ansässige Salzwedeler Volksstimme jedenfalls berichtet von einer „negativen und unfreundlichen Atmosphäre“ während der Zusammenkunft.

In der Folge reihten die Anwesenden einen Kritikpunkt an den anderen. Eine Fläche liege zu nah am Dorf Kortenbeck, hieß es. Natur und Tiere würden leiden, etwa die Bienen. Sie würden zu großer Hitze ausgesetzt, wegen der von den Solarmodulen abstrahlenden Wärme. Die Honiglieferanten würden „gegrillt“, zitiert die Zeitung eine Äußerung des Abends.

Für Projektleiter Christian Tegeder war es folglich unmöglich, mit den Vorteilen des Projekts durchzudringen. Die Anlage könne sich auf angrenzende Flächen weiterer Eigentümer erstrecken, private Investitionen als Bürgerbeteiligung seien möglich. Auch werde die Gemeinde selbst profitieren, mit etwa 70.000 Euro pro Jahr, warb er.

Geld, das Dähre gut gebrauchen kann. Schließlich ist die Kommune alles andere als reich. Das hatte der ehrenamtlich tätige Bürgermeister Bernd Hane schon vor seinem Amtsantritt 2017 erkannt. Damals sprach er von der „sehr angespannten Finanzlage“ als „Hauptproblem“. Später zeigte er sich in einem Jahresrückblick auf 2021 laut Eintrag auf der Gemeinde-Website froh, dass es gelungen sei, „die Ordnung in den 17 Ortsteilen der Gemeinde Dähre aufrechtzuerhalten“. Man müsse „aufpassen, dass uns das Straßennetz nicht zusammenbricht“.

Ein Grund für die Unterfinanzierung der Gemeinde sei die geringe Mittelzuweisung, es lebten zu wenig Menschen in Dähre, durchschnittlich nur acht je Quadratkilometer. Und diese Wenigen hatten auf der Infoveranstaltung, die in einem Frühstadium vor allem der Transparenz dienen sollte, laut Zeitung einen guten Rat für den Bürgermeister. Er solle das Thema gar nicht erst auf die Tagesordnung der Anfang Februar anberaumten Gemeinderatssitzung setzen. Schließlich sei das Vorhaben gegen die Mehrheit der Bevölkerung aussichtslos.

Ob Bernd Hane dem folgt, war zunächst nicht in Erfahrung zu bringen. Eine Anfrage blieb unbeantwortet. Der Landwirt, der die Flächen zur Verfügung stellen wollte, jedenfalls äußerte sich noch am Tage der Veranstaltung desillusioniert. Projektleiter Christian Tegeder gab sich nach den Erfahrungen der Veranstaltung gegenüber unserer Redaktion wortkarg. Er wollte keine Aussage dazu treffen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass die Kommune noch einen Aufstellungsbeschluss für den Solarpark fasst.

Für Bürgermeister Bernd Hane, der sich vermutlich über jeden Euro für Infrastrukturmaßnahmen in der Altmark freuen würde, verkehrt sich eine einst getroffene Aussage ins Gegenteil. Vor seiner ersten Wahl hatte er noch eine Charmeoffensive für die Menschen vor Ort gestartet: „Der Zusammenhalt ist das Schönste an Dähre.“

Donnerstag, 25.01.2024, 15:44 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Photovoltaik - Solarkraft chancenlos gegen rebellisches Dorf in der Altmark
Quelle: Fotolia / pxl.store
Photovoltaik
Solarkraft chancenlos gegen rebellisches Dorf in der Altmark
Der Erneuerbaren-Ausbau hat oft mit der jeweiligen Nachbarschaft zu kämpfen. Was bei Windkraft-Projekten häufig vorkommt, begegnet nun auch einem Solarpark in Sachsen-Anhalt: Ablehnung.
In der altmärkischen Wiesen- und Waldlandschaft kann von Besiedlungsdichte kaum die Rede sein. Im Kirchdorf Dähre leben insgesamt nur einige Hundert Menschen, verteilt auf 17 Ortsteile der 2009 neugeordneten sachsen-anhaltinischen Kommune.

Doch selbst 40 Menschen können viele sein, wenn es um den Ausbau der erneuerbaren Energien geht – beziehungsweise um das Verhindern. Der nördlich von Dähre gelegene Gemeindeteil Kortenbeck, einen Steinwurf von der Grenze zu Niedersachsen entfernt, stemmt sich mit all seiner verfügbaren Macht gegen einen Solarpark.

Erlebbar wurde dies auf einer Informationsveranstaltung, die der Dährener Bürgermeister Bernd Hane (von der CDU aufgestellt) für Mitte Januar anberaumt hatte. Dort durfte das Unternehmen Innovar Solar GmbH aus Meppen (Niedersachsen) seine Pläne für einen großen Freiflächen-Solarpark präsentieren.

In der engeren Auswahl sind drei Flächen eines Landwirts, die nördlich von Kortenbeck auf eine Fläche von zusammen 3 Hektar kommen. Platz genug, um darauf Solarmodule zu stellen, die dank einer Kapazität von über 30 MW eine Stromernte von jährlich 36 Millionen kWh erwarten lassen. Das waren einige der Fakten, die Projektleiter Christian Tegeder den Bürgerinnen und Bürgern vorstellte.

Bienen würden durch die Wärme der Module „gegrillt“

Die große Mehrheit der offenbar vornehmlich aus Kortenbeck erschienenen Frauen und Männer war an dem Potenzial der Sonnenkraft indes nicht interessiert. Die vor Ort ansässige Salzwedeler Volksstimme jedenfalls berichtet von einer „negativen und unfreundlichen Atmosphäre“ während der Zusammenkunft.

In der Folge reihten die Anwesenden einen Kritikpunkt an den anderen. Eine Fläche liege zu nah am Dorf Kortenbeck, hieß es. Natur und Tiere würden leiden, etwa die Bienen. Sie würden zu großer Hitze ausgesetzt, wegen der von den Solarmodulen abstrahlenden Wärme. Die Honiglieferanten würden „gegrillt“, zitiert die Zeitung eine Äußerung des Abends.

Für Projektleiter Christian Tegeder war es folglich unmöglich, mit den Vorteilen des Projekts durchzudringen. Die Anlage könne sich auf angrenzende Flächen weiterer Eigentümer erstrecken, private Investitionen als Bürgerbeteiligung seien möglich. Auch werde die Gemeinde selbst profitieren, mit etwa 70.000 Euro pro Jahr, warb er.

Geld, das Dähre gut gebrauchen kann. Schließlich ist die Kommune alles andere als reich. Das hatte der ehrenamtlich tätige Bürgermeister Bernd Hane schon vor seinem Amtsantritt 2017 erkannt. Damals sprach er von der „sehr angespannten Finanzlage“ als „Hauptproblem“. Später zeigte er sich in einem Jahresrückblick auf 2021 laut Eintrag auf der Gemeinde-Website froh, dass es gelungen sei, „die Ordnung in den 17 Ortsteilen der Gemeinde Dähre aufrechtzuerhalten“. Man müsse „aufpassen, dass uns das Straßennetz nicht zusammenbricht“.

Ein Grund für die Unterfinanzierung der Gemeinde sei die geringe Mittelzuweisung, es lebten zu wenig Menschen in Dähre, durchschnittlich nur acht je Quadratkilometer. Und diese Wenigen hatten auf der Infoveranstaltung, die in einem Frühstadium vor allem der Transparenz dienen sollte, laut Zeitung einen guten Rat für den Bürgermeister. Er solle das Thema gar nicht erst auf die Tagesordnung der Anfang Februar anberaumten Gemeinderatssitzung setzen. Schließlich sei das Vorhaben gegen die Mehrheit der Bevölkerung aussichtslos.

Ob Bernd Hane dem folgt, war zunächst nicht in Erfahrung zu bringen. Eine Anfrage blieb unbeantwortet. Der Landwirt, der die Flächen zur Verfügung stellen wollte, jedenfalls äußerte sich noch am Tage der Veranstaltung desillusioniert. Projektleiter Christian Tegeder gab sich nach den Erfahrungen der Veranstaltung gegenüber unserer Redaktion wortkarg. Er wollte keine Aussage dazu treffen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sei, dass die Kommune noch einen Aufstellungsbeschluss für den Solarpark fasst.

Für Bürgermeister Bernd Hane, der sich vermutlich über jeden Euro für Infrastrukturmaßnahmen in der Altmark freuen würde, verkehrt sich eine einst getroffene Aussage ins Gegenteil. Vor seiner ersten Wahl hatte er noch eine Charmeoffensive für die Menschen vor Ort gestartet: „Der Zusammenhalt ist das Schönste an Dähre.“

Donnerstag, 25.01.2024, 15:44 Uhr
Volker Stephan

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.