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Energie & Management > Gaskraftwerke - Schwesig will Strom- vom Gaspreis entkoppeln
Quelle: Fotolia / Ralf Urner
Gaskraftwerke

Schwesig will Strom- vom Gaspreis entkoppeln

In der Debatte um die Einführung eines Industriestrompreises will Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, eine alte Idee neu beleben.
Die hohen Energiekosten seien nicht nur ein Problem für die energieintensiven Branchen, sagte Schwesig am Ende einer Rundreise durch ihr Bundesland am Wochenende: „Wir brauchen Entlastungen für alle Unternehmen und für die Bürgerinnen und Bürger.“ Die im Bund geführte Debatte über einen niedrigeren Strompreis für die Industrie greife deswegen zu kurz.

Schwesig schlägt vor, den geltenden Preisbildungsmechanismus im Stromgroßhandel außer Kraft zu setzen, damit sich der Strompreis nicht mehr an den Herstellungskosten der Gaskraftwerke orientiert. Das derzeit geltende „Merit-Order-Prinzip“ führe dazu, dass der Preis für Ökostrom in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, obwohl die Produktion von grünem Strom nicht teurer geworden sei. Nach dem Merit-Order-Prinzip bestimmt der Preis des jeweils teuersten Anbieters den Großhandels-Strompreis, der zur Deckung der Nachfrage benötigt wird. Danach gehen zuerst die Kraftwerke mit den geringsten Grenzkosten ans Netz, das sind in der Regel Windräder und PV-Anlagen. Dieser (einheitliche) Strompreis für alle Anbieter muss aber so hoch sein, dass auch die teureren Anlagen noch ohne Verlust betrieben werden können. Das sind in Deutschland fast immer die Gaskraftwerke. Sie bestimmen deswegen den Preis, auch für den Grünstrom.

Die Bundesregierung hat sich in der EU immer gegen die Trennung zwischen Strom- und Gaspreis, das sogenannte „iberische Model“, ausgesprochen, weil dadurch der Binnenmarkt für Strom weiter fragmentiert würde. Die spanische Regierung hatte im Juni letzten Jahres den Preis für eine Megawattstunde (MWh) Gas, das in Kraftwerken eingesetzt wird, für sechs Monate auf 40 Euro/MWh festgelegt. Danach steigt der Satz jeden Monat um 5 Euro. Um die Differenz zum Marktpreis für Gas auszugleichen, darf die Regierung in den ersten zwölf Monaten der Regelung 6,3 Milliarden Euro ausgeben.

Die Finanzierung erfolgt durch eine Abschöpfung von Gewinnen der „inframarginalen“ Erzeuger und eine Abgabe der Stromkunden.

Ähnliche Regelung in Portugal

Portugal hat eine ähnliche Regelung eingeführt, um den Anstieg der Strompreise zu begrenzen. Die EU hatte Spanien und Portugal die Einführung des iberischen Models nur erlaubt, weil der Anteil der erneuerbaren Energien hoch und die Leitungskapazitäten zwischen Spanien und Frankreich gering sind. Dadurch ist der iberische Strommarkt weitgehend isoliert, sodass die Rückwirkungen auf den europäischen Strommarkt begrenzt bleiben.

Profitiert haben vom iberischen Model trotzdem nicht nur die spanischen und die portugiesischen Verbraucher. Auch Frankreich hat einen Teil des subventionierten, spanischen Stroms gekauft. In den spanischen Gaskraftwerken wurde in der zweiten Jahreshälfte wesentlich mehr Strom erzeugt als vor der Einführung der Entkoppelung im Juni 2022. Die Stromexporte nach Frankreich sind kräftig gestiegen, obwohl die Kapazität des Interkonnektors nach Spanien um fast ein Drittel reduziert wurde.

In Brüssel steht man einer Auflösung des Merit-Order-Prinzips deswegen äußerst skeptisch gegenüber. In ihrem jüngsten Vorschlag zur Fortschreibung der Elektrizitätsmarktregulierung („electricity market design“) hält die Kommission an der Merit-Order fest. Der Zusammenhang zwischen Strom- und Gaspreis soll allerdings durch langfristige Lieferverträge (Power Purchase Agreements, PPA) zum Bezug von Grünstrom gelockert werden. PPA können allerdings vorwiegend von Großkunden genutzt werden.

Manuela Schwesig erneuerte auch ihre Forderung nach einer Reform der Netzentgelte: „Es kann nicht so bleiben, dass die Regionen, die beim Ausbau der erneuerbaren Energien vorangehen, deshalb höhere Preise zahlen müssen.“ Die Netzentgelte in den norddeutschen Bundesländern, wo der meiste Windstrom erzeugt wird, sind vielfach höher als im Süden Deutschlands.

Montag, 28.08.2023, 14:44 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Gaskraftwerke - Schwesig will Strom- vom Gaspreis entkoppeln
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Gaskraftwerke
Schwesig will Strom- vom Gaspreis entkoppeln
In der Debatte um die Einführung eines Industriestrompreises will Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, eine alte Idee neu beleben.
Die hohen Energiekosten seien nicht nur ein Problem für die energieintensiven Branchen, sagte Schwesig am Ende einer Rundreise durch ihr Bundesland am Wochenende: „Wir brauchen Entlastungen für alle Unternehmen und für die Bürgerinnen und Bürger.“ Die im Bund geführte Debatte über einen niedrigeren Strompreis für die Industrie greife deswegen zu kurz.

Schwesig schlägt vor, den geltenden Preisbildungsmechanismus im Stromgroßhandel außer Kraft zu setzen, damit sich der Strompreis nicht mehr an den Herstellungskosten der Gaskraftwerke orientiert. Das derzeit geltende „Merit-Order-Prinzip“ führe dazu, dass der Preis für Ökostrom in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, obwohl die Produktion von grünem Strom nicht teurer geworden sei. Nach dem Merit-Order-Prinzip bestimmt der Preis des jeweils teuersten Anbieters den Großhandels-Strompreis, der zur Deckung der Nachfrage benötigt wird. Danach gehen zuerst die Kraftwerke mit den geringsten Grenzkosten ans Netz, das sind in der Regel Windräder und PV-Anlagen. Dieser (einheitliche) Strompreis für alle Anbieter muss aber so hoch sein, dass auch die teureren Anlagen noch ohne Verlust betrieben werden können. Das sind in Deutschland fast immer die Gaskraftwerke. Sie bestimmen deswegen den Preis, auch für den Grünstrom.

Die Bundesregierung hat sich in der EU immer gegen die Trennung zwischen Strom- und Gaspreis, das sogenannte „iberische Model“, ausgesprochen, weil dadurch der Binnenmarkt für Strom weiter fragmentiert würde. Die spanische Regierung hatte im Juni letzten Jahres den Preis für eine Megawattstunde (MWh) Gas, das in Kraftwerken eingesetzt wird, für sechs Monate auf 40 Euro/MWh festgelegt. Danach steigt der Satz jeden Monat um 5 Euro. Um die Differenz zum Marktpreis für Gas auszugleichen, darf die Regierung in den ersten zwölf Monaten der Regelung 6,3 Milliarden Euro ausgeben.

Die Finanzierung erfolgt durch eine Abschöpfung von Gewinnen der „inframarginalen“ Erzeuger und eine Abgabe der Stromkunden.

Ähnliche Regelung in Portugal

Portugal hat eine ähnliche Regelung eingeführt, um den Anstieg der Strompreise zu begrenzen. Die EU hatte Spanien und Portugal die Einführung des iberischen Models nur erlaubt, weil der Anteil der erneuerbaren Energien hoch und die Leitungskapazitäten zwischen Spanien und Frankreich gering sind. Dadurch ist der iberische Strommarkt weitgehend isoliert, sodass die Rückwirkungen auf den europäischen Strommarkt begrenzt bleiben.

Profitiert haben vom iberischen Model trotzdem nicht nur die spanischen und die portugiesischen Verbraucher. Auch Frankreich hat einen Teil des subventionierten, spanischen Stroms gekauft. In den spanischen Gaskraftwerken wurde in der zweiten Jahreshälfte wesentlich mehr Strom erzeugt als vor der Einführung der Entkoppelung im Juni 2022. Die Stromexporte nach Frankreich sind kräftig gestiegen, obwohl die Kapazität des Interkonnektors nach Spanien um fast ein Drittel reduziert wurde.

In Brüssel steht man einer Auflösung des Merit-Order-Prinzips deswegen äußerst skeptisch gegenüber. In ihrem jüngsten Vorschlag zur Fortschreibung der Elektrizitätsmarktregulierung („electricity market design“) hält die Kommission an der Merit-Order fest. Der Zusammenhang zwischen Strom- und Gaspreis soll allerdings durch langfristige Lieferverträge (Power Purchase Agreements, PPA) zum Bezug von Grünstrom gelockert werden. PPA können allerdings vorwiegend von Großkunden genutzt werden.

Manuela Schwesig erneuerte auch ihre Forderung nach einer Reform der Netzentgelte: „Es kann nicht so bleiben, dass die Regionen, die beim Ausbau der erneuerbaren Energien vorangehen, deshalb höhere Preise zahlen müssen.“ Die Netzentgelte in den norddeutschen Bundesländern, wo der meiste Windstrom erzeugt wird, sind vielfach höher als im Süden Deutschlands.

Montag, 28.08.2023, 14:44 Uhr
Tom Weingärtner

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