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Energie & Management > Windkraft Onshore - Nutzen statt Abregeln steckt im Kabinett fest
Robert Habeck bei seiner Eröffnungsrede der Husum Wind 2023. Quelle: E&M / Georg Eble
Windkraft Onshore

Nutzen statt Abregeln steckt im Kabinett fest

Bei der künftigen Reform, wonach Grünstrom genutzt werden soll, statt Anlagen abzuregeln, ist Wirtschaftsminister Habeck im Kabinett nach eigenem Bekunden zu wenig durchgedrungen.
Bei dem Gesetzesvorhaben „Nutzen statt abregeln“ hat die kabinetts- und koalitionsinterne Abstimmung „noch nicht geklappt“. Dies bedauerte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Eröffnung der Fachmesse für Windenergie „Husum Wind“, die seit dem 12. September in Husum (Schleswig-Holstein) stattfindet. Habeck ist der Schirmherr der Messe.

Erneuerbare-Energie-Anlagen werden gegen Entschädigung der Betreiber zwangsweise kurzfristig gedrosselt oder abgeregelt, wenn das Einspeisenetz ihren Strom nicht mehr aufnehmen kann. Habeck schwebt stattdessen − neben dem Netzausbau − die Nutzung des Grünstroms in Elektrolyseuren zur Wasserstoff-Herstellung vor.

Habeck gab Einblicke in die nächsten Gesetzgebungsvorhaben und bewertete den Fortschritt der Energiewende. Demnach stehe die deutsche Energiewende „an der Wasserscheide“ und „auf der Hälfte des Weges“. Der Zubau sei dynamisch geworden, allerdings in der Onshore-Windkraft zu wenig, während bei Photovoltaik die Etappenziele übererfüllt werden. Habeck sprach von 1.500 MW Wind an Land im ersten Halbjahr nach 2.500 MW im gesamten vergangenen Jahr. Da könne man nur "hoffen, dass es sich nicht linear (weiter)entwickelt", bemerkte er.

Vorbild PV: Eine sich selbst beschleunigende Dynamik

Es habe 20 Jahre gedauert, damit etwa 50 Prozent des Strommixes grün wurden, und jetzt habe Deutschland noch bis 2030 Zeit, um das gesetzliche Ziel von 80 Prozent zu erreichen. Onshore müsse sich die installierte Leistung verdoppeln, offshore verdreifachen. 11.000 MW Land-Windleistung seien derzeit in der Genehmigung. „Wenn wir es schaffen, das loszueisen bis zur nächsten Messe, dann haben wir es geschafft“, sagte Habeck mit Blick den notwendigen jährlichen Ausbau und seine Theorie, wonach sich die Zubau-Dynamik bei einer bestimmten Größenordnung selbst beschleunigt. Dies sei bei PV schon der Fall. Habeck ließ offen, ob er die nächste Windmesse (die Wind Energy 2024 in Hamburg) oder die nächste Husum Wind 2025 meinte.

In Endabstimmung befinde sich auch, so Habeck weiter, die Reform des Bundesimmissionsschutzrechts. Nach diesem müssen die Genehmigungsbehörden künftig in bestimmten Fristen über einen Antrag befinden. Andernfalls gelten die Anträge als genehmigt. Zudem sollen die Behörden fehlende Unterlagen nur ein einziges Mal nachfordern dürfen.

„Mit der bestehenden Verfahrenspraxis erreichen wir unsere Ziele nicht“, machte Habeck deutlich. Er nehme allerdings auch einen Wandel bei zurückhaltenderen Parteien und Gebietskörperschaften wahr: "„n Bayern wird gerade 10H geschleift“, meinte der Grünen-Co-Vorsitzende zum teilweisen Zurückfahren der besonders restriktiven Regelung, wonach in Bayern Windenergieanlagen den zehnfachen Abstand ihrer Höhe zu Siedlungen einhalten müssen. Aus seiner Sicht sichern sich Landräte und Rathauschefs heute auch nicht mehr die Wiederwahl mit dem Versprechen, Erneuerbaren-Projekte zu verhindern.

Gespräche über Staatsgarantien

Derzeit führt das Bundeswirtschaftsministerium laut Habeck konkrete Gespräche mit der Windindustrie darüber, wie die Förderung einer deutschen oder europäischen Wertschöpfungskette aussehen solle. Habeck schloss Zuschüsse wie für die EU-Stahl- und Chipindustrie aus. Die Gespräche drehten sich vielmehr um Bürgschaften und Abnahmegarantien. Sie sollten die heimische Windindustrie zwei bis vier Jahre über die „Durststrecke“ bringen und den „Vorlauf der Produktion sicherstellen“, bevor sich bei ihr ein höherer Auftragseingang einstelle. Gedeckt wären die Garantien vom nationalen Klima- und Transformationsfonds.

Die Garantierichtlinien nach der Einigung mit der Industrie erwartet Habeck „innerhalb vom Herbst“. Dann müsse der Förderrahmen noch innerhalb der Koalition und mit Brüssel abgestimmt werden. Das sei zwar „so fusselig wie Transportgenehmigungen“, witzelte er, aber politisches Handwerk. Habeck äußerte die Hoffnung, dass Ende des Jahres der endgültige Rechtsrahmen steht.

Und zur Beschleunigung der Genehmigungen von Schwerlast-Transporten selbst, etwa für Rotorblätter, kündigte Habeck in den Verhandlungen mit seinem Verkehrskollegen Volker Wissing (FDP) schlankere Anforderungen an. Es genüge beispielsweise, dass private Sicherheitsdienste statt der Polizei solche Transporte begleitet.

Konverter in Rostock und in Bremerhaven

In puncto heimischer Wertschöpfungskette sieht Habeck die Bildung von Konsortien zum Bau von Konvertern auf Werftgelände nicht nur in Rostock-Warnemünde, sondern auch in Bremerhaven. In Rostock stehen dem nach wie vor Flächennutzungsrechte der Bundeswehr entgegen. Aber auch hier äußerte sich Habeck optimistisch, eine Einigung zu erzielen, in dem Fall mit seinem Verteidigungskollegen Boris Pistorius (SPD). Es sei nicht nur zu wenig, dass es innerhalb Europas nur eine einzige Konverter-Fabrik in Spanien gibt, sondern es gebe gerade bei Konvertern als kritischer Infrastruktur sicherheitspolitische Erwägungen, diese aus Europa selbst zu beziehen.

Die Messe Husum Wind läuft noch bis 15. September. Die 600 Aussteller kommen aus 45 Ländern, davon aus dem Ausland, die meisten aus Dänemark, gefolgt von Holland, China und Polen.

Dienstag, 12.09.2023, 14:19 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Onshore - Nutzen statt Abregeln steckt im Kabinett fest
Robert Habeck bei seiner Eröffnungsrede der Husum Wind 2023. Quelle: E&M / Georg Eble
Windkraft Onshore
Nutzen statt Abregeln steckt im Kabinett fest
Bei der künftigen Reform, wonach Grünstrom genutzt werden soll, statt Anlagen abzuregeln, ist Wirtschaftsminister Habeck im Kabinett nach eigenem Bekunden zu wenig durchgedrungen.
Bei dem Gesetzesvorhaben „Nutzen statt abregeln“ hat die kabinetts- und koalitionsinterne Abstimmung „noch nicht geklappt“. Dies bedauerte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der Eröffnung der Fachmesse für Windenergie „Husum Wind“, die seit dem 12. September in Husum (Schleswig-Holstein) stattfindet. Habeck ist der Schirmherr der Messe.

Erneuerbare-Energie-Anlagen werden gegen Entschädigung der Betreiber zwangsweise kurzfristig gedrosselt oder abgeregelt, wenn das Einspeisenetz ihren Strom nicht mehr aufnehmen kann. Habeck schwebt stattdessen − neben dem Netzausbau − die Nutzung des Grünstroms in Elektrolyseuren zur Wasserstoff-Herstellung vor.

Habeck gab Einblicke in die nächsten Gesetzgebungsvorhaben und bewertete den Fortschritt der Energiewende. Demnach stehe die deutsche Energiewende „an der Wasserscheide“ und „auf der Hälfte des Weges“. Der Zubau sei dynamisch geworden, allerdings in der Onshore-Windkraft zu wenig, während bei Photovoltaik die Etappenziele übererfüllt werden. Habeck sprach von 1.500 MW Wind an Land im ersten Halbjahr nach 2.500 MW im gesamten vergangenen Jahr. Da könne man nur "hoffen, dass es sich nicht linear (weiter)entwickelt", bemerkte er.

Vorbild PV: Eine sich selbst beschleunigende Dynamik

Es habe 20 Jahre gedauert, damit etwa 50 Prozent des Strommixes grün wurden, und jetzt habe Deutschland noch bis 2030 Zeit, um das gesetzliche Ziel von 80 Prozent zu erreichen. Onshore müsse sich die installierte Leistung verdoppeln, offshore verdreifachen. 11.000 MW Land-Windleistung seien derzeit in der Genehmigung. „Wenn wir es schaffen, das loszueisen bis zur nächsten Messe, dann haben wir es geschafft“, sagte Habeck mit Blick den notwendigen jährlichen Ausbau und seine Theorie, wonach sich die Zubau-Dynamik bei einer bestimmten Größenordnung selbst beschleunigt. Dies sei bei PV schon der Fall. Habeck ließ offen, ob er die nächste Windmesse (die Wind Energy 2024 in Hamburg) oder die nächste Husum Wind 2025 meinte.

In Endabstimmung befinde sich auch, so Habeck weiter, die Reform des Bundesimmissionsschutzrechts. Nach diesem müssen die Genehmigungsbehörden künftig in bestimmten Fristen über einen Antrag befinden. Andernfalls gelten die Anträge als genehmigt. Zudem sollen die Behörden fehlende Unterlagen nur ein einziges Mal nachfordern dürfen.

„Mit der bestehenden Verfahrenspraxis erreichen wir unsere Ziele nicht“, machte Habeck deutlich. Er nehme allerdings auch einen Wandel bei zurückhaltenderen Parteien und Gebietskörperschaften wahr: "„n Bayern wird gerade 10H geschleift“, meinte der Grünen-Co-Vorsitzende zum teilweisen Zurückfahren der besonders restriktiven Regelung, wonach in Bayern Windenergieanlagen den zehnfachen Abstand ihrer Höhe zu Siedlungen einhalten müssen. Aus seiner Sicht sichern sich Landräte und Rathauschefs heute auch nicht mehr die Wiederwahl mit dem Versprechen, Erneuerbaren-Projekte zu verhindern.

Gespräche über Staatsgarantien

Derzeit führt das Bundeswirtschaftsministerium laut Habeck konkrete Gespräche mit der Windindustrie darüber, wie die Förderung einer deutschen oder europäischen Wertschöpfungskette aussehen solle. Habeck schloss Zuschüsse wie für die EU-Stahl- und Chipindustrie aus. Die Gespräche drehten sich vielmehr um Bürgschaften und Abnahmegarantien. Sie sollten die heimische Windindustrie zwei bis vier Jahre über die „Durststrecke“ bringen und den „Vorlauf der Produktion sicherstellen“, bevor sich bei ihr ein höherer Auftragseingang einstelle. Gedeckt wären die Garantien vom nationalen Klima- und Transformationsfonds.

Die Garantierichtlinien nach der Einigung mit der Industrie erwartet Habeck „innerhalb vom Herbst“. Dann müsse der Förderrahmen noch innerhalb der Koalition und mit Brüssel abgestimmt werden. Das sei zwar „so fusselig wie Transportgenehmigungen“, witzelte er, aber politisches Handwerk. Habeck äußerte die Hoffnung, dass Ende des Jahres der endgültige Rechtsrahmen steht.

Und zur Beschleunigung der Genehmigungen von Schwerlast-Transporten selbst, etwa für Rotorblätter, kündigte Habeck in den Verhandlungen mit seinem Verkehrskollegen Volker Wissing (FDP) schlankere Anforderungen an. Es genüge beispielsweise, dass private Sicherheitsdienste statt der Polizei solche Transporte begleitet.

Konverter in Rostock und in Bremerhaven

In puncto heimischer Wertschöpfungskette sieht Habeck die Bildung von Konsortien zum Bau von Konvertern auf Werftgelände nicht nur in Rostock-Warnemünde, sondern auch in Bremerhaven. In Rostock stehen dem nach wie vor Flächennutzungsrechte der Bundeswehr entgegen. Aber auch hier äußerte sich Habeck optimistisch, eine Einigung zu erzielen, in dem Fall mit seinem Verteidigungskollegen Boris Pistorius (SPD). Es sei nicht nur zu wenig, dass es innerhalb Europas nur eine einzige Konverter-Fabrik in Spanien gibt, sondern es gebe gerade bei Konvertern als kritischer Infrastruktur sicherheitspolitische Erwägungen, diese aus Europa selbst zu beziehen.

Die Messe Husum Wind läuft noch bis 15. September. Die 600 Aussteller kommen aus 45 Ländern, davon aus dem Ausland, die meisten aus Dänemark, gefolgt von Holland, China und Polen.

Dienstag, 12.09.2023, 14:19 Uhr
Georg Eble

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