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Energie & Management > Politik - Noch keine Lösung der Haushaltskrise
Quelle: Shutterstock / canadastock
Politik

Noch keine Lösung der Haushaltskrise

Das Bundeskabinett hat sich noch nicht auf einen neuen Haushaltsentwurf geeinigt. In einer Bundestagsanhörung billigten die Experten mehrheitlich den Entwurf eines Nachtragshaushalts.
In der Sitzung am 6. Dezember konnte sich das Kabinett der Ampelkoalition noch nicht auf einen neuen Haushalt für 2024 einigen. Damit wird es zeitlich knapp für einen Beschluss noch in diesem Jahr. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe dürfen für die Corona-Pandemie vorgesehene Kredite nicht für den Klima- und Transformationsfonds verwendet werden. Damit klaffte eine Lücke von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt. Nach ersten Einsparungen bezifferte Finanzminister Christian Lindner (FDP) den Fehlbetrag zuletzt noch auf 17 Milliarden Euro.

Im Gespräch sind Einsparungen in diversen Feldern und auch die erneute Aussetzung der Schuldenbremse für 2024. Die Modernisierung des Landes, die Entwicklung hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft, dürfe nicht gestoppt werden, betonte Ricarda Lang, Bundesvorsitzende der Grünen. Rote Linie für die Grünen sei, bei den Ärmsten zu sparen. Hierin stimmt ihre Position mit der SPD überein. Die FDP will dagegen Sozialausgaben kürzen. „Steuererhöhungen müssen ausgeschlossen bleiben“, betonte Lindner.

Expertenanhörung im Bundestag

Am 5. Dezember hatte im Bundestag eine Anhörung des Haushaltsausschusses zum Thema stattgefunden. Darin billigte die Mehrzahl der Sachverständigen den Regierungsentwurf eines Nachtragshaushalts für 2023 sowie ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse für das laufende Jahr. Der Finanzjurist Alexander Thiele von der Business & Law School Berlin sieht mit dem vorliegenden Nachtragshaushalt dem Karlsruher Urteil „Genüge getan“. Die Bundesregierung sei „erkennbar bemüht, sich aus dem Urteil ergebende Vorgaben zu erfüllen“, sagte Thiele.

Dies gelte auch für die Erklärung einer Notlage, um die Schuldenbremse erneut auszusetzen. Sie sei „ausreichend begründet“. Der Finanzwissenschaftler Berthold Wigger vom Karlsruher Institut für Technologie verwies darauf, dass Ende 2023, zwar strenggenommen keine Notlagensituation mehr herrsche, man sich jetzt aber gewissermaßen in die Situation Ende 2022 versetzen müsse, und damals sei eine anhaltende Notlage 2023 noch zu erwarten gewesen. Angesichts dessen erscheine ihm das Vorgehen der Regierung „angemessen“.

Der Finanzwissenschaftler Thiess Büttner von der Universität Erlangen-Nürnberg interpretierte den Spruch des Bundesverfassungsgerichts so, dass zur Ermittlung des Schuldenstandes alle Defizite aus Sondervermögen auf den Kernhaushalt anrechnet werden müssen. Dies sei beim Nachtragshaushalt aber nicht geschehen. Büttner zufolge ist „ein zusätzliches Defizit aus Sondervermögen von 18 Milliarden Euro nicht berücksichtigt“.

Jan Keller vom Bundesrechnungshof schloss sich zwar der Ansicht Büttners an, nannte es aber „nachträglich schwierig“, alle, also auch nicht notstandsfinanzierte Sondervermögen noch im Nachtragshaushalt zu berücksichtigen. Umso mehr aber müssten sie im Haushalt 2024 berücksichtigt werden.

Deutschland weiter kreditwürdig

Die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Monika Schnitzer, verwies darauf, dass Deutschland an den Finanzmärkten kein Problem mit der Schuldentragfähigkeit habe. Die Staatsverschuldung sei hier die niedrigste unter den G7-Staaten. Seit der Finanzkrise habe sich der deutsche Schuldenstand deutlich reduziert. Ziemlich einig waren sich die Sachverständigen, dass sich für den Bundeshaushalt 2024 nur noch schwer eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse mit einer Notlage begründen lassen werde.

„Wann kommt der Haushalt 2024?“, fragte Ulrich Schneider vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband. Durch die verhängte Sperre neuer Verpflichtungen bis zur Verabschiedung eines neuen Jahreshaushalts könnten Sozialverbände derzeit keine Aufträge etwa für dringende Baumaßnahmen an ihren Einrichtungen vergeben. Für Freiwilligendienste wie das Freiwillige Soziale Jahr, den Bundesfreiwilligendienst, psychosoziale Beratungen und vieles mehr könnten keine neuen Verträge geschlossen werden, mahnte er.

Mittwoch, 6.12.2023, 13:29 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Noch keine Lösung der Haushaltskrise
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Politik
Noch keine Lösung der Haushaltskrise
Das Bundeskabinett hat sich noch nicht auf einen neuen Haushaltsentwurf geeinigt. In einer Bundestagsanhörung billigten die Experten mehrheitlich den Entwurf eines Nachtragshaushalts.
In der Sitzung am 6. Dezember konnte sich das Kabinett der Ampelkoalition noch nicht auf einen neuen Haushalt für 2024 einigen. Damit wird es zeitlich knapp für einen Beschluss noch in diesem Jahr. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe dürfen für die Corona-Pandemie vorgesehene Kredite nicht für den Klima- und Transformationsfonds verwendet werden. Damit klaffte eine Lücke von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt. Nach ersten Einsparungen bezifferte Finanzminister Christian Lindner (FDP) den Fehlbetrag zuletzt noch auf 17 Milliarden Euro.

Im Gespräch sind Einsparungen in diversen Feldern und auch die erneute Aussetzung der Schuldenbremse für 2024. Die Modernisierung des Landes, die Entwicklung hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft, dürfe nicht gestoppt werden, betonte Ricarda Lang, Bundesvorsitzende der Grünen. Rote Linie für die Grünen sei, bei den Ärmsten zu sparen. Hierin stimmt ihre Position mit der SPD überein. Die FDP will dagegen Sozialausgaben kürzen. „Steuererhöhungen müssen ausgeschlossen bleiben“, betonte Lindner.

Expertenanhörung im Bundestag

Am 5. Dezember hatte im Bundestag eine Anhörung des Haushaltsausschusses zum Thema stattgefunden. Darin billigte die Mehrzahl der Sachverständigen den Regierungsentwurf eines Nachtragshaushalts für 2023 sowie ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse für das laufende Jahr. Der Finanzjurist Alexander Thiele von der Business & Law School Berlin sieht mit dem vorliegenden Nachtragshaushalt dem Karlsruher Urteil „Genüge getan“. Die Bundesregierung sei „erkennbar bemüht, sich aus dem Urteil ergebende Vorgaben zu erfüllen“, sagte Thiele.

Dies gelte auch für die Erklärung einer Notlage, um die Schuldenbremse erneut auszusetzen. Sie sei „ausreichend begründet“. Der Finanzwissenschaftler Berthold Wigger vom Karlsruher Institut für Technologie verwies darauf, dass Ende 2023, zwar strenggenommen keine Notlagensituation mehr herrsche, man sich jetzt aber gewissermaßen in die Situation Ende 2022 versetzen müsse, und damals sei eine anhaltende Notlage 2023 noch zu erwarten gewesen. Angesichts dessen erscheine ihm das Vorgehen der Regierung „angemessen“.

Der Finanzwissenschaftler Thiess Büttner von der Universität Erlangen-Nürnberg interpretierte den Spruch des Bundesverfassungsgerichts so, dass zur Ermittlung des Schuldenstandes alle Defizite aus Sondervermögen auf den Kernhaushalt anrechnet werden müssen. Dies sei beim Nachtragshaushalt aber nicht geschehen. Büttner zufolge ist „ein zusätzliches Defizit aus Sondervermögen von 18 Milliarden Euro nicht berücksichtigt“.

Jan Keller vom Bundesrechnungshof schloss sich zwar der Ansicht Büttners an, nannte es aber „nachträglich schwierig“, alle, also auch nicht notstandsfinanzierte Sondervermögen noch im Nachtragshaushalt zu berücksichtigen. Umso mehr aber müssten sie im Haushalt 2024 berücksichtigt werden.

Deutschland weiter kreditwürdig

Die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Monika Schnitzer, verwies darauf, dass Deutschland an den Finanzmärkten kein Problem mit der Schuldentragfähigkeit habe. Die Staatsverschuldung sei hier die niedrigste unter den G7-Staaten. Seit der Finanzkrise habe sich der deutsche Schuldenstand deutlich reduziert. Ziemlich einig waren sich die Sachverständigen, dass sich für den Bundeshaushalt 2024 nur noch schwer eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse mit einer Notlage begründen lassen werde.

„Wann kommt der Haushalt 2024?“, fragte Ulrich Schneider vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband. Durch die verhängte Sperre neuer Verpflichtungen bis zur Verabschiedung eines neuen Jahreshaushalts könnten Sozialverbände derzeit keine Aufträge etwa für dringende Baumaßnahmen an ihren Einrichtungen vergeben. Für Freiwilligendienste wie das Freiwillige Soziale Jahr, den Bundesfreiwilligendienst, psychosoziale Beratungen und vieles mehr könnten keine neuen Verträge geschlossen werden, mahnte er.

Mittwoch, 6.12.2023, 13:29 Uhr
Susanne Harmsen

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