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Energie & Management > Studien - Keine negativen Folgen des Atomausstiegs
Quelle: Shutterstock
Studien

Keine negativen Folgen des Atomausstiegs

Weniger CO2, billigerer Strom: Eine im Auftrag von Greenpeace erstellte Studie zieht ein positives Fazit des deutschen Atomausstiegs.
Kein Blackout-Winter, stattdessen günstiger Strom und weniger Emissionen: Ein Jahr nach der Außerbetriebnahme der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland hat das Beratungsinstitut Enervis im Auftrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace und der Energiegenossenschaft Green Planet Energy (vormals Greenpeace Energy) Bilanz gezogen.

Und die fällt positiv aus: So seien die CO2-Emissionen der Stromerzeugung seither um 24 Prozent gesunken, was in erster Linie auf die reduzierte Kohleverstromung zurückzuführen sei. Auch der der Strompreis sei gesunken, und zwar deutlich: Der durchschnittliche Börsenstrompreis habe im Jahr (2022/23) noch 228 Euro/MWh betragen, im Jahr 2023/24 nur noch 83 Euro/MWh. Grund dafür seien unter anderem die geringeren Gaspreise sowie die höhere Verfügbarkeit von Wasserkraft in Europa und Atomkraft in Frankreich, heißt es in dem Bericht mit dem Titel „Ein Jahr Atomausstieg in Deutschland. Ein energiewirtschaftlicher Schulterblick“.

Damit stehen die positiven Entwicklungen des vergangenen Jahres zwar nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Atomausstieg. Allerdings sind die zuvor befürchteten negativen Konsequenzen ausgeblieben: So schlug der Marktausstieg der Atomkraftwerke zwar mit rund 27 Milliarden weniger produzierten kWh zu Buche. Das wurde aber mehr als ausgeglichen durch die Steigerung der Nettoerzeugung aus den erneuerbaren Energieträgern Wind und Photovoltaik um insgesamt 28 Milliarden kWh.

Und auch eine weitere Befürchtung der Ausstiegskritiker hat sich den Analysen des Beratungsinstituts zufolge nicht bestätigt: Zwar hat Deutschland im vergangen Jahr mehr Strom importiert als exportiert, der Importüberschuss betrug rund 20,6 Milliarden kWh. Importiert wurde überwiegend aber nicht mit Atomkraft (16,4 Milliarden kWh, rund 25 Prozent) oder mit fossilen Energieträgern (17,6 Milliarden kWh, 26 Prozent) erzeugter Strom, sondern in erster Linie Strom, der mit erneuerbaren Energieträgern produziert wurde (31,2 Milliarden kWh, 49 Prozent).
 

Versorgungssicherheit gewährleistet

Der Importüberschuss ist dabei den Analysten zufolge kein Zeichen für mangelnde Versorgungssicherheit. Vielmehr habe zu jeder Zeit ausreichend Kapazität aus Gaskraftwerken in Deutschland zur Verfügung gestanden. Der Einkauf des Stroms aus den Nachbarländern sei aber günstiger gewesen, als diese Kapazitäten zu nutzen.

Insgesamt verzeichnet der Bericht für den Zeitraum zwischen 15. April 2023 bis 15. März 2024 eine im Vergleich zum Vorjahr nahezu gleichbleibende Nettostromnachfrage von 426 Milliarden kWh. Die Nettostromerzeugung hingegen sank um 11 Prozent auf 403 Milliarden kWh. Der Grund: die geringere Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken (Braunkohle -27 Milliarden kWh und Steinkohle -26 Milliarden kWh). Der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern erreichte einen Anteil von etwa 60 Prozent der Gesamtstromerzeugung.

Der Marktausstieg der Atomkraftwerke, so ein Fazit der Analyse, habe damit keine preistreibende Wirkung gehabt. Für die Zukunft sei aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung des Wärme- und Mobilitätssektors zwar eine Steigerung der Stromnachfrage in Deutschland zu erwarten (+56 Prozent bis 2030 bzw. +95 Prozent bis 2045 im Vergleich zu 2024). Gleichzeitig werde aber durch den Erneuerbaren-Ausbau auch die Nettostromerzeugung steigen (+64 Prozent bis 2030 beziehungsweise +129 Prozent bis 2045 im Vergleich zu 2024).

H2-Kraftwerke als Kapazitätsreserve

Diese stelle das restliche Kraftwerksportfolio vor die Herausforderung, immer flexibler zu erzeugen, um die Residuallast (Last nach Abzug der volatilen erneuerbaren Erzeugung) zu decken. Hierzu sei grundsätzlich die Regelbarkeit sowie die Geschwindigkeit der Regelung entscheidend.

Einzuhaltende Mindestlasten und Anfahrzeiten von Kraftwerken seien begrenzende Faktoren für den flexiblen Betrieb, so dass insbesondere Gasturbinen (perspektivisch H2-basiert) aufgrund der hohen Lastgradienten und schnellen Anfahrzeiten „bestens als Counterpart zu den erneuerbaren Energien geeignet“ seien.

Ein flexibler Betrieb von AKW, die in der Vergangenheit weitgehend als Grundlastkraftwerke gefahren wurden, sei technisch nur eingeschränkt möglich, da AKW Mindestlasten einhalten müssten, deren Einspeisung zum Abschalten von Erneuerbaren-Anlagen führen könnten.

Dementsprechend sehen die Analysten neben Batteriespeichern insbesondere Gaskraftwerke, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden, als flexible CO2-neutrale Kapazitätsreserve der Zukunft.

Die Studie „Ein Jahr Atomausstieg in Deutschland. Ein energiewirtschaftlicher Schulterblick“ ist auf den Internetseiten von Greenpeace und Green Planet Energy abrufbar.

Mittwoch, 10.04.2024, 16:08 Uhr
Katia Meyer-Tien
Energie & Management > Studien - Keine negativen Folgen des Atomausstiegs
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Studien
Keine negativen Folgen des Atomausstiegs
Weniger CO2, billigerer Strom: Eine im Auftrag von Greenpeace erstellte Studie zieht ein positives Fazit des deutschen Atomausstiegs.
Kein Blackout-Winter, stattdessen günstiger Strom und weniger Emissionen: Ein Jahr nach der Außerbetriebnahme der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland hat das Beratungsinstitut Enervis im Auftrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace und der Energiegenossenschaft Green Planet Energy (vormals Greenpeace Energy) Bilanz gezogen.

Und die fällt positiv aus: So seien die CO2-Emissionen der Stromerzeugung seither um 24 Prozent gesunken, was in erster Linie auf die reduzierte Kohleverstromung zurückzuführen sei. Auch der der Strompreis sei gesunken, und zwar deutlich: Der durchschnittliche Börsenstrompreis habe im Jahr (2022/23) noch 228 Euro/MWh betragen, im Jahr 2023/24 nur noch 83 Euro/MWh. Grund dafür seien unter anderem die geringeren Gaspreise sowie die höhere Verfügbarkeit von Wasserkraft in Europa und Atomkraft in Frankreich, heißt es in dem Bericht mit dem Titel „Ein Jahr Atomausstieg in Deutschland. Ein energiewirtschaftlicher Schulterblick“.

Damit stehen die positiven Entwicklungen des vergangenen Jahres zwar nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Atomausstieg. Allerdings sind die zuvor befürchteten negativen Konsequenzen ausgeblieben: So schlug der Marktausstieg der Atomkraftwerke zwar mit rund 27 Milliarden weniger produzierten kWh zu Buche. Das wurde aber mehr als ausgeglichen durch die Steigerung der Nettoerzeugung aus den erneuerbaren Energieträgern Wind und Photovoltaik um insgesamt 28 Milliarden kWh.

Und auch eine weitere Befürchtung der Ausstiegskritiker hat sich den Analysen des Beratungsinstituts zufolge nicht bestätigt: Zwar hat Deutschland im vergangen Jahr mehr Strom importiert als exportiert, der Importüberschuss betrug rund 20,6 Milliarden kWh. Importiert wurde überwiegend aber nicht mit Atomkraft (16,4 Milliarden kWh, rund 25 Prozent) oder mit fossilen Energieträgern (17,6 Milliarden kWh, 26 Prozent) erzeugter Strom, sondern in erster Linie Strom, der mit erneuerbaren Energieträgern produziert wurde (31,2 Milliarden kWh, 49 Prozent).
 

Versorgungssicherheit gewährleistet

Der Importüberschuss ist dabei den Analysten zufolge kein Zeichen für mangelnde Versorgungssicherheit. Vielmehr habe zu jeder Zeit ausreichend Kapazität aus Gaskraftwerken in Deutschland zur Verfügung gestanden. Der Einkauf des Stroms aus den Nachbarländern sei aber günstiger gewesen, als diese Kapazitäten zu nutzen.

Insgesamt verzeichnet der Bericht für den Zeitraum zwischen 15. April 2023 bis 15. März 2024 eine im Vergleich zum Vorjahr nahezu gleichbleibende Nettostromnachfrage von 426 Milliarden kWh. Die Nettostromerzeugung hingegen sank um 11 Prozent auf 403 Milliarden kWh. Der Grund: die geringere Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken (Braunkohle -27 Milliarden kWh und Steinkohle -26 Milliarden kWh). Der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern erreichte einen Anteil von etwa 60 Prozent der Gesamtstromerzeugung.

Der Marktausstieg der Atomkraftwerke, so ein Fazit der Analyse, habe damit keine preistreibende Wirkung gehabt. Für die Zukunft sei aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung des Wärme- und Mobilitätssektors zwar eine Steigerung der Stromnachfrage in Deutschland zu erwarten (+56 Prozent bis 2030 bzw. +95 Prozent bis 2045 im Vergleich zu 2024). Gleichzeitig werde aber durch den Erneuerbaren-Ausbau auch die Nettostromerzeugung steigen (+64 Prozent bis 2030 beziehungsweise +129 Prozent bis 2045 im Vergleich zu 2024).

H2-Kraftwerke als Kapazitätsreserve

Diese stelle das restliche Kraftwerksportfolio vor die Herausforderung, immer flexibler zu erzeugen, um die Residuallast (Last nach Abzug der volatilen erneuerbaren Erzeugung) zu decken. Hierzu sei grundsätzlich die Regelbarkeit sowie die Geschwindigkeit der Regelung entscheidend.

Einzuhaltende Mindestlasten und Anfahrzeiten von Kraftwerken seien begrenzende Faktoren für den flexiblen Betrieb, so dass insbesondere Gasturbinen (perspektivisch H2-basiert) aufgrund der hohen Lastgradienten und schnellen Anfahrzeiten „bestens als Counterpart zu den erneuerbaren Energien geeignet“ seien.

Ein flexibler Betrieb von AKW, die in der Vergangenheit weitgehend als Grundlastkraftwerke gefahren wurden, sei technisch nur eingeschränkt möglich, da AKW Mindestlasten einhalten müssten, deren Einspeisung zum Abschalten von Erneuerbaren-Anlagen führen könnten.

Dementsprechend sehen die Analysten neben Batteriespeichern insbesondere Gaskraftwerke, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden, als flexible CO2-neutrale Kapazitätsreserve der Zukunft.

Die Studie „Ein Jahr Atomausstieg in Deutschland. Ein energiewirtschaftlicher Schulterblick“ ist auf den Internetseiten von Greenpeace und Green Planet Energy abrufbar.

Mittwoch, 10.04.2024, 16:08 Uhr
Katia Meyer-Tien

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