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Energie & Management > Gas - Innerrussischer Streit um Gas-Transportentgelte
Quelle: E&M / Meyer-Tien
Gas

Innerrussischer Streit um Gas-Transportentgelte

Die von Gazprom unabhängigen russischen Gasproduzenten Novatek und Rosneft kritisieren neue Tarife des Konzerns zum Gastransport über dessen Netz.
Über den Ärger über eine neue Abrechnungsmethode für die Gastransport-Tarife von Gazprom innerhalb Russlands berichtete der Kommersant jüngst im August. Die Wettbewerber Novatek und Rosneft seien demnach mit der neuen Entry-Exit-Methodik zur Berechnung des Tarifs, die die Kartellbehörde ausarbeitete und bereits dem Justizministerium vorlegte, nicht zufrieden, da diese Gazprom begünstige, schrieb die Moskauer Wirtschaftszeitung.

Die Unternehmenschefs Igor Setschin von Rosneft und Leonid Michelson von Novatek hätten sich daher Anfang August in einem Schreiben an Premier Michail Mischustin gewandt und sich dafür ausgesprochen, vor Genehmigung eines neuen Abrechnungsmodells die Tarife zunächst auf ein wirtschaftlich gerechtfertigtes Niveau zu senken.

Gazprom finanziert mit Transportmonopol Exportpipelines

Aktuell werden die Kosten für den Gastransport auf der Grundlage der festgelegten Tarife für das Durchleiten von 1.000 Kubikmetern Gas pro 100 Kilometer berechnet. Einspeisepunkt ist entweder ein Untergrundspeicher oder eine Kompressorstation an einem Gasfeld. Die Gasfelder liegen hauptsächlich in Westsibirien und im Gebiet der Yamal-Nenzen.

Als Austrittspunkt zählt die Region des Verbrauchs. Nun schlug die Kartellbehörde eine neue Entry-Exit-Methodik vor, die das einheitliche Gas-Transportnetz in Zonen unterteilt, bei der jede Zone über einen Ein- und Austrittspunkt verfügt. Laut Kartellbehörde soll dies ermöglichen, in jeder Makrozone einen virtuellen Bilanzpunkt zu schaffen, an dem Börsen- und außerbörsliche Handelstransaktionen durchgeführt werden könnten, ähnlich der Virtuellen Handelspunkte (VHP) in Westeuropa.

Dagegen verwahrten sich Setschin und Michelson. Hinzu kommt, dass Gazprom alleiniger Eigentümer der wichtigsten Gaspipelines innerhalb des einheitlichen Transportnetzes ist. Daher müssten andere Gasproduzenten, darunter die größten Mitbewerber auf dem heimischen Markt, Novatek und Rosneft, den Transportmonopolisten bezahlen.

Gleichzeitig gebe Gazprom viele Informationen zum Gastransport nicht bekannt, einschließlich der Verfügbarkeit freier Kapazitäten im System und der tatsächlichen Betriebskosten.

Ebenso seien die Tarife für Gazprom niedriger als für die unabhängigen Produzenten. Das Monopolunternehmen finanziere auf Kosten der unabhängigen Produzenten seine Export-Gaspipelines, zu denen diese keinen Zugang haben.

Vorwurf: Tarifeinnahmen gehen nur teilweise ins Netz zurück

Die Streitigkeiten über die Höhe des Durchleitungstarifs und die Besonderheiten bei der Anwendung könnten sich verschärfen, da sich bei Gazprom durch den Rückgang der Exporte nach Europa ein erheblicher Kapazitätsüberschuss und gleichzeitig ein Defizit bei den Tarifeinnahmen gebildet hat. Seit 2015 hat sich der Gastransporttarif für unabhängige Produzenten nicht erhöht. Weil es seitdem keinen Inflationsausgleich gab, rechnet Gazprom laut Kommersant bei den Transportgebühren mit Verlusten in Höhe etwa 800 Milliarden Rubel (7,8 Milliarden Euro).

Setschin und Michelson monierten indes, dass das Prinzip der Tarifberechnung nach dem neuen Entry-Exit-Schema die alten Ansätze zur Ermittlung der Kosten des Gastransports für unabhängige Akteure enthält, „was keine faire Tarifgestaltung zulässt“.

Sie wiesen vor allem darauf hin, dass Tarifzahlungen an Gazprom nicht in vollem Umfang als Kapitalinvestitionen in die Entwicklung des Gas-Transportnetzes flossen. Folglich hätten unabhängige Produzenten nach ihren Berechnungen umgerechnet 4,2 Milliarden Euro zu viel für die Gastransport-Dienstleistungen an Gazprom entrichtet.

Sollten Rosneft und Novatek sich mit ihrer Forderung nach einer Senkung der Transportgebühren durchsetzen, befürchtet Gazprom noch mehr Einbußen. Schon bei der Gasförderung verzeichnet der Gaskonzern Rückgang, während Novatek und Rosneft Zuwächse machen. Um die LNG-Pläne in der Region Murmansk realisieren zu können, setzt Leonid Michelson von Novatek auf eine Anbindung an das Transportnetz von Gazprom. Dafür dürfen Transportkosten nicht aus dem Ruder laufen.

Dienstag, 22.08.2023, 12:10 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
Energie & Management > Gas - Innerrussischer Streit um Gas-Transportentgelte
Quelle: E&M / Meyer-Tien
Gas
Innerrussischer Streit um Gas-Transportentgelte
Die von Gazprom unabhängigen russischen Gasproduzenten Novatek und Rosneft kritisieren neue Tarife des Konzerns zum Gastransport über dessen Netz.
Über den Ärger über eine neue Abrechnungsmethode für die Gastransport-Tarife von Gazprom innerhalb Russlands berichtete der Kommersant jüngst im August. Die Wettbewerber Novatek und Rosneft seien demnach mit der neuen Entry-Exit-Methodik zur Berechnung des Tarifs, die die Kartellbehörde ausarbeitete und bereits dem Justizministerium vorlegte, nicht zufrieden, da diese Gazprom begünstige, schrieb die Moskauer Wirtschaftszeitung.

Die Unternehmenschefs Igor Setschin von Rosneft und Leonid Michelson von Novatek hätten sich daher Anfang August in einem Schreiben an Premier Michail Mischustin gewandt und sich dafür ausgesprochen, vor Genehmigung eines neuen Abrechnungsmodells die Tarife zunächst auf ein wirtschaftlich gerechtfertigtes Niveau zu senken.

Gazprom finanziert mit Transportmonopol Exportpipelines

Aktuell werden die Kosten für den Gastransport auf der Grundlage der festgelegten Tarife für das Durchleiten von 1.000 Kubikmetern Gas pro 100 Kilometer berechnet. Einspeisepunkt ist entweder ein Untergrundspeicher oder eine Kompressorstation an einem Gasfeld. Die Gasfelder liegen hauptsächlich in Westsibirien und im Gebiet der Yamal-Nenzen.

Als Austrittspunkt zählt die Region des Verbrauchs. Nun schlug die Kartellbehörde eine neue Entry-Exit-Methodik vor, die das einheitliche Gas-Transportnetz in Zonen unterteilt, bei der jede Zone über einen Ein- und Austrittspunkt verfügt. Laut Kartellbehörde soll dies ermöglichen, in jeder Makrozone einen virtuellen Bilanzpunkt zu schaffen, an dem Börsen- und außerbörsliche Handelstransaktionen durchgeführt werden könnten, ähnlich der Virtuellen Handelspunkte (VHP) in Westeuropa.

Dagegen verwahrten sich Setschin und Michelson. Hinzu kommt, dass Gazprom alleiniger Eigentümer der wichtigsten Gaspipelines innerhalb des einheitlichen Transportnetzes ist. Daher müssten andere Gasproduzenten, darunter die größten Mitbewerber auf dem heimischen Markt, Novatek und Rosneft, den Transportmonopolisten bezahlen.

Gleichzeitig gebe Gazprom viele Informationen zum Gastransport nicht bekannt, einschließlich der Verfügbarkeit freier Kapazitäten im System und der tatsächlichen Betriebskosten.

Ebenso seien die Tarife für Gazprom niedriger als für die unabhängigen Produzenten. Das Monopolunternehmen finanziere auf Kosten der unabhängigen Produzenten seine Export-Gaspipelines, zu denen diese keinen Zugang haben.

Vorwurf: Tarifeinnahmen gehen nur teilweise ins Netz zurück

Die Streitigkeiten über die Höhe des Durchleitungstarifs und die Besonderheiten bei der Anwendung könnten sich verschärfen, da sich bei Gazprom durch den Rückgang der Exporte nach Europa ein erheblicher Kapazitätsüberschuss und gleichzeitig ein Defizit bei den Tarifeinnahmen gebildet hat. Seit 2015 hat sich der Gastransporttarif für unabhängige Produzenten nicht erhöht. Weil es seitdem keinen Inflationsausgleich gab, rechnet Gazprom laut Kommersant bei den Transportgebühren mit Verlusten in Höhe etwa 800 Milliarden Rubel (7,8 Milliarden Euro).

Setschin und Michelson monierten indes, dass das Prinzip der Tarifberechnung nach dem neuen Entry-Exit-Schema die alten Ansätze zur Ermittlung der Kosten des Gastransports für unabhängige Akteure enthält, „was keine faire Tarifgestaltung zulässt“.

Sie wiesen vor allem darauf hin, dass Tarifzahlungen an Gazprom nicht in vollem Umfang als Kapitalinvestitionen in die Entwicklung des Gas-Transportnetzes flossen. Folglich hätten unabhängige Produzenten nach ihren Berechnungen umgerechnet 4,2 Milliarden Euro zu viel für die Gastransport-Dienstleistungen an Gazprom entrichtet.

Sollten Rosneft und Novatek sich mit ihrer Forderung nach einer Senkung der Transportgebühren durchsetzen, befürchtet Gazprom noch mehr Einbußen. Schon bei der Gasförderung verzeichnet der Gaskonzern Rückgang, während Novatek und Rosneft Zuwächse machen. Um die LNG-Pläne in der Region Murmansk realisieren zu können, setzt Leonid Michelson von Novatek auf eine Anbindung an das Transportnetz von Gazprom. Dafür dürfen Transportkosten nicht aus dem Ruder laufen.

Dienstag, 22.08.2023, 12:10 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne

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