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Energie & Management > Kohlekraftwerke - EU-Justiz: Gesundheit rechtfertigt „wirtschaftliche Nachteile“
Quelle: Pixabay / Benita Welter
Kohlekraftwerke

EU-Justiz: Gesundheit rechtfertigt „wirtschaftliche Nachteile“

Kraftwerke und andere Industrieanlagen dürfen in der EU nur betrieben werden, wenn ihre Emissionen die Gesundheit nicht gefährden. Das meint eine Generalanwältin beim EuGH.
Die Gesundheit geht bei Industrieemissionen vor - zu diesem Ergebnis kommt Juliane Kokott, Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), in einem Gutachten, das am 14. Dezember in Luxemburg veröffentlicht wurde. Ausgangspunkt des Verfahrens ist die Klage mehrerer Einwohner der süditalienischen Stadt Tarent gegen den weiteren Betrieb des nahe gelegenen Stahlwerkes Ilva, mit 11 000 Beschäftigten eines der größten Stahlwerke in Europa. 

Die Kläger machen geltend, die Emissionen der Anlage entsprächen nicht den europäischen Vorgaben und gefährdeten ihre Gesundheit. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits 2019 festgestellt, dass die Umwelt und die Gesundheit der Anwohner durch den Betrieb des Stahlwerkes beeinträchtigt werden.

Die italienischen Behörden erließen zwar seit 2012 immer wieder Auflagen, um die Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren. Die dafür vorgesehenen Fristen wurden aber immer wieder verlängert. Eine solche Verlängerung ist nach Ansicht der Generalanwältin nicht mit dem europäischen Recht vereinbar. Die Genehmigungsauflagen hätten spätestens 2014 auch umgesetzt werden müssen, meint sie. Ein Aufschub sei nur unter besonderen Umständen möglich, etwa dann, wenn die Kommission eine neue Entscheidung über die beste verfügbare Technik erlassen habe.

Bei der Genehmigung einer Anlage und bei der Ãœberprüfung einer Genehmigung müssten alle Schadstoffe berücksichtigt werden, „die voraussichtlich in relevanter Menge freigesetzt werden, sowie die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit“. Sollten die von der Anlage ausgehenden oder zu erwartenden Umweltverschmutzungen trotz der Anwendung der besten verfügbaren Techniken die menschliche Gesundheit übermäßig beeinträchtigen, müssten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden: „Sind diese nicht möglich, kann die Anlage nicht genehmigt werden.“

Der Schutz der menschlichen Gesundheit könne insofern auch „erhebliche wirtschaftliche Nachteile“ rechtfertigen. Eine Umweltverschmutzung könne nicht hingenommen werden, wenn die davon Betroffenen in ihren Grundrechten beeinträchtigt würden.

Der Schlussantrag der Generalanwältin ist für den EuGH nicht verbindlich. In den meisten Fällen folgen die Richter jedoch dieser Vorgabe. Auch wenn in diesem Fall über ein Industriewerk geurteilt werden wird, wird das Urteil auf Kraftwerke übertragbar sein, da ihr Betrieb ebenfalls auf immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen beruht.

Donnerstag, 14.12.2023, 11:27 Uhr
Tom Weingärtner
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EU-Justiz: Gesundheit rechtfertigt „wirtschaftliche Nachteile“
Kraftwerke und andere Industrieanlagen dürfen in der EU nur betrieben werden, wenn ihre Emissionen die Gesundheit nicht gefährden. Das meint eine Generalanwältin beim EuGH.
Die Gesundheit geht bei Industrieemissionen vor - zu diesem Ergebnis kommt Juliane Kokott, Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), in einem Gutachten, das am 14. Dezember in Luxemburg veröffentlicht wurde. Ausgangspunkt des Verfahrens ist die Klage mehrerer Einwohner der süditalienischen Stadt Tarent gegen den weiteren Betrieb des nahe gelegenen Stahlwerkes Ilva, mit 11 000 Beschäftigten eines der größten Stahlwerke in Europa. 

Die Kläger machen geltend, die Emissionen der Anlage entsprächen nicht den europäischen Vorgaben und gefährdeten ihre Gesundheit. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits 2019 festgestellt, dass die Umwelt und die Gesundheit der Anwohner durch den Betrieb des Stahlwerkes beeinträchtigt werden.

Die italienischen Behörden erließen zwar seit 2012 immer wieder Auflagen, um die Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren. Die dafür vorgesehenen Fristen wurden aber immer wieder verlängert. Eine solche Verlängerung ist nach Ansicht der Generalanwältin nicht mit dem europäischen Recht vereinbar. Die Genehmigungsauflagen hätten spätestens 2014 auch umgesetzt werden müssen, meint sie. Ein Aufschub sei nur unter besonderen Umständen möglich, etwa dann, wenn die Kommission eine neue Entscheidung über die beste verfügbare Technik erlassen habe.

Bei der Genehmigung einer Anlage und bei der Ãœberprüfung einer Genehmigung müssten alle Schadstoffe berücksichtigt werden, „die voraussichtlich in relevanter Menge freigesetzt werden, sowie die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit“. Sollten die von der Anlage ausgehenden oder zu erwartenden Umweltverschmutzungen trotz der Anwendung der besten verfügbaren Techniken die menschliche Gesundheit übermäßig beeinträchtigen, müssten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden: „Sind diese nicht möglich, kann die Anlage nicht genehmigt werden.“

Der Schutz der menschlichen Gesundheit könne insofern auch „erhebliche wirtschaftliche Nachteile“ rechtfertigen. Eine Umweltverschmutzung könne nicht hingenommen werden, wenn die davon Betroffenen in ihren Grundrechten beeinträchtigt würden.

Der Schlussantrag der Generalanwältin ist für den EuGH nicht verbindlich. In den meisten Fällen folgen die Richter jedoch dieser Vorgabe. Auch wenn in diesem Fall über ein Industriewerk geurteilt werden wird, wird das Urteil auf Kraftwerke übertragbar sein, da ihr Betrieb ebenfalls auf immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen beruht.

Donnerstag, 14.12.2023, 11:27 Uhr
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