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Energie & Management > Vertrieb - Dynamische Tarife als Pflichtaufgabe
Quelle: Pixabay / HarmvdB
Vertrieb

Dynamische Tarife als Pflichtaufgabe

Intelligente Messsysteme spielen für dynamische Stromtarife eine entscheidende Rolle. Doch erst nach und nach kommen die Smart Meter ins Feld.
Als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Herbst 2022 den Neustart der Digitalisierung der Energiewende einläutete, sprach er – ganz Politiker – davon, dass die Bürgerinnen und Bürger vom Smart Meter Rollout profitieren werden. Sie könnten dann in den Genuss von variablen Tarifen und entsprechend niedrigen Preisen kommen.

Das Gesetz zum Neustart wurde Ende Mai 2023 verabschiedet. Es sei nicht zu beobachten, sagt Anna Kohlmann, dass sich unmittelbar danach die Versorger in die Vorbereitungen gestürzt hätten, um möglichst schnell variable Tarife auf den Markt zu bringen. „Die Unternehmen haben ein sehr turbulentes Jahr 2022 hinter sich und immer noch erhebliche Herausforderungen zu meistern“, so die Leiterin des Kompetenzteams Digitale Lösungen bei der Beratungsgesellschaft BET in Aachen im Gespräch für die Oktober-Ausgabe von Energie & Management.

Spätestens ab dem 1. Januar 2025 müssen Stromversorger einen dynamischen Tarif in ihrem Angebot haben. Dessen Preis muss sich laut Gesetz nach den täglichen Spotpreisen an der Börse richten. Alle Letztverbraucher, die über ein intelligentes Messsystem im Sinne des Messstellenbetriebsgesetzes verfügen, müssen ein solches Angebot bekommen. Nach Kohlmanns Einschätzung sind die knapp eineinhalb Jahre bis zum Stichtag kein üppiges Zeitpolster. Die Zusammenführung von 15-minütlichen oder stündlichen Verbrauchs- und Börsenpreisdaten und nicht zuletzt die monatliche Abrechnung der Tarife lasse sich bisher nicht mit Standardabrechnungssystemen bewerkstelligen. Die dafür erforderliche Kompatibilität der unterschiedlichen Komponenten sei längst noch nicht gegeben.

Im Zusammenhang mit der Einführung dynamischer Tarife ist die Frage nach dem Rollout intelligenter Messsysteme ganz wesentlich. Soll man erst dann dynamische Tarife einführen und bewerben, wenn schon großflächig intelligente Messsysteme ausgerollt sind? Oder soll man sehr frühzeitig versuchen, Interesse für dynamische Tarife zu wecken und Erfahrung mit dem Produkt zu sammeln, auch wenn es möglicherweise für die grundzuständigen Messstellenbetreiber große Herausforderungen bei der Rollout-Planung mit sich bringt?
 
Lastverschiebungspotenzial ist entscheidend
 
Die Zahl der Stadtwerke, die aktuell einen entsprechenden Tarif anbieten, ist sehr überschaubar. Einige bewerben ihn auf ihrer Internetseite, einige sprechen darüber, einige lieber nicht. Man kann spekulieren, ob es daran liegt, dass sie noch keine Nachfrage nach dem Produkt registrieren oder einfach noch kein massentaugliches Produkt haben.

Mit zunehmender Zahl an Wärmepumpen und Wallboxen in den Haushalten wird die Zahl der Pflichteinbaufälle für intelligente Messsysteme steigen. Dann haben die Kunden auch nennenswerte Lasten, die verschoben und optimiert werden können, und nicht nur die Waschmaschine und den Trockner. Und sie haben Lasten, die nach dem Energiewirtschaftsgesetz ohnehin steuerbar sein müssen.

Aus Sicht von Anna Kohlmann bestimmt das Potenzial der Lastverschiebung ganz entscheidend die Attraktivität eines dynamischen Tarifs. Eine wirkliche Erfolgsgeschichte werde erst bei einer automatisierten Lastverschiebung daraus. „Man kann nicht vom Kunden verlangen, dass er sein Fahrzeug im stündlichen Wechsel der Preise manuell an die Wallbox hängt und wieder abstöpselt“, gibt sie zu bedenken. Deshalb sei auch das intelligente Messsystem mit seiner CLS-Steuerfunktion so wichtig.

„Wenn dynamische Tarife die Gleichzeitigkeit des Verbrauchs maßgeblich verändern und dadurch neue Engpasssituationen herbeiführen, ist am Ende nichts gewonnen“, so Kohlmann. Die Optimierung des Energiesystems, bei dem marktbasierte Preissignale, aktuelle Verbrauchsdaten, variable Netzentgelte für Anlagen nach Paragraf 14a EnWG sowie Informationen über die aktuelle technische Verfügbarkeit von Flexibilitätsoptionen zusammenwirken, müsse das Ziel sein.

Die Stadtwerke Villingen-Schwenningen werden einen „richtigen“ dynamischen Tarif anbieten, versichert Geschäftsführer Gregor Gülpen im Gespräch mit E&M. Zunächst haben sie jedoch einen Tarif an den Markt gebracht, der das arithmetische Mittel des börslichen Spotpreises eines Monats als Preis für den Folgemonat heranzieht. Gülpen spricht von einer „sehr guter Resonanz“ und von einer „Erfolgsgeschichte“.

Die Stadtwerke Wuppertal haben bereits einen börsengekoppelten dynamischen Tarif entwickelt. In einem Pilotprojekt, das auf 50 Haushalte angelegt ist, wird er derzeit getestet. Insgesamt 15 der aktuell 45 registrierten Teilnehmer sind bislang voll ausgestattet und verfügen über ein intelligentes Messsystem. Die Geräte sind obligatorisch. „Weil wir viertelstündliche Verbrauchswerte für das Matching benötigen. Deshalb ist bei allen der Tarifanwendungsfall 7 aktiviert“, erklärt Projektleiter Bastian Dette im Gespräch mit E&M. Einfach ein Standardlastprofil zu hinterlegen, sei kein Thema gewesen. Mit dem bisherigen Projektverlauf sind die Verantwortlichen sehr zufrieden. Die Kunden müssen allerdings den Aufwand und Nutzen einer Lastverschiebung noch selbst abwägen und dann gegebenenfalls den An- oder Aus-Knopf betätigen. „Wir gehen jedoch jetzt die Frage an, wie man hier automatisieren kann“, kündigt Dette an.

Den ausführlichen Beitrag über die Vorbereitungen von Stadtwerken und Netzbetreibern auf die Einführung dynamischer Tarife lesen Sie in der Oktober-Ausgabe von Energie & Management.

Donnerstag, 28.09.2023, 17:45 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Vertrieb - Dynamische Tarife als Pflichtaufgabe
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Dynamische Tarife als Pflichtaufgabe
Intelligente Messsysteme spielen für dynamische Stromtarife eine entscheidende Rolle. Doch erst nach und nach kommen die Smart Meter ins Feld.
Als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Herbst 2022 den Neustart der Digitalisierung der Energiewende einläutete, sprach er – ganz Politiker – davon, dass die Bürgerinnen und Bürger vom Smart Meter Rollout profitieren werden. Sie könnten dann in den Genuss von variablen Tarifen und entsprechend niedrigen Preisen kommen.

Das Gesetz zum Neustart wurde Ende Mai 2023 verabschiedet. Es sei nicht zu beobachten, sagt Anna Kohlmann, dass sich unmittelbar danach die Versorger in die Vorbereitungen gestürzt hätten, um möglichst schnell variable Tarife auf den Markt zu bringen. „Die Unternehmen haben ein sehr turbulentes Jahr 2022 hinter sich und immer noch erhebliche Herausforderungen zu meistern“, so die Leiterin des Kompetenzteams Digitale Lösungen bei der Beratungsgesellschaft BET in Aachen im Gespräch für die Oktober-Ausgabe von Energie & Management.

Spätestens ab dem 1. Januar 2025 müssen Stromversorger einen dynamischen Tarif in ihrem Angebot haben. Dessen Preis muss sich laut Gesetz nach den täglichen Spotpreisen an der Börse richten. Alle Letztverbraucher, die über ein intelligentes Messsystem im Sinne des Messstellenbetriebsgesetzes verfügen, müssen ein solches Angebot bekommen. Nach Kohlmanns Einschätzung sind die knapp eineinhalb Jahre bis zum Stichtag kein üppiges Zeitpolster. Die Zusammenführung von 15-minütlichen oder stündlichen Verbrauchs- und Börsenpreisdaten und nicht zuletzt die monatliche Abrechnung der Tarife lasse sich bisher nicht mit Standardabrechnungssystemen bewerkstelligen. Die dafür erforderliche Kompatibilität der unterschiedlichen Komponenten sei längst noch nicht gegeben.

Im Zusammenhang mit der Einführung dynamischer Tarife ist die Frage nach dem Rollout intelligenter Messsysteme ganz wesentlich. Soll man erst dann dynamische Tarife einführen und bewerben, wenn schon großflächig intelligente Messsysteme ausgerollt sind? Oder soll man sehr frühzeitig versuchen, Interesse für dynamische Tarife zu wecken und Erfahrung mit dem Produkt zu sammeln, auch wenn es möglicherweise für die grundzuständigen Messstellenbetreiber große Herausforderungen bei der Rollout-Planung mit sich bringt?
 
Lastverschiebungspotenzial ist entscheidend
 
Die Zahl der Stadtwerke, die aktuell einen entsprechenden Tarif anbieten, ist sehr überschaubar. Einige bewerben ihn auf ihrer Internetseite, einige sprechen darüber, einige lieber nicht. Man kann spekulieren, ob es daran liegt, dass sie noch keine Nachfrage nach dem Produkt registrieren oder einfach noch kein massentaugliches Produkt haben.

Mit zunehmender Zahl an Wärmepumpen und Wallboxen in den Haushalten wird die Zahl der Pflichteinbaufälle für intelligente Messsysteme steigen. Dann haben die Kunden auch nennenswerte Lasten, die verschoben und optimiert werden können, und nicht nur die Waschmaschine und den Trockner. Und sie haben Lasten, die nach dem Energiewirtschaftsgesetz ohnehin steuerbar sein müssen.

Aus Sicht von Anna Kohlmann bestimmt das Potenzial der Lastverschiebung ganz entscheidend die Attraktivität eines dynamischen Tarifs. Eine wirkliche Erfolgsgeschichte werde erst bei einer automatisierten Lastverschiebung daraus. „Man kann nicht vom Kunden verlangen, dass er sein Fahrzeug im stündlichen Wechsel der Preise manuell an die Wallbox hängt und wieder abstöpselt“, gibt sie zu bedenken. Deshalb sei auch das intelligente Messsystem mit seiner CLS-Steuerfunktion so wichtig.

„Wenn dynamische Tarife die Gleichzeitigkeit des Verbrauchs maßgeblich verändern und dadurch neue Engpasssituationen herbeiführen, ist am Ende nichts gewonnen“, so Kohlmann. Die Optimierung des Energiesystems, bei dem marktbasierte Preissignale, aktuelle Verbrauchsdaten, variable Netzentgelte für Anlagen nach Paragraf 14a EnWG sowie Informationen über die aktuelle technische Verfügbarkeit von Flexibilitätsoptionen zusammenwirken, müsse das Ziel sein.

Die Stadtwerke Villingen-Schwenningen werden einen „richtigen“ dynamischen Tarif anbieten, versichert Geschäftsführer Gregor Gülpen im Gespräch mit E&M. Zunächst haben sie jedoch einen Tarif an den Markt gebracht, der das arithmetische Mittel des börslichen Spotpreises eines Monats als Preis für den Folgemonat heranzieht. Gülpen spricht von einer „sehr guter Resonanz“ und von einer „Erfolgsgeschichte“.

Die Stadtwerke Wuppertal haben bereits einen börsengekoppelten dynamischen Tarif entwickelt. In einem Pilotprojekt, das auf 50 Haushalte angelegt ist, wird er derzeit getestet. Insgesamt 15 der aktuell 45 registrierten Teilnehmer sind bislang voll ausgestattet und verfügen über ein intelligentes Messsystem. Die Geräte sind obligatorisch. „Weil wir viertelstündliche Verbrauchswerte für das Matching benötigen. Deshalb ist bei allen der Tarifanwendungsfall 7 aktiviert“, erklärt Projektleiter Bastian Dette im Gespräch mit E&M. Einfach ein Standardlastprofil zu hinterlegen, sei kein Thema gewesen. Mit dem bisherigen Projektverlauf sind die Verantwortlichen sehr zufrieden. Die Kunden müssen allerdings den Aufwand und Nutzen einer Lastverschiebung noch selbst abwägen und dann gegebenenfalls den An- oder Aus-Knopf betätigen. „Wir gehen jedoch jetzt die Frage an, wie man hier automatisieren kann“, kündigt Dette an.

Den ausführlichen Beitrag über die Vorbereitungen von Stadtwerken und Netzbetreibern auf die Einführung dynamischer Tarife lesen Sie in der Oktober-Ausgabe von Energie & Management.

Donnerstag, 28.09.2023, 17:45 Uhr
Fritz Wilhelm

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