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Energie & Management > Kernkraft - Ungarischer Standort liegt direkt auf einer Erdbebenzone
Bild: Shutterstock, lassedesignen
Kernkraft

Ungarischer Standort liegt direkt auf einer Erdbebenzone

Der Standort des ungarischen Kernkraftwerks Paks II ist deutlich mehr durch Erdbeben gefährdet als bisher bekannt war.
Das geht aus einer Studie hervor, die das österreichische Umweltbundesamt im Auftrag der Regierung in Wien koordiniert hat. Die schon vorhandenen vier Reaktoren, zu denen in den nächsten Jahren zwei weitere hinzukommen sollen, befänden sich direkt auf einer Erdbebenzone, sodass dauerhafte Oberflächenverschiebungen nicht zuverlässig ausgeschlossen werden könnten, heißt es in dem 91 Seiten starken Dokument. Der Standort Paks II sollte daher als ungeeignet angesehen werden.

Die Studie wurde zu Wochenbeginn an die ungarische Atomaufsichtsbehörde übermittelt. Diese soll nun Stellung zu den Ergebnissen beziehen und einen Workshop auch mit Beteiligung von Fachleuten aus Nachbarländern organisieren.
Grundsätzlich ist eine grenzüberschreitende Beteiligung nur für die Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen, die jedoch schon stattgefunden hat.

Martin Litschauer von den österreichischen Grünen gibt zu bedenken, dass das ungarische Betreiberunternehmen wissenschaftliche Ergebnisse der paläoseismologischen Untersuchungen, die aktive Störungen und wiederholte schwere Erdbeben in den letzten 20.000 Jahren belegen, einfach ignoriert habe. Wären diese Ergebnisse korrekt in den Standortsicherheitsbericht eingeflossen, wäre die Erweiterung niemals durchgegangen, widerspreche sie doch einem nationalen ungarischen Dekret und den geltenden IAEO-Kriterien für ein erhöhtes Erdbebenrisiko, so der Politiker weiter. Im Jahre 2017 hatte die ungarische Kernenergiebehörde die Lizenz für den Ausbau von Paks II auf Basis des Standortsicherheitsberichtes der ungarischen Betreiberfirma MVM Paks II. Zrt. erteilt.

Es ist schon länger nachgewiesen, dass Paks II auf einer seismisch aktiven Zone gebaut wurde. Neu sind jedoch die Erkenntnisse zum gravierenden Ausmaß der Gefährdung, die durch paläoseismische Grabungen gewonnen wurden, womit sich die Verschiebung von Erdschichten und tektonische Aktivitäten rekonstruieren lassen. Der Studie zufolge zeigten sich in Paks Brüche, die das Potenzial hätten, die Erdoberfläche zu versetzen.

Unterdessen debattiert das ungarische Parlament über einen Gesetzesentwurf der Regierung des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban zur Bestellung der künftigen Generaldirektoren der Atomaufsicht. Der bisherige Leiter Gyula Fichtinger hatte sein Mandat am 29. April niedergelegt. Seine Nachfolger sollen ab 2022 auf jeweils neun Jahre ohne vorheriges Auswahlverfahren vom Regierungschef ernannt werden, unkündbar sein und unabhängig von politischen Einflüssen agieren, wobei ihre Amtszeit einmal verlängert werden kann.

Nach offizieller Lesart wird so der wiederholt vorgebrachte Einwand der EU-Kommission entkräftet, dass die Atomaufsicht keine unabhängige Behörde sei. Kritikern in Budapest zufolge will die Regierung jedoch vor allem den Ausbau von Paks II im Vorfeld der Parlamentswahlen im nächsten Jahr zementieren. Aktuellen Umfragen zufolge könnte es nämlich nach zwölf Jahren zu einem Machtwechsel kommen. Damit wäre aller Voraussicht nach auch die Erweiterung des Kernkraftwerks infrage gestellt.

Mittwoch, 19.05.2021, 11:35 Uhr
Karin Rogalska
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Ungarischer Standort liegt direkt auf einer Erdbebenzone
Der Standort des ungarischen Kernkraftwerks Paks II ist deutlich mehr durch Erdbeben gefährdet als bisher bekannt war.
Das geht aus einer Studie hervor, die das österreichische Umweltbundesamt im Auftrag der Regierung in Wien koordiniert hat. Die schon vorhandenen vier Reaktoren, zu denen in den nächsten Jahren zwei weitere hinzukommen sollen, befänden sich direkt auf einer Erdbebenzone, sodass dauerhafte Oberflächenverschiebungen nicht zuverlässig ausgeschlossen werden könnten, heißt es in dem 91 Seiten starken Dokument. Der Standort Paks II sollte daher als ungeeignet angesehen werden.

Die Studie wurde zu Wochenbeginn an die ungarische Atomaufsichtsbehörde übermittelt. Diese soll nun Stellung zu den Ergebnissen beziehen und einen Workshop auch mit Beteiligung von Fachleuten aus Nachbarländern organisieren.
Grundsätzlich ist eine grenzüberschreitende Beteiligung nur für die Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen, die jedoch schon stattgefunden hat.

Martin Litschauer von den österreichischen Grünen gibt zu bedenken, dass das ungarische Betreiberunternehmen wissenschaftliche Ergebnisse der paläoseismologischen Untersuchungen, die aktive Störungen und wiederholte schwere Erdbeben in den letzten 20.000 Jahren belegen, einfach ignoriert habe. Wären diese Ergebnisse korrekt in den Standortsicherheitsbericht eingeflossen, wäre die Erweiterung niemals durchgegangen, widerspreche sie doch einem nationalen ungarischen Dekret und den geltenden IAEO-Kriterien für ein erhöhtes Erdbebenrisiko, so der Politiker weiter. Im Jahre 2017 hatte die ungarische Kernenergiebehörde die Lizenz für den Ausbau von Paks II auf Basis des Standortsicherheitsberichtes der ungarischen Betreiberfirma MVM Paks II. Zrt. erteilt.

Es ist schon länger nachgewiesen, dass Paks II auf einer seismisch aktiven Zone gebaut wurde. Neu sind jedoch die Erkenntnisse zum gravierenden Ausmaß der Gefährdung, die durch paläoseismische Grabungen gewonnen wurden, womit sich die Verschiebung von Erdschichten und tektonische Aktivitäten rekonstruieren lassen. Der Studie zufolge zeigten sich in Paks Brüche, die das Potenzial hätten, die Erdoberfläche zu versetzen.

Unterdessen debattiert das ungarische Parlament über einen Gesetzesentwurf der Regierung des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban zur Bestellung der künftigen Generaldirektoren der Atomaufsicht. Der bisherige Leiter Gyula Fichtinger hatte sein Mandat am 29. April niedergelegt. Seine Nachfolger sollen ab 2022 auf jeweils neun Jahre ohne vorheriges Auswahlverfahren vom Regierungschef ernannt werden, unkündbar sein und unabhängig von politischen Einflüssen agieren, wobei ihre Amtszeit einmal verlängert werden kann.

Nach offizieller Lesart wird so der wiederholt vorgebrachte Einwand der EU-Kommission entkräftet, dass die Atomaufsicht keine unabhängige Behörde sei. Kritikern in Budapest zufolge will die Regierung jedoch vor allem den Ausbau von Paks II im Vorfeld der Parlamentswahlen im nächsten Jahr zementieren. Aktuellen Umfragen zufolge könnte es nämlich nach zwölf Jahren zu einem Machtwechsel kommen. Damit wäre aller Voraussicht nach auch die Erweiterung des Kernkraftwerks infrage gestellt.

Mittwoch, 19.05.2021, 11:35 Uhr
Karin Rogalska

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