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Energie & Management > Kernkraft - Hitzige Debatte zum Ausstieg am 15. April
Quelle: Fotolia / mirkomedia
Kernkraft

Hitzige Debatte zum Ausstieg am 15. April

Der 2011 von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossene Kernkraftausstieg wird vollzogen. Ausgerechnet FDP und Union wollen ihn zurücknehmen, obwohl der Strom nicht benötigt wird.
Am Wochenende gehen auch die letzten drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 außer Betrieb und werden später abgerissen. 60 Prozent der Deutschen halten das angesichts des Kriegs in der Ukraine und wegfallender Gaslieferungen aus Russland für einen Fehler. Laut einer Umfrage für das ARD-Morgenmagazin fürchten sie höhere Strompreise. CDU-Chef Friedrich Merz nannte die Abschaltung "einen schwarzen Tag für Deutschland". CSU-Chef Markus Söder behauptete: "Strom für 10 Millionen Haushalte muss dann ab Sonntag völlig neu organisiert werden."

Dem widersprechen aktuelle Studien. Laut einer Analyse von Deutscher Umwelthilfe (DUH) und der Initiative "Ausgestrahlt" war schon die Laufzeitverlängerung bis April unnötig. "Mit wochenlangen Ausfällen aufgrund von Wartungsarbeiten, der geringen verbliebenen Leistung, dem niedrigen Beitrag der Reaktoren zur Regelleistung und einer Atomstromproduktion, die bilanziell nur in den Export geht, leistet Atomkraft keinen relevanten Beitrag zur Energiesicherheit", resümieren die Organisationen. Die Energiesicherheit sei in den vergangenen Monaten trotz des Ukraine-Kriegs gewährleistet und werde es auch weiterhin sein.

Geringer Beitrag zur Stromversorgung

Auch eine Studie des Analyse-Instituts Enervis im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy und der Umweltschutzorganisation Greenpeace bezeichnet die Laufzeitverlängerung bis ins Jahr 2023 als überflüssig. "Erneuerbare Energien, Energiesparmaßnahmen und die Flexibilität im Netz haben uns im Winter deutlich mehr geholfen als die drei Atomkraftwerke", sagte Carolin Dähling, Bereichsleiterin Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy in Berlin.
 
 
Laut einer Studie des Beratungshauses Enervis Energy Advisors sank die Stromerzeugung der drei AKWs zwischen November 2022 und April 2023 auf rund 12,2 Milliarden kWh Strom. "Die ohnehin gedrosselte Stromerzeugung der drei Reaktoren hätte zu jeder Zeit durch verfügbare Gaskraftwerke ersetzt werden können", sagte Studienleiter Tim Höfer von Enervis. Auch das Ziel, durch den Weiterbetrieb nennenswerte Mengen an knappem Erdgas einzusparen, erfüllte sich nur in sehr geringem Umfang. Insgesamt sank der Erdgasverbrauch durch den Strom aus den Kernkraftwerken nur um etwa 0,3 Prozent des bundesweiten Gasverbrauchs. Auch die Einsparung von CO2 lag demnach nur bei 0,2 Prozent.

"Angesichts des geringen Nutzens für unsere Energieversorgung sind aktuelle Forderungen nach erneuten Laufzeitverlängerungen unseriös und sogar gefährlich. Atomreaktoren beinhalten hohe Risiken, die angesichts militärischer Auseinandersetzungen in Europa sogar noch steigen", sagte Heinz Smital, Atom-Experte bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace.

Netzbetreiber Amprion nennt Stromversorgung sicher

Aus diesen Gründen hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ursprünglich eine Laufzeitverlängerung über das einstige Abschaltdatum 31. Dezember 2022 abgelehnt. Auch der Übertragungsnetzbetreiber Amprion erwartet durch die Stilllegung der letzten deutschen Atomkraftwerke keine zusätzlichen Gefahren für die Versorgungssicherheit im deutschen Stromnetz. Dank der vorbereiteten Maßnahmen von der Bereitstellung zusätzlicher konventioneller Reservekapazitäten bis zur besseren Nutzung der vorhandenen Hochspannungsleitungen werde die Netzstabilität auf einem vergleichbaren Niveau sein wie vor dem Kernkraftausstieg, sagte Amprion-Chef Hans-Jürgen Brick.

Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag Katharina Dröge kritisierte die Union für ihre Forderungen nach der Verlängerung von Kernkraft. Im ARD-Morgenmagazin sagte sie: "Das Weiterlaufenlassen ginge nicht ohne massive zusätzliche Sicherheitsüberprüfung, und die Kosten müsste der Steuerzahler tragen, was die Opposition verschweigt", sagte Dröge. Atomenergie sei eine extrem teure Form der Energieerzeugung. "Diese Verschwendung von Steuergeld beenden wir und schaffen gleichzeitig auch Preissicherheit für die Menschen", versprach sie.

Erneuerbare Energien preiswert und sicher

"Deutschland steigt aus der gefährlichsten Technologie zur Energieerzeugung aus, die es je gab", begrüßte Simone Peter das Ende der Kernkraftära. Die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) rief dazu auf, nun die "erneuerbaren Energien beherzter voranzutreiben und das Energiesystem auf ihre Bedürfnisse auszurichten". Erneuerbare senkten heute schon die Preise an der Strombörse, an den Ostertagen erneut auf unter null Euro. "Das müssen das neue Strommarktdesign und die geplante Kraftwerksstrategie berücksichtigen", forderte Peter.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke erinnerte anlässlich der Abschaltung daran, dass noch 30.000 Generationen mit dem strahlenden Abfall der Kernkraftwerke leben müssen. Zudem gebe es bis heute kein Endlager für die hochradioaktiven Abfälle und auch die Endlagerung der weniger strahlenden Abfälle koste viel Geld.

Die DUH-Analyse zum Streckbetrieb der Kernkraftwerke steht im Internet bereit.
Die Kurzanalyse von Enervis steht zum Download bereit.

Freitag, 14.04.2023, 12:26 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Kernkraft - Hitzige Debatte zum Ausstieg am 15. April
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Kernkraft
Hitzige Debatte zum Ausstieg am 15. April
Der 2011 von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossene Kernkraftausstieg wird vollzogen. Ausgerechnet FDP und Union wollen ihn zurücknehmen, obwohl der Strom nicht benötigt wird.
Am Wochenende gehen auch die letzten drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 außer Betrieb und werden später abgerissen. 60 Prozent der Deutschen halten das angesichts des Kriegs in der Ukraine und wegfallender Gaslieferungen aus Russland für einen Fehler. Laut einer Umfrage für das ARD-Morgenmagazin fürchten sie höhere Strompreise. CDU-Chef Friedrich Merz nannte die Abschaltung "einen schwarzen Tag für Deutschland". CSU-Chef Markus Söder behauptete: "Strom für 10 Millionen Haushalte muss dann ab Sonntag völlig neu organisiert werden."

Dem widersprechen aktuelle Studien. Laut einer Analyse von Deutscher Umwelthilfe (DUH) und der Initiative "Ausgestrahlt" war schon die Laufzeitverlängerung bis April unnötig. "Mit wochenlangen Ausfällen aufgrund von Wartungsarbeiten, der geringen verbliebenen Leistung, dem niedrigen Beitrag der Reaktoren zur Regelleistung und einer Atomstromproduktion, die bilanziell nur in den Export geht, leistet Atomkraft keinen relevanten Beitrag zur Energiesicherheit", resümieren die Organisationen. Die Energiesicherheit sei in den vergangenen Monaten trotz des Ukraine-Kriegs gewährleistet und werde es auch weiterhin sein.

Geringer Beitrag zur Stromversorgung

Auch eine Studie des Analyse-Instituts Enervis im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy und der Umweltschutzorganisation Greenpeace bezeichnet die Laufzeitverlängerung bis ins Jahr 2023 als überflüssig. "Erneuerbare Energien, Energiesparmaßnahmen und die Flexibilität im Netz haben uns im Winter deutlich mehr geholfen als die drei Atomkraftwerke", sagte Carolin Dähling, Bereichsleiterin Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy in Berlin.
 
 
Laut einer Studie des Beratungshauses Enervis Energy Advisors sank die Stromerzeugung der drei AKWs zwischen November 2022 und April 2023 auf rund 12,2 Milliarden kWh Strom. "Die ohnehin gedrosselte Stromerzeugung der drei Reaktoren hätte zu jeder Zeit durch verfügbare Gaskraftwerke ersetzt werden können", sagte Studienleiter Tim Höfer von Enervis. Auch das Ziel, durch den Weiterbetrieb nennenswerte Mengen an knappem Erdgas einzusparen, erfüllte sich nur in sehr geringem Umfang. Insgesamt sank der Erdgasverbrauch durch den Strom aus den Kernkraftwerken nur um etwa 0,3 Prozent des bundesweiten Gasverbrauchs. Auch die Einsparung von CO2 lag demnach nur bei 0,2 Prozent.

"Angesichts des geringen Nutzens für unsere Energieversorgung sind aktuelle Forderungen nach erneuten Laufzeitverlängerungen unseriös und sogar gefährlich. Atomreaktoren beinhalten hohe Risiken, die angesichts militärischer Auseinandersetzungen in Europa sogar noch steigen", sagte Heinz Smital, Atom-Experte bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace.

Netzbetreiber Amprion nennt Stromversorgung sicher

Aus diesen Gründen hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ursprünglich eine Laufzeitverlängerung über das einstige Abschaltdatum 31. Dezember 2022 abgelehnt. Auch der Übertragungsnetzbetreiber Amprion erwartet durch die Stilllegung der letzten deutschen Atomkraftwerke keine zusätzlichen Gefahren für die Versorgungssicherheit im deutschen Stromnetz. Dank der vorbereiteten Maßnahmen von der Bereitstellung zusätzlicher konventioneller Reservekapazitäten bis zur besseren Nutzung der vorhandenen Hochspannungsleitungen werde die Netzstabilität auf einem vergleichbaren Niveau sein wie vor dem Kernkraftausstieg, sagte Amprion-Chef Hans-Jürgen Brick.

Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag Katharina Dröge kritisierte die Union für ihre Forderungen nach der Verlängerung von Kernkraft. Im ARD-Morgenmagazin sagte sie: "Das Weiterlaufenlassen ginge nicht ohne massive zusätzliche Sicherheitsüberprüfung, und die Kosten müsste der Steuerzahler tragen, was die Opposition verschweigt", sagte Dröge. Atomenergie sei eine extrem teure Form der Energieerzeugung. "Diese Verschwendung von Steuergeld beenden wir und schaffen gleichzeitig auch Preissicherheit für die Menschen", versprach sie.

Erneuerbare Energien preiswert und sicher

"Deutschland steigt aus der gefährlichsten Technologie zur Energieerzeugung aus, die es je gab", begrüßte Simone Peter das Ende der Kernkraftära. Die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) rief dazu auf, nun die "erneuerbaren Energien beherzter voranzutreiben und das Energiesystem auf ihre Bedürfnisse auszurichten". Erneuerbare senkten heute schon die Preise an der Strombörse, an den Ostertagen erneut auf unter null Euro. "Das müssen das neue Strommarktdesign und die geplante Kraftwerksstrategie berücksichtigen", forderte Peter.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke erinnerte anlässlich der Abschaltung daran, dass noch 30.000 Generationen mit dem strahlenden Abfall der Kernkraftwerke leben müssen. Zudem gebe es bis heute kein Endlager für die hochradioaktiven Abfälle und auch die Endlagerung der weniger strahlenden Abfälle koste viel Geld.

Die DUH-Analyse zum Streckbetrieb der Kernkraftwerke steht im Internet bereit.
Die Kurzanalyse von Enervis steht zum Download bereit.

Freitag, 14.04.2023, 12:26 Uhr
Susanne Harmsen

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