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Energie & Management > Studien - Klimaneutrale Stromversorgung auch bei Extremwetter möglich
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Studien

Klimaneutrale Stromversorgung auch bei Extremwetter möglich

Um auch in Zukunft gegen kalte Dunkelflauten gerüstet zu sein, braucht das deutsche Stromnetz nach einer Studie des EWI vor allem eins: gute Verbindungen ins Ausland.
Forschende der Universität zu Köln untersuchten, wie ein Energiesystem mit hohen Anteilen von Erneuerbaren auch in Extremwettersituationen funktionieren kann. Der Schlüssel liegt demnach in einer Kombination von Interkonnektoren und flexiblen Gaskraftwerken.

In einem klimaneutralen Energiesystem wird mehr Strom benötigt, gerade bei niedrigen Temperaturen - etwa durch den verstärkten Bedarf durch Wärmepumpen. Gleichzeitig hängt die Stromerzeugung zunehmend vom Wetter ab, weil ein deutlich höherer Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien produziert wird. Forscherinnen des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität zu Köln (EWI) haben im Rahmen einer aktuellen Studie aufgezeigt, wie in einem solchen klimaneutralen Energiesystem die Versorgungssicherheit gewährleistet werden kann – auch in Extremwettersituationen.

Mithilfe von Wetter- und Kraftwerkseinsatzmodellen untersuchten die Doktorandinnen Linh Ho und Berit Hanna Czock sowie Professorin Stephanie Fiedler die Zuverlässigkeit der Stromversorgung bei steigenden EE-Anteilen in besonders extremen Wetterperioden. Die Ergebnisse sind im Gutachterbericht „Klimaneutralität 2045 – Transformation der Verbrauchssektoren und des Energiesystems“ im Rahmen der „Dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität“ veröffentlicht.

Die Studie beschreibt ein Szenario für die Transformation des deutschen Energiesystems hin zu Klimaneutralität im Jahr 2045. Demnach sinkt zwar der Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2045 um etwa 41 % gegenüber 2018. Die Bruttostromnachfrage steigt jedoch um 580 Mrd. kWh deutlich auf 910 Mrd. kWh. Dies liegt daran, dass Verkehr, Gebäude und Industrie zunehmend elektrifiziert werden und auch zur Herstellung von Wasserstoff Strom benötigt wird. Insbesondere die neun Mio. elektrischen Wärmepumpen im Jahr 2045 treiben im Szenario gleichzeitige Nachfragespitzen.

Zugleich geht die konventionelle Stromerzeugung aus Kernkraft und Kohle zurück, während die Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie im Jahr 2045 85 % der Bruttostromnachfrage deckt. Weil der Wind aber nicht immer weht und die Sonne nicht immer scheint, spielen sogenannte Flexibilitäten eine wichtige Rolle. Im Idealfall fangen sie Nachfrage- oder Erneuerbaren-Einspeisespitzen ab.

Im Rahmen ihrer Studie haben die Kölner Forscherinnen Extremwettersituationen betrachtet, bei denen es in ganz Europa besonders kalt und in Deutschland zudem mehrere Tage lang windstill war. „Kritisch für die Stromversorgung sind vor allem sogenannte kalte Dunkelflauten“, sagt Professorin Stephanie Fiedler. „Das sind Situationen mit niedrigen Temperaturen und daraus resultierender hoher Stromnachfrage bei gleichzeitig geringer Sonneneinstrahlung und geringen Windgeschwindigkeiten, die wiederum zu einer geringeren Erzeugung erneuerbarer Energien führen.“

Interkonnektoren müssen ausgebaut werden

Mithilfe einer Modellierung von Kraftwerkseinsatz und Stromhandel zeigen die Wissenschaftlerinnen, dass im Klimaneutralitäts-Szenario auch in zwei exemplarisch ausgewählten „kalten Dunkelflauten“ der historischen Wetterjahre 1997 und 2007 die gesamte Stromnachfrage knapp gedeckt werden kann, unter anderem durch Stromimporte aus dem europäischen Ausland. Denn in den betrachteten Extremwettersituationen sind die europäischen Nachbarn weniger vom Extremwetter betroffen und können Strom nach Deutschland exportieren, zum Beispiel aus Nordeuropa, Frankreich und der Schweiz. Dazu müssen jedoch die Interkonnektoren zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern deutlich ausgebaut werden.

Auf deutscher Seite werden vor allem flexible Gaskraftwerke – die mittelfristig (teilweise) mit klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden können – sowie flexibel einsetzbare Großbatterien und Pumpspeicher eingesetzt. Auch die Nachfrageseite könnte durch ihre Flexibilität zu einer Vermeidung von Versorgungslücken beitragen, etwa, indem flexible Industrieprozesse kurzfristig heruntergeregelt werden. Auch private Haushalte könnten Wärmespeicher und die Batterien ihrer E-Fahrzeuge zur Überbrückung besonders kritischer Stunden einsetzen.

Solche Flexibilitätsoptionen sind technisch möglich. Bevor Haushalte und andere Verbraucher zu Flexibilitätsanbietern werden, müssen jedoch entsprechende Anreize und die technischen Schnittstellen geschaffen werden.

Eine Einschränkung bleibt aber: Zwar konnten in den beiden Fallstudien Versorgungslücken in der Stromversorgung vermieden werden. Jedoch wird im Rahmen des Klimawandels eine Zunahme von Extremereignissen erwartet, deren Auswirkungen noch nicht systematisch untersucht wurden.

Der Gutachterbericht „Klimaneutralität 2045 – Transformation der Verbrauchssektoren und des Energiesystems“ kann von der Website der Dena heruntergeladen werden.

Mittwoch, 24.11.2021, 13:55 Uhr
Peter Koller
Energie & Management > Studien - Klimaneutrale Stromversorgung auch bei Extremwetter möglich
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Klimaneutrale Stromversorgung auch bei Extremwetter möglich
Um auch in Zukunft gegen kalte Dunkelflauten gerüstet zu sein, braucht das deutsche Stromnetz nach einer Studie des EWI vor allem eins: gute Verbindungen ins Ausland.
Forschende der Universität zu Köln untersuchten, wie ein Energiesystem mit hohen Anteilen von Erneuerbaren auch in Extremwettersituationen funktionieren kann. Der Schlüssel liegt demnach in einer Kombination von Interkonnektoren und flexiblen Gaskraftwerken.

In einem klimaneutralen Energiesystem wird mehr Strom benötigt, gerade bei niedrigen Temperaturen - etwa durch den verstärkten Bedarf durch Wärmepumpen. Gleichzeitig hängt die Stromerzeugung zunehmend vom Wetter ab, weil ein deutlich höherer Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien produziert wird. Forscherinnen des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität zu Köln (EWI) haben im Rahmen einer aktuellen Studie aufgezeigt, wie in einem solchen klimaneutralen Energiesystem die Versorgungssicherheit gewährleistet werden kann – auch in Extremwettersituationen.

Mithilfe von Wetter- und Kraftwerkseinsatzmodellen untersuchten die Doktorandinnen Linh Ho und Berit Hanna Czock sowie Professorin Stephanie Fiedler die Zuverlässigkeit der Stromversorgung bei steigenden EE-Anteilen in besonders extremen Wetterperioden. Die Ergebnisse sind im Gutachterbericht „Klimaneutralität 2045 – Transformation der Verbrauchssektoren und des Energiesystems“ im Rahmen der „Dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität“ veröffentlicht.

Die Studie beschreibt ein Szenario für die Transformation des deutschen Energiesystems hin zu Klimaneutralität im Jahr 2045. Demnach sinkt zwar der Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2045 um etwa 41 % gegenüber 2018. Die Bruttostromnachfrage steigt jedoch um 580 Mrd. kWh deutlich auf 910 Mrd. kWh. Dies liegt daran, dass Verkehr, Gebäude und Industrie zunehmend elektrifiziert werden und auch zur Herstellung von Wasserstoff Strom benötigt wird. Insbesondere die neun Mio. elektrischen Wärmepumpen im Jahr 2045 treiben im Szenario gleichzeitige Nachfragespitzen.

Zugleich geht die konventionelle Stromerzeugung aus Kernkraft und Kohle zurück, während die Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie im Jahr 2045 85 % der Bruttostromnachfrage deckt. Weil der Wind aber nicht immer weht und die Sonne nicht immer scheint, spielen sogenannte Flexibilitäten eine wichtige Rolle. Im Idealfall fangen sie Nachfrage- oder Erneuerbaren-Einspeisespitzen ab.

Im Rahmen ihrer Studie haben die Kölner Forscherinnen Extremwettersituationen betrachtet, bei denen es in ganz Europa besonders kalt und in Deutschland zudem mehrere Tage lang windstill war. „Kritisch für die Stromversorgung sind vor allem sogenannte kalte Dunkelflauten“, sagt Professorin Stephanie Fiedler. „Das sind Situationen mit niedrigen Temperaturen und daraus resultierender hoher Stromnachfrage bei gleichzeitig geringer Sonneneinstrahlung und geringen Windgeschwindigkeiten, die wiederum zu einer geringeren Erzeugung erneuerbarer Energien führen.“

Interkonnektoren müssen ausgebaut werden

Mithilfe einer Modellierung von Kraftwerkseinsatz und Stromhandel zeigen die Wissenschaftlerinnen, dass im Klimaneutralitäts-Szenario auch in zwei exemplarisch ausgewählten „kalten Dunkelflauten“ der historischen Wetterjahre 1997 und 2007 die gesamte Stromnachfrage knapp gedeckt werden kann, unter anderem durch Stromimporte aus dem europäischen Ausland. Denn in den betrachteten Extremwettersituationen sind die europäischen Nachbarn weniger vom Extremwetter betroffen und können Strom nach Deutschland exportieren, zum Beispiel aus Nordeuropa, Frankreich und der Schweiz. Dazu müssen jedoch die Interkonnektoren zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern deutlich ausgebaut werden.

Auf deutscher Seite werden vor allem flexible Gaskraftwerke – die mittelfristig (teilweise) mit klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden können – sowie flexibel einsetzbare Großbatterien und Pumpspeicher eingesetzt. Auch die Nachfrageseite könnte durch ihre Flexibilität zu einer Vermeidung von Versorgungslücken beitragen, etwa, indem flexible Industrieprozesse kurzfristig heruntergeregelt werden. Auch private Haushalte könnten Wärmespeicher und die Batterien ihrer E-Fahrzeuge zur Überbrückung besonders kritischer Stunden einsetzen.

Solche Flexibilitätsoptionen sind technisch möglich. Bevor Haushalte und andere Verbraucher zu Flexibilitätsanbietern werden, müssen jedoch entsprechende Anreize und die technischen Schnittstellen geschaffen werden.

Eine Einschränkung bleibt aber: Zwar konnten in den beiden Fallstudien Versorgungslücken in der Stromversorgung vermieden werden. Jedoch wird im Rahmen des Klimawandels eine Zunahme von Extremereignissen erwartet, deren Auswirkungen noch nicht systematisch untersucht wurden.

Der Gutachterbericht „Klimaneutralität 2045 – Transformation der Verbrauchssektoren und des Energiesystems“ kann von der Website der Dena heruntergeladen werden.

Mittwoch, 24.11.2021, 13:55 Uhr
Peter Koller

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