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Energie & Management > Wasserkraft - Studie übt Kritik an der Ökobilanz rumänischer Wasserkraft
Umstrittenes Wasserkraftwerk Dumitra im rumänischen Nationalpark "Schlucht des Jiu-Flusses", Bild: Calin Dejeu
Wasserkraft

Studie übt Kritik an der Ökobilanz rumänischer Wasserkraft

Der Ausbau der Wasserkraft läuft der Umwelt zuwider. Forschende stützen diese Meinung von Naturschützern mit einer Studie zu den Kleinwasserkraftwerken in Rumänien. 
Im Zeitraum 1. Januar bis 31. Mai dieses Jahres erzeugten konventionelle Kraftwerke in Rumänien 12,07 Mrd. kWh Strom, erneuerbare Energieanlagen dagegen sorgten für 11,31 Mrd. kWh grünen Strom, allen voran die Stromerzeugung aus kleinen Wasserkraftwerken mit 7,91 Mrd. kWh. Dies zeigen Werte von Entso-E, dem europäischen Dachverband der Netzbetreiber. 

Ein zweischneidiges Schwert, denn: In den letzten Jahren entstanden in Rumänien viele kleine Wasserkraftwerke mit bis zu 10 MW Leistung, wie Forschende unter Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischer (IGB) in einer aktuellen Studie anführen. Aus den aktuell über 545 Anlagen kommen aber lediglich 3 % der gesamten Energiegewinnung. Ein viel zu geringer Ertrag im Vergleich zu den Auswirkungen auf die Ökologie, monieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Langfristige Auswirkungen von Stauanlagen ausgeblendet

"Zwar gibt ein europäischer Leitfaden grundsätzlich vor, welche Anforderungen Wasserkraftwerke erfüllen müssen, die in EU-Flora-Fauna-Habitat-Gebieten liegen", so Martin Pusch, Co-Autor der Studie am IGB. "Mit der Umsetzung dieser Vorgaben hapert es aber leider, denn kleine Wasserkraftwerke werden oft unwirtschaftlich, wenn sie zur Erfüllung der Umweltauflagen beispielsweise mit funktionierenden Fischpässen ausgestattet werden." Umweltverträglichkeitsprüfungen würden zudem oft die großräumigen und langfristigen Auswirkungen von Stauanlagen ausblenden. 

In ihrer Studie veranschaulichen die Forschenden die geografische Verteilung der Kleinwasserkraftwerke in Rumänien: 49 % sind demnach angesiedelt in EU-Flora-Fauna-Habitat-Gebieten oder anderen Schutzgebieten. 17 % wurden in naturnahen der naturbelassenen Flussabschnitten gebaut, die sich zuvor in einem "guten" oder "sehr guten" ökologischen Zustände gemäß der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie befanden und daher nicht beeinträchtigt werden sollten. 

Messungen an Bächen in den Karpaten

Dass genau solch eine Beeinträchtigung allerdings vorliegt, führen die Forschenden in ihrer Untersuchung an: Sowohl flussaufwärts als auch flussabwärts des Staudamms der Wasserkraftwerke gäbe es große Auswirkungen auf die Fischpopulation. Das Forschungsteam verglich hierzu an 32 Monitoring-Stellen in Karpatenbächen die derzeitigen Fischvorkommen der Bachforelle und der geschützten Groppe mit Referenzdaten, die vor dem Kraftwerksbau erhoben worden waren.

Die Bilanz von Gabriela Costea, der Erstautorin der Studie, fällt "erschreckend negativ" aus: "62 Prozent der Ober- und Unterläufe der Bäche haben eine oder beide Fischarten im Vergleich zum Referenzzeitraum verloren. In 38 Prozent der Ober- und 19 Prozent der Unterläufe fehlt nun eine Fischart, und in 24 Prozent der Oberläufe und 43 Prozent der Unterläufe fehlen beide Fischarten." 

Den Grund für den Wasserkraft-Boom in Rumänien machen die Forschenden insbesondere an der Umsetzung der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie fest. Diese unterstützt mit Subventionen den Bau und Betrieb von Wasserkraftanlagen. Der Vorwurf der Forschenden: Da die Umweltstandards in Rumänien nicht ausreichend berücksichtigt würden, kollidiere die dortige Wasserkraft mit der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie der EU. Die Europäische Energiepolitik müsse daher mit den Zielen der EU-Biodiversitätsstrategie abgestimmt werden, fordern die Forschenden.

Das IGB gibt auf seiner Internetseite Einblick in die Studie "A review of hydropower plants in Romania: Distribution, current knowledge, and their effects on fish in headwater streams".

Bayern als Gegenbeispiel

Eine pauschales Nein zur Wasserkraft verbietet sich demgegenüber aktuell der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW). In der Initiative "Wasserkraft - Ja bitte!" hat sich der Verband kürzlich mit bayerischen Unternehmen − darunter die Stadtwerke München, Uniper und das Bayernwerk − zusammengeschlossen. Gemeinsam machen sie sich stark für die Wasserkraft im Freistaat.

In einem Imagefilm reagieren sie auf die "aktuellen pauschalen Verunglimpfungen" der Wasserkraft durch die Freizeit- und Naturschutzverbände. Detlef Fischer, Geschäftsführer des VBEW, betont das Ansinnen der bayerischen Wasserkraftwerksbetreiber, die Fische vor Schaden zu bewahren. Er spielt damit an auf die tatkräftige Schaffung von neuen Laichplätzen in Magerwiesen, Umgehungsgewässern und Fischtreppen. Über die erforderliche Größe der Anlagen und deren Wirtschaftlichkeit macht der VBEW dagegen keine Angaben.

Montag, 31.05.2021, 16:30 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Wasserkraft - Studie übt Kritik an der Ökobilanz rumänischer Wasserkraft
Umstrittenes Wasserkraftwerk Dumitra im rumänischen Nationalpark "Schlucht des Jiu-Flusses", Bild: Calin Dejeu
Wasserkraft
Studie übt Kritik an der Ökobilanz rumänischer Wasserkraft
Der Ausbau der Wasserkraft läuft der Umwelt zuwider. Forschende stützen diese Meinung von Naturschützern mit einer Studie zu den Kleinwasserkraftwerken in Rumänien. 
Im Zeitraum 1. Januar bis 31. Mai dieses Jahres erzeugten konventionelle Kraftwerke in Rumänien 12,07 Mrd. kWh Strom, erneuerbare Energieanlagen dagegen sorgten für 11,31 Mrd. kWh grünen Strom, allen voran die Stromerzeugung aus kleinen Wasserkraftwerken mit 7,91 Mrd. kWh. Dies zeigen Werte von Entso-E, dem europäischen Dachverband der Netzbetreiber. 

Ein zweischneidiges Schwert, denn: In den letzten Jahren entstanden in Rumänien viele kleine Wasserkraftwerke mit bis zu 10 MW Leistung, wie Forschende unter Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischer (IGB) in einer aktuellen Studie anführen. Aus den aktuell über 545 Anlagen kommen aber lediglich 3 % der gesamten Energiegewinnung. Ein viel zu geringer Ertrag im Vergleich zu den Auswirkungen auf die Ökologie, monieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Langfristige Auswirkungen von Stauanlagen ausgeblendet

"Zwar gibt ein europäischer Leitfaden grundsätzlich vor, welche Anforderungen Wasserkraftwerke erfüllen müssen, die in EU-Flora-Fauna-Habitat-Gebieten liegen", so Martin Pusch, Co-Autor der Studie am IGB. "Mit der Umsetzung dieser Vorgaben hapert es aber leider, denn kleine Wasserkraftwerke werden oft unwirtschaftlich, wenn sie zur Erfüllung der Umweltauflagen beispielsweise mit funktionierenden Fischpässen ausgestattet werden." Umweltverträglichkeitsprüfungen würden zudem oft die großräumigen und langfristigen Auswirkungen von Stauanlagen ausblenden. 

In ihrer Studie veranschaulichen die Forschenden die geografische Verteilung der Kleinwasserkraftwerke in Rumänien: 49 % sind demnach angesiedelt in EU-Flora-Fauna-Habitat-Gebieten oder anderen Schutzgebieten. 17 % wurden in naturnahen der naturbelassenen Flussabschnitten gebaut, die sich zuvor in einem "guten" oder "sehr guten" ökologischen Zustände gemäß der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie befanden und daher nicht beeinträchtigt werden sollten. 

Messungen an Bächen in den Karpaten

Dass genau solch eine Beeinträchtigung allerdings vorliegt, führen die Forschenden in ihrer Untersuchung an: Sowohl flussaufwärts als auch flussabwärts des Staudamms der Wasserkraftwerke gäbe es große Auswirkungen auf die Fischpopulation. Das Forschungsteam verglich hierzu an 32 Monitoring-Stellen in Karpatenbächen die derzeitigen Fischvorkommen der Bachforelle und der geschützten Groppe mit Referenzdaten, die vor dem Kraftwerksbau erhoben worden waren.

Die Bilanz von Gabriela Costea, der Erstautorin der Studie, fällt "erschreckend negativ" aus: "62 Prozent der Ober- und Unterläufe der Bäche haben eine oder beide Fischarten im Vergleich zum Referenzzeitraum verloren. In 38 Prozent der Ober- und 19 Prozent der Unterläufe fehlt nun eine Fischart, und in 24 Prozent der Oberläufe und 43 Prozent der Unterläufe fehlen beide Fischarten." 

Den Grund für den Wasserkraft-Boom in Rumänien machen die Forschenden insbesondere an der Umsetzung der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie fest. Diese unterstützt mit Subventionen den Bau und Betrieb von Wasserkraftanlagen. Der Vorwurf der Forschenden: Da die Umweltstandards in Rumänien nicht ausreichend berücksichtigt würden, kollidiere die dortige Wasserkraft mit der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie der EU. Die Europäische Energiepolitik müsse daher mit den Zielen der EU-Biodiversitätsstrategie abgestimmt werden, fordern die Forschenden.

Das IGB gibt auf seiner Internetseite Einblick in die Studie "A review of hydropower plants in Romania: Distribution, current knowledge, and their effects on fish in headwater streams".

Bayern als Gegenbeispiel

Eine pauschales Nein zur Wasserkraft verbietet sich demgegenüber aktuell der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW). In der Initiative "Wasserkraft - Ja bitte!" hat sich der Verband kürzlich mit bayerischen Unternehmen − darunter die Stadtwerke München, Uniper und das Bayernwerk − zusammengeschlossen. Gemeinsam machen sie sich stark für die Wasserkraft im Freistaat.

In einem Imagefilm reagieren sie auf die "aktuellen pauschalen Verunglimpfungen" der Wasserkraft durch die Freizeit- und Naturschutzverbände. Detlef Fischer, Geschäftsführer des VBEW, betont das Ansinnen der bayerischen Wasserkraftwerksbetreiber, die Fische vor Schaden zu bewahren. Er spielt damit an auf die tatkräftige Schaffung von neuen Laichplätzen in Magerwiesen, Umgehungsgewässern und Fischtreppen. Über die erforderliche Größe der Anlagen und deren Wirtschaftlichkeit macht der VBEW dagegen keine Angaben.

Montag, 31.05.2021, 16:30 Uhr
Davina Spohn

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