Herr Uibeleisen, der Gesetzgeber geht Reformen an, um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Werden Solar- und Windinvestments in Deutschland jetzt attraktiver?Auf jeden Fall. Viele Maßnahmen sorgen für mehr Investitionssicherheit. So wurde im Rahmen der Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG; d.
Red.) die Möglichkeit Dritter eingeschränkt, gegen Onshore-Windprojekte vorzugehen. Oft schrecken solche Rechtsbehelfe, deren Risiko man für ein Projekt nicht einschätzen kann, Investoren ab. Mit der Anpassung der Fristenregelungen legt der Gesetzgeber fest, wann die Genehmigungsfrist etwa für Onshore-Windenergieanlagen beginnt und wie lange die Behörde Zeit hat, die Vollständigkeit der Antragsunterlagen zu prüfen. Mit Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie III (RED
III; d.
Red.) sollen zudem Beschleunigungsgebiete für Wind und Solar ausgewiesen werden, in denen Anlagen schneller mit weniger Prüfaufwand genehmigt werden sollen.
Wie schätzen Sie die Änderungen am BImSchG und die Umsetzungsvorschläge zu RED III ein?Beide Gesetzesvorhaben haben das Potenzial, den Genehmigungsprozess für grüne Energieanlagen deutlich zu erleichtern. Allerdings blieb der Gesetzgeber in einigen Aspekten hinter seinen Möglichkeiten zurück. Ein Beispiel ist die Vollständigkeitsdefinition für die Antragsunterlagen im BImSchG. Diese ist trotz entsprechender Einwendungen im Gesetzgebungsverfahren eher vage geblieben und hilft kaum, die nötigen Unterlagen tatsächlich zu bestimmen.
Die Umsetzung der RED
III wird eine Herausforderung. Bislang hat der Gesetzgeber seine Umsetzungsvorschläge für Onshore-Wind, Offshore-Wind und Netze vorgestellt. Gerade die Umsetzung der Beschleunigungsgebiete für Wind und Solar durch Festsetzungen in Flächennutzungsplänen und die damit verbundene ‚Hochzonung‘ (Übertragung von Aufgaben auf eine höhere Ebene; d.
Red.) der Prüfung umweltrechtlicher Aspekte haben das Potenzial, die Umsetzung einzelner Projekte klar zu vereinfachen. Sie bedeuten aber auch eine Umstellung für die Gemeinden, die die Beschleunigungsgebiete umsetzen müssen.
Auch fehlen in den Vorschlägen Erleichterungen für die Speicherinfrastruktur, vor allem für Stand-alone-Batteriespeicher. Diese werden aber perspektivisch dringend benötigt, um die Erneuerbaren ins Netz zu integrieren.
Wie sind die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland im europäischen Vergleich?Deutschland hat deutliche Fortschritte gemacht und steht als Investitionsstandort für grüne Energien sehr gut da. Das liegt an einer starken Entwicklerbranche, die immer wieder neue Projekte auf den Markt bringt, und an vergleichsweise stabilen rechtlichen Rahmenbedingungen. Diese positive Stimmung sollte aufrechterhalten werden. Hier sind Industrie und Politik gefordert. Die Umsetzung der Erneuerbaren-Ausbauziele ist sehr ambitioniert und erfordert neben einer Menge Kapital hohe personelle Ressourcen.
Vermieden werden sollten Unsicherheiten durch wiederholte Gesetzesänderungen und das Rückgängigmachen von Anreizen. Ein Beispiel hierfür ist die derzeitige Diskussion über das Vorziehen der negativen Stundenregel auf 2025. Ein klarer Rechtsrahmen für den Stromspeicherausbau wäre auch wünschenswert. Hier hinkt Deutschland anderen EU-Staaten hinterher.
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Maximilian Uibeleisen ist Partner bei McDermott Will & Emery in Frankfurt am Main, er berät in den Bereichen Energie und Infrastruktur Quelle: McDermott Will & Emery |
Montag, 9.09.2024, 08:44 Uhr
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