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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - RechtEck: Neues Regime für Planfeststellungen von Wärmeleitungen 
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Ausgabe

RechtEck: Neues Regime für Planfeststellungen von Wärmeleitungen 

Ein neuer Gesetzesentwurf soll den Bau und Betrieb von Wärmeleitungen erleichtern, wird bisher aber kaum beachtet. Ein Text von Markus Kachel und Barbara von Gayling-Westphal*.
Während einige Kommunen aktuell noch in der kommunalen Wärmeplanung stecken, ist diese vielerorts bereits abgeschlossen. Auch viele Wärmeversorger schreiben momentan ihre Transformationspläne oder Machbarkeitsstudien oder haben diese schon fertiggestellt, sodass sich nun erste Umsetzungsfragen stellen.

Damit die Pläne für den Bau und die Inbetriebnahme der Anlagen zur treibhausgasneutralen Wärmeversorgung zeitnah umgesetzt werden können, soll der weitere Weg der Wärmewende auch genehmigungsrechtlich geebnet werden.

Hierfür hat das Bundeswirtschaftsministerium ein neues Artikelgesetz auf den parlamentarischen Weg gebracht, das die Genehmigungsverfahren für vier für die Wärmewende wichtige Anlagentypen vereinfachen und beschleunigen soll. Kern des Artikelgesetzes ist ein neues Stammgesetz, das Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus von Geothermieanlagen, Wärmepumpen, Wärmeleitungen und Wärmespeichern − kurz: das Geothermie-Beschleunigungsgesetz oder einfach GeoBG. 

Nachdem im Juli die Länder- und Verbändeanhörung erfolgte und der Bundesrat im September eine Stellungnahme abgab, befindet sich der Gesetzesentwurf nach erster Lesung im Bundestag nun bei den zuständigen Ausschüssen. In der ganzen bisher geführten Debatte und Berichterstattung werden dabei vorrangig Potenzial und Risiko der Nutzung von Geothermie in den Mittelpunkt gestellt.

Die ebenfalls im GeoBG enthaltenen Änderungen für die Zulassung von Wärmeleitungen scheinen, trotz ihrer künftig wachsenden Bedeutung, bisher aber eher unter den Tisch zu fallen. Dabei geht das Wirtschaftsministerium selbst laut Gesetzesbegründung davon aus, dass „in den nächsten Jahren … ca. 100 Planfeststellungsverfahren für die Errichtung von Wärmeleitungen jährlich angestrengt werden müssen“.

Was steht im Gesetzesentwurf drin?

Die fehlende öffentliche Diskussion dieses Themas dürfte jedenfalls nicht daran liegen, dass die vom Wirtschaftsministerium vorgesehenen Änderungen nicht relevant sind. Bedeutend ist insofern vor allem die Schaffung eines neuen Planfeststellungstatbestands für die Errichtung, den Betrieb sowie die Änderung bestimmter Wärmeleitungen, die gewisse Schwellenwerte überschreiten und/oder potenziell umweltrelevant sind.

Deren mögliche Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsbedürftigkeit war bisher zwar bereits im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) geregelt, da die Planfeststellung hier als Trägerverfahren für die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen dient. Mit dem GeoBG sollen für diese Zulassungsverfahren nun aber auch einige Beschleunigungs- und Erleichterungsinstrumente aus der Welt der Gasleitungen im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und darüber hinaus gelten.

Während das Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren an sich also vereinfacht werden soll, wird das Regime selbst komplexer. Es setzt sich jetzt aus verschiedenen Vorschriften mehrerer Gesetze zusammen (UVPG, GeoBG und EnWG), deren Zusammenspiel nicht immer klar ist. Damit werden auch bestehende und grundsätzliche Anwendungsfragen aus dem UVPG übernommen, aber leider bisher nicht gelöst.

Ein weiterer relevanter Aspekt im neuen Gesetz ist auch, dass Errichtung und Betrieb von Wärmeleitungen nicht − wie Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeicher − im überragenden öffentlichen Interesse liegen sollen. Die Gesetzesbegründung verweist insoweit darauf, dass sich eine entsprechende Regelung für Wärmeleitungen bereits im Wärmeplanungsgesetz (WPG) befindet.

Dies ist aber nicht vollständig zutreffend, denn das WPG hat nur Wärmenetze (in Abgrenzung zu Gebäudenetzen) zum Gegenstand. Wichtig wäre aber, dass diese gesetzliche Privilegierung sämtlichen Wärmeleitungen zuteilwird, denn sie spielt im Rahmen jeder Zulassungsentscheidung eine wichtige Rolle bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen.

Noch ist es nicht zu spät

Folge der fehlenden Diskussion um die Bedeutung des Gesetzesentwurfs für Wärmeleitungen ist, dass − entgegen dem Ziel des GeoBG − die Gefahr besteht, dass für die Realisierung von Wärmeleitungsvorhaben nicht die Erleichterungen geschaffen werden, die rechtlich möglich und tatsächlich sinnvoll wären. Im Gegenteil besteht mit dem Gesetzesentwurf das Risiko, dass für Wärmeleitungen zukünftig nicht weniger, sondern mehr genehmigungsrechtliche Fragen und Herausforderungen bestehen. 

Das Thema sollte aber nicht erst dann aus seinem Dornröschenschlaf gerissen werden, wenn sich zahlreiche Vorhabenträger mit der Durchführung langwieriger kosten- und zeitaufwendiger Verfahren tatsächlich konfrontiert sehen. Vielmehr braucht es jetzt eine Debatte darüber, in welchen Fällen und inwiefern Bau und Betrieb von Wärmeleitungen sinnvollerweise einem umweltrechtlichen Zulassungsregime unterworfen werden sollten. Ein Blick in andere Mitgliedstaaten, die die entsprechenden europäischen Vorgaben ebenso umzusetzen hatten, zeigt, dass hier durchaus Spielraum bei der Bestimmung von Schwellenwerten besteht.

* Markus Kachel, Partner und Rechtsanwalt bei Becker Büttner Held in Berlin und Barbara von Gayling-Westphal, Rechtsanwältin bei Becker Büttner Held in Berlin

Montag, 10.11.2025, 09:16 Uhr
Redaktion
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RechtEck: Neues Regime für Planfeststellungen von Wärmeleitungen 
Ein neuer Gesetzesentwurf soll den Bau und Betrieb von Wärmeleitungen erleichtern, wird bisher aber kaum beachtet. Ein Text von Markus Kachel und Barbara von Gayling-Westphal*.
Während einige Kommunen aktuell noch in der kommunalen Wärmeplanung stecken, ist diese vielerorts bereits abgeschlossen. Auch viele Wärmeversorger schreiben momentan ihre Transformationspläne oder Machbarkeitsstudien oder haben diese schon fertiggestellt, sodass sich nun erste Umsetzungsfragen stellen.

Damit die Pläne für den Bau und die Inbetriebnahme der Anlagen zur treibhausgasneutralen Wärmeversorgung zeitnah umgesetzt werden können, soll der weitere Weg der Wärmewende auch genehmigungsrechtlich geebnet werden.

Hierfür hat das Bundeswirtschaftsministerium ein neues Artikelgesetz auf den parlamentarischen Weg gebracht, das die Genehmigungsverfahren für vier für die Wärmewende wichtige Anlagentypen vereinfachen und beschleunigen soll. Kern des Artikelgesetzes ist ein neues Stammgesetz, das Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus von Geothermieanlagen, Wärmepumpen, Wärmeleitungen und Wärmespeichern − kurz: das Geothermie-Beschleunigungsgesetz oder einfach GeoBG. 

Nachdem im Juli die Länder- und Verbändeanhörung erfolgte und der Bundesrat im September eine Stellungnahme abgab, befindet sich der Gesetzesentwurf nach erster Lesung im Bundestag nun bei den zuständigen Ausschüssen. In der ganzen bisher geführten Debatte und Berichterstattung werden dabei vorrangig Potenzial und Risiko der Nutzung von Geothermie in den Mittelpunkt gestellt.

Die ebenfalls im GeoBG enthaltenen Änderungen für die Zulassung von Wärmeleitungen scheinen, trotz ihrer künftig wachsenden Bedeutung, bisher aber eher unter den Tisch zu fallen. Dabei geht das Wirtschaftsministerium selbst laut Gesetzesbegründung davon aus, dass „in den nächsten Jahren … ca. 100 Planfeststellungsverfahren für die Errichtung von Wärmeleitungen jährlich angestrengt werden müssen“.

Was steht im Gesetzesentwurf drin?

Die fehlende öffentliche Diskussion dieses Themas dürfte jedenfalls nicht daran liegen, dass die vom Wirtschaftsministerium vorgesehenen Änderungen nicht relevant sind. Bedeutend ist insofern vor allem die Schaffung eines neuen Planfeststellungstatbestands für die Errichtung, den Betrieb sowie die Änderung bestimmter Wärmeleitungen, die gewisse Schwellenwerte überschreiten und/oder potenziell umweltrelevant sind.

Deren mögliche Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsbedürftigkeit war bisher zwar bereits im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) geregelt, da die Planfeststellung hier als Trägerverfahren für die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen dient. Mit dem GeoBG sollen für diese Zulassungsverfahren nun aber auch einige Beschleunigungs- und Erleichterungsinstrumente aus der Welt der Gasleitungen im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und darüber hinaus gelten.

Während das Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren an sich also vereinfacht werden soll, wird das Regime selbst komplexer. Es setzt sich jetzt aus verschiedenen Vorschriften mehrerer Gesetze zusammen (UVPG, GeoBG und EnWG), deren Zusammenspiel nicht immer klar ist. Damit werden auch bestehende und grundsätzliche Anwendungsfragen aus dem UVPG übernommen, aber leider bisher nicht gelöst.

Ein weiterer relevanter Aspekt im neuen Gesetz ist auch, dass Errichtung und Betrieb von Wärmeleitungen nicht − wie Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeicher − im überragenden öffentlichen Interesse liegen sollen. Die Gesetzesbegründung verweist insoweit darauf, dass sich eine entsprechende Regelung für Wärmeleitungen bereits im Wärmeplanungsgesetz (WPG) befindet.

Dies ist aber nicht vollständig zutreffend, denn das WPG hat nur Wärmenetze (in Abgrenzung zu Gebäudenetzen) zum Gegenstand. Wichtig wäre aber, dass diese gesetzliche Privilegierung sämtlichen Wärmeleitungen zuteilwird, denn sie spielt im Rahmen jeder Zulassungsentscheidung eine wichtige Rolle bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen.

Noch ist es nicht zu spät

Folge der fehlenden Diskussion um die Bedeutung des Gesetzesentwurfs für Wärmeleitungen ist, dass − entgegen dem Ziel des GeoBG − die Gefahr besteht, dass für die Realisierung von Wärmeleitungsvorhaben nicht die Erleichterungen geschaffen werden, die rechtlich möglich und tatsächlich sinnvoll wären. Im Gegenteil besteht mit dem Gesetzesentwurf das Risiko, dass für Wärmeleitungen zukünftig nicht weniger, sondern mehr genehmigungsrechtliche Fragen und Herausforderungen bestehen. 

Das Thema sollte aber nicht erst dann aus seinem Dornröschenschlaf gerissen werden, wenn sich zahlreiche Vorhabenträger mit der Durchführung langwieriger kosten- und zeitaufwendiger Verfahren tatsächlich konfrontiert sehen. Vielmehr braucht es jetzt eine Debatte darüber, in welchen Fällen und inwiefern Bau und Betrieb von Wärmeleitungen sinnvollerweise einem umweltrechtlichen Zulassungsregime unterworfen werden sollten. Ein Blick in andere Mitgliedstaaten, die die entsprechenden europäischen Vorgaben ebenso umzusetzen hatten, zeigt, dass hier durchaus Spielraum bei der Bestimmung von Schwellenwerten besteht.

* Markus Kachel, Partner und Rechtsanwalt bei Becker Büttner Held in Berlin und Barbara von Gayling-Westphal, Rechtsanwältin bei Becker Büttner Held in Berlin

Montag, 10.11.2025, 09:16 Uhr
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