E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Wasserkraft - NRW uneins über fischfreundliches Wasserkraftwerk
Wehr und Wasserkraftanlage in Werne-Stockum (NRW). Quelle: Detering
Wasserkraft

NRW uneins über fischfreundliches Wasserkraftwerk

Ebbe bei der Wasserkraft in NRW. Neue Genehmigungen fehlen im westlichen Bundesland anno 2023 komplett. Und bei einer Anlage beklagt der Projektierer gar Uneinigkeit in Düsseldorf.
Seit etwa 200 Jahren kommt kein Fisch die Lippe aufwärts an Werne-Stockum vorbei. Der Verlauf des Flusses an dieser Stelle der westfälischen Kleinstadt und ein Kleinwasserkraftwerk, das die Lippe um drei Meter aufstaut, verhindern die tierische Passage. Das neue Wasserkraftwerk von Michael Detering könnte das ändern, doch unterschiedliche Auffassungen innerhalb des Landesumweltministeriums von Nordrhein-Westfalen drohen das Projekt zu verhindern.

Der Unternehmer wettert in Richtung Düsseldorf. „Es ist eine Farce“, sagt Michael Detering im Gespräch mit unserer Redaktion darüber, dass das zuständige Referat im Ministerium kein grünes Licht für den Neubau geben wolle. Damit widersetze es sich der hauseigenen Potenzialanalyse für Wasserkraft, die den Standort Stockum ausdrücklich identifiziert habe.

Alle anderen Kommunen und Behörden sind für das Lippe-Projekt

Seine Kritik ist deshalb so vehement, weil er kaum andere Bedenken wahrnimmt. Im Gegenteil: Die Stadt Werne habe den Ersatz des 45-kW-Werks durch die moderne 400-kW-Anlage in ihr Klimaschutzkonzept einbezogen. Der Kreis Unna ist dafür, die Bezirksregierung Arnsberg sprach einen ersten Förderbescheid aus.

Einzig die Landesregierung schert aus. Eine alte Ausnahmeregelung sichert dem zuständigen Referat im Umweltministerium das letzte Wort bei jeder geplanten Änderung am Fluss zu. „Das gibt es nur für die Lippe und ist zwar längst überholt, kann unser Projekt aber lange verzögern“, so Detering. Eine vollständige Renaturierung der Lippe sei wegen der verzweigten Eigentumsverhältnisse am Wehr auszuschließen.

Bei Wasserkraftwerken prallen für gewöhnlich Aspekte der Energiewende und des Naturschutzes aufeinander. Das weiß auch Michael Detering: „Keine Energieerzeugung kommt ohne Umwelteinwirkungen aus.“ Aber in diesem Falle seien Fischschutz und Wasserkraft eben besonders miteinander vereinbar, wie auch die staatliche Bezirksregierung attestiere. Detering: „Insbesondere die von Umweltschützern gewünschte Durchgängigkeit des Flusses würde Wirklichkeit. Die Anlage selbst erhält eine fischfreundliche Turbine.“

LEE NRW beklagt null Genehmigungen im laufenden Jahr

Auch der Erneuerbaren-Branchenverband des Landes teilt Deterings Kritik. Nordrhein-Westfalen könne es sich „für seine Klimaneutralitäts-Ziele nicht leisten, dass mit der Wasserkraft ein zweiter erneuerbarer Energieträger komplett ausfällt“, so Hans-Josef Vogel, Vorsitzender des LEE NRW. Bereits bei der Bioenergie habe es 2022 in NRW nur sieben Inbetriebnahmen mit mageren 4 MW Leistung gegeben. Und die Wasserkraft nehme eine noch bedenklichere Entwicklung angesichts keiner einzigen neuen Genehmigung im ersten Dreivierteljahr 2023.

Dabei gebe es neben Deterings Kraftwerk weitere positive Impulse für die Wasserkraft, die laut LEE NRW mit „ihrer stetigen und gut planbaren Verfügbarkeit bei dezentralen Projekten mit hoher Netzverträglichkeit“ punkten könne. 10 Kilometer lippeabwärts will ein Projektierer ein altes Wasserkraftwerk mit gut 200 kW Leistung reaktivieren. Till Knäpper, Chef der Borker Naturwerk GmbH, will im Selmer Stadtteil Bork mit dem Strom der Anlage ansässige Unternehmen versorgen.

Im Jahr 2023 hat es mit zwei verwirklichten Wasserkraft-Projekten mit gesamt 762 kW Leistung bisher nur wenig Zubau gegeben. Den Probebetrieb aufgenommen hat eine Anlage des Wupperverbands an der Wupper-Talsperre in Radevormwald. Regulär läuft ferner die Erweiterung des Möllerkraftwerkes Schwitten an der Ruhr in Fröndenberg. Dies ist ein Projekt der Stadtwerke Fröndenberg Wickede.

So überschaubar die Kapazität der Wasserkraft-Anlagen auch sei, jede leiste ihren Beitrag zur stabilen Energieversorgung. Und der LEE NRW argumentiert groß: Der Klimaschutzbeschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2021 und das von der Ampelkoalition in Gesetzesform gegossene überragende öffentliche Interesse der Erneuerbaren „sollten endlich zur obersten Richtschnur“ des Handelns von Ministerien und Genehmigungsbehörden im Land werden.

Donnerstag, 12.10.2023, 14:44 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Wasserkraft - NRW uneins über fischfreundliches Wasserkraftwerk
Wehr und Wasserkraftanlage in Werne-Stockum (NRW). Quelle: Detering
Wasserkraft
NRW uneins über fischfreundliches Wasserkraftwerk
Ebbe bei der Wasserkraft in NRW. Neue Genehmigungen fehlen im westlichen Bundesland anno 2023 komplett. Und bei einer Anlage beklagt der Projektierer gar Uneinigkeit in Düsseldorf.
Seit etwa 200 Jahren kommt kein Fisch die Lippe aufwärts an Werne-Stockum vorbei. Der Verlauf des Flusses an dieser Stelle der westfälischen Kleinstadt und ein Kleinwasserkraftwerk, das die Lippe um drei Meter aufstaut, verhindern die tierische Passage. Das neue Wasserkraftwerk von Michael Detering könnte das ändern, doch unterschiedliche Auffassungen innerhalb des Landesumweltministeriums von Nordrhein-Westfalen drohen das Projekt zu verhindern.

Der Unternehmer wettert in Richtung Düsseldorf. „Es ist eine Farce“, sagt Michael Detering im Gespräch mit unserer Redaktion darüber, dass das zuständige Referat im Ministerium kein grünes Licht für den Neubau geben wolle. Damit widersetze es sich der hauseigenen Potenzialanalyse für Wasserkraft, die den Standort Stockum ausdrücklich identifiziert habe.

Alle anderen Kommunen und Behörden sind für das Lippe-Projekt

Seine Kritik ist deshalb so vehement, weil er kaum andere Bedenken wahrnimmt. Im Gegenteil: Die Stadt Werne habe den Ersatz des 45-kW-Werks durch die moderne 400-kW-Anlage in ihr Klimaschutzkonzept einbezogen. Der Kreis Unna ist dafür, die Bezirksregierung Arnsberg sprach einen ersten Förderbescheid aus.

Einzig die Landesregierung schert aus. Eine alte Ausnahmeregelung sichert dem zuständigen Referat im Umweltministerium das letzte Wort bei jeder geplanten Änderung am Fluss zu. „Das gibt es nur für die Lippe und ist zwar längst überholt, kann unser Projekt aber lange verzögern“, so Detering. Eine vollständige Renaturierung der Lippe sei wegen der verzweigten Eigentumsverhältnisse am Wehr auszuschließen.

Bei Wasserkraftwerken prallen für gewöhnlich Aspekte der Energiewende und des Naturschutzes aufeinander. Das weiß auch Michael Detering: „Keine Energieerzeugung kommt ohne Umwelteinwirkungen aus.“ Aber in diesem Falle seien Fischschutz und Wasserkraft eben besonders miteinander vereinbar, wie auch die staatliche Bezirksregierung attestiere. Detering: „Insbesondere die von Umweltschützern gewünschte Durchgängigkeit des Flusses würde Wirklichkeit. Die Anlage selbst erhält eine fischfreundliche Turbine.“

LEE NRW beklagt null Genehmigungen im laufenden Jahr

Auch der Erneuerbaren-Branchenverband des Landes teilt Deterings Kritik. Nordrhein-Westfalen könne es sich „für seine Klimaneutralitäts-Ziele nicht leisten, dass mit der Wasserkraft ein zweiter erneuerbarer Energieträger komplett ausfällt“, so Hans-Josef Vogel, Vorsitzender des LEE NRW. Bereits bei der Bioenergie habe es 2022 in NRW nur sieben Inbetriebnahmen mit mageren 4 MW Leistung gegeben. Und die Wasserkraft nehme eine noch bedenklichere Entwicklung angesichts keiner einzigen neuen Genehmigung im ersten Dreivierteljahr 2023.

Dabei gebe es neben Deterings Kraftwerk weitere positive Impulse für die Wasserkraft, die laut LEE NRW mit „ihrer stetigen und gut planbaren Verfügbarkeit bei dezentralen Projekten mit hoher Netzverträglichkeit“ punkten könne. 10 Kilometer lippeabwärts will ein Projektierer ein altes Wasserkraftwerk mit gut 200 kW Leistung reaktivieren. Till Knäpper, Chef der Borker Naturwerk GmbH, will im Selmer Stadtteil Bork mit dem Strom der Anlage ansässige Unternehmen versorgen.

Im Jahr 2023 hat es mit zwei verwirklichten Wasserkraft-Projekten mit gesamt 762 kW Leistung bisher nur wenig Zubau gegeben. Den Probebetrieb aufgenommen hat eine Anlage des Wupperverbands an der Wupper-Talsperre in Radevormwald. Regulär läuft ferner die Erweiterung des Möllerkraftwerkes Schwitten an der Ruhr in Fröndenberg. Dies ist ein Projekt der Stadtwerke Fröndenberg Wickede.

So überschaubar die Kapazität der Wasserkraft-Anlagen auch sei, jede leiste ihren Beitrag zur stabilen Energieversorgung. Und der LEE NRW argumentiert groß: Der Klimaschutzbeschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2021 und das von der Ampelkoalition in Gesetzesform gegossene überragende öffentliche Interesse der Erneuerbaren „sollten endlich zur obersten Richtschnur“ des Handelns von Ministerien und Genehmigungsbehörden im Land werden.

Donnerstag, 12.10.2023, 14:44 Uhr
Volker Stephan

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.