Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Wieder eine unglückliche Energiebeschaffung während der Energiekrise: Die Stadt Sigmaringen stützt den in Schieflage geratenen kommunalen Energieversorger mit 26 Millionen Euro.
Der Geschäftsbericht hat zu viel versprochen. „Eine seriöse Beschaffungsstrategie und ein gewissenhaftes Risikomanagement werden weiterhin wichtige Eckpfeiler für ein erfolgreiches Agieren in der Branche sein“, heißt es im Jahresabschluss für 2022 der Stadtwerke Sigmaringen. Der Mann, der damals verantwortlich zeichnete, ist im Unternehmen Geschichte. Geblieben sind die Folgen der Beschaffungsstrategie. So erklärt die Kommune, warum sie das Unternehmen jetzt mit viel Geld stützen muss.
Das Jahresergebnis 2023 werde voraussichtlich in der Größenordnung von minus 10 Millionen Euro liegen, teilt die baden-württembergische Kreishauptstadt auf Anfrage der Redaktion mit. „Die Effekte aus dem teuren Energieeinkauf sind nicht nur in 2023 zu spüren, sondern führen auch in den Folgejahren 2024 und 2025 zu außerordentlichen Belastungen.“ Für diese Jahre seien noch keine seriösen Prognosen möglich.
Fest steht: Es gibt einen Sanierungsplan. Der Stadtrat hat ihn am 25. September einstimmig beschlossen. Demnach erhalten die Stadtwerke von der Kommune, der der Versorger zu 100 Prozent gehört, in den kommenden zwölf Monaten 11,5 Millionen Euro als Kapitalerhöhung. Zudem verzichtet die Stadt auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens in Höhe von 14,5 Millionen Euro. Das Fortbestehen des Unternehmens sei nicht gefährdet, betont die Kommune.
„Die Nachricht über die finanzielle Situation der Stadtwerke hat uns hart getroffen“, erklärt Bürgermeister Marcus Ehm (CDU) in einer Mitteilung der Stadt. Ursächlich für die Krisensituation seien verspätete Kaufentscheidungen im Energiehandel, heißt es. Und zwar so: „Zunächst wurde keine Energie beschafft. Als diese Mengen dann am Energiemarkt verspätet gekauft wurden, mussten wegen der Energiekrise extrem hohe Preise bezahlt werden.“
Neue Kontrollmechanismen
Kommunen sind im Allgemeinen Gewinnabführungen ihrer Energie-Stadtwerke gewohnt; den umgekehrten Fall, Geld in sie nachschießen zu müssen, möchten sie nur einmal erleben. Die Stadt Sigmaringen hat daher ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben. Es sieht die Einführung zusätzlicher Kontrollmechanismen bei den Stadtwerken vor. So soll es zukünftig eine „engmaschigere Begleitung bei den betrieblichen Abläufen der Eigengesellschaft geben“.
Im Jahr 2022 hatte der Kommunalversorger einen Jahresüberschuss von 798.000 Euro verbucht (2021: 955.000 Euro). Die Kapitalrücklage betrug 11,8 Millionen Euro (2021: 6,8 Millionen Euro). Die Verbindlichkeiten beliefen sich insgesamt auf 41 Millionen Euro.
„Unser Dank geht an den Gemeinderat und die Stadtverwaltung, die diesen herausfordernden Weg durch den Beschluss des Gremiums geebnet haben“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Falk-Wilhelm Schulz über den Sanierungsplan. Schulz leitet den Kommunalversorger seit August übergangsweise. Er löste Marcus Seeger ab, der im Jahr 2021 vom Stadtwerk am See in Friedrichshafen nach Sigmaringen gekommen war.
Kundenverluste und Preissenkungen
Die Lokalpresse hatte diesen Sommer gemeldet, dass die Stadtwerke Sigmaringen in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres 10 Prozent ihrer Stromkunden verloren haben. Im Gasgeschäft sollen 6 Prozent der Kunden verloren gegangen sein. Interimsgeschäftsführer Schulz hat zum Jahresende Preissenkungen angekündigt.
Montag, 30.09.2024, 17:26 Uhr
Manfred Fischer
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