E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Veranstaltung - Investorensuche für die Energiewende
Quelle: E&M / Susanne Harmsen
Veranstaltung

Investorensuche für die Energiewende

Politik und Verbandsvertreter diskutierten günstige Investitionsbedingungen für die Milliarden Euro, die Netzausbau und neue Energieanlagen benötigen, damit der Klimaschutz gelingt.
Auf der Stadtwerketagung des Handelsblatts in Berlin ging es ums große Geld. Hunderte Milliarden Euro werden der Ausbau von Stromnetzen, Wasserstoffleitungen und Fernwärmerohren kosten, die für die Energiewende errichtet werden müssen. Hinzukommen neuen Energieanlagen wie Photovoltaik, Windkraft, Geothermie oder andere. Investoren aber wollen eine sichere Rendite, zugleich soll Energie für die Kunden nicht zu teuer werden, ein schwer lösbarer Konflikt.

Als Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) sprach Staatssekretär Philipp Nimmermann über die Kraftwerkstrategie. Statt der geplanten 17.000 bis 21.000 MW steuerbare Leistung, die laut Bedarfsplan bis 2030 neu errichtet werden sollten, musste sie auf neue 10.000 MW Gaskraftwerke reduziert werden, die als Wasserstoff-ready in diesem Jahr ausgeschrieben werden sollen. Ursache dafür war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das verhinderte, 60 Milliarden Euro nicht genutzte Corona-Hilfsmittel für den Klimaschutz zu verwenden.

„Aktuell wird mit der EU-Kommission diskutiert, ob auch bestehende Kraftwerke umgerüstet werden dürfen“, erläuterte Nimmermann, wie die Kapazitätslücke geschlossen werden soll. In der zweiten Jahreshälfte 2024 wolle man sich politisch einigen mit der Kommission und dann noch das Ausschreibungsdesign abstimmen, stellte er in Aussicht. Aktuell liegt der Schwerpunkt darauf, für Wasserstoff Produzenten und Netz anzustoßen, um das „Henne-Ei-Problem zu klären“. „Wir werden CCS (Carbon Capture and Storage) nicht fördern, aber alle Formen von Wasserstoff, die in der EU zulässig sind, in die Nationale Wasserstoffstrategie integrieren“, sagte Nimmermann zum Thema CCS.

Bioenergie könnte Lücke füllen

Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbaren Energie (BEE) warnte davor, dass viele Bioenergieanlagen in Kürze abgeschaltet würden, weil sie aus der Förderung fallen. Hier müssten Lösungen gefunden werden, ihnen eine neue Einkommensquelle als flexible Energielieferanten zu sichern. Sie sieht darin hohe Potenziale, um günstig grüne Gase zu erzeugen oder grüne Wärme und Strom zu liefern.

Die zu gering ausgefallene Kraftwerksstrategie biete die Chance, die fehlenden 10.000 MW Leistung gegenüber den Berechnungen der Bundesnetzagentur kostengünstig zu ersetzen. „Das heimliche Biomasse-Potenzial kann schneller und kostengünstiger gehoben werden als mit neuen Erdgaskraftwerken“, zeigte sich Peter überzeugt.

Nimmermann erwiderte, die meisten Biomasseanlagen seien aktuell zu unflexibel, „schlechter als Kohle“, um tatsächlich ein Back-up für Windkraft und PV zu bilden. „Biomasse ist auch auf unserer Liste, aber später dran und eine staatliche Unterstützung für die Umrüstung bestehender Anlagen bedarf ebenfalls Abstimmung mit der EU-Kommission“, sagte Nimmermann zum Vorschlag des BEE.
 
Gespannte Zuhörer be bei der Stadtwerketagung
Quelle: Dietmar Gust

Wärmewende benötigt mehr Unterstützung

Für den Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) nannte Vizepräsident Carsten Liedtke Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) als zentrales Element für flexible Stromversorgung. Daher solle das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) bis 2035 verlängert werden. Denn einerseits rechne die Politik mit der KWK für die Versorgungssicherheit, andererseits laufe deren Planungssicherheit ohne diese Verlängerung 2026 aus. „Dann fehlt Kapazität, mit der jetzt gerechnet wird!“, warnte Liedtke.

„Nur wenn es gelingt, Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit zu vereinen, wird die Wärmewende gelingen“, appellierte Liedtke an die Politik. Das Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums für Fernwärme müsse von 0,5 Milliarden Euro auf 3,5 Milliarden Euro jährlich aufgestockt werden, forderte er. Da die Versorger für ihre Kunden die Investitionen in die klimafreundliche Wärmeerzeugung und die Verteilung bis ins Haus übernehmen, seien die Mittel dafür auch gerechtfertigt. „Private Kapitalgeber haben in der Regel noch höhere Renditeerwartungen als ein Stadtwerk“, sagte Liedtke an die Adresse von Kritikern solcher Förderung.

Die unterschiedlichen Kosten der Fernwärme hätten regionale Ursachen und seien nicht zu hoch, da sie bereits von den Kartellämtern der Länder überprüft werden, versicherte er. Wasserstoff hätte aus seiner Sicht durchaus auch einen Platz im Wärmemarkt, zumal dafür bestehende Gasleitungen genutzt werden könnten, anders als neue Fernwärmeleitungen, die erst gebaut werden müssten. Die Idee des Bundeswirtschaftsministeriums, ein Amortisationskonto zu nutzen, um die Kosten des Wasserstoff- und Stromnetzes zeitlich zu strecken, begrüßte er. Allerdings koste die Verzinsung ebenfalls Geld, erinnerte Liedtke.

Er kritisierte in diesem Zusammenhang scharf das Gesetz zum Wasserstoffnetz, das verlange, einen Nachweis verlange, dass Wasserstoff in der Heizung wirtschaftlich sei, was heute unmöglich zu sagen sei. Zudem werde diese Anforderung an Wärmepumpen nicht gestellt. Es werde viel schneller gehen, die bestehenden Heizkörper und Infrastrukturen weiter nutzen zu können, indem erneuerbare Gase verwendet werden, als alles neu bauen zu müssen, sowohl im Haus als auch im Netz, meinte Liedtke. Schließlich gebe es knappe Zeitvorgaben für die Klimaschutzziele, erinnerte er die Bundespolitik.

Dienstag, 9.04.2024, 16:43 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Veranstaltung - Investorensuche für die Energiewende
Quelle: E&M / Susanne Harmsen
Veranstaltung
Investorensuche für die Energiewende
Politik und Verbandsvertreter diskutierten günstige Investitionsbedingungen für die Milliarden Euro, die Netzausbau und neue Energieanlagen benötigen, damit der Klimaschutz gelingt.
Auf der Stadtwerketagung des Handelsblatts in Berlin ging es ums große Geld. Hunderte Milliarden Euro werden der Ausbau von Stromnetzen, Wasserstoffleitungen und Fernwärmerohren kosten, die für die Energiewende errichtet werden müssen. Hinzukommen neuen Energieanlagen wie Photovoltaik, Windkraft, Geothermie oder andere. Investoren aber wollen eine sichere Rendite, zugleich soll Energie für die Kunden nicht zu teuer werden, ein schwer lösbarer Konflikt.

Als Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) sprach Staatssekretär Philipp Nimmermann über die Kraftwerkstrategie. Statt der geplanten 17.000 bis 21.000 MW steuerbare Leistung, die laut Bedarfsplan bis 2030 neu errichtet werden sollten, musste sie auf neue 10.000 MW Gaskraftwerke reduziert werden, die als Wasserstoff-ready in diesem Jahr ausgeschrieben werden sollen. Ursache dafür war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das verhinderte, 60 Milliarden Euro nicht genutzte Corona-Hilfsmittel für den Klimaschutz zu verwenden.

„Aktuell wird mit der EU-Kommission diskutiert, ob auch bestehende Kraftwerke umgerüstet werden dürfen“, erläuterte Nimmermann, wie die Kapazitätslücke geschlossen werden soll. In der zweiten Jahreshälfte 2024 wolle man sich politisch einigen mit der Kommission und dann noch das Ausschreibungsdesign abstimmen, stellte er in Aussicht. Aktuell liegt der Schwerpunkt darauf, für Wasserstoff Produzenten und Netz anzustoßen, um das „Henne-Ei-Problem zu klären“. „Wir werden CCS (Carbon Capture and Storage) nicht fördern, aber alle Formen von Wasserstoff, die in der EU zulässig sind, in die Nationale Wasserstoffstrategie integrieren“, sagte Nimmermann zum Thema CCS.

Bioenergie könnte Lücke füllen

Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbaren Energie (BEE) warnte davor, dass viele Bioenergieanlagen in Kürze abgeschaltet würden, weil sie aus der Förderung fallen. Hier müssten Lösungen gefunden werden, ihnen eine neue Einkommensquelle als flexible Energielieferanten zu sichern. Sie sieht darin hohe Potenziale, um günstig grüne Gase zu erzeugen oder grüne Wärme und Strom zu liefern.

Die zu gering ausgefallene Kraftwerksstrategie biete die Chance, die fehlenden 10.000 MW Leistung gegenüber den Berechnungen der Bundesnetzagentur kostengünstig zu ersetzen. „Das heimliche Biomasse-Potenzial kann schneller und kostengünstiger gehoben werden als mit neuen Erdgaskraftwerken“, zeigte sich Peter überzeugt.

Nimmermann erwiderte, die meisten Biomasseanlagen seien aktuell zu unflexibel, „schlechter als Kohle“, um tatsächlich ein Back-up für Windkraft und PV zu bilden. „Biomasse ist auch auf unserer Liste, aber später dran und eine staatliche Unterstützung für die Umrüstung bestehender Anlagen bedarf ebenfalls Abstimmung mit der EU-Kommission“, sagte Nimmermann zum Vorschlag des BEE.
 
Gespannte Zuhörer be bei der Stadtwerketagung
Quelle: Dietmar Gust

Wärmewende benötigt mehr Unterstützung

Für den Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) nannte Vizepräsident Carsten Liedtke Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) als zentrales Element für flexible Stromversorgung. Daher solle das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) bis 2035 verlängert werden. Denn einerseits rechne die Politik mit der KWK für die Versorgungssicherheit, andererseits laufe deren Planungssicherheit ohne diese Verlängerung 2026 aus. „Dann fehlt Kapazität, mit der jetzt gerechnet wird!“, warnte Liedtke.

„Nur wenn es gelingt, Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit zu vereinen, wird die Wärmewende gelingen“, appellierte Liedtke an die Politik. Das Förderprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums für Fernwärme müsse von 0,5 Milliarden Euro auf 3,5 Milliarden Euro jährlich aufgestockt werden, forderte er. Da die Versorger für ihre Kunden die Investitionen in die klimafreundliche Wärmeerzeugung und die Verteilung bis ins Haus übernehmen, seien die Mittel dafür auch gerechtfertigt. „Private Kapitalgeber haben in der Regel noch höhere Renditeerwartungen als ein Stadtwerk“, sagte Liedtke an die Adresse von Kritikern solcher Förderung.

Die unterschiedlichen Kosten der Fernwärme hätten regionale Ursachen und seien nicht zu hoch, da sie bereits von den Kartellämtern der Länder überprüft werden, versicherte er. Wasserstoff hätte aus seiner Sicht durchaus auch einen Platz im Wärmemarkt, zumal dafür bestehende Gasleitungen genutzt werden könnten, anders als neue Fernwärmeleitungen, die erst gebaut werden müssten. Die Idee des Bundeswirtschaftsministeriums, ein Amortisationskonto zu nutzen, um die Kosten des Wasserstoff- und Stromnetzes zeitlich zu strecken, begrüßte er. Allerdings koste die Verzinsung ebenfalls Geld, erinnerte Liedtke.

Er kritisierte in diesem Zusammenhang scharf das Gesetz zum Wasserstoffnetz, das verlange, einen Nachweis verlange, dass Wasserstoff in der Heizung wirtschaftlich sei, was heute unmöglich zu sagen sei. Zudem werde diese Anforderung an Wärmepumpen nicht gestellt. Es werde viel schneller gehen, die bestehenden Heizkörper und Infrastrukturen weiter nutzen zu können, indem erneuerbare Gase verwendet werden, als alles neu bauen zu müssen, sowohl im Haus als auch im Netz, meinte Liedtke. Schließlich gebe es knappe Zeitvorgaben für die Klimaschutzziele, erinnerte er die Bundespolitik.

Dienstag, 9.04.2024, 16:43 Uhr
Susanne Harmsen

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.