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Energie & Management > Gas - Gasprom Export reduziert Lieferungen nach Österreich um 19 Prozent
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Gas

Gasprom Export reduziert Lieferungen nach Österreich um 19 Prozent

Wie angekündigt, begann der russische Konzern am 16. November mit Liefereinschränkungen. Das volle Ausmaß haben diese noch nicht erreicht. Bundeskanzler Nehammer gibt sich kämpferisch.
Wie am 15. November angekündigt hat die russische Gazprom Export begonnen, ihre Lieferungen an die OMV Gas Marketing & Trading GmbH (OGMT) einzuschränken. Am 16. November um 6.00 Uhr reduzierte sie diese um rund 2.075 MWh/h. Wie auf der Marktdatenplattform der für die übergeordnete Steuerung der österreichischen Gasnetze zuständigen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) ersichtlich ist, erfolgten mittlerweile weitere Verringerungen um insgesamt 242 MWh/h. Am 18. November um 6.00 Uhr beliefen sich die Importe am Gasknoten Baumgarten etwa 40 Kilometer nordöstlich von Wien auf etwa 9.914 MWh/h. Vor den Einschränkungen waren sie mit 12.230 MWh/h beziffert worden. Somit belaufen sich die bisherigen Reduktionen auf etwa 19 Prozent. Angekündigt hatte Gazprom Export eine Verringerung um bis zu 7.400 MWh/h oder 60,5 Prozent.

Der Hintergrund: Ein Schiedsgericht hatte der OGMT 230 Millionen Euro Schadenersatz für eingeschränkte Lieferungen der Gazprom Export nach Deutschland zugesprochen. Diesen Betrag wollte die OGMT mit Zahlungen für Lieferungen nach Österreich gegenverrechnen.

In einer Aktualisierung ihres täglichen Gasmarkt-Lageberichts meldete die AGGM am 17. November um 21 Uhr, die Mengenanmeldungen für den 18. November seien erfolgt: „Gemäß dem sich daraus aktuell ergebenden Bild ist die Versorgung in Österreich auch für morgen sichergestellt.“

Österreich „nicht erpressbar“

Bundeskanzler Karl Nehammer (Österreichische Volkspartei / ÖVP, konservativ) hatte sich bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Abend des 15. November kämpferisch gegeben. Österreich sei „nicht erpressbar“. Niemand werde im kommenden Winter aufgrund einer Gasmangellage frieren: „Keine Wohnung wird in Österreich kalt bleiben.“ Ausdrücklich verwies der Kanzler in diesem Zusammenhang auf die „strategische Gasreserve“ der Republik, die sich auf 20 Milliarden kWh beläuft. Diese kann laut geltendem Recht freigegeben werden, wenn die Versorgung Österreichs gefährdet ist und dies „durch marktkonforme Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln abgewendet oder behoben werden“ kann.

Die Energiesprecherin der liberalen Neos, Karin Doppelbauer, forderte am 17. November, die einschlägigen Bestimmungen umgehend zu novellieren. Ihr zufolge soll die Freigabe der Reserve auch „zur Preisdämpfung“ erfolgen können.

Von der rechtsgerichteten Freiheitlichen Partei (FPÖ) kam die Forderung, der deutsche Bundestag solle unverzüglich das Ende der Gasspeicherumlage beschließen. Diese verteuere Importe von Gas aus Nordwesteuropa und sei „klar europarechtswidrig“.

Langfristige Aussichten

Wie es längerfristig mit der Gasversorgung Österreichs weitergeht, ist offen. Wie berichtet, hatte der Generaldirektor des Stromkonzerns Verbund, Michael Strugl, bei der Hauptversammlung am 30. April den Ausbau der West-Austria-Gasleitung (WAG) eingemahnt. Einige Zeit lang sei es möglich, auch ohne das Ausbauprojekt WAG-Loop 1 ausreichende Gasmengen zu importieren: „Das funktioniert aber nicht ewig, weil wir die Kompressoren auf Anschlag fahren müssen.“ Mit „Wir“ ist der Fernleitungsbetreiber Gas Connect Austria (GCA) gemeint, der zu 51 Prozent dem Verbund gehört. Bekanntlich hatte Österreichs Finanzministerium der GCA 70 Millionen Euro für den Bau des Loops zugesagt, was etwa einem Drittel seiner Gesamtkosten entspricht. Die Verhandlungen über einen diesbezüglichen Vertrag zwischen dem Ministerium und der GCA sind nach wie vor im Gang.

Neben der WAG steht auch die Trans-Austria-Gasleitung (TAG) für Importe zur Verfügung. Über sie kann Österreich Erdgas via Italien beziehen. Dies ist in einigen Fällen bereits erfolgt und könnte an Bedeutung gewinnen, wenn der Gastransitvertrag zwischen Russland und der Ukraine mit 1. Januar 2025 ausläuft.

Hilfe aus Deutschland?

Unterdessen meldete sich Stephan Knabe zu Wort, der Aufsichtsratschef der Regas, die das LNG-Terminal „Deutsche Ostsee“ in Mukran auf Rügen (Mecklenburg-Vorpommern) betreibt. Er bot an, Österreich über dieses Terminal zu versorgen. „Rein rechnerisch kann der gesamte Jahresverbrauch Österreichs allein über das Terminal gedeckt werden“, konstatierte Knabe. Reaktionen österreichischer Stellen darauf liegen bis dato nicht vor.

Der Vorstand von Zukunft Gas, Timm Kehler, sprach ebenfalls von einem „Erpressungsversuch“ Russlands. Kehler konstatierte, die europäischen Solidaritätsmechanismen würden „greifen und die Versorgung Österreichs sichern. Das zeigen auch die Reaktionen an den Gasmärkten, wo der russische Schritt bereits erwartet worden war. Zum Ende der Woche sind die Preise zwar gestiegen, allerdings sehr moderat“.

Montag, 18.11.2024, 10:31 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Gas - Gasprom Export reduziert Lieferungen nach Österreich um 19 Prozent
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Gasprom Export reduziert Lieferungen nach Österreich um 19 Prozent
Wie angekündigt, begann der russische Konzern am 16. November mit Liefereinschränkungen. Das volle Ausmaß haben diese noch nicht erreicht. Bundeskanzler Nehammer gibt sich kämpferisch.
Wie am 15. November angekündigt hat die russische Gazprom Export begonnen, ihre Lieferungen an die OMV Gas Marketing & Trading GmbH (OGMT) einzuschränken. Am 16. November um 6.00 Uhr reduzierte sie diese um rund 2.075 MWh/h. Wie auf der Marktdatenplattform der für die übergeordnete Steuerung der österreichischen Gasnetze zuständigen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) ersichtlich ist, erfolgten mittlerweile weitere Verringerungen um insgesamt 242 MWh/h. Am 18. November um 6.00 Uhr beliefen sich die Importe am Gasknoten Baumgarten etwa 40 Kilometer nordöstlich von Wien auf etwa 9.914 MWh/h. Vor den Einschränkungen waren sie mit 12.230 MWh/h beziffert worden. Somit belaufen sich die bisherigen Reduktionen auf etwa 19 Prozent. Angekündigt hatte Gazprom Export eine Verringerung um bis zu 7.400 MWh/h oder 60,5 Prozent.

Der Hintergrund: Ein Schiedsgericht hatte der OGMT 230 Millionen Euro Schadenersatz für eingeschränkte Lieferungen der Gazprom Export nach Deutschland zugesprochen. Diesen Betrag wollte die OGMT mit Zahlungen für Lieferungen nach Österreich gegenverrechnen.

In einer Aktualisierung ihres täglichen Gasmarkt-Lageberichts meldete die AGGM am 17. November um 21 Uhr, die Mengenanmeldungen für den 18. November seien erfolgt: „Gemäß dem sich daraus aktuell ergebenden Bild ist die Versorgung in Österreich auch für morgen sichergestellt.“

Österreich „nicht erpressbar“

Bundeskanzler Karl Nehammer (Österreichische Volkspartei / ÖVP, konservativ) hatte sich bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Abend des 15. November kämpferisch gegeben. Österreich sei „nicht erpressbar“. Niemand werde im kommenden Winter aufgrund einer Gasmangellage frieren: „Keine Wohnung wird in Österreich kalt bleiben.“ Ausdrücklich verwies der Kanzler in diesem Zusammenhang auf die „strategische Gasreserve“ der Republik, die sich auf 20 Milliarden kWh beläuft. Diese kann laut geltendem Recht freigegeben werden, wenn die Versorgung Österreichs gefährdet ist und dies „durch marktkonforme Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln abgewendet oder behoben werden“ kann.

Die Energiesprecherin der liberalen Neos, Karin Doppelbauer, forderte am 17. November, die einschlägigen Bestimmungen umgehend zu novellieren. Ihr zufolge soll die Freigabe der Reserve auch „zur Preisdämpfung“ erfolgen können.

Von der rechtsgerichteten Freiheitlichen Partei (FPÖ) kam die Forderung, der deutsche Bundestag solle unverzüglich das Ende der Gasspeicherumlage beschließen. Diese verteuere Importe von Gas aus Nordwesteuropa und sei „klar europarechtswidrig“.

Langfristige Aussichten

Wie es längerfristig mit der Gasversorgung Österreichs weitergeht, ist offen. Wie berichtet, hatte der Generaldirektor des Stromkonzerns Verbund, Michael Strugl, bei der Hauptversammlung am 30. April den Ausbau der West-Austria-Gasleitung (WAG) eingemahnt. Einige Zeit lang sei es möglich, auch ohne das Ausbauprojekt WAG-Loop 1 ausreichende Gasmengen zu importieren: „Das funktioniert aber nicht ewig, weil wir die Kompressoren auf Anschlag fahren müssen.“ Mit „Wir“ ist der Fernleitungsbetreiber Gas Connect Austria (GCA) gemeint, der zu 51 Prozent dem Verbund gehört. Bekanntlich hatte Österreichs Finanzministerium der GCA 70 Millionen Euro für den Bau des Loops zugesagt, was etwa einem Drittel seiner Gesamtkosten entspricht. Die Verhandlungen über einen diesbezüglichen Vertrag zwischen dem Ministerium und der GCA sind nach wie vor im Gang.

Neben der WAG steht auch die Trans-Austria-Gasleitung (TAG) für Importe zur Verfügung. Über sie kann Österreich Erdgas via Italien beziehen. Dies ist in einigen Fällen bereits erfolgt und könnte an Bedeutung gewinnen, wenn der Gastransitvertrag zwischen Russland und der Ukraine mit 1. Januar 2025 ausläuft.

Hilfe aus Deutschland?

Unterdessen meldete sich Stephan Knabe zu Wort, der Aufsichtsratschef der Regas, die das LNG-Terminal „Deutsche Ostsee“ in Mukran auf Rügen (Mecklenburg-Vorpommern) betreibt. Er bot an, Österreich über dieses Terminal zu versorgen. „Rein rechnerisch kann der gesamte Jahresverbrauch Österreichs allein über das Terminal gedeckt werden“, konstatierte Knabe. Reaktionen österreichischer Stellen darauf liegen bis dato nicht vor.

Der Vorstand von Zukunft Gas, Timm Kehler, sprach ebenfalls von einem „Erpressungsversuch“ Russlands. Kehler konstatierte, die europäischen Solidaritätsmechanismen würden „greifen und die Versorgung Österreichs sichern. Das zeigen auch die Reaktionen an den Gasmärkten, wo der russische Schritt bereits erwartet worden war. Zum Ende der Woche sind die Preise zwar gestiegen, allerdings sehr moderat“.

Montag, 18.11.2024, 10:31 Uhr
Klaus Fischer

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