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Österreich will eine neue West-Ost-Verbindung für Erdgas. Die Branche ist skeptisch und fordert eine Kostenübernahme vom Bund – und ein neues Tarifsystem zur Netznutzung.
Im Zusammenhang mit dem Ausbau der West-Austria-Gasleitung (WAG) verhandelt deren Betreibergesellschaft Gas Connect Austria (GCA) mit der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control. Das berichtete Michael Strugl, der Generaldirektor des Stromkonzerns Verbund, dem die Mehrheit der GCA gehört, der Redaktion bei einer Pressekonferenz mit Finanzminister Magnus Brunner (Österreichische Volkspartei / ÖVP, konservativ) am 8. März.
Das Bundes-Darlehen von 70 Millionen Euro für den WAG-Loop 1 genügt nicht. Nötig ist auch ein neues System für die Netztarife, das derzeit mit dem Regulator verhandelt wird. Laut Strugl geht es bei den Verhandlungen um ein neues Tarifsystem für die Benutzung der österreichischen Gas-Fernleitungen.
Dieses ist notwendig, weil die Leitungen – neben der WAG insbesondere die Trans-Austria-Gasleitung (TAG) zwischen dem Netzknoten Baumgarten 40 Kilometer nordöstlich von Wien und Arnoldstein an der österreichisch-italienischen Grenze – vormals primär auf den Import von Gas aus Russland ausgelegt waren.
Seit dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine am 24. Februar 2022 haben sich die Gasflüsse auf den Fernleitungen aber stark verändert. Italien etwa bezieht kaum noch Gas über die TAG. Grob gesprochen, muss daher mit einem neuen Tarifsystem das Geschäftsmodell der österreichischen Fernleitungsbetreiber an die veränderten Gegebenheiten angepasst werden.
Das betrifft auch die WAG. Strugl bestätigte, dass das Ausbauprojekt WAG-Loop 1 ohne neues Tarifsystem nicht realisiert werden kann. Dies gilt trotz des Beschlusses der Bundesregierung vom 6. März, in Form eines Darlehens mindestens 70 Millionen Euro, notfalls aber auch mehr, für den Bau des rund 180 Millionen Euro teuren Loops bereitzustellen.
Wie berichtet, würde der rund 40 Kilometer lange WAG-Loop 1 von Oberkappel an der deutsch-österreichischen Grenze zum Netzknoten Bad Leonfelden etwa 30 Kilometer nördlich der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz führen und damit Importe von Gas aus Nordwesteuropa nach Österreich und weiter nach Südeuropa erleichtern.
Die GCA hatte mehrfach betont, die Marktteilnehmer benötigten den Loop nicht. Sie hätten daher keine Absichten, ihn zu benutzen und dafür Leitungsgebühren zu bezahlen. Aus diesem Grund forderte das Unternehmen eine staatliche Finanzierungszusage.
Verhandeln mit 700 Grundeigentümern
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) nahm dafür Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) in die Pflicht: Sie verfüge über ausreichende Budgetmittel für die Finanzierung des WAG-Loop 1. Gewessler wiederum beschied, die GCA gehöre mehrheitlich dem Verbund. Dieser aber falle in die Verantwortung Brunners, der folglich den Loop zu bezahlen habe.
Wie berichtet, einigten sich die ÖVP und die Grünen erst Anfang März auf das 70-Millionen-Euro-Darlehen des Finanzministeriums. Dessen Vergabe bedarf allerdings einer gesetzlichen Grundlage. Mit deren Schaffung ist in Bälde zu rechnen, berichtete Brunner bei der Pressekonferenz am 8. März auf Anfrage der Redaktion.
Indessen sind auch damit sowie mit dem neuen Tarifmodell keineswegs sämtliche Hindernisse für die Errichtung des WAG-Loop 1 beseitigt. Strugl erläuterte am Rande der Pressekonferenz, unter anderem müsse sich die GCA mit rund 700 Grundeigentümern in Oberösterreich hinsichtlich der Nutzung ihrer Liegenschaften ins Einvernehmen setzen.
Das Unternehmen arbeite jedoch mit aller Kraft an dem Projekt, betonte Strugl. Unter anderem bereite es die Unterlagen für das Genehmigungsverfahren inklusive der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vor, für die etwa zwei Jahre veranschlagt werden müssten: „Sobald die GCA bauen darf, baut sie.“ Der Bau selbst werde etwa ein Jahr in Anspruch nehmen.
Wasserstoff und Geothermie
Bei der Pressekonferenz verwies Minister Brunner auf eine Reihe von Fördervorhaben der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Energiewende. Für thermische Sanierungen sowie den Ausbau der Fernwärme und der Fernkälte stünden bis 2027 rund 5,35 Milliarden Euro zur Verfügung. Weitere 1,6 Milliarden Euro an Bundesmitteln könnten die neun Bundesländer für den Ausbau der erneuerbaren Energien verwenden. Ein „kommunales Investitionspaket“ für Energiesparprojekte in den Jahren 2023 und 2024 wiederum enthalte 500 Millionen Euro.
Besonders wichtig seien ihm aber zwei Themen, betonte Brunner: „das Hochfahren der Wasserstoffproduktion und die Nutzung der Tiefengeothermie.“ Bezüglich der Wasserstofferzeugung ist das Wasserstoffförderungsgesetz in Begutachtung, das laut dem Entwurf für die kommenden zehn Jahre mit jeweils 40 Millionen Euro dotiert ist. Dieser Betrag wird ab 2027 auf jährlich 100 Millionen Euro aufgestockt, kündigte Brunner an.
Montag, 11.03.2024, 10:18 Uhr
Klaus Fischer
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