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Die Kapazitätsreserve wird pro MW um mehr als die Hälfte teurer. Grund: Zur Ausschreibung hat es fast nur Gebote für die bisherigen wenigen Gasblöcke gegeben − nahe dem Höchstwert.
Bei der Ausschreibung der nationalen Kapazitätsreserve durch die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) haben die Bieter angesichts einer absehbaren Lücke praktisch den gesetzlichen Höchstwert durchsetzen können. Laut einer Mitteilung des größten ÜNB Tennet und weiterführenden Informationen auf der Transparenzplattform der deutschen ÜNB gab es Gebote für neun Kraftwerke und eine abschaltbare Last, die zusammen 1.205
MW der ausgeschriebenen 2.000
MW abdecken.
Die Ausschreibung blieb damit stark unterzeichnet. 2022 hatte es Zuschläge an acht Gasblöcke gegeben. Sie können im Falle eines überraschenden massiven Unterangebots an Strom, das sich absehbar auch nicht mehr im Regelenergiemarkt ändern ließe, binnen zwölf Stunden zusammen auf 1.086
MW hochfahren, binnen einer Viertelstunde immerhin auf ein Fünftel davon. Die Blöcke müssen seit Oktober 2022 bis Ende diesen September ihre Leistung vorhalten und dürfen weder währenddessen noch danach am Strommarkt teilnehmen. Sie stammen teilweise schon aus den 70er-Jahren.
Ob es nun einer „Nachbeschaffung“ von Kapazitätsreserve bedarf, dazu stimmten sich die ÜNB derzeit mit der Bundesnetzagentur und dem Wirtschaftsministerium (BMWK) ab, teilte ein Sprecher von Tennet auf Anfrage mit. Ob und wie stark die Kapazitätsreserve in der laufenden Zuschlagsperiode abgerufen wurde, war dennoch nicht zu erfahren. Das entsprechende Abfragetool auf der Transparenzseite der ÜNB ist derzeit defekt.
Die derzeitigen Anbieter bekamen nun für ihre bisherigen acht Blöcke erneut einen Zuschlag, diesmal für 1.
Oktober 2024 bis 30.
September 2026. Es kam als positive Kapazitätsreserve lediglich mit 95
MW ein weiterer Block des Gersteinwerks von RWE in Werne-Stockum (NRW) hinzu. RWE hatte für die Gasturbine K1 nach eigenen Angaben neu geboten. Der Konzern bekam beim bisher unter Vertrag stehenden Block des Gersteinwerks den Zuschlag für 370
MW statt bisher 355
MW.
Erstmals abschaltbare Last dabeiErstmals kam in diesem Segment eine negative Reserve hinzu, nämlich 9
MW abschaltbare Last beim Gasehersteller Air Products in Lampertheim (Rheinland-Pfalz).
Weitere Gebote gab es nicht. Damit gingen die Gebote aller vier Bieter von 99.990
Euro/MW/Jahr durch. Der Zuschlagswert liegt lediglich 10
Euro unter dem Höchstwert aus der Kapazitätsreserveverordnung. 2022 hatte der Zuschlagswert noch bei 62.940
Euro gelegen, er erhöhte sich also binnen zweier Jahre um 59
Prozent. Die Gesamtkosten erhöhen sich von 68
Millionen jährlich auf 120
Millionen Euro.
Bis 2026 in der Kapazitätsreserve bleiben über die genannten Blöcke hinaus:
- ein weiterer Block des RWE-Gersteinwerks mit 355 MW,
- vier Gasblöcke der Leag in Ahrensfelde (dreimal 60 MW) und Thyrow (einmal 90 MW, beide in Brandenburg) und
- je ein Gasblock von Statkraft in Landesbergen (56 MW) und Emden (50 MW, beide in Niedersachsen).
Die ÜNB haben
auf ihrer Transparenzseite die blockscharfen Ergebnisse aller Kapazitätsreserve-Ausschreibungen seit 2020 veröffentlicht.
Freitag, 1.03.2024, 16:51 Uhr
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