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Energie & Management > Mobilität - Wasserstofftankstellen für Pkw auf dem Prüfstand
Quelle: Pixabay / Larisa Koshkina
Mobilität

Wasserstofftankstellen für Pkw auf dem Prüfstand

In Koblenz steht die einzige öffentliche Wasserstofftankstelle für Pkw in Rheinland-Pfalz. Nun soll sie schließen − und könnte damit die erste von mehreren sein.
Schlechte Nachrichten für die Besitzer von Brennstoffzellen-Pkw im Raum Koblenz: Voraussichtlich zum 1. April soll am dortigen Standort die einzige öffentlich zugängliche Wasserstofftankstelle in Rheinland-Pfalz schließen. Wer dort künftig eine Tankfüllung Wasserstoff braucht, der muss nach Nordrhein-Westfalen oder Hessen ausweichen – zumindest vorübergehend.

Die Nachricht überrascht, scheint sie doch dem erklärten Ziel der Bundesregierung, den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland auch im Mobilitätssektor massiv voranzubringen, zu widersprechen.

Doch es gibt gute Gründe für die Schließung des Tankstelle, die im November 2017 als eine der ersten 50 Wasserstofftankstellen in Deutschland durch Air Liquide in Betrieb genommen und dann von der Betreiberin H2 Mobility übernommen wurde. Bau und Betrieb der Anlage, die unmittelbar an der A61 steht, wurden damals durch das Bundesverkehrsministerium mit rund 900.000 Euro gefördert. Ein „wichtiger Meilenstein beim Aufbau einer flächendeckenden Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland“, hieß es in einer Pressemitteilung anlässlich der Inbetriebnahme.
 
 
Hohe Verluste, geringe Nachfrage

Fünfeinhalb Jahre später fällt die Bilanz der Betreiberin nüchtern aus. „Enorm hohe betriebswirtschaftliche Verluste von mehreren hunderttausend Euro“ führt H2 Mobility auf Anfrage der Redaktion an. Verluste, die in keinem Verhältnis zu den Erträgen an der Tankstelle selbst stünden: Die Nachfrage, heißt es weiter, sei „mit rund zehn regelmäßig tankenden Pkw“ sehr gering. Hinzu kämen die zunehmend alternde Technik und bestehende Wasserstoffverluste in der Anlage von bis zu 12 Prozent.

Und Koblenz ist kein Einzelfall. Mehrere Standorte ohne Perspektive für einen nutzfahrzeugtauglichen Umbau oder eine entsprechend technische Erweiterung stehen bei H2 Mobility derzeit auf dem Prüfstand. Das Unternehmen betreibt 82 der 89 in Deutschland installierten Wasserstofftankstellen für 700 bar, mit denen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge betankt werden können. Man prüfe die Auslastung der Tankstelle (insbesondere durch Pkw), technisch bedingte Wasserstoffverluste (sogenannte Boil-Off- beziehungsweise Verdampfungseffekte), die Höhe der Betriebs- und Instandhaltungskosten im Verhältnis zur Auslastung sowie die Lage und Anfahrbarkeitsmöglichkeiten der Tankstelle mit großen Fahrzeugen (Lkw und Busse). In letzter Konsequenz und wenn auch mit lokalen Akteuren keine andere Möglichkeit gefunden werde, könne es dabei zu Schließungen kommen.

Geringe Zulassungszahlen

Die geringe Nachfrage an manchen Standorten erklärt sich bei einem Blick in die Statistiken des Kraftfahrtbundesamtes. Zum 1. Oktober 2023 waren deutschlandweit gerade einmal 2.375 Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb zugelassen, darunter waren 2.139 Pkw, 73 Omnibusse und 114 Lkw. Zum Vergleich: Der Bestand an rein batterieelektrisch betriebenen Pkw (BEV) belief sich auf rund 1,3 Millionen, bei einem Gesamtbestand von 49 Millionen Pkw. Und für 2024 lässt sich bislang keine Trendwende erkennen: Unter den bundesweit rund 431.000 neu zugelassenen Pkw im Januar und Februar hatten nur 13 einen Brennstoffzellen-Antrieb.

Das liegt auch daran, dass nur wenige Modelle überhaupt zur Verfügung stehen. Denn auch auf Herstellerseite zeigt man sich vorsichtig: Autohersteller BMW, der im vergangenen Jahr medienwirksam dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu Testzwecken einen BMW iX5 Hydrogen zur Verfügung gestellt hatte, teilt auf Anfrage mit, sich mit dem Antriebsstrang dieses Brennstoffzellen-Pkw noch in der Pilotphase zu befinden. „Einerseits müssen wir das System und seine Komponenten weiterentwickeln, um die Kosten zu senken“, heißt es von Seiten des Autoherstellers. „Andererseits erwarten unsere Kunden ein flächendeckendes Netz von Wasserstofftankstellen, an denen sie grünen Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen tanken können.“ Abhängig von Marktanforderungen und Rahmenbedingungen beabsichtige man aber, „potenziell in der zweiten Hälfte dieser Dekade ein Serienfahrzeug anzubieten“.

Fokus auf Nutzfahrzeuge

So werden − mit hohen Fördergeldern −Tankstellen gebaut, die dann wegen mangelnder Nachfrage geschlossen werden müssen, weil Hersteller und Kunden auf den Ausbau des Tankstellennetzes warten. H2 Mobility reagiert in diesem Dilemma mit einem Umbau des Netzes, in dem künftig der Fokus noch deutlicher auf den Angeboten für (schwere) Nutzfahrzeuge liegt.

Zusätzlich zu den 34 Tankstellen für 350 bar, mit denen Busse und Lkw betankt werden können und von denen 26 von H2 Mobility betrieben werden, sollen noch in diesem Jahr Stationen in Heidelberg, Mannheim und Düsseldorf in Betrieb gehen. Auch in Rheinland-Pfalz wird schon an einer neuen Anlage gebaut: in Frankenthal, 130 Kilometer südlich von Koblenz. Bei allen neuen Anlagen entstehen Betankungspunkte sowohl für schwere Nutzfahrzeuge als auch für leichte Nutzfahrzeuge und Pkw.

Für den Standort Koblenz habe man geprüft, ob eine Erweiterung oder ein Umbau des Standorts für die Nutzung durch Lkw und Busse möglich sei, angesichts der beengten Grundstücksverhältnisse und mehrerer enger Kurven in der Anfahrt gehe das nicht. „Aufgrund des enormen Potenzials an mehreren Standorten in Rheinland-Pfalz, darunter in Koblenz“, plane man aber auch hier neue leistungsstarke Wasserstofftankstellen mit 700- und 350-bar-Betankungstechnik und einer bis zu zehnfachen Kapazität zu errichten und sei bereits im Gespräch mit lokalen Partnern.

Mittwoch, 27.03.2024, 16:51 Uhr
Katia Meyer-Tien
Energie & Management > Mobilität - Wasserstofftankstellen für Pkw auf dem Prüfstand
Quelle: Pixabay / Larisa Koshkina
Mobilität
Wasserstofftankstellen für Pkw auf dem Prüfstand
In Koblenz steht die einzige öffentliche Wasserstofftankstelle für Pkw in Rheinland-Pfalz. Nun soll sie schließen − und könnte damit die erste von mehreren sein.
Schlechte Nachrichten für die Besitzer von Brennstoffzellen-Pkw im Raum Koblenz: Voraussichtlich zum 1. April soll am dortigen Standort die einzige öffentlich zugängliche Wasserstofftankstelle in Rheinland-Pfalz schließen. Wer dort künftig eine Tankfüllung Wasserstoff braucht, der muss nach Nordrhein-Westfalen oder Hessen ausweichen – zumindest vorübergehend.

Die Nachricht überrascht, scheint sie doch dem erklärten Ziel der Bundesregierung, den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland auch im Mobilitätssektor massiv voranzubringen, zu widersprechen.

Doch es gibt gute Gründe für die Schließung des Tankstelle, die im November 2017 als eine der ersten 50 Wasserstofftankstellen in Deutschland durch Air Liquide in Betrieb genommen und dann von der Betreiberin H2 Mobility übernommen wurde. Bau und Betrieb der Anlage, die unmittelbar an der A61 steht, wurden damals durch das Bundesverkehrsministerium mit rund 900.000 Euro gefördert. Ein „wichtiger Meilenstein beim Aufbau einer flächendeckenden Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland“, hieß es in einer Pressemitteilung anlässlich der Inbetriebnahme.
 
 
Hohe Verluste, geringe Nachfrage

Fünfeinhalb Jahre später fällt die Bilanz der Betreiberin nüchtern aus. „Enorm hohe betriebswirtschaftliche Verluste von mehreren hunderttausend Euro“ führt H2 Mobility auf Anfrage der Redaktion an. Verluste, die in keinem Verhältnis zu den Erträgen an der Tankstelle selbst stünden: Die Nachfrage, heißt es weiter, sei „mit rund zehn regelmäßig tankenden Pkw“ sehr gering. Hinzu kämen die zunehmend alternde Technik und bestehende Wasserstoffverluste in der Anlage von bis zu 12 Prozent.

Und Koblenz ist kein Einzelfall. Mehrere Standorte ohne Perspektive für einen nutzfahrzeugtauglichen Umbau oder eine entsprechend technische Erweiterung stehen bei H2 Mobility derzeit auf dem Prüfstand. Das Unternehmen betreibt 82 der 89 in Deutschland installierten Wasserstofftankstellen für 700 bar, mit denen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge betankt werden können. Man prüfe die Auslastung der Tankstelle (insbesondere durch Pkw), technisch bedingte Wasserstoffverluste (sogenannte Boil-Off- beziehungsweise Verdampfungseffekte), die Höhe der Betriebs- und Instandhaltungskosten im Verhältnis zur Auslastung sowie die Lage und Anfahrbarkeitsmöglichkeiten der Tankstelle mit großen Fahrzeugen (Lkw und Busse). In letzter Konsequenz und wenn auch mit lokalen Akteuren keine andere Möglichkeit gefunden werde, könne es dabei zu Schließungen kommen.

Geringe Zulassungszahlen

Die geringe Nachfrage an manchen Standorten erklärt sich bei einem Blick in die Statistiken des Kraftfahrtbundesamtes. Zum 1. Oktober 2023 waren deutschlandweit gerade einmal 2.375 Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb zugelassen, darunter waren 2.139 Pkw, 73 Omnibusse und 114 Lkw. Zum Vergleich: Der Bestand an rein batterieelektrisch betriebenen Pkw (BEV) belief sich auf rund 1,3 Millionen, bei einem Gesamtbestand von 49 Millionen Pkw. Und für 2024 lässt sich bislang keine Trendwende erkennen: Unter den bundesweit rund 431.000 neu zugelassenen Pkw im Januar und Februar hatten nur 13 einen Brennstoffzellen-Antrieb.

Das liegt auch daran, dass nur wenige Modelle überhaupt zur Verfügung stehen. Denn auch auf Herstellerseite zeigt man sich vorsichtig: Autohersteller BMW, der im vergangenen Jahr medienwirksam dem bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu Testzwecken einen BMW iX5 Hydrogen zur Verfügung gestellt hatte, teilt auf Anfrage mit, sich mit dem Antriebsstrang dieses Brennstoffzellen-Pkw noch in der Pilotphase zu befinden. „Einerseits müssen wir das System und seine Komponenten weiterentwickeln, um die Kosten zu senken“, heißt es von Seiten des Autoherstellers. „Andererseits erwarten unsere Kunden ein flächendeckendes Netz von Wasserstofftankstellen, an denen sie grünen Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen tanken können.“ Abhängig von Marktanforderungen und Rahmenbedingungen beabsichtige man aber, „potenziell in der zweiten Hälfte dieser Dekade ein Serienfahrzeug anzubieten“.

Fokus auf Nutzfahrzeuge

So werden − mit hohen Fördergeldern −Tankstellen gebaut, die dann wegen mangelnder Nachfrage geschlossen werden müssen, weil Hersteller und Kunden auf den Ausbau des Tankstellennetzes warten. H2 Mobility reagiert in diesem Dilemma mit einem Umbau des Netzes, in dem künftig der Fokus noch deutlicher auf den Angeboten für (schwere) Nutzfahrzeuge liegt.

Zusätzlich zu den 34 Tankstellen für 350 bar, mit denen Busse und Lkw betankt werden können und von denen 26 von H2 Mobility betrieben werden, sollen noch in diesem Jahr Stationen in Heidelberg, Mannheim und Düsseldorf in Betrieb gehen. Auch in Rheinland-Pfalz wird schon an einer neuen Anlage gebaut: in Frankenthal, 130 Kilometer südlich von Koblenz. Bei allen neuen Anlagen entstehen Betankungspunkte sowohl für schwere Nutzfahrzeuge als auch für leichte Nutzfahrzeuge und Pkw.

Für den Standort Koblenz habe man geprüft, ob eine Erweiterung oder ein Umbau des Standorts für die Nutzung durch Lkw und Busse möglich sei, angesichts der beengten Grundstücksverhältnisse und mehrerer enger Kurven in der Anfahrt gehe das nicht. „Aufgrund des enormen Potenzials an mehreren Standorten in Rheinland-Pfalz, darunter in Koblenz“, plane man aber auch hier neue leistungsstarke Wasserstofftankstellen mit 700- und 350-bar-Betankungstechnik und einer bis zu zehnfachen Kapazität zu errichten und sei bereits im Gespräch mit lokalen Partnern.

Mittwoch, 27.03.2024, 16:51 Uhr
Katia Meyer-Tien

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