

Agora fordert: Jetzt Weichen stellen für gesteuertes Laden


EU-Lieferkettengesetz könnte im Parlament scheitern


Verdacht auf Verstoß gegen Preisbremse in 100 Fernwärmenetzen

Erstmalig große Beteiligung an der Biomasseausschreibung


Urteil: Grundsätzlich Anspruch auf Aufwendungsersatz von Stromio


Verbraucherzentrale hat PV-Firmen im Visier


RechtEck: Die Krux mit der Preisanpassung


"Ziemlich beste Feinde" verheddern sich vor dem OVG in Details


Digitalverband sieht DSGVO als Innovationsbremse


Die zweite PV-Freiflächenausschreibung von 2023 steht

Bundesnetzagentur genehmigt erstmals Erdkabel-Vorhaben


Managen statt abschalten


Bundeskabinett beschließt Schaffung eines H2-Kernnetzes

Neue Strategie für schnelleren Ausbau vom 2. Windgipfel


Mustervertrag für Beteiligung von Kommunen Solarparks


Keine Horrorprognosen für den Winter

BGH sieht bei Wärmeversorger keine marktbeherrschende Stellung


Europarichter winken Eon-RWE-Deal durch
Energierecht im Energiemarkt
Wenn Juristen, die mit Rechtsberatung ihren Lebensunterhalt verdienen, darüber klagen, dass das Energierecht stetig unüberschaubarer wird, dann ist das ernst zu nehmen.
Der Ernst der Sache spiegelt sich wider in dem Buch Energierecht, das in seiner 15. Auflage 2018, Stand Oktober 2017, einen Umfang von 1.844 Seiten hat und 1.172 Gramm wiegt. Wäre das Buch von der Schriftgröße her einigermaßen leserlich gestaltet, dann hätte es einen Umfang von mindestens 3.000 Seiten und wäre rund 3 Kilogramm schwer.
Das für die Aktualisierung des Buches zuständige Rechtsanwaltsehepaar Christiane Nill-Theobald und Christian Theobald schreibt in seiner 50 Seiten langen Einführung im Kapitel Ausblick: Auf den unterschiedlichsten Stufen der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette ist ferner mit einem weiteren Anstieg der Spruchpraxis der (Regulierungs-)Behörden sowie der Rechtsprechung zu rechnen.
Mit anderen Worten: Die Flut an Gesetzen und Verordnungen wird mit jedem Schritt weiter innerhalb der Energiewende größer. Im 40-seitigen ?Sachverzeichnis? des Buches nehmen die Stichworte Regulierungsbehörde und Bundesnetzagentur den größten Raum ein. Mit dem jüngst verabschiedeten Klima-Paket der Bundesregierung wächst einmal mehr die Anzahl von schwer verständlichen Paragrafen und Verordnungen ? je unsicherer die Politik in die CO2-freie Energiewelt steuert, desto unsicherer werden die Investitionsentscheidungen für die Energieversorger, deren Kunden und Technologielieferanten. Was die Politik entscheidet, zeigt oft keinen Pfad für die Protagonisten der Energiewende, sondern erzeugt einen neuen Rattenschwanz an verunsichernden Rahmenbedingungen für die Marktteilnehmer.
Wenn E&M/powernews über Zukunftstechnologien der Energieversorgung für Haushalte, die Industrie, Bürogebäude und den Mobilitätssektor schreibt; über Wasserstoff und Smart Grids, über Batterien und Brennstoffzellen, über Photovoltaik-Anlagen und Energieeffizienz, dann steht viel zu oft zumindest in einem Nebensatz, dass energierechtliche Fragen noch ungeklärt sind oder dass sie den Fortschritt hemmen.
Die erneuerbaren Energien Sonne und Wind, Wasser und Biomasse sollen in wenigen Jahrzehnten dafür sorgen, dass Deutschland und sogar Europa klimaneutral, frei von fossilen Brennstoffen sind.
Mehr als 10.000 Gesetze, Normen und Verordnungen prägen die Energiewirtschaft. Allein das Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG, der eigentliche Schlüssel für das Tor in die CO2-freie Zukunft, hatte bei der letzten Zählung rund 4.000 Einzeltatbestände. Solche Gesetze behindern den Wettbewerb im Rennen um die bessere Zukunft, denn kleine Energieversorger, Handwerksbetriebe oder auch mittelständische Industrieunternehmen sind oft überfordert, im Paragrafendschungel den richtigen Weg zu finden für Wirtschaftlichkeit und Rechtssicherheit. Große Konzerne haben dafür ihre eigenen Juristen oder holen sich teuren Rat von außen. Als wäre der Bürokratiesierungswahn aus Berlin nicht schon groß genug, mag Brüssel nicht hintanstehen, um mit immer neuen Direktiven die Wirtschaft zu drangsalieren.
Das derzeit am meisten diskutierte Thema ist der Ausbau der Windkraft an Land (onshore), ohne den nach Meinung aller Experten das Ziel der Bundesregierung, im Jahr 2035 schon 65 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu erzeugen, nicht erreicht wird.
Wer im Dezember 2019 nach Gesetzestexten zum Thema Energie auf der Web-Seite des Bundeswirtschaftsministeriums suchte, der fand zum Beispiel das:
Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2017)
§ 88c Verordnungsermächtigung zu gemeinsamen Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen
Mehr Infografiken finden Sie bei Statista
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zur Erprobung von gemeinsamen Ausschreibungen nach § 39i
- .zu regeln, dass gemeinsame Ausschreibungen durchgeführt werden, an denen Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen teilnehmen können, einschließlich der Anzahl der Ausschreibungen pro Jahr sowie der Gebotstermine und der Verteilung der Ausschreibungsmengen auf die Gebotstermine,
- zu regeln, welche Solaranlagen und Windenergieanlagen an Land auch abweichend von § 22 an dieser Ausschreibung teilnehmen können,
- auch abweichend von § 22 und den §§ 28 bis 38b zu regeln, wobei die Anforderungen für Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen jeweils unterschiedlich festgelegt werden können,
- a) dass Windenergieanlagen an Land abweichend von § 22 erst nach Erteilung einer Zahlungsberechtigung einen Anspruch auf eine Zahlung nach § 19 haben und Solaranlagen abweichend von § 22 schon aufgrund des Zuschlags einen Anspruch auf eine Zahlung nach § 19 haben,
- b) die Höchstwerte, wobei zur Vermeidung von Überförderungen und zur Berücksichtigung von Netz- und Systemintegrationskosten auch differenzierte Höchstwerte eingeführt werden dürfen,
- c) Ober- und Untergrenzen für die Größe von Anlagen, die an der Ausschreibung teilnehmen können,
- d) Ober- und Untergrenzen für die Gebotsgröße,
- e) Mindestanforderungen an die Eignung der Teilnehmer,
- f) Mindestanforderungen an den Planungs- oder Genehmigungsstand der Anlagen,
- g) finanzielle Anforderungen für die Teilnahme an der Ausschreibung,
- h) die Art und Form von finanziellen Sicherheiten für die Realisierung der Anlagen,
- i) die Art, die Form und das Verfahren sowie den Inhalt der Zuschlagserteilung,
- j) die Voraussetzungen für die Ausstellung von Förderberechtigungen,
- k) die Übertragbarkeit von Zuschlägen vor Inbetriebnahme der Anlage und die Übertragbarkeit von Förderberechtigungen vor der verbindlichen Zuordnung zu einer Anlage einschließlich
- aa) der zu beachtenden Form- und Fristerfordernisse sowie Mitteilungspflichten und
- bb) dem Kreis der berechtigten Personen und Anlagen und den an diese zu stellenden Anforderungen,
- l) welche Nachweise für die Buchstaben a bis k vorzulegen sind,
- m) die Anforderungen an Gebote in den gemeinsamen Ausschreibungen,
- 4 auch abweichend von den §§ 5 bis 55a
- a) zu regeln, dass bestimmte Flächentypen oder Regionen als Standorte für Anlagen ausgeschlossen sind oder Mengen einer Technologie oder aller Technologien, die in bestimmten Regionen oder Flächenkategorien zugeschlagen werden, zu begrenzen,
- b) Anforderungen zu stellen, die der Netz- und Systemintegration der Anlagen dienen,
- c) Zu- oder Abschläge gegenüber dem Zuschlagspreis vorzusehen, die die Kosten der Integration der Anlage in das Stromsystem abbilden; dabei kann die Höhe der Zu- und Abschläge insbesondere berücksichtigen,
- aa) in welcher Region die Anlage angeschlossen wird,
- bb) welchen Einfluss sie auf die Netzbelastung hat,
- cc) welches Einspeiseprofil die Anlage hat,
- dd) auf welcher Netzebene die Anlage angeschlossen wird,
- ee) wie viele Anlagen mit einem vergleichbaren Einspeiseprofil in der betroffenen Region bereits installiert sind und
- ff) welche weiteren Kosten die Systemintegration der Anlage verursacht,
- d) die Kriterien für die Zuschlagserteilung insbesondere dahingehend zu regeln, dass für die Reihung der Gebote auch die Kriterien nach Buchstabe c herangezogen werden können,
- e) das Verfahren für die Ermittlung des Zuschlagswerts zu regeln,
- f) die Berechnung von Dauer und Höhe der Zahlung nach § 19 zu regeln,
- g) Einmalzahlungen der Anlagen an den Netzbetreiber für den Anschluss der Anlage an das Netz vorzusehen, die
- aa) mögliche Netzausbaukosten im Einzelfall oder nach typisierten Fallgruppen abbilden und
- bb) die an den Übertragungsnetzbetreiber weitergeleitet werden und dessen EEG-Konto entlasten,
- h) erforderliche Nachweise,
- 5 auch abweichend von den §§ 36, 36a, 37, 37a, 55 und 55a Regelungen zu treffen, um die Errichtung, die Inbetriebnahme und den Betrieb der Anlagen sicherzustellen und insbesondere
- a) eine Pflicht für eine Geldzahlung sowie deren Höhe festzulegen, die bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Errichtung oder bei einem unzureichenden Betrieb der Anlage anfällt,
- b) Kriterien für den Ausschluss von Bietern oder Anlagestandorten von zukünftigen Ausschreibungen,
- c) zu der Möglichkeit, Zuschläge und Förderberechtigungen nach Ablauf der Realisierungsfristen zu entziehen und
- d) die Beschränkung der Dauer oder Höhe des Vergütungsanspruchs für Anlagen, die gegen die Pflichten für die rechtzeitige Errichtung oder den ordnungsgemäßen Betrieb verstoßen haben.
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Alles klar? Es wird nicht lange dauern, dann wird man lesen können, dass es zu der einen oder anderen Verordnung nun eine Veränderungsverordnung gibt ?
Das oben erwähnte Buch Energierecht mit 1.844 Seiten hat in der aktualisierten Auflage für das Jahr 2020 einen beträchtlichen Zuwachs auf 2.115 sehr klein bedruckte Seiten.
Auf nur 446 Seiten bringt es das im Verlag Energie & Management erschienene Buch Energierecht und Energiewirklichkeit ? Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis nicht nur für Juristen (ISBN 978-3-933283-55-9). Autoren sind die Rechtsanwälte Christian Held und Cornelius Wiesner von Becker Büttner Held (BBH), die damit etwas für die tägliche Arbeit und nicht für die Verzweiflung der Akteure jenseits von den Energierechtsspezialisten geschaffen haben, die aber ebenfalls über zu viele Paragrafen jammern (siehe Kasten).
Exemplarisch für die Entwicklung von Rechtsunsicherheit in der Energiewirtschaft steht die Kanzlei BBH ? Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater. Gegründet wurde sie Anfang der neunziger Jahre von den Juristen Peter Becker, Wolf Büttner und Christian Held als Drei-Mann-Kanzlei plus Sekretariat. Heute beschäftigt BBH an mehreren Standorten in Deutschland und in Brüssel rund 550 Personen.
Das Energierecht sollte von Grund auf neu und nicht ewig fortgeschrieben werden, darin sind sich viele Experten und auch die daran verdienenden Rechtsanwälte einig. Die Größe eines Bierdeckels, so wie es der CDU-Politiker Friedrich Merz schon vor Jahren für die Steuergesetzgebung symbolhaft vorschlug, wird für die Niederschrift natürlich nicht reichen. Das Energierecht entwickelt sich wie ein nicht zu bändigendes Krebsgeschwür, überall wuchern die Metastasen, weil die verantwortlichen Politiker statt erprobter Pillen und operativer Heilmethoden immer mehr Paragrafen und damit Unsicherheit verschreiben.
Von der Operation am offenen Herzen wird gerne gesprochen, wenn etwas besonders schwer zu bewältigen ist. Bundeswirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier sprach im Zusammenhang mit der Energiewende davon. Zu bemerken ist dabei: Die meisten Herzoperationen verlaufen erfolgreich, was man von der Energiewende bisher nicht sagen kann.
Alles was Recht ist, sagt der Volksmund, und meint damit, aber so kann es doch nicht weitergehen!
EnergieR
So lautet der Titel des wohl umfangreichsten Werkes zum deutschen Energierecht, das mehr als 10.000 Gesetze, Verordnungen und Normen umfasst. Von der Waschmaschine bis zur Wärmepumpe, von der Kraft-Wärme-Kopplung bis zum Erdkabel, von Kapazitätsreserven bis zur E-Mobilität ist alles geregelt, was Erbauer und Betreiber von Anlagen zur Erzeugung und Verteilung von Energie beachten müssen.
Der Inhalt des Buches für Energierecht gliedert sich an diesen Gesetzen und Verordnungen:
Energiewirtschaftsgesetz, Energiesicherungsgesetz, Erneuerbare-Energien-Gesetz, Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, Energiestatistikgesetz, Energieleitungsausbaugesetz, Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz, Bundesbedarfsplangesetz, Netzreserveverordnung, Systemstabilitätsverordnung, Erneuerbare-Energien-Verordnung, Energiedienstleistungsgesetz, Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie - mehr Informationen zum Buch: 16. Auflage 2020. Buch. LXXVIII, 2115 S. Softcover, Beck im dtv. ISBN 978-3-406-75186-8, Format (B x L): 12,4 x 19,1 cm
Was ist Recht?
Das Recht ist ein beinahe allumfassendes System von abstrakten Regelungen, die zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten oder ermächtigen. Diese Regeln haben allgemeinen Geltungsanspruch. Ihre Aufstellung und Durchsetzung ist Sache des Staates.
Das Recht ist deshalb die Grundlage jeglicher Wirtschaft, einschließlich der Energiewirtschaft. Den Austausch von Waren und Leistungen kann es auch ohne das Recht geben. Das Vertrauen, dass Verträge erfüllt, Waren geliefert und Rechnungen bezahlt werden, muss allerdings durch das Recht geschaffen werden:
Die Rechtsordnung ist die Gesamtheit aller Rechte. Der Gesetzgeber gibt vor, welches Recht in welchem Fall gelten soll.
So schreiben Christian Held und Cornelius Wiesner in ihrem Buch Energierecht und Energiewirklichkeit - Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis nicht nur für Juristen.
Das Buch richtet sich an
- Juristen, die ohne energierechtliche Vorkenntnisse in der Energiewirtschaft tätig sein wollen
- Ingenieure oder Wirtschaftswissenschaftler in der Ausbildung, die eine berufliche Perspektive in der Energiewirtschaft sehen
- Praktiker jeglicher Berufszweige in der Energiewirtschaft, die sich einen juristischen Überblick verschaffen wollen.