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Beim Erneuerbaren-Ausbau feiert Bayerns Landesregierung sich für Spitzenplätze bei Solar, Biomasse und Geothermie. Die brach liegende Windenergie wird geflissentlich verschwiegen.
Bayerns Landesregierung stellt gerne jene erneuerbaren Energiequellen ins Schaufenster, die im Ländervergleich gute Zubauzahlen erreichen. So spricht Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in einer jüngsten Mitteilung vom „Erfolg“ und „Spitzenplätzen“ bei Solarenergie, Biomasse und Geothermie. Die im Freistaat nahezu brach liegende Windenergie ist ihm dagegen keine Silbe wert.
Kein anderes Bundesland, heißt es in einer Mitteilung aus dem Energieministerium, habe im ersten Halbjahr 2021 bei Solar, Biomasse und Geothermie „so viele Megawatt und Anlagen zugebaut“ wie Bayern. Der Vollständigkeit halber müsste Aiwanger eigentlich hinzufügen, dass - abgesehen von Sachsen und dem Saarland - kein anderes Flächenland zugleich so wenig Windenergieanlagen zugebaut hat wie Bayern. In den ersten sechs Monaten gingen lediglich sieben neue Turbinen mit 23,3 MW Leistung ans Netz.
Entsprechend deutlich fällt die Kritik des Bundesverbands Windenergie (BWE) aus. "Die Erfolge sind zwar unbestreitbar da", so BWE-Sprecher Wolfram Axthelm gegenüber unserer Redaktion, aber sie dürften Aiwangers Blick für die Realität "nicht vernebeln". Bayern habe bei der Energiewende ein "ganz massives Problem", das sich ohne eine tatsächliche und echte Kurswende nicht beheben lasse. Der wachsende Strombedarf der bayrischen Wirtschaft und Industrie lasse sich nicht allein mit Solarenergie und folgenlosen Ankündigungen decken, den Staatsforst für Windkraft zu öffnen.
Solarenergie im ersten Halbjahr um 560 MW gewachsen
Eine von der SPD-Landtagsfraktion in Auftrag gegebene Studie hatte Anfang Juli gezeigt, dass Bayern bundesweit aus Windkraft den geringsten Energieertrag je Quadratkilometer Landesfläche erreicht. Ein Grund ist die seit 2014 geltende Regelung, dass Windkraftwerke den zehnfachen Abstand ihrer Höhe zu Wohngebäuden einhalten müssen (10H-Regelung). Dies ist die strengste Auflage für Windkraft in Deutschland, was de facto zum Stopp des Windkraftausbaus in Bayern geführt hat.
Hubert Aiwanger verweist lieber auf den Zubau von 560 MW im ersten Halbjahr bei der Solarenergie – und zeigt zugleich mit dem Finger auf Berlin. Seit April 2021 gültige Regelungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hätten dazu geführt, dass größere Solaranlagen (300 bis 750 kW) einen Einbruch um 60 % gegenüber dem ersten Halbjahr 2020 hinnehmen mussten. Weil bei ihnen nur noch 50 % der erzeugten Strommenge eine EEG-Vergütung erhalten, muss der Anlagenbetreiber die übrige Strommenge entweder selbst verbrauchen oder ohne Förderung direkt vermarkten.
„Wir verlieren durch diese Regelung Dachflächenpotenzial, das wir dringend für die Energiewende und den Klimaschutz benötigen“, so Hubert Aiwanger. Dass Bayern auf dem Weg zur Klimaneutralität schnellstmöglich auch mehr Flächen für Windenergie bereitstellen müsste, übergeht der Energieminister geflissentlich. Eine Baugenehmigung erhielten im ersten Halbjahr nur fünf Windturbinen mit 20,5 MW, so die dem BWE vorliegenden Zahlen. Dagegen fordert der Minister allein von Berlin ein Umdenken. Nur wenn das Dachpotenzial für die solare Nutzung gehoben werde, „werden wir die nötige Akzeptanz der Bevölkerung auch für die Freiflächenanlagen vollumfänglich gewinnen“.
Donnerstag, 5.08.2021, 13:32 Uhr
Volker Stephan
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