Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). Quelle: BMWK
In Reaktion auf den Bruch der Ampelkoalition äußert sich Vizekanzler Habeck vor Journalisten zur Zukunft der Regierung. Die Wirtschaft fordert, dennoch die Aufgaben anzupacken.
Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sagte am 7. November in Berlin, er sei skeptisch, ob FDP und Union − nunmehr beide in der Opposition − noch Gesetze passieren lassen würden. Bisherige Äußerungen des Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz (CDU) ließen nicht darauf schließen. Dennoch äußerte er die Hoffnung, in Sachfragen, die schon bisher unstrittig waren, vielleicht Lösungen zu finden.
Das betrifft den Nachtragshaushalt für 2024, das Kraftwerksgesetz und das Wirtschaftshilfe-Paket. Er betonte zugleich die Entschlossenheit der rot-grünen Regierung, bis zur Übergabe an eine neugewählte ihr Verpflichtungen weiter wahrzunehmen.
Aus Wirtschaftsverbänden kam der Appell an Bundestag und Regierung, jetzt nicht in Starre und Blockade zu verfallen. Für die kommunalen Unternehmen bedauerte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Die Bundesregierung war schon vor dem jetzt vollzogenen Ende der Ampelkoalition kaum noch entscheidungs- und handlungsfähig.“ Zahlreiche Gesetzesbaustellen bremsten die Kommunalwirtschaft bei dringenden Investitionen in den Aus- und Umbau ihrer Infrastrukturen und Systeme der Daseinsvorsorge aus.
„Jetzt ist es notwendig, dass die deutsche Politik so schnell wie möglich zu neuer Handlungsfähigkeit gelangt“, mahnte Liebing. Er forderte eine schnelle Vertrauensfrage, schnelle Neuwahlen und eine rasche Regierungsbildung. Kanzler Olaf Scholz (SPD) will erst im Januar durch eine kalkuliert verlorene Vertrauensfrage Wahlen im März auf den Weg bringen, die Union fordert dagegen, dass schon im Januar gewählt wird.
Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Branchenverbandes BDEW, forderte, unbedingt nötige Gesetze noch zu verabschieden. So enthält die EnWG-Novelle Regelungen zum PV-Stromspitzen-Problem, die sowohl technisch als auch haushälterisch zwingend umgesetzt werden müssen. Sie appellierte auch: „Ein delegierter Rechtsakt zu kohlenstoffarmem Wasserstoff darf nicht praxisfern gestaltet werden, bloß weil Deutschland nicht handlungsfähig ist.“
Hoffnung auf Kontinuität in der Energiepolitik
Für den Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) nannte Präsidentin Simone Peter das Ende der Ampel während der aktuellen Herausforderungen „einen politischen Offenbarungseid“. Im Energiesektor habe die Koalition richtige Weichen gestellt und die Grundlage für Unabhängigkeit, Versorgungssicherheit und Preisstabilität geschaffen. Peter appellierte ans Parlament, „dass die bereits im Verfahren befindlichen Gesetze und Haushaltsmittel für die Kontinuität der Energiemaßnahmen noch bis Dezember verabschiedet werden“.
Für die Solarwirtschaft forderte BSW-Solar-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig eine parteiübergreifende Entscheidungs- und Kompromissfähigkeit bei wichtigen energiepolitischen Fragen. Es gelte, Investitionen zu sichern und Marktbarrieren abzubauen.
Die Windbranche hofft auf schnelle Neuwahlen, damit kein Stillstand entsteht, erklärte BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek. Auch sie pochte für die deutsche Energiewirtschaft, „die überwiegend erneuerbar geprägt ist“ auf Planungssicherheit. Daher werde Kontinuität in den großen Linien der Energiepolitik entscheidend sein. Die vorbereiteten Gesetzesvorhaben sollten bis Ende des Jahres umgesetzt werden.
Die deutschen Fernwärmeversorger sorgen sich um die Konsequenzen für den Aus- und Umbau der Wärmenetze. AGFW-Geschäftsführer Werner Lutsch erinnerte: „Die Unternehmen stehen vor Milliardeninvestitionen, um die Klimavorgaben (...) einzuhalten.“ Daher müssten wichtige Programme wie die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW), die haushaltsabhängig sind, gesichert werden.
Scholz verpflichtet sich auf rasche Industriehilfen
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hat eine rasche Stabilisierung in der Wirtschaftspolitik gefordert, um Schaden für Unternehmen abzuwenden. „Es hängt nun davon ab, ob die CDU der Bitte von Bundeskanzler Scholz folgt, gemeinsam Gesetze durch das parlamentarische Verfahren zu bringen - oder eben nicht“, konstatierte Steinbach. Bis Jahresende will Scholz noch „Sofortmaßnahmen“ für die Industrie durchsetzen, wie er ankündigte.
Gerade die Automobilindustrie als eine der Leitbranchen der deutschen Wirtschaft sei auf einen besseren Rahmen angewiesen, so der Wirtschaftsverband UVB in Berlin-Brandenburg. Das betreffe etwa Entlastungen bei den Lohnzusatzkosten, weniger Regulierung der Arbeitsbedingungen, aber auch den Ausbau des Ladenetzes und andere Förderungen der Elektromobilität.
Donnerstag, 7.11.2024, 15:41 Uhr
Susanne Harmsen
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