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Eine aktuelle Studie beziffert die Kosten für den Stromnetzausbau in Deutschland auf 651 Milliarden Euro bis 2045.
Eine neue Studie zur Energiewende mit neuen Milliardensummen: Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hat ihre Kostenschätzung zum Ausbau der deutschen Energieinfrastruktur vorgelegt. Bis 2045 würden erforderliche Investitionen in Höhe von 651
Milliarden Euro anfallen: 328
Milliarden Euro für die Ertüchtigung der Übertragungsnetze und 323
Milliarden Euro für die Verteilnetze.
In der Studie heißt es, dass die Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft einen massiven Ausbau der Leitungsinfrastruktur erfordert, um den steigenden Strombedarf durch die Elektrifizierung von Verkehr, Industrie und Gebäuden sowie die Integration erneuerbarer Energien zu bewältigen.
Der Stromverbrauch werde von 533
Milliarden
kWh jährlich zu Beginn der 2020er auf 1.000 bis 1.300
Milliarden
kWh 2045 ansteigen, so die Autoren weiter. Sie beziehen sich dabei auf den aktuellen Netzentwicklungsplan der Übertragungsnetzbetreiber.
Die jährlichen Investitionen ins Stromnetz müssten von derzeit rund 15
Milliarden Euro auf etwa 34
Milliarden Euro steigen, ein Plus von 127 Prozent. Dieses Wachstum sei notwendig, um die Energiewende erfolgreich umzusetzen.
Dies erfordere einen umfangreichen Netzausbau, vor allem die Stärkung der Nord-Süd-Achsen, um den im Norden erzeugten Windstrom in die industriellen Zentren im Süden zu transportieren. Gleichzeitig gewinnen Süd-Nord-Verbindungen durch den Ausbau der Photovoltaik an Bedeutung. Die Studie sieht jedoch auch Potenziale, um die bestehende Infrastruktur besser zu nutzen.
Die Kosten für Redispatch-Maßnahmen seien zuletzt stark gestiegen und belasteten die Verbraucher über höhere Netzentgelte. 2023 waren die Kosten auf mehr als 3
Milliarden Euro angestiegen, 2019 lag die Zahl noch bei 1,3
Milliarden Euro. Daher sei ein beschleunigter Ausbau notwendig, um die Energiewende voranzutreiben und Energie bezahlbar zu halten.
Risiken wie steigende Rohstoffpreise, Engpässe bei kritischen Bauteilen und lange Genehmigungsverfahren könnten jedoch den Ausbau verzögern und verteuern. „Auf Seite der Verteilnetzbetreiber sind die Unsicherheiten bezüglich der Schätzungen etwas höher“, heißt es in der Studie.
Erneuerbaren-Dachverband: Netzausbau kommt gerade in GangSimone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE), warnt in einer Pressemitteilung zur Studie davor, die hohen Kosten als Argument gegen den Netzausbau zu nutzen. „Furcht vor den Kosten darf nun nicht dazu führen, dass der langsam in Gang gekommene Netzausbau oder gar der Ausbau der Erneuerbaren wieder verzögert werden.“
Peter kritisiert zudem die langwierigen Genehmigungsverfahren, selbst bei Erneuerungen bestehender Leitungen. Sie fordert Regelungen, die eine Ertüchtigung von Bestandsnetzen ohne aufwendige Genehmigungen ermöglichen. In der jüngsten Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes seien diese Aspekte unzureichend berücksichtigt worden.
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass neben einem strategisch geplanten Ausbau der Stromnetze auch kurzfristige Maßnahmen und Reformen notwendig sind, um die Klimaziele bis 2045 zu erreichen. „Wird hier das Tempo nicht weiter beschleunigt, schiebt der Netzausbau die Zubauschuld weiter wie eine Bugwelle vor sich her.“
Die Studie „
Ausbau der Stromnetze: Investitionsbedarfe“ des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung steht zum Download zur Verfügung.
Donnerstag, 5.12.2024, 16:42 Uhr
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